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FranziskaBo96

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.03.2024

Eine schrecklich turbulente Familie

Der Stich der Biene
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Familie Barnes hat definitiv schon bessere Zeiten gehabt. Seit der Finanzkrise und der damit eingehenden Krise des Autohauses von Vater Dickie scheint alles bergab zu gehen. Tochter Cass versucht ihren ...

Familie Barnes hat definitiv schon bessere Zeiten gehabt. Seit der Finanzkrise und der damit eingehenden Krise des Autohauses von Vater Dickie scheint alles bergab zu gehen. Tochter Cass versucht ihren Platz in der Welt kurz vor der Uni zu finden, ihr Bruder PJ tapst verwirrt durch die Anfänge seiner Teenagerzeit und Mutter Imelda versucht verzweifelt herauszufinden, was mit ihrem Mann los ist und wie sie diese Familie retten kann. Aus den verschiedenen Perspektiven der Familienmitglieder sowie zahlreichen Rückblenden versuchen wir also nun herauszufinden, an welchem Punkt genau sich das Glück der Barnes' gewendet hat und ob sie es je wieder aus dem Loch herausschaffen.

Als "Der Stich der Biene" bei mir einkam, war ich etwas erschlagen von der Größe des Buches. Auf 700 Seiten Familiendrama muss man wirklich Lust haben. Glückerweise schaffte Paul Murray es größtenteils gut, mich an der Stange zu halten. Man kann einfach nicht leugnen, dass er einen genialen Schreibstil hat, der sich auch an die jeweiligen Charaktere anpasst. Auch die richtige Portion Witz war vorhanden, sodass diese Lektüre definitiv nicht der Krampf war, für den ich eingangs gehalten habe. Besonders schön fand ich außerdem, wie Murray das irische Land und die Gefühle der dort lebenden Menschen rüberbringen konnte.

Wer (wie ich) etwas Probleme mit Fremdscham hat, wird bei einigen Szenen sicherlich ins Schwitzen geraten. Ich nahm dies zunächst auch als Nachteil wahr, andererseits war das sicher genau Murrays Intention und meine Abneigung gegen peinliche Szenen teilen sicher auch nicht alle.

Einen Stern Abzug gibt es, weil ich am Ende doch fand, dass das Buch etwas zu lang wurde. Einige Episoden (vor allem Rückblicke aus Imeldas Perspektive) waren für meinen Geschmack dann doch zu ausführlich gehalten, ein bisschen mehr Kürze hätte hier besser funktioniert. So konnte ich auch beobachten, dass ich manche Figuren deutlich interessanter fand als andere, deren Perspektive mich dann beim Lesen auch nicht so unterhielt.

Paul Murray hat hier definitiv ein Meisterwerk abgeliefert, das Fans von Familiengeschichten sicher begeistern wird. Ich freue mich darauf, noch mehr Bücher von ihm zu entdecken!

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Veröffentlicht am 06.03.2024

Insel der Langeweile

Die Insel des Zorns
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Hollywood-Sternchen Lana Farrar verbringt wie jedes Jahr die Osterfeiertage auf ihrer griechischen Privatinsel. Mit von der Partie sind ihr Ehemann Jason, ihr Sohn Leo, ihre Freundin Kate, die Haushälterin ...

Hollywood-Sternchen Lana Farrar verbringt wie jedes Jahr die Osterfeiertage auf ihrer griechischen Privatinsel. Mit von der Partie sind ihr Ehemann Jason, ihr Sohn Leo, ihre Freundin Kate, die Haushälterin Agathi sowie ihr guter Freund Elliot, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt wird. Doch schon der erste Tag endet tragisch mit drei Schüssen und viel Blut...

"Die Insel des Zorns" hat einige interessante Ideen. Mit Elliot haben wir einen Erzähler, dem wir nicht trauen können und der selbst uns immer mal an der Nase herumführt. Die Geschichte referiert immer wieder griechische Dramen und versucht auch, deren Aufbau zu imitieren. Auch gibt es immer mal wieder interessante Wendungen, die zumindest ich nicht habe kommen sehen. Leider werden diese netten Ideen ziemlich schlecht umgesetzt.

Vor allem Elliots Erzählerstimme ist ziemlich inkonsistent. Ständig weiß er Dinge, die er eigentlich nicht wissen dürfte, gleichzeitig bekommen wir nie die Erklärung, warum das so ist. Das war tatsächlich eine Sache, die mich ständig aus dem Buch herausgeholt hat, auch wenn ich verstehen kann, dass das andere vielleicht gar nicht stört.

Die sonst relativ innovativen Ideen wurden auch durch die ziemlich klischeehaften Figuren zerstört, gerade den Umgang mit psychischen Krankheiten fand ich unoriginell und leider auch schwierig, ebenso wie ein "Beziehungsdrama" im Zentrum der Geschichte, für dessen Aufklärung ziemlich absurde Mittel verwendet werden.

Leider konnte mich "Die Insel des Zorns" nicht überzeugen, auch wenn es auf dem Papier einige nette Ideen gab.

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Veröffentlicht am 02.03.2024

Von Müttern und Vätern

Hallo, du Schöne
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"Hallo, du Schöne" erzählt eine Geschichte aus vier Perspektiven und über mehrere Jahrzehnte. William hatte emotional extrem distanzierte Eltern und ist daher umso begeisterter von der scheinbaren ...

"Hallo, du Schöne" erzählt eine Geschichte aus vier Perspektiven und über mehrere Jahrzehnte. William hatte emotional extrem distanzierte Eltern und ist daher umso begeisterter von der scheinbaren Harmonie in der Familie seiner Freundin Julia. Vor allem wie eng sie und ihre drei Schwestern sind, macht viel Eindruck auf den jungen Mann. Wir begleiten nun William, Julia und ihre Familie im Laufe der Jahre, und erleben, wie sich die scheinbare Idylle scheinbar von einem Drama ins nächste hangelt.

Die Rezension für dieses Buch fällt mir unheimlich schwer, weil ich viel aufzählen könnte, was mich an diesem Buch gestört hat, ich trotz allem aber positiv auf die Lektüre zurückblicke und ich wirklich Probleme damit hatte, dieses Buch aus der Hand zu legen. Die Figuren teilweise ziemlich unlogisch und machen sich das Leben ständig schwerer, als es sein muss. Zwar wird das größtenteils mit psychischen Krankheiten oder Traumata aus der Kindheit erklärt, trotzdem wirkte es in der Menge vor allem gegen Ende schon etwas albern. In einer anderen Rezension habe ich die Meinung gelesen, dass eine Figur an einer Stelle einfach beschließt, dass sie nicht genug Traumata in ihrem Leben hat und diese einfach selbst schafft - und diese Einschätzung finde ich sehr treffend. Mein größter Kritikpunkt war eigentlich, dass ich am Ende des Buches lange überlegen musste, was eigentlich die Pointe des Ganzen war und was mir das Buch damit sagen wollte. So ganz bin ich da immer noch nicht zu einer Antwort gekommen, wenn ich ehrlich bin.

Nichtsdestotrotz verstehe ich auch irgendwie, wo der Hype für das Buch herkommt. Der Schreibstil ist so unheimlich fesselnd und die Autorin schafft es, dass man sich sehr gut in die Figuren reinfühlen kann, auch wenn sie manch komische Entscheidungen treffen.

Ich denke, es wird Leute geben, die dieses Buch frustriert, andere wird es total verzaubern. Wer wie ich Fan von Familiengeschichten ist, die über längere Zeiträume erzählt werden, sollte es auf jeden Fall mal ausprobieren.


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Veröffentlicht am 10.02.2024

Countdown zum Tod

Notizen zu einer Hinrichtung
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Ansel Packer hat nur noch 12 Stunden zu Leben - denn er wartet auf seine Hinrichtung. Wir begleiten ihn in seinen letzten Stunden, die geprägt sind von Frust, Reue, Trauer und Enttäuschung. Aus der Sicht ...

