Nicht die große Liebe
Eine LiebeIn Sara Mesas von mir heiß erwarteten neuen Roman „Eine Liebe“ zieht eine Anfang 30-Jährige aus einer größeren Stadt aufs spanische Land. Mitten in die Provinz, nicht ans Meer, denn das kann sie sich nicht ...
In Sara Mesas von mir heiß erwarteten neuen Roman „Eine Liebe“ zieht eine Anfang 30-Jährige aus einer größeren Stadt aufs spanische Land. Mitten in die Provinz, nicht ans Meer, denn das kann sie sich nicht leisten. Nat ist Übersetzerin und versucht sich nun mit einer freien Literaturübersetzung über Wasser zu halten. Aber schon das Ankommen im neuen Dorf und im gemieteten Haus wird ihr nicht leicht - man könnte gar sagen besonders schwer - gemacht. Nicht nur vom schmierigen Vermieter auch von vielen der Ortsbewohner, die die Zugezogene nicht gleich ins Herz schließen wollen. Mit Píter freundet sie sich an, einen verwahrlosten Hund bekommt sie vom Vermieter abgetreten und so macht sie sich auf, das Haus in Stand zu setzen und den Garten zu bewirtschaften. Als das undichte Dach geflickt werden muss, macht ihr ein Anwohner, genannt „Der Deutsche“ ein scheinbar unmoralisches Angebot. Er schlägt ihr ein Tauschgeschäft vor: Sex gegen Handwerkerleistung.
Aus diesem Angebot entspinnt sich nun eine nicht nachvollziehbare Obsession von Nat bezüglich einer „Liebes-“Beziehung mit Andreas, Dem Deutschen. Nicht nachvollziehbar bleibt diese merkwürdige Geschichte, weil uns Sara Mesa zwar ausgedehnt an dem unablässigen Hinterfragen der Protagonistin bezüglich ihrer Einstellungen, Gedanken, Eindrücke etc. teilhaben lässt, jedoch nie irgendwelche Hintergründe bzw. tiefgründige Informationen zur Protagonistin anbietet. Nat ist unglaublich neurotisch angelegt in ihrer Persönlichkeit. Das kann funktionieren, sofern sie als Person im Roman dann auch irgendeine Arte von – wenn auch leichter – Veränderung durchlaufen würde. Tut sie aber nicht und das führte bei mir zu einer unglaublichen Abneigung der Protagonistin gegenüber. Unangenehm nervig schieben sich die Überlegungen von Nat in den Vordergrund, wobei sie trotzdem als Figur flach bleibt. Ebenso wie die vielen Nebenfiguren des Dorfes. Hier wäre Potential da gewesen, um eine interessante Studie zum Dorf aufmachen zu können. Aber auch das macht die Autorin nicht. Wir verbringen zu viele der nur 190 Seiten in der abstrusen Beziehung zwischen Nat und Andreas. Ein Einblick in die Vergangenheit Nats oder eine ausführlichere Erklärung ihres kuriosen Beziehungsverhaltens über eine zwei Zeilen lange Erwähnung eines Missbrauchs in der Kindheit hinaus, hätten den Roman eventuell noch interessant machen können. Aber nein, die Autorin wirft den Missbrauch als mögliche Erklärung mal eben so nebenher den Lesenden vor die Füße und diskreditiert damit das Thema vollkommen. Selten habe ich einen unglücklicheren Umgang mit einem solchen Thema in einem Buch gelesen.
Ein Paukenschlag, eine erklärende Wendung, irgendetwas dieser Art am Ende des Romans wären auch ein Weg gewesen, diesen noch zum Besseren zu führen. Aber auch hier verpasst die Autorin eine Chance und lässt ihn ausplätschern. Auf gefühlt einer halben Seite gibt es plötzlich eine Veränderung bei Nat, die aber in dieser Form nicht nachvollziehbar gestaltet wurde und die Lesenden ratlos zurücklässt. Von den nur 190 Seiten war ich in einem Maße genervt, dass man der Autorin schon fast anrechnen könnte, dass sie zumindest das mit dem Roman bewirkt hat. Ansonsten konnte sie bei mir leider gar nichts bewirken. Der Roman konnte mir nichts geben und ich bin froh, die Lektüre endlich beendet zu haben.
Empfehlen kann ich die Lektüre leider gar nicht. Mit den gegebenen 2 Sternen möchte ich lediglich anerkennen, dass die Autorin eine flüssige Schreibe hat, die sich – trotz Qualen ob des Inhalts – zügig bewältigen lässt. Mal davon abgesehen, dass man diskutieren kann, warum die Autorin ihren Roman überhaupt „Eine Liebe“ genannt hat, kann ich nur resümieren, dass der Roman für mich nicht die große Liebe war, im Gegensatz eher eine literarische Schreckensbeziehung.