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Veröffentlicht am 03.06.2023

Nicht die große Liebe

Eine Liebe
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In Sara Mesas von mir heiß erwarteten neuen Roman „Eine Liebe“ zieht eine Anfang 30-Jährige aus einer größeren Stadt aufs spanische Land. Mitten in die Provinz, nicht ans Meer, denn das kann sie sich nicht ...

In Sara Mesas von mir heiß erwarteten neuen Roman „Eine Liebe“ zieht eine Anfang 30-Jährige aus einer größeren Stadt aufs spanische Land. Mitten in die Provinz, nicht ans Meer, denn das kann sie sich nicht leisten. Nat ist Übersetzerin und versucht sich nun mit einer freien Literaturübersetzung über Wasser zu halten. Aber schon das Ankommen im neuen Dorf und im gemieteten Haus wird ihr nicht leicht - man könnte gar sagen besonders schwer - gemacht. Nicht nur vom schmierigen Vermieter auch von vielen der Ortsbewohner, die die Zugezogene nicht gleich ins Herz schließen wollen. Mit Píter freundet sie sich an, einen verwahrlosten Hund bekommt sie vom Vermieter abgetreten und so macht sie sich auf, das Haus in Stand zu setzen und den Garten zu bewirtschaften. Als das undichte Dach geflickt werden muss, macht ihr ein Anwohner, genannt „Der Deutsