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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.06.2021

Das ist der Stoff, aus dem gute Fantasy gesponnen wird!

Der Orden des geheimen Baumes - Die Königin
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Beschreibung

Ein mächtiger Drache ist erwacht und droht die Welt zu verschlingen. Um das zu verhindern, müssen sich starke Frauen aus verschiedenen Reichen, mit unterschiedlichem Glauben und Herkunft ...

Beschreibung

Ein mächtiger Drache ist erwacht und droht die Welt zu verschlingen. Um das zu verhindern, müssen sich starke Frauen aus verschiedenen Reichen, mit unterschiedlichem Glauben und Herkunft zusammentun. Die Magierin Ead findet ein magisches Juwel und setzt alles daran Königin Sabran zu beschützen, wobei sie sich selbst in größte Gefahr bringt. Zusammen mit Ead gelingt Sabran die Flucht aus dem Palast und sie machen sich auf die Suche nach der einzigen Waffe, die den Drachen töten kann, dem Schwert Ascalon.

Im Osten macht die Drachenreiterin Tané in ihrem Exil einen wichtigen Fund, der für den Kampf gegen den mächtigen Drachen entscheidend ist. Doch um Erfolg zu haben müssen Osten und Westen zusammenarbeiten…

Meine Meinung

Nach einem vielversprechenden Auftakt im ersten Teil der »Königin von Inys«-Dilogie unter dem Titel »Die Magierin« führt Samantha Shannon in »Der Orden des geheimen Baumes – Die Königin« die Handlungsstränge zu einem packenden Showdown zusammen.

Im englischen Original wurde die Geschichte in einem Band veröffentlicht, da ist es keine große Überraschung, dass die Story direkt am Ende des Vorgängers anknüpft. Wie bereits im vorherigen Band wird auch hier zwischen den Perspektiven und Örtlichkeiten gesprungen und gleich zu Beginn bekommt die bereits erwähnte Priorei, der Ead angehört, mehr Kontur verliehen.

Magie und magische Gegenstände wie das Schwert Ascalon und zwei mächtige Juwelen erhalten in diesem Band einen hohen Stellenwert eingeräumt, denn ohne diese Artefakte ist es nicht möglich den großen namenlosen Drachen, der die Welt bedroht, zu bannen oder gar töten zu können. Außerdem laufen die Handlungsfäden in raschem Tempo zusammen und man erfährt so einiges über die einzelnen Charaktere, die manche Sachen in ganz neuem Licht erstrahlen lassen.

Sehr gut gefällt mir nach wie vor die präsente Diversität in Samantha Shannons Geschichte, die durch die unterschiedliche Abstammung, Hautfarbe, Sexualität und Ethnien der Protagonisten zum Tragen kommt. Spannend ist außerdem die Tatsache, dass die Völker des Westens und des Ostens, die durch ihre unterschiedlichen Glauben und Beziehung zu den Drachen dazu getrieben werden über ihren eigenen Tellerrand zu blicken und erkennen, dass nur durch die Vereinigung ihrer Kräfte die Vernichtung durch den namenlosen Drachen verhindert werden kann.

Der Weg zum packenden Finale ist gepflastert mit interessanten Twists und lebt von der Lebendigkeit, die Shannons häufige Perspektivwechsel mit sich bringen. Eigentlich hatte ich auf ein genauso episches Finale gehofft, doch dies fällt im Vergleich zum restlichen Aufbau der Geschichte etwas kurz aus. Die Schlacht zwischen den vereinten Menschen und dem manifestierten Bösen hätte ich mir etwas spektakulärer und dramatischer vorgestellt. Dies ist allerdings nur ein winzig kleiner Kritikpunkt an einer großartig erzählten Fantasy-Geschichte, die fast danach schreit, verfilmt zu werden.

Fazit

Drachen, Magierinnen und Frauenpower verbunden mit einem fesselnden Gespinst aus Machtkämpfen und Intrigen – das ist der Stoff, aus dem gute Fantasy gesponnen wird!

