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Veröffentlicht am 25.10.2019

Eine mysteriöse und vielfältige Schauerstory

Melmoth
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Beschreibung

In ihrem selbstauferlegten Exil hat es Helen Franklin nach Prag gezogen. Sie führt ein zurückgezogenes Leben und versagt sich selbst die kleinsten Freuden. Eines Tages gelangt durch einen ...

Beschreibung

In ihrem selbstauferlegten Exil hat es Helen Franklin nach Prag gezogen. Sie führt ein zurückgezogenes Leben und versagt sich selbst die kleinsten Freuden. Eines Tages gelangt durch einen befreundeten Professor eine merkwürdige Sammlung von Texten in ihren Besitz, die sich allesamt mit der Legende über eine mysteriöse Frauengestalt befassen, die für alle Ewigkeit dazu verdammt ist, vollkommen alleine auf der Erde zu wandeln. Schon bald greifen die düsteren Geschichten über Melmoth von den Niederschriften in Tagebucheinträge und Briefe weit hinaus und Helen fühlt sich auch in der Realität verfolgt. Doch existiert diese mystische Sagengestalt tatsächlich? Um das herauszufinden muss sich nicht nur Helen ihrer Vergangenheit stellen…

Meine Meinung

Melmoth, Melmotte, Melmotka, Melmat – die dunkle Frau, die für alle Ewigkeit dazu verdammt ist, in Einsamkeit auf der Erde zu wandeln und die armen sündigen Seelen derer heimzusuchen, deren Gewissen nicht frei von Schuldgefühlen ist, hat viele Namen. Doch alle Beschreibungen in Legenden, Tagebucheinträgen, Briefen und Geschichten erzählen eine ähnlich düstere Geschichte. Sarah Perry nimmt uns in ihrem neuen Roman »Melmoth« mit auf eine mysteriöse Reise in die tschechische Hauptstadt Prag.

Die Autorin konnte mich bereits mit ihrem unglaublich bildhaften Schreibstil in »Die Schlange von Essex« an die Seiten fesseln und auch in ihrem neusten Werk überzeugt Perry mit einer unglaublich dichten Atmosphäre die eine ganze Palette an Gefühlen hervorruft. Von einem stark beklemmenden Szenario, dass durch teilweise direkte Ansprache des Lesers zusätzlich verstärkt wird, bis hin zu schaurigen Sequenzen wird einiges geboten. Als Beobachter der Geschichte mit einbezogen zu werden ist ein guter Ansatz, jedoch fand ich die Einschübe mit der direkten Ansprache etwas gewöhnungsbedürftig.

Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt, die diverse Lebensgeschichten erzählen und als Schnittpunkt die Begegnung mit der düsteren Zeugin Melmoth gemein haben. Die Hauptprotagonistin ist die zweiundvierzigjährige Engländerin Helen Franklin, deren Vergangenheit sie zu einem selbst auferlegten Exil nach Prag führte, wo sie durch den befreundeten Professor Dr. Karel Pražan an eine Dokumentensammlung über die Erscheinungen der geisterhaften Frau gelangt und durch diese Lektüre immer tiefer in den Sog ihrer eigenen Gedanken über ihre Vergangenheit und ihre eigenen Sünden gezogen wird.

Die Zeichnung von Helen Franklins faszinierendem Charakter ist Perry hervorragend gelungen und sorgt für ein besonders tiefgehendes Leseerlebnis. Häppchenweise rückt man an den Kern von Helens prägender Vergangenheit heran und wird mit einer dramatischen Lebensgeschichte überrascht. Als Katalysator hat Perry die entzückende und etwas schrullig anmutende Vermieterin Albína Horákovás herbeigezaubert, die mit ihrer extrovertierten Art eine frische Brise mitbringt.

Am berührendsten fand ich die Erzählung über die Kindheit von Josef Adelmar Hoffmann, die vor allen Dingen durch den Krieg und die Auswirkungen des Nationalsozialismus geprägt wurde, der seine Fänge bis nach Prag ausstreckte und durch den schamlosen Machtmissbrauch den perfekten Nährboden für einen Sündenpfuhl darbrachte. Diese tiefschürfenden Erlebnisse verfolgten Josef Adelmar Hoffmann bis ins hohe Alter und sorgten für seine ganz persönliche Begegnung mit Melmoth.

Im dritten Abschnitt bekommt der Leser das Tagebuch einer jungen Frau aus den 1930er Jahren zu lesen, die über ein Ereignis aus ihrem Leben berichtet, welches sich in Ägypten zutrug und über das Zeugnis von Namenlos und Hassan berichtet. Zu dieser Erzählung habe ich leider keinen rechten Zugang gefunden und habe diesen Abschnitt fast schon als Störung der Gesamtkomposition empfunden. Trotz diesem kleinen Abschwung zum Ende hat Sarah Perry mit »Melmoth« ein wirklich gelungenes und lesenswertes Werk vorgelegt, dass sich durch seine Dramaturgie auch wunderbar als Filmmaterial eigenen würde.

Fazit

Eine mysteriöse und vielfältige Schauerstory, die für ein cineastisches und absolut fesselndes Leseerlebnis sorgt.

Veröffentlicht am 25.10.2019

Ein famoses Comic-Abenteuer

Der große Indienschwindel
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Meine Meinung

Vorhang auf für Don Pablos aus Segovia, der bereits, so kann man es dem Vorwort entnehmen, in satirischen Schelmenromanen aus dem 17. Jahrhundert von Francisco de Quevedo von sich Reden ...

Meine Meinung

Vorhang auf für Don Pablos aus Segovia, der bereits, so kann man es dem Vorwort entnehmen, in satirischen Schelmenromanen aus dem 17. Jahrhundert von Francisco de Quevedo von sich Reden machte.

»Der große Indienschwindel« liefert nun die Fortsetzung zu der abenteuerlichen Geschichten des Schelms und Vagabunden, die Francisco de Quevedo in seinem Roman »Leben des Erzgauners Pablos aus Segovia« andeutete, indem er Don Pablos auf eine Reise nach Amerika (damals glaubte man noch, es sei Indien) schickte, diese aber nie schreiben sollte.

Im übergroßen Sonderformat kommt der Comic »Der große Indienschwindel« aus dem Splitter Verlag daher, in welchem sich der französische Autor Alain Ayroles der Herausforderung gestellt und gemeinsam mit dem spanischen Zeichner Juanjo Guarnido ein traumhaft schönes Comic-Meisterwerk zur Welt gebracht hat. Dieses Meisterstück der Erzähl- und Zeichenkunst lädt zum Genießen der farbenprächtigen und detailverliebten Panels ein und liefert ein komisches wie auch abenteuerliches Leseerlebnis vereint mit prächtigem Rätselspaß.

Das goldene Zeitalter, zu der sich die Erzählung zuträgt, ruft einen gewieften Hauptprotagonisten auf den Plan, der sich mit Witz und Charme einen Platz im Leserherz ergaunert und das, obwohl er sich eher wie ein waschechter Antagonist verhält. Don Pablos wächst in Segovia unter ärmlichen Verhältnissen zu einem gerissenen Jungen heran, der von seinem ganovenhaften Vater früh gepredigt bekommt, ohne harte Arbeit sein Geld zu verdienen. Schnell lernt Don Pablos sich mit Taschenspielertricks und Zuhälterei durchzuschlagen und auch sonst geht es oftmals um den Kampf zwischen Arm und Reich.

Ayroles erzählt die Geschichte in mehreren Handlungssträngen, im ersten Strang erleben wir einen kränklichen und verlotterten Don Pablos, der unter Folter dem Stadtkommandanten von Peru namens Cuzco verraten soll, wie er zu den goldenen Schätzen El Dorados gelangt ist. Im zweiten Handlungsstrang begleiten entführt uns Don Pablos durch seine Erzählungen in seine Jugend und auf seine abenteuerliche Reise von Spanien nach Peru, wie er auf seinen Mentor Don Diego trifft und sich mit ihm auf eine wagemutige Expedition in die goldene Stadt begibt. Ein letzter Handlungsstrang katapultiert den Leser in eine Gegenwart, in der die Vergangenheiten zu einem Ende zusammenlaufen, welches die offenen Fragen klärt und das ganze Ausmaß von Do Pablos gigantischem Coup offenbart.

Hut ab vor Ayroles glanzvoller Erzählkunst, die ein wahrhaft cineastisches Erlebnis bereithält, das einen gekonnt in das 17. Jahrhundert entführt, die Magie des Goldrausches zum Leben erweckt und dabei kritische Themen wie die Ausbeutung von Sklaven und dem Missverhältnis zwischen der armen und reichen Bevölkerungsschicht auf den Tisch bringt. Bei dem ganzen Glanz und Gloria lässt es sich dann irgendwie verschmerzen, dass sich die Einbindung von weiblichen Protagonistinnen auf Mütter, Wirtinnen und Bordellbetreiberinnen beschränkt.

Einen nicht zu verachtenden Beitrag für das Gesamtkonzept leistet Juanjo Guarnido mit seinen farbgewaltigen Zeichnungen, die seitenweise in ihrer ganzen Schönheit auch vollkommen ohne Text eine ganz eigene Magie wirken. Die detailverliebten Panels zeigen nicht nur wundervoll ausgearbeitete Persönlichkeiten, von Don Pablos über Banditen, Könige und Indio-Eingeborene, sondern auch malerische Hintergrundkulissen von der grünen Lunge Perus, dem Amazonas, über die südamerikanischen Gebirgszüge der Anden bis hin zu dem hoheitsvollen Gemäuer des spanischen Königs.

Fazit

Ein famoses Comic-Abenteuer über einen liebenswürdigen Halunken, das mit eindrucksvollen Panels und einem wahrhaft genialen Clou zum staunen verleitet.

Veröffentlicht am 25.10.2019

Dieser Comic ist unglaublich schräg und abgefahren.

The Umbrella Academy 2: Dallas
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Meine Meinung

Außergewöhnliche und bizarre Geschichten üben einen ganz besonderen Reiz auf mich aus, und so hat mich bereits der erste Comic-Band »The Umbrella Academy: Weltuntergans-Suite« mit seinen ...

Meine Meinung

Außergewöhnliche und bizarre Geschichten üben einen ganz besonderen Reiz auf mich aus, und so hat mich bereits der erste Comic-Band »The Umbrella Academy: Weltuntergans-Suite« mit seinen skurrilen Charakteren, einer abgefahrenen Storyline und einer absolut düsteren Atmosphäre für sich einnehmen können.

Basierend auf den Comics von Gerard Way und Gabriel Bá gibt es eine sehenswerte Netflix-Serie, die sich zwar nicht zu einhundert Prozent mit der Comicvorlage vergleichen lässt, einen aber trotzdem gut unterhält und vor allen Dingen mit dem interessanten Familienkonstrukt der schrägen Superhelden spielt. Das zweite Comic-Album »The Umbrella Academy: Dalls« ist bereits 2010 bei Cross Cult erschienen und wurde nun im Februar 2019 in einer edlen Hardcover Ausgabe neu aufgelegt.

Nachdem die Superhelden im ersten Band den Untergang der Welt haarscharf verhindern konnten, scheint der größte Teil der bunten Patchwork-Familie Zeit zur Regeneration zu benötigen. Spaceboy hat es sich vor dem Fernsteher gemütlich gemacht und nimmt immer größere Ausmaße an, Séance dröhnt sich zu, Rumor versucht mehr schlecht als recht mit dem Verlust ihrer Stimme zu Recht zu kommen und auch Vanya und Kraken geht es kaum besser. Somit rückt in dem Abenteuer namens »Dallas« vor allen Dingen Nummer Fünf mit seiner Fähigkeit, durch die Zeit zu reisen, in den Vordergrund der Geschichte.

Nummer Fünf wird von seinem ehemaligen Arbeitgeber, der Zeitreise-Firma Temps Aeternalis, verfolgt seit er 1963 einen Auftrag in Dallas vergeigt hat und danach untergetaucht ist. Die Temps Aeternalis hetzen Nummer Fünf das Anzugs-Killer-Team Hazel und Cha Cha auf den Hals, die sich durch ihre durchgeknallte Psyche, eine Vorliebe für Süßspeisen und brutale Folter und ihre plüschigen Cartoonmasken auszeichnen. Nachdem das kuriose Killer-Team die Situation ordentlich aufgemischt hat, geht es für die aktuelle Nummer Fünf und Rumor nach Dalles um das Scheitern der früheren Nummer Fünf Version auszubügeln.

Gabriel Bá hat auch in diesem zweiten Band ganze Arbeit mit seinen verrückten Illustrationen geleistet. Besonders fesselnd sind ihm die Panels mit Séance gelungen, die einen durch absonderliche und halluzinogene Drogentrips katapultieren. Aber auch die Umsetzung des brutalen Killer-Teams Hazel und Cha Cha, das mich sehr an eine bösartige Ausgabe der Men in Black erinnert, hat mich an die Comicseiten gefesselt.

Obwohl dieser zweite Band nicht ganz so komplex wie die Geschichte zur »Weltuntergangs-Suite« daherkommt, gibt es einiges zu entdecken und die blutigen sowie actionreichen Szenen lassen keine Langeweile aufkommen. Für das dritte Umbrella-Comic-Album, welches noch im September 2019 erscheinen wird, wünsche ich mir, dass die antagonistischen Superhelden wieder etwas mehr zusammen agieren.

Fazit

Dieser Comic ist unglaublich schräg und abgefahren. Das muss man einfach selbst gelesen haben!

Veröffentlicht am 25.10.2019

Eine emotional aufwühlende Geschichte

Die verlorenen Blumen der Alice Hart
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Beschreibung

Alice Hart ist neun Jahre alt, als ihre Eltern bei einem Brand auf ihrem Hof an der Nordostküste Australiens umkommen. Stumm und verängstigt kommt das Mädchen zu ihrer bis dato unbekannten ...

Beschreibung

Alice Hart ist neun Jahre alt, als ihre Eltern bei einem Brand auf ihrem Hof an der Nordostküste Australiens umkommen. Stumm und verängstigt kommt das Mädchen zu ihrer bis dato unbekannten Großmutter June, die sie auf Thornfield, ihrer Blumenfarm aufnimmt, auf der sie Frauen mit den unterschiedlichsten Schicksalen Zuflucht bietet. Auf der Blumenfarm beginnt Alice ihre schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten, erlernt die Sprache der Blumen und findet schließlich zu ihrer eigenen Stimme zurück. June verbirgt jedoch die ganze Wahrheit ihrer Familiengeschichte vor Alice, welche sich schließlich dazu entscheidet ihren eigenen Weg zu finden und sich von der niederdrückenden Vergangenheit zu befreien.

Meine Meinung

Holly Ringlands Roman »Die verlorenen Blumen der Alice Hart« zieht bereits durch das kräftige blaue Cover mit einer großen Blumenabbildung die Blicke auf sich. Die florale Gestaltung setzt sich dann auch zwischen den Buchdeckeln fort, denn jedes Kapitel beginnt mit der schwarz-weiß Illustration einer australischen Pflanze, die mit einer kurzen Vorstellung ihrer Bedeutung und Herkunft ergänzt wird. Diese wundervolle Einbringung der Sprache der Blumen zieht sich wie ein roter Faden durch das komplette Buch.

Diese gelungene optische Gestaltung passt hervorragend zu der berührenden Geschichte der Alice Hart und untermalt die Botschaft, dass manche Dinge zu schwer in Worte zu fassen sind, und wir diese durch andere Botschaften wie hier durch die Sprache der Blumen mitteilen können.

Die Geschichte beginnt mit Alice früher Kindheit, die sie zurückgezogen ohne jeglichen sozialen Kontakt, außer den zu ihren Eltern, auf einem Hof mit Blumengarten an der Nordküste Australiens verbringt.

