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FranziskaBo96

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.04.2023

Was ist eine gute Mutter?

Institut für gute Mütter
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Frida hat einen richtig schlechten Tag - auf den ungeahnte Konsequenzen folgen. Die völlig überforderte alleinlebende Mutter lässt ihre einjährige Tochter für zwei Stunden allein zu Hause. Nachbarn alarmieren ...

Frida hat einen richtig schlechten Tag - auf den ungeahnte Konsequenzen folgen. Die völlig überforderte alleinlebende Mutter lässt ihre einjährige Tochter für zwei Stunden allein zu Hause. Nachbarn alarmieren die Polizei und Frida wird das Sorgerecht vorerst entzogen. Was nun folgt ist eine vollkommen entmenschlichende Überwachung, frustrierender Kontakt mit den Behörden und ein interessantes Angebot des Gerichts: Frida soll ein Jahr auf eine Schule, wo sie lernen soll, wie sie eine gute Mutter wird, bei erfolgreichem Abschluss hat sie bessere Chancen, das Sorgerecht für ihre Tochter zurückzubekommen. Frida nimmt das Angebot an, doch sie ahnt nicht, welche Methoden sie an dieser Schule erwarten.

Zum Inhalt des Buches finde ich es noch erwähnenswert, dass die Handlung ein paar dystopische und Sci-Fi-Elemente enthält, vor allem was Überwachung und künstliche Intelligenz angeht. Diese Aspekte sind nur sehr gering in der Anzahl, aber durchaus wichtig für die Handlung, ich könnte mir vorstellen, dass sehr große Sci-Fi-Muffel hier vielleicht die Lust verlieren könnten. Wie genau diese Elemente aussehen, möchte ich nicht weiter spoilern, sie werden aber an anderer Stelle (z.B. den Klappentext des Buches) erwähnt.

Selten hat mich ein Buch so wütend gemacht - und das meine ich als Kompliment. Die Handlung wirft die große Frage auf, was eine gute Mutter ausmacht, wer die Antwort auf diese Frage festlegt und ob und wie Eltern es schaffen können, Fehler in ihrer Erziehung zu revidieren. Auch Aspekte der Kultur und des Geschlechts in diesem Zusammenhang fand ich unheimlich interessant. Der Inhalt dieses Buches wird mich sicher noch für lange Zeit beschäftigen - auch (oder vor allem?) ich als Person, die (noch) keine Kinder hat, hatte hier an echt viel zu knabbern.

Gleichzeitig muss ich aber auch zugeben, dass ich manches als echt harten Tobak empfand und ich das Buch manchmal einfach weglegen musste, weil mich manches so sehr aufgeregt hat - aber ich denke, genau das will das Buch erreichen. Trotzdem könnte ich mir vorstellen, dass sich manche Menschen durch gewisse Inhalte des Buches getriggert fühlen können, entsprechende Warnungen wären hier glaube ich ganz gut gewesen (v.a. schwierige Erfahrungen sowohl als Kind als auch als Elternteil, Probleme beim Co-Parenting).

Mich hat das Buch wirklich nachhaltig zum Nachdenken angeregt und ich denke, das schaffen so sicher nur wenige Romane. "Institut für gute Mütter" ist sicher kein einfaches Buch, aber wenn man im richtigen Headspace ist, kann man hier sicher einiges mitnehmen.

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Veröffentlicht am 10.04.2023

Würde das heute noch so durchgehen?

Der Zauberer der Smaragdenstadt
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Auch denjenigen, die vom "Zauberer der Smaragdenstadt" noch nie gehört haben, mag die Prämisse begannt vorkommen: Die kleine Ellie und ihr Hündchen Totoschka werden durch einen Sturm von Kansas in das ...

Auch denjenigen, die vom "Zauberer der Smaragdenstadt" noch nie gehört haben, mag die Prämisse begannt vorkommen: Die kleine Ellie und ihr Hündchen Totoschka werden durch einen Sturm von Kansas in das Zauberland gebracht. Um wieder nach Hause zu kommen, müssen sie einen gelben Weg in die Smaragdenstadt begehen, um dort auf den großen Zauberer Goodwin zu treffen. Unterwegs lesen die beiden eine Vogelscheuche, einen Zinnmann und einen Löwen auf, die sich auch alle Hilfe von Goodwin erhoffen.

Ja, dieses Buch ist ein ziemlich auffälliger Abklatsch von "Der Zauberer von Oz" und ein absoluter Klassiker der sozialistischen Kinderliteratur. Vielen, die in der DDR aufgewachsen sind, werden die Bücher ein Begriff sein und auch ich habe als Kind in den 2000ern die Geschichte gelesen, nachdem meine Mutter mir diese ans Herz gelegt hatte.

Was die russische Version vom amerikanischen Original wohl am meisten unterscheidet ist, dass Wolkow sowie einige andere Autoren die Geschichte noch weitergeschrieben haben, sodass man heute in der deutschen Übersetzung auf einen 17-bändigen Zauberland-Epos zurückgreifen kann. Genau das machte neben einem kleinen Ausflug in meine eigene Nostalgie und einem Interesse an der Vergangenheit der Kinderliteratur für mich den Reiz der Lektüre aus. Ich will gern noch in der Reihe weiterlesen und schauen, wie Wolkow und seine Kollegen die Geschichte weitergesponnen haben (Frage am Rande: Ist das schon Fanficton? ;))

Jedoch muss man wirklich ehrlich zugeben, dass dieser erste Band der Reihe eine ziemlich genaue Kopie des "Zauberers von Oz" ist - tatsächlich war ich überrascht, wie viele gleiche Elemente es gab. Tatsächlich fällt es mir wirklich schwer, dieses Werk fair zu bewerten, da ich wirklich nicht weiß, wie viel originellen Ideen hier wirklich drin sind.

Dazu kommt ein Schreibstil, der sicherlich für Kindergeschichten nicht ganz unüblich ist, aber für mein modernes, erwachsenes Auge schon recht gewöhnungsbedürftig war. Außerdem war ich mir aufgrund doch einiger überraschend brutaler Szenen ziemlich schnell sicher, dass ich die Bücher so nie jungen Kindern vorlesen würde.

Ich finde diese Reihe historisch gesehen super spannend und bin sehr an den nächsten Bänden interessiert - doch wenn man den historischen Aspekt ausklammert, war es hier doch kein besonderes Lesevergnügen.

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Veröffentlicht am 01.04.2023

Liebe, Verlust und Musik

Morgen und für immer
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"Morgen und für immer" erzählt die Lebensgeschichte von Kajan, der in den 30ern in Albanien geboren wird. Während des zweiten Weltkrieges kämpfen seine Eltern als Partisanen gegen die Deutschen, weshalb ...

"Morgen und für immer" erzählt die Lebensgeschichte von Kajan, der in den 30ern in Albanien geboren wird. Während des zweiten Weltkrieges kämpfen seine Eltern als Partisanen gegen die Deutschen, weshalb er bei seinem Großvater unterkommt. Eines Tages verirrt sich der deutsche Deserteur Cornelius in den Garten des alten Mannes, der ihn daraufhin aufnimmt. Als Dank gibt Cornelius seinem Kajan Klavierstunden und weckt in ihm eine Leidenschaft, die ihn bis an sein Lebensende begleiten und an die verschiedensten Orte der Welt bringen wird.

Mann, was für ein Buch. Wenn man mir vor dem Lesen gesagt hätte, dass ich danach so begeistert wäre, hätte ich es bestimmt nicht geglaubt - jetzt bin ich mir ziemlich sicher, dass es sich um eines meiner Jahresfavoriten handelt. Die Geschichte ist unheimlich spannend erzählt. Es passiert so unheimlich viel - und ich denke, man könnte dem Autor vorwerfen, dass er es manchmal zu actionreich und vielleicht auch ein bisschen unrealistisch macht, aber mich hat das irgendwie überhaupt nicht gestört. Man fiebert einfach unheimlich mit Kajan, seiner Familie und den zahlreichen Nebencharakteren mit.

Tatsächlich habe ich mich immer mal an Amor Towles erinnert. Meta schafft es, die teilweise doch recht komplexe Geschichte sehr kohärent zu erzählen, ohne Fäden zu verlieren und bringt auf erstaunliche Weise immer wieder Elemente aus vorherigen Teilen der Story zurück. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal laut beim Lesen eines Buchs gejubelt habe, aber hier war es definitiv der Fall - das Wort "Epos" trifft den Inhalt einfach irgendwie am besten.

Meiner Meinung nach greift der Klappentext (und irgendwie viele Rezensionen, die ich gelesen habe) viel zu viel der Handlung voraus. Ich finde, je weniger man über die Geschichte weiß, desto mehr wird man von ihr und den oft überraschenden Wendungen und Kniffen begeistert sein.

Ihr seht, ich war von diesem Buch schwer begeistert. Wie schade, dass noch nicht so viel darüber gesprochen wird - das muss sich ändern!

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Veröffentlicht am 28.03.2023

Brooklyn in den wilden 70ern

Es war einmal in Brooklyn
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Juliette und David sind seit Kindertagen Nachbarn und beste Freunde. Der Sommer 1977 stellt die Beziehung der beiden aber gehörig auf den Kopf: David ist an Krebs erkrankt und gleichzeitig unsterblich ...

Juliette und David sind seit Kindertagen Nachbarn und beste Freunde. Der Sommer 1977 stellt die Beziehung der beiden aber gehörig auf den Kopf: David ist an Krebs erkrankt und gleichzeitig unsterblich in Juliette verliebt - die wiederum hat aber nur Augen für einen Pizzaboten. Und auch sonst passieren in diesen Tagen einige Dinge, die New York und das Leben der beiden nachhaltig verändern werden.