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 19.02.2021

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.06.2021

Ein beachtenswerter Kriminalroman

Die tote Meerjungfrau
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Beschreibung

Kopenhagen, 1834. Der junge Dichter Hans Christian Andersen möchte mit seinem Handwerk in die Reihen der unvergessenen Schriftsteller gelangen. Sein Ansinnen ist bisher von wenig Erfolg gekrönt ...

Beschreibung

Kopenhagen, 1834. Der junge Dichter Hans Christian Andersen möchte mit seinem Handwerk in die Reihen der unvergessenen Schriftsteller gelangen. Sein Ansinnen ist bisher von wenig Erfolg gekrönt und dann gerät er auch noch unter Mordverdacht, als eine junge Prostituierte, die er für seine Scherenschnitte besuchte, tot im Wasser aufgefunden wird.

Durch die Fürsprache seines Mäzens erhält Hans Christian die einmalige Chance seine Unschuld zu beweisen, doch dafür bleiben ihm nur wenige Tage. In den zwielichtigen Gassen macht er sich auf die Suche nach dem wahren Mörder, und dabei benötigt er unbedingt die Hilfe von Molly, der Schwester der Ermordeten. Gemeinsam kommen sie einem Täter auf die Spur, dessen Weg noch andere Leichen säumen….

Meine Meinung

In ihrem historischen Roman »Die tote Meerjungfrau« spinnt das Autoren-Trio um Thomas Rydahl und A. J. Kazinski einen mitreißenden Krimi um die Entstehung von Hans Christian Andersens melancholisches und weltbekanntes Märchen »Die kleine Meerjungfrau«, bei der der Autor selbst unter Mordverdacht gerät und ihn die spannende Suche nach dem wahren Mörder in die dunkelsten Abgründe des 19. Jahrhunderts führt.

Die Geschichte ist nichts für zarte Nerven, denn das Schriftsteller-Team schildert auf beeindruckende Art und Weise die Lebensumstände und liefert eine detaillierte und äußerst bildhafte Darstellung des Settings. Soziale und gesellschaftliche Strukturen der Zeit werden gekonnt aufgegriffen und es wird auch nicht an den entsprechenden Umgangsformen gespart.

Vor diesem Hintergrund ist es äußerst spannend den damals noch recht unbekannten und erfolglosen Dichter Hans Christian Andersen auf seinem Weg zwischen Hurenhaus, dem Gefängnisaufenthalt, nachdem er unter Mordverdacht gerät, und seiner faszinierenden und träumerischen Gedankenwelt mit der er versucht dem wahren Mörder auf die Schliche zu kommen. Ungemein reizend ist die Art und Weise wie Andersen in diesem Roman mit Dingen spricht, ihnen zuhört und ihnen somit Leben einhaucht. Zum Dank geben die Gegenstände ihrem Zuhörer Informationen preis, die ihn auf die richtige Spur bringen. Seine Vorgehensweise erinnerte teilweise schon an modernes Profiling.

Für die Leser*innen ist schon zu Beginn der Geschichte recht klar, dass der spätere Märchenerschaffer nicht der Täter sein kann, denn die Geschichte wird auch noch aus einer zweiten Perspektive, die des Mörders, erzählt.

Heimlicher Star der Geschichte ist für mich eindeutig der queere Antagonist, eine Transfrau, die äußerst clever vorgeht und mit allen Mitteln ihren Traum wahr werden lassen möchte. Natürlich steht die kunstvolle Darstellung des berühmten Schriftstellers, der sich damals nicht offen zu seiner Homosexualität bekennen konnte, dem in fast nichts nach. Beide Protagonisten verstoßen mit ihrer Sexualität und Identität gegen die Moralvorstellungen ihres Jahrhunderts und dennoch gab es viele von ihnen – Thomas Rydahl und A. J. Kazinski versinnbildlichen genau dies mit ihrem Roman und machen dadurch sichtbar, wie schrecklich dieser Zustand war.

»Die tote Meerjungfrau« ist ein beeindruckender Roman, in dem ein ungeschöntes Bild der Sozialkultur des 19. Jahrhunderts gezeichnet wird und damit indirekt gegen Rassismus, Sexismus und für mehr Toleranz und Selbstbestimmung geworben wird – ein Märchen vor einem äußerst authentischen Hintergrund. Der Clou bei der Sache ist, dass diese fiktionale Geschichte so geschickt eingebettet wurde, dass sich Bezüge zur Inspirationsquelle zu Andersens wohl berühmtesten Märchen, das der kleinen Meerjungfrau, ergeben! Es findet sich aber auch noch der Zusammenhang zu einem weiteren Werk, »Das Mädchen mit den Schwefelhölzern«, welcher bei mir alle Dämme brechen lies.

Fazit

Ein beachtenswerter Kriminalroman, der sich den bekanntesten dänischen Dichter und Schriftsteller und sein berühmtes Märchen zum Motiv genommen hat und mit einem außerordentlichen Antagonisten auftrumpft.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 12.11.2020

Veröffentlicht am 10.06.2021

Ein aufregender Fantasy-Cocktail

Der Name aller Dinge
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Beschreibung

Seit Kihrin den Kaiser von Quur getötet, den Schellenstein zerstört und dadurch die Dämonen entfesselt hat trachtet man ihm nach seinem Leben. Auf der Flucht vor seinem alten Feind, dem mächtigen ...

Beschreibung

Seit Kihrin den Kaiser von Quur getötet, den Schellenstein zerstört und dadurch die Dämonen entfesselt hat trachtet man ihm nach seinem Leben. Auf der Flucht vor seinem alten Feind, dem mächtigen Zauberer Relos Var, begegnet Kihrin der mutigen Joratin Janel Theranon die sich den Dämonen in den Weg stellt und alles daran setzt, ihr Land vor den grausamen Plänen des Zauberers zu bewahren. Gemeinsam stellen sich Kihrin und Janel ihrem Schicksal, doch Relos Var hat einen entscheidenden Vorteil auf seiner Seite, den Eckstein »Der Name aller Dinge«…

Meine Meinung

Mit »Der Untergang der Könige«, dem Auftaktband zur epischen High-Fantasy-Reihe »Drachengesänge« legte Jenn Lyons einen fulminanten Grundstein zu einer mitreisenden Reihe über Drachen, Magie, Dämonen und Götter, die sich in einer faszinierenden Welt bewegen. In »Der Name aller Dinge« knüpft die Autorin die Geschichte um den jungen Kihrin weiter.

Nach einer kurzen Einleitung mit einem Brief der Magierin Senera an ihren Meister Relos Var lernt Kihrin ohne große Umschweife die Joratin Janel Theranon, vierundzwanzigster Graf von Tolamer, kennen. Dies scheint jedoch nicht ihre erste Begegnung zu sein, denn sie sind sich bereits in der Zwischenwelt begegnet. Janel bittet Kihrin um Hilfe bei der Rettung des Landes und berichtet ihm dazu abwechselnd mit ihrem Begleiter Bruder Qaun von ihren Erlebnissen und Erkenntnissen.

Jenn Lyons bleibt durch die Berichterstattung von Janel und Qaun ihrem erfrischenden Erzählstil treu und gewährt mit diesem Kniff einen umfassenden Blick auf die Geschichte. Während im ersten Teil noch die Adelshäuser, Gilden und Götter näher beleuchtet wurden verlegt sich nun der Fokus auf die Jorater mit ihren Pferden und Feuerblütern und ihrer besonderen Gesellschaftsstruktur. Lyons konnte mich vor allem mit ihrer verwirrenden wie auch gekonnten Jonglage mit Geschlechterrollen und Diversität unheimlich begeistern.

Zudem bestimmen zwei grundlegende archaische Gesetze die Welt der Jorater – Idorrá, die Macht und Stärke derer, die andere beschützen und Thudajé, die Ehre, die daraus erwächst sich einem Überlegenen zu unterwerfen – welche sich wie ein roter Faden durch den Verlauf der Geschichte ziehen, ebenso wie ihre Vorbehalte gegenüber der Magie.

