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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.06.2017

Reines Kochbuch - nicht ganz günstig, aber vielseitig

FIT FOOD TO GO - Das Fitness Kochbuch
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Die Rezepte sind in drei Kapitel unterteilt: Frühstück, Hauptmahlzeiten und Snacks.
Die Rezepte haben meist 4 bis 5 Arbeitsschritte - die Beschreibung ist sehr übersichtlich. Jedes Rezept wird mit einem ...

Die Rezepte sind in drei Kapitel unterteilt: Frühstück, Hauptmahlzeiten und Snacks.
Die Rezepte haben meist 4 bis 5 Arbeitsschritte - die Beschreibung ist sehr übersichtlich. Jedes Rezept wird mit einem meist appetitanregenden Photo illustriert. Zu jedem Rezept gibt es außerdem einen (meist) hilfreichen Tipp und die "Macros" bzw. Nährwertangaben: Kalorien, Fett, Kohlenhydrate, Protein.
Die Rezepte sind definitiv machbar - auch der ungeübte Koch wird Rezepte finden, die er ohne größere Probleme zubereiten kann. Es gibt aber durchaus Rezepte, die etwas aufwändiger und nicht ganz so einfach sind (z.B. Teigtaschen). Dem Versprechen des Untertitels, dass es hier schnelle und(!) einfache Rezepte gibt, kann ich also nur bedingt zustimmen. Natürlich sind Schnelligkeit und Einfachheit auch Definitionssache: stundenlang steht man jedenfalls auch nicht in der Küche.

Mir gefällt sehr, dass die Zutaten fast ausschließlich natürlich sind (Ausnahme Süßstoff). Auf Nahrungsergänzungsmittel wird verzichtet - das kenne ich aus Kochbüchern mit ähnlichem Schwerpunkt anders.
Die Zutaten sind außerdem größtenteils im Supermarkt zu erhalten, was ich ebenfalls super finde und meine Motivation, die Rezepte zuzubereiten, verstärkt.

Es gibt erstaunlich viele vegetarische und vegane Rezepte oder aber Rezepte, die leicht zu einer vegetarischen oder veganen Variante umgewandelt werden können. Aber auch Fleisch- und Fischesser kommen auf ihre Kosten.

Eine Einleitung oder ähnliches gibt es nicht - FIT FOOD 2GO. SCHNELLE & EINFACHE FITNESS-REZEPTE FÜR DEINEN GESUNDEN TRAUMKÖRPER startet gleich mit den Rezepten, was für mich OK ist. Für Leute auf der Suche nach einem Diät-Kochbuch bzw. einer Anleitung zum Abnehmen und/oder fitter werden, ist das aber vielleicht nicht optimal. Man sollte FIT FOOD 2GO also als reines Kochbuch sehen.
Den Namen FIT FOOD 2GO finde ich außerdem etwas unglücklich gewählt, da das Buch weder explizit Rezepte für Unterwegs noch wirkliche Blitzrezepte sammelt.

Insgesamt also ein nicht ganz günstiges, aber auch vielseitiges Kochbuch.

Veröffentlicht am 02.06.2017

Jugendliche Hochhauskletterer

Roofer
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Der Leser lernt zusammen mit der jugendlichen Ich-Erzählerin Alice eine Clique aus Roofern, also Jugendlichen, die auf Baukräne und Hochhausdächer klettern, kennen. Nach und nach wird die Szene, der Reiz ...

Der Leser lernt zusammen mit der jugendlichen Ich-Erzählerin Alice eine Clique aus Roofern, also Jugendlichen, die auf Baukräne und Hochhausdächer klettern, kennen. Nach und nach wird die Szene, der Reiz des Roofings aber auch die hohen Risiken erläutert. Auch die Dynamik in einer Clique Jugendlicher wird thematisiert: Zusammenhalt, aber auch Angeberei und Gruppenzwang. Die inneren Konflikte und persönlichen Probleme, die die einzelnen Jugendlichen außerdem umtreiben, werden ebenfalls angesprochen. Es ist keine heile Welt, in der die Gruppe lebt. Für vieles wird im Buch auch keine Lösung gefunden, was ich (ab einem bestimmten Lesealter) in Ordnung finde, denn auch im echten Leben wird nicht so einfach für jedes Problem eine Lösung gefunden.

Die Geschichte wird flüssig erzählt. Die Sprache passt sich im Tempo oft der beschriebenen Situation an, wird etwas hektischer, wenn es aufregend wird - das gefällt mir.
Ob die wörtliche Rede die aktuelle Jugendsprache aufgreift, glaube ich zwar nicht, aber die Verwendung von mehr oder weniger normalem Hochdeutsch gefällt mir hier viel besser, als wenn eine erwachsene Autorin versucht, Jugendsprache zu imitieren und daran scheitert. Hin und wieder klingt die Sprache dann aber doch leicht hölzern, aber das​ ist die Ausnahme.

Veröffentlicht am 29.05.2017

Schöner britischer Roman mit kleinen Schwächen

Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge
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Ruth Hogan erzählt zwei Geschichten, die immer wieder Parallelen und Verbindungen zueinander aufweisen: erstens (und vor allem) die Geschichte des Schriftstellers​ Anthony Peardew und seiner Assistentin ...

Ruth Hogan erzählt zwei Geschichten, die immer wieder Parallelen und Verbindungen zueinander aufweisen: erstens (und vor allem) die Geschichte des Schriftstellers​ Anthony Peardew und seiner Assistentin Laura und zweitens die des Verlegers Bomber und seiner Assistentin Eunice. Anthony Peardew sammelt Gegenstände, die andere Menschen verloren haben. Die Aufgabe, diese Gegenstände ihren Besitzern zurück zu geben, übergibt er an Laura.

Der Focus liegt auf dem weiblichen Blickwinkel und obwohl beide Frauen ihren Mann stehen, wird es mir hin und wieder etwas klischeehaft, wenn sich das Leben dann doch vorwiegend um die Männer dreht. Dennoch haben mich die kombinierten Geschichten und die sympathischen Hauptprotagonisten gefangen genommen und ich habe das Buch sehr gerne gelesen.
Wenn die Geschichte dann doch mal droht, zu sehr ins Klischeehafte anzurutschen, wird auf einmal eine der winzigen Kurzgeschichten eingeflochten, die Anthony Peardew zu seinen gefundenen Gegenständen geschrieben hat. Diese kurzen Geschichten sind alle pointiert - manche witzig, manche traurig, manche sogar beides. Für mich sind diese​ kleinen Geschichten eins der Highlights dieses Buches. Ein weiteres​ Highlight(, das aber wohl Geschmackssache ist,) war für mich die Beschreibung der drei im Buch vorkommenden Hunde. Diese Hunde werden zwar vermenschlicht, aber in jedem Fall auch sehr liebevoll charakterisiert.

Bei der Beurteilung der Sprache bin ich hin und her gerissen. Einerseits liest sich das Buch größtenteils sehr gut und flüssig. Dann gibt es aber wieder abgehackte, etwas holprige Sätze. Diese sind allerdings die Ausnahme, weswegen ich das Buch zwar nicht uneingeschränkt, aber doch überwiegend gut lesbar fand.

Ein schönes Buch mit deutlich britischen Zügen.

Veröffentlicht am 24.05.2017

Kein Thriller sondern Science Fiction

Hagerstown
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Edward Ashton hat in meinen Augen mit "Hagerstown" keinen Thriller, sondern einen Science Fiction-Roman geschrieben. Dieser mag Thriller-Elemente enthalten, der Schwerpunkt liegt meiner Meinung nach aber ...

Edward Ashton hat in meinen Augen mit "Hagerstown" keinen Thriller, sondern einen Science Fiction-Roman geschrieben. Dieser mag Thriller-Elemente enthalten, der Schwerpunkt liegt meiner Meinung nach aber auf der Science Fiction. Insoweit finde ich Genre-Bezeichnung und Klappentext irreführend.

Wir befinden uns in der Zukunft und zwar in Baltimore, USA. Die Menschheit hat sich technisch stark fortentwickelt, was einher geht mit stärkerer Überwachung durch staatliche Stellen. Mit einer zusammengewürfelten kleinen Personengruppe erleben wir aus der Ferne die Katastrophe in Hagerstown und die folgenden Tage.

Cyborgs, Avatare, Bots - neben dem klassischen Homo Sapiens gibt es mittlerweile verschiedene andere (mehr oder weniger) menschliche Lebensformen. Durch das Buch ziehen sich außerdem Informationen über die fortentwickelte Technik.

Sind die technologischen Details am Anfang noch interessant und auch für mich verständlich, ändert sich dies ab ca der Hälfte des Buches. Es gibt immer mehr Details, die teils wenig bis garnicht erklärt werden - teilweise wird es in meinen Augen sogar etwas abstrus. Das mag dennoch alles gut recherchiert und für die Zukunft genau so möglich sein, aber für mich war das oft zu technisch. Science Fiction-Fans mag es aber vielleicht zu wenig in die technischen Details gehen - vielleicht gefällt manchen Lesern aber auch gerade, dass vieles nicht erklärt wird.

Interessante Fragen nach Segen und Fluch der Technik werden angedeutet und angestoßen, aber nicht immer beantwortet. Die Parallelen zu unserem heutigen Leben zu ziehen, bleibt dem Leser überlassen.

Ein Science Fiction-Thriller für Leser mit naturwissenschaftlichen und technologischen Kenntnissen und Interessen. Für Leser, die einen dystopischen Überlebenskampf erwarten und/oder sich nicht sonderlich für Technologie interessieren, ist es definitiv das falsche Buch.

Veröffentlicht am 17.05.2017

Ungewöhnliche Autobiographie

Dieses schöne Scheißleben
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Eigentlich lese ich keine (Auto -)Biographien mir unbekannter Personen, aber bei "Dieses schöne Scheißleben" hörte sich die Thematik nicht nur interessant an, sondern sie war es dann auch.

Das Buch wird ...

Eigentlich lese ich keine (Auto -)Biographien mir unbekannter Personen, aber bei "Dieses schöne Scheißleben" hörte sich die Thematik nicht nur interessant an, sondern sie war es dann auch.

Das Buch wird von Benny Podruch aus der Ich-Perspektive erzählt. Das fand ich zunächst irritierend, da ich davon ausging, dass die beiden Zwillinge im Wechsel ihre Geschichte erzählen würden. Im Nachhinein ist die Erzählweise aus nur einer Perspektive aber vielleicht sogar besser lesbar, da man nicht durcheinander kommt, wer nun gerade erzählt.

Die Autorin Christiane Tramitz kennt die Zwillinge Basti und Benny schon seit deren 14. Lebensjahr. Die Idee zum Buch entstand bei einem Besuch von Tramitz während der Haftstrafe der beiden. Im Gefängnis entstanden dann auch die ersten Manuskriptteile.

Die Geschichte der Zwillinge ist hart, wird von Benny aber nie weinerlich erzählt - bei mir stellte sich auch nie Mitleid, wennschon Mitgefühl, ein. Im Gegenteil: Benny legt den Fokus oft auch gerade auf die schönen Seiten ihres Lebens. Ich habe den Eindruck, die beiden haben ihren Frieden mit sich, ihrer Vergangenheit und ihrem Leben gemacht.
Dennoch bleibt die unschöne Kindheit, geprägt durch ADHS, viel Unverständnis und einen prügelnden Stiefvater, sowie das harte Leben auf der Straße nicht unerwähnt. Es wird aber klar, warum die beiden dieses Leben, in das sie hinein gerutscht sind, irgendwann bewusst angenommen haben und sich einen bürgerlichen Lebensstil für sich nicht vorstellen können.
An diesen beiden Einzelschicksalen lässt sich natürlich nicht das Leben eines jeden Nichtsesshaften erklären, aber mit ihrer Geschichte tragen die Podruch-Zwillinge vielleicht dazu bei, zu verstehen, dass jeder Nichtsesshafte sein eigenes, meist hartes Schicksal hat.

Die Sprache, die sich aus der Zusammenarbeit der Zwillinge mit Christiane Tramitz ergibt, gefällt mir sehr. Ich finde, dass der Spagat zwischen authentischer und gut lesbarer Sprache hier gelungen ist. Der Text liest sich gut, flüssig und intelligent, dennoch hat man das Gefühl, dass Benny auch mündlich genau so direkt zum Leser sprechen könnte.

Kleiner Kritikpunkt: es wird immer wieder betont, dass den beiden ihre Identifikation mit dem Punk sehr wichtig ist. Dass nicht jeder Obdachlose auch Punk ist, wird mehr​ oder weniger klar - dass Punk aber nicht immer Obdachlosigkeit und/oder einem Leben auf Hartz IV bedeutet, wird nicht unbedingt klar, ist vielleicht auch nicht Aufgabe dieses Buches. Es gibt wohl zahllose Definitionen und Arten des Punks - viele auch in eher bürgerlichen Existenzen.
Es wird mir aber nicht richtig klar, was Basti und Benny genau im Punk sehen und warum sie sich ausgerechnet darüber definieren. Das ist aber nur ein kleiner Kritikpunkt, den ich auch nur erwähne, weil der Punk eben auch im Buch immer wieder erwähnt wird.