Ansel Packer hat nur noch 12 Stunden zu Leben - denn er wartet auf seine Hinrichtung. Wir begleiten ihn in seinen letzten Stunden, die geprägt sind von Frust, Reue, Trauer und Enttäuschung. Aus der Sicht von drei Frauen aus seinem Umfeld erfahren wir im Laufe des Buches, welche Taten überhaupt dazu geführt haben, dass Ansel im Todestrakt sitzt und welche Wellen sein Verhalten bzw. auch das anderer Menschen in seinem Leben gezogen hat.

Was für ein Buch - "Notizen einer Hinrichtung" wird mir sicher noch lang im Gedächtnis bleiben. Auf nicht mal 350 Seiten werden so viele spannende Problematiken angesprochen, ohne dass das Buch irgendwie zu vollgepackt wirkt. Gewisse Krimi-Elemente sorgen zusätzlich dafür, dass es richtig schwerfällt, es aus der Hand zu legen.

Besonders beeindruckend fand ich, wie gut die Autorin es schafft, verschiedene Perspektiven aus Ansels Leben zu präsentieren. Wir fühlen mit ihm mit, bemitleiden ihn oft auch, obwohl (oder vielleicht auch weil) wir immer mehr merken, was für ein Monster er eigentlich auch ist. Seine Taten werden nicht entschuldigt, trotzdem wird unheimlich gut aufgezeigt, wie Trauma und psychische Krankheiten einen Menschen zu einem Straftäter machen können. Das Buch ist ein Plädoyer gegen die Todesstrafe, wird aber auch nicht müde, die Problematik von Gewalt gegen Frauen zu unterstreichen. So macht Kukafka extrem gut deutlich, wie wichtig es ist, auch die Geschichten der Opfer zu erzählen.

Eine unglaublich mächtige Geschichte, die mich so schnell nicht mehr loslassen wird!

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Veröffentlicht am 05.02.2024

Der ostdeutsche Forrest Gump

Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge
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Heinz Labensky blickt auf ein langes Leben zurück, in dem er vielleicht nie Ostdeutschland verlassen, aber trotzdem so einiges erlebt hat. Als er unerwartet einen Brief der Tochter seiner Jugendliebe Rita ...

Heinz Labensky blickt auf ein langes Leben zurück, in dem er vielleicht nie Ostdeutschland verlassen, aber trotzdem so einiges erlebt hat. Als er unerwartet einen Brief der Tochter seiner Jugendliebe Rita erhält, steigt er in einen Flixbus von Erfurt nach Rostock, um diese zu treffen. Unterwegs lässt er seine Mitreisenden und somit auch die Leser durch sein illustres Leben reisen, in dem er immer wieder die Wege mit Persönlichkeiten der Geschichte kreuzen durfte.

Die Grundidee, die Forest Gump-Handlung auf ein ostdeutsches Setting zu übertragen, ist definitiv nicht schlecht und in diesem Buch eigentlich auch ziemlich gut umgesetzt. So sind die verschiedenen Episoden in Labenskys Leben nicht nur unterhaltsam, sondern vermitteln teilweise auch interessante Aspekte der deutschen Geschichte (wobei man sich hier natürlich auch über ausgedachte Elemente im Klaren sein muss). Vor allem die Suche nach dem Bernsteinzimmer fand ich sehr interessant. Auch der Humor hat mir an vielen Stellen gut gefallen.

Leider zieht sich die Geschichte an vielen Stellen sehr stark und vor allem Labenskys fehlende Intelligenz wurde mir an einigen Stellen ein bisschen zu sehr ausgeschlachtet und hinterlies in mir oft die Frage, ob es angemessen ist, sich über solches lustig zu machen. Das Buch hätte definitiv mit 100 Seiten weniger auskommen können.

Letztendlich muss man auch zugeben, dass das, was die Geschichte so spannend macht, ja gar keine originelle Idee, sondern einfach nur ein Abklatsch von Forrest Gump ist - wenn auch sehr gut gelungen.

Heinz Labenskys Geschichte ist ein interessanter Ausflug in die deutsche Geschichte mit einer spannenden Grundidee, die aber leider ihre Längen hatte.

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