Besonders mitgenommen hat mich die Gewaltätigkeit von Alice Vater, der nicht nur ihrer Mutter Agnes Schmerzen zufügt, sondern auch keinen Halt vor seiner kleinen Tochter macht. Seine Agressionsausbrüche hat Holly Ringland authentisch zu Papier gebracht, so dass man selbst beim lesen etwas zusammenschreckt und sich kaum auszumalen wagt, wie sehr diese ein junges Mädchen verstören müssen.

Der traumatische Verlust ihrer Eltern, für den sich Alice selbst die Schuld gibt, prägen das Mädchen und ihren weiteren Lebensweg schon frühzeitig. Mit diesem dramatischen Hintergrund passt Alice, ebenso wie ihre Mutter damals, nach Thornfield, der Blumenfarm ihrer Großmutter, die seit Jahrzehnten Frauen mit einer schicksalhaften Vergangenheit als Zufluchtsstätte dient.

Alice lernt erst nach dem Tod ihrer Eltern ihre Großmutter June kennen, als diese sie zu sich nach Thornfield mitnimmt. Mit June hat Holly Ringland einen vielschichtigen Charakter erschaffen, der durch die Vergangenheit gezeichnet ist und ganz tief mit der Reflexion alter Fehler behaftet ist. Mit der Ankunft von Alice ergreift June die Chance, um Wiedergutmachung zu leisten. Sie möchte Alice ein beschütztes Leben bieten und schlägt dabei über die Grenzen, denn sie enthält Alice ihre wahre Familiengeschichte vor und sabotiert sogar ihre erste große Liebe. Damit setzt June den Grundstein für eine, sich selbst erfüllende Prophezeiung, obwohl sie doch gerade mit ihren Taten und ihrem Schweigen verhindern wollte, dass der Familienfluch auch auf Alice übergreift. Als Alice davon erfährt kappt sie jegliche Verbindung zu ihrem bisherigen Leben und sucht einen Neuanfang inmitten der australischen Wüste.

»Die verlorenen Blumen der Alice Hart« ist ein facettenreicher Roman über Familie, Vergangenheit, Freundschaft und Liebe mit dem bitteren Nachgeschmack von Gewalt und Missbrauch. Eine bestechende Grundnote besteht, im krassen Gegensatz zur brutalen Seite, aus der Naturverbundenheit der Frauen Thornfields. Die Geschichte übt durch eine große Portion Dramatik auf jeden Fall auch ohne große Spannungsmomente eine unglaubliche Faszination aus, so dass man durch die 500 Seiten geradezu fliegt. Besonders gut gelungen ist Holly Ringland ihre Hauptprotagonistin Alice, die im Gegensatz zu den anderen Charakteren, die neben ihr recht blass erscheinen, einen bleibenden Eindruck hinterlässt.

Bei einem so starken Werk hätte ich allerdings erwartet, auch etwas über die Schicksale der anderen Frauen auf der Blumenfarm zu erfahren. Daher fand ich es wirklich traurig, dass diese überhaupt keinen Raum in der Geschichte einnehmen.

Fazit

Eine emotional aufwühlende Geschichte, die das Leben genauso hätte schreiben können. Die Schwierigkeit der Selbstfindung, bei der die Zukunft mit der Vergangenheit in Einklang gebracht werden will, wird mit einer bezaubernden Naturverbundenheit zur Flora Australiens ergänzt.

Veröffentlicht am 25.10.2019

Ein absolut lesenswerter Klassiker der Schauerliteratur

Wir haben schon immer im Schloss gelebt
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Beschreibung

Die achtzehnjährige Merricat und ihre Schwester Constance leben zurückgezogen mit ihrem Onkel Julian am Rande eines kleinen Dorfes in dem wunderschönen Anwesen der Blackwoods. Die Dorfbewohner ...

Beschreibung

Die achtzehnjährige Merricat und ihre Schwester Constance leben zurückgezogen mit ihrem Onkel Julian am Rande eines kleinen Dorfes in dem wunderschönen Anwesen der Blackwoods. Die Dorfbewohner machen keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegenüber den reichen Leuten, die ihr Dasein ausgeschlossen aus der Gesellschaft in ihrem Schloss für sich fristen. Seit der großen Tragödie, bei der alle anderen Familienmitglieder vergiftet wurden und Constance des mehrfachen Mordes bezichtigt wurde, ist es ruhig im Schloss geworden. Als ihr Cousin Charles auftaucht und an den Inhalt des Familiensafes zu gelangen versucht, ist es an Merricat die Familie zu beschützen.

Meine Meinung

Shirley Jacksons Schauerroman »Wir haben schon immer im Schloss gelebt« hatte seine Erstveröffentlichung im Jahre 1962. Nun wurde der Klassiker vom Festa Verlag in seiner »Must Read« Reihe, ebenso wie »Spuk in Hill House«, neu aufgelegt.

Auf gerade etwas über 250 Seiten ist es der begabten Schriftstellerin gelungen, eine faszinierende und skurrile Geschichte zu weben, die mich wie eine Spinne mit ihrem klebrigen Faden umwickelte. Von der Queen of Horror darf man jedoch keine blutdurchtränkten Szenerien erwarten, ihre grandiose Stärke beweist sie vielmehr in den leisen Tönen, die zu einer schauderhafte Gruselatmosphäre arrangiert, eine mitreißende Melodie ergeben.

»Wir haben schon immer im Schloss gelebt« wird aus der Perspektive der achtzehnjährigen Mary Catherine, die liebevoll von allen nur Merricat genannt wird, erzählt. Sie ist die jüngste der drei Blackwoods und die einzige von Ihnen, die für Besorgungen den schützenden Boden ihres Anwesens verlässt und sich in das Dorf traut, das für sie einer Höhle des Löwen gleichkommt. Merricat hat eine ganz besondere Beziehung zu ihrer älteren Schwester Constance, die sie fast rund um die Uhr bemuttert, so dass man fast nicht glauben möchte, dass es sich bei Merricat um ein Kind und nicht um eine junge Dame handelt. Auch Merricat selbst verstärkt den gewonnenen Eindruck mit ihrer kindlichen Art, wie sie immer wieder Wörter wiederholt und sich ermahnt, netter zu ihrem senilen Onkel zu sein, der seit dem tragischen Familienvorfall im Rollstuhl sitzt.

Aus dieser Protagonisten-Konstellation ergibt sich ein skurriles Gesamtbild des Lebens der Blackwoods, das einen mit seinen Fängen von Kapitel zu Kapitel enger umgarnt. Besonders raffiniert gewählt ist die Erzählerin Merricat, welche wohl die eindrucksvollste psychologische Verfassung vorzuweisen hat. Bei ihr vermischt sich kindliche Fantasie mit einer Verrücktheit, die sich kaum greifen lässt. Der Leser kann sich dadurch, dass sie die Geschichte aus der Ich-Perspektive vorbringt, nie so wirklich sicher sein, was real ist und was nur Merricats Vorstellungsvermögen entsprungen ist. Durch dieses gekonnt eingesetzte Stilmittel erzeugt Shirley Jackson ein unterschwelliges Horrorszenario das die Haare zu Berge stehen lässt.

Das mitreißende Szenario wird durch Shirley Jacksons einnehmenden Schreibstil untermalt und kann bei mir vor allen Dingen durch seine Skurrilität punkten. Mit »Wir haben schon immer im Schloss gelebt« kann Shirley Jackson in meinen Augen zwar nicht ganz an ihr Werk »Spuk in Hill« House heranreichen und dennoch hat mich die Autorin mit ihrer außergewöhnlichen Geschichte gut unterhalten können. Liebhaber von speziellen Charakteren und Gruselgeschichten, die durch subtilen Horror den Atem stocken lassen, liegen bei diesem Roman goldrichtig.

Fazit

Ein absolut lesenswerter Klassiker der Schauerliteratur, der durch einen bizarren Plot und skurrile Protagonisten polarisiert.