Jenn Lyons reichert ihre Fantasy-Welt zusehends mit den unterschiedlichsten Gesellschaftsentwürfen an und erschafft dadurch ein faszinierendes Kaleidoskop, welches einen Blick auf diverse Sozialstrukturen mit ihren Stärken und Schwächen zulässt.

Außerdem werte ich den Abwechslungsreichtum der unterschiedlichen Lebensentwürfe als einen Aufruf für mehr Toleranz.

»Der Name aller Dinge« ist die gelungene Fortsetzung eines atemberaubenden Fantasy-Epos, dessen Komplexität es einem jedoch nicht immer einfach macht den Durchblick zu behalten. Der ungezwungene Umgang mit dem Tod, der für einen großen Teil der Romanbesetzung nicht für immer währt, und die magischen Komponenten sowie die hinzugekommene Transformität der Geschlechter/Geschlechterrollen tragen zu einem unerschöpflichen Universum bei, das mit unvorhergesehenen Plottwists besticht.

Fazit

Ein aufregender Fantasy-Cocktail der Klischees auflöst und für mehr Diversität und Toleranz eine Lanze bricht.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 12.10.2020

Veröffentlicht am 09.06.2021

Fast noch zauberhafter als das Original

Disney. Twisted Tales: Dunkle Schatten
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Beschreibung

In der Schlacht gegen die Hunnen geht Captain Shang zwischen seinen Soldaten Ping und Shan Yu und wird dabei schwer verletzt. Der kaiserliche Berater Chi Fu will Shang aufgrund seiner lebensbedrohlichen ...

Beschreibung

In der Schlacht gegen die Hunnen geht Captain Shang zwischen seinen Soldaten Ping und Shan Yu und wird dabei schwer verletzt. Der kaiserliche Berater Chi Fu will Shang aufgrund seiner lebensbedrohlichen Verletzung zum Sterben zurücklassen. Mulan denkt jedoch nicht daran ihn aufzugeben und kämpft für ihren Captain.

Die einzige Möglichkeit, Shang vor dem sicheren Tod zu bewahren, ist in die Unterwelt Diyu zu reisen. Doch Yama, der König von Diyu ist ein schwerer Verhandlungspartner, sodass Mulan eine waghalsige Wette eingeht. Sollte es ihr nicht gelingen den Geist von Shang zu finden und bis Sonnenaufgang die heimtückischen und listenreichen Dämonen zu überwinden, wird sie für immer eine Gefangene der Unterwelt bleiben…

Meine Meinung

Bei Disney-Märchen schlägt mein Herz gleich höher. Daher habe ich umso gespannter die neue »Twisted Tales« Reihe erwartet, denn hier werden von diversen Autor*innen beliebte Disney-Geschichte in einer modernen Adaption aufgegriffen und in eine andere Richtung weitergesponnen.

Elizabeth Lim erzählt in »Dunkle Schatten« mit dem Untertitel »Was wäre, wenn Mulan in die Unterwelt hätte reisen müssen?« die fabelhafte Geschichte der intelligenten sowie mutigen chinesischen Kriegerin neu, welche ursprünglich auf der chinesischen Ballade von Hua Mulan basiert.

Die Autorin macht sich die Bekanntheit des 36. abendfüllenden Zeichentrickfilmes der Walt-Disney-Studios zunutze und steigt direkt bei der Schlacht vor der eisigen Berglandschaft, in der sich Chinesen und Hunnen gegenüberstehen, ein. Sofort hat man die Bilder des Filmes im Kopf und hört das bedrohliche Krächzen von Shan Yus Raubvogel, der über die Köpfe gleitet. Mulan als Soldat Ping verkleidet gelingt der entscheidende Streich gegen die Hunnen aber in Elizabeth Lims Erzählung wird nicht sie verletzt und ihrer Weiblichkeit enttarnt in den Bergen zurückgelassen, sondern General Shang wird tödlich getroffen und soll, da keine Hoffnung auf sein Überleben besteht, nicht mitgenommen werden.