Ich bin ganz ehrlich: Die Leseprobe hat mich sehr stark an "Morgen, morgen und wieder morgen" erinnert, wovon ich total begeistert war. Tatsächlich gibt es einige Parallelen zur Geschichte, allen voran die schön gezeichnete Freundschaft der Protagonisten. Gleichzeitig bekommen wir auch die Sichtweisen anderer Personen zu lesen, was ich stets sehr spannend fand. Eine weitere Stärke des Buch ist es, wie gut die Autorin die 70er-Jahre in New York beschreibt, einschließlich der Ereignisse, die diese Zeit und damit auch die Figuren des Buches geprägt haben.

Leider hat das Buch nach einem vielversprechenden Anfang auf den letzten ca. 100 Seiten mich ein bisschen verloren. Meiner Meinung nimmt der Klappentext (und indirekt sogar das Cover) viel zu viel von der Story vorweg. Ein wichtiges Ereignis, das dort erwähnt wird, tritt ziemlich spät ein und hat für die Handlung auch irgendwie nicht so den Einfluss, wie man es vorher erwartet hätte. Auch die Entwicklung der Figuren ging mir etwas zu schnell und so richtig happy war ich mit dem Ende so gar nicht. Tatsächlich hatte ich nach der Lektüre wirklich das Gefühl, dass Syd Atlas hier wirklich die "Vibes" von "Morgen, morgen und wieder morgen" kopieren wollte, das aber vor allem zum Ende hin nicht so ganz geschafft hat.

"Es war einmal in Brooklyn" ist eine schöne Geschichte über Freundschaft, die mir zu Anfang auch richtig gut gefallen hat, aber gegen Ende leider vieles von seinem Potential verspielt hat.

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Veröffentlicht am 23.03.2023

Damit hätte ich nicht gerechnet

Immer am Meer entlang
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Paul und Josi eint, dass sie beide in umgebauten Gefährten für ein Jahr die europäischen Küsten entdecken wollen - doch bis auf diesen Fakt könnten die beiden kaum unterschiedlicher sein. Während Josi ...

Paul und Josi eint, dass sie beide in umgebauten Gefährten für ein Jahr die europäischen Küsten entdecken wollen - doch bis auf diesen Fakt könnten die beiden kaum unterschiedlicher sein. Während Josi nämlich seit Jahren kontrolliert auf diesen Trip spart und alles genaustens geplant hat, ist für Paul diese Reise eine spontane Reaktion auf eine Quarter-Life-Crisis, die er mit seinem großzügigen Gehalt relativ spontan unternehmen konnte. Immer wieder treffen die beiden aufeinander und obwohl die gegensätzlichen Charaktere sich immer wieder aneinander reiben, sprühen irgendwann die Funken.

Ich bin ganz ehrlich: Als ich mit dieser Lektüre angefangen habe, hätte ich nicht gedacht, dass ich am Ende so davon begeistert sein würde. Ein Beweis mehr, dass man nicht immer alle Genrebücher über einen Kamm scheren kann und nicht alle Liebesromane nach dem gleichen Schema geschrieben sind.

Die große Stärke des Buches ist sicherlich der Roadtrip-Charakter. Man hat am Ende einfach total Lust, selbst mal wieder an die Küste zu fahren (und das sage ich als jemand, der sonst nicht so der Riesenfan vom Meer ist). Die Reiseziele werden einfach super ausdrücklich beschrieben, gleichzeitig werden aber auch die Nachteile des Vanlifes angebracht. Und während Selbstfindung sicherlich eines der zentralen Themen des Buches ist, hatte ich nie das Gefühl, dass es irgendwie in dieses typische Blabla abdriftet, das bei solchen Geschichten leider öfters auftaucht. Allgemein gefiel mir sehr gut, dass die Liebesbeziehung nicht das einzige war, was die Protagonisten umgetrieben hat und dass manchmal einfach nur die Reise weiterging, ohne zu viel über die Liebe zu schwafeln.

Auch sonst spricht die Autorin zwischenzeitlich ein paar spannende Themen, zum Beispiel die Sicherheit beim Alleinreisen von Frauen an. Interessant fand ich auch, dass die männlichen Figuren hier mal weichere Seiten zeigen durften, allen voran ein alleinerziehender Vater als Nebenfigur, der die Care-Arbeit auch mal wirklich nicht auf irgendwelche weiblichen Familienmitglieder abwälzt.

Natürlich könnte man dem Buch vorwerfen, dass es gerade gegen Ende etwas kitschig wird und dass es auch etwas vorhersehbar ist, aber ich denke, das wäre bei dem Genre irgendwie ungerecht. Von mir bekommt "Immer am Meer entlang" daher wohlverdiente 5 Sterne und eine dicke Empfehlung für die Urlaubslektüre!

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