Wie erhofft wurde der Charakter von Mulan perfekt getroffen, in sich vereint sie, ähnlich der Ying und Yang Lehre, die entgegengesetzte und doch aufeinander bezogene Eigenschaften Mut und Verletzlichkeit sowie Sanftmut und Kampfgeist. Auf ihrer Reise durch die gefährliche Unterwelt Diyu muss sie sich selbst stellen und nur, wenn sie sich durch Selbstreflexion wirklich erkennt, kann es ihr gelingen Shang in das Reich der Lebenden zurückzuholen. Daher muss ich sagen, dass mir der Originaltitel »Reflection« etwas passender erscheint als die deutsche Übersetzung.

Mulans Sidekick Mushu taucht in diesem Buch nur als Randfigur auf und kommt leider in keinster Weise der Witzigkeit und Coolness der Filmfigur gleich, dafür sorgt ShiShi, der steinerne Löwe und Beschützer der Li Familie, mit seiner hochnäsigen und aufgeblasenen Art für lustige Momente und bringt einen amüsanten Unterhaltungsfaktor ein.

Sehr gut gefallen haben mir wiederum die Quests, die Mulan mit ihrem „neuen“ Begleiter ShiShi und schließlich dem Geist von Shang bewältigen muss, um ihre Wette mit dem König der Unterwelt zu gewinnen und Shang zu retten. Gemeinsam müssen sie die List der Dämonin Meng Po durchschauen, einen scharfkantigen Messerberg bezwingen und sich gegen Einflüsterungen der Geister behaupten. Ein zentraler Punkt begleitet Mulan auch in dieser Geschichte, nämlich ihre innerliche Zerrissenheit und die Gefahr zwischen Ehre, Vertrauen und Ehrlichkeit zerrieben zu werden, und das alles nur, weil sie sich selbst und ihrer Familie beweisen will, dass sie auch zu etwas fähig ist das respektiert wird (auch wenn sie keine gute Ehefrau abgibt).

»Dunkle Schatten« von Elizabeth Lim ist entsprechend dem Jugendbuch-Genre in einer leichten, unverschnörkelten Sprache gehalten und glänzt durch eine Mischung aus düsterem Märchen, Abenteuern mit Dämonen und Geistern und vor allen Dingen durch die bezaubernde und unheimlich starke Hauptprotagonistin.

Fazit

Elizabeth Lim greift in »Dunkle Schatten« gekonnt die Motive des Disney-Märchens »Mulan« auf und zaubert daraus eine unheimlich fesselnde Geschichte, die ich fast noch zauberhafter finde als das Original.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 22.09.2020

Veröffentlicht am 07.05.2021

Moderner Spukhaus-Horror

Infidel
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Meine Meinung

Der Thai-Amerikaner Pornsak Pichetshote sammelte jahrelang Erfahrung als leitender Redakteur beim Comic-Verlag Vertigo und schrieb nun seine erste eigene Geschichte, eine moderne und politisch ...

Meine Meinung

Der Thai-Amerikaner Pornsak Pichetshote sammelte jahrelang Erfahrung als leitender Redakteur beim Comic-Verlag Vertigo und schrieb nun seine erste eigene Geschichte, eine moderne und politisch geprägte Spukhaus-Geschichte mit dem Titel »Infidel« (deutsch: Ungläubiger/ungläubig/gottlos/irrgläubig), ohne zu ahnen, wie aktuell seine Story angesichts der »Black Lives Matter Bewegung« sein würde. Der Zeichner Aaron Campbell, der bereits bekannte Figuren wie z. B. Sherlock Holmes, James Bond, Batman und Harley Quinn zeichnete, stellt mit diesem Werk seine erste eigenständige Arbeit vor, die von Kolorist José Villarrubia eindrucksvoll in Farbe gekleidet wurde.

Die 5-teilige Mini-Serie wurde vom Splitter Verlag in einer deutschen Gesamtausgabe herausgebracht, die man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Vor allem dann nicht, wenn man auf gut erzählte Horror-Geschichten steht.

Das Vorwort der Autorin (»The Good House«, »Ghost Summer«) und Pädagogin Tananarive Due, welche als Filmhistorikerin mit Erfahrung im Bereich »Black Horror« bekannt ist und mit dem American Book Award ausgezeichnet wurde, stimmt auf die kommende Geschichte über ein Spukhaus verknüpft mit dem vielseitigen Schichten vom Horror des Rassismus ein.

Die Geschichte basiert auf einem klassischen Spukhaus-Szenario, doch die Protagonisten sind nicht wie in den meisten solcher Storys Weiße, sondern PoC (People of Color) und der Plot wird mit politischen sowie kulturellen und religiösen Einflüssen unterfüttert. In erster Linie geht es um die junge Pakistani-Muslima Aisha, welche mit ihrem Freund und seiner Tochter Kris zu dessen Mutter Leslie zieht. Die Stimmung gegenüber Menschen aus anderen Kulturen ist momentan sehr angespannt, denn im Hochhaus gab es eine Bombenexplosion, die sich auf einen arabischen Bewohner zurückverfolgen lässt und sogleich als Terroranschlag verbucht wurde. Aisha ist den täglichen Rassismus gewöhnt, auch wenn dieser nun verstärkt hervortritt, und möchte Leslie nach diesem Vorfall nicht alleine in der Wohnung lassen.

Doch schon bald bekommt Aisha schreckliche Albträume. Sie schläft schlecht und leidet unter ständiger Müdigkeit durch den Schlafentzug. Als sie auch am helllichten Tag Horrorvisionen, geboren aus Fremdenhass und Angst, verfolgen, spitzt sich die Lage dramatisch zu. Ihre beste Freundin Medina ist Afro-Amerikanerin und zieht ebenfalls in das Haus und als sie bemerkt, dass etwas mit Aisha nicht stimmt, ist es auch schon zu spät…

Der Stil der Illustrationen von Aaron Campbell sticht besonders durch die Verwendung verschiedener Zeichenmaterialien wie Gouache, Kohle und Buntstift hervor und zeichnet sich durch teilweise kritzelige Schraffierungen und eine gestochen scharfe Mimik der Protagonisten aus.

Auch wenn es im Medium »Comic«, das ohne Ton und pointierte Schnitte auskommen muss, um einiges schwieriger ist gruselige Schockmomente und eine Atmosphäre die das Blut in den Adern gefrieren lässt zu kreieren, hat das künstlerische Team hier hervorragende Arbeit geleistet. »Infidel« ist nämlich garantiert nichts für schwache Nerven und sorgt mit einem Zusammenspiel aus düsteren Illustrationen bei denen ordentlich Blut fließt und eindringlichen Farben für Gänsehaut-Momente.

In der Geschichte gibt es immer wieder Cuts zwischen Traum, Gegenwart und Vergangenheit was durch verschiedene Stile kenntlich gemacht wird. Manchmal wird recht temporeich zwischen den Fäden gewechselt, sodass man auf jeden Fall mit genügend Aufmerksamkeit an die Lektüre herangehen sollte. Comic-Einsteiger könnten es mit diesem Band daher etwas schwieriger haben. Dennoch möchte ich diese unglaublich geschickt gestrickte Geschichte, in der klassischer Horror mit einer wichtigen politischen Botschaft und fein ausgearbeiteten Charakteren verschmilzt, einfach jedem der nicht zart besaitet ist ans Herz legen.

Das Nachwort von Comic-Künstler Jeff Lemire (»Black Hammer«, »Gideon Falls«, »Sweet Tooth«, »Moon Knight«) sowie ein umfangreiches Making-Of, welches einen Einblick von der Bewerbung bis hin zum Entstehen des Covers gewährt, rundet diese wundervolle Hardcoverausgabe ab.

Fazit

Moderner Spukhaus-Horror, der sich perfekt in die gegenwärtige Zeit einfügt und zudem mit einer facettenreichen Darstellung vom Rassismus in der heutigen Gesellschaft besticht.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 29.08.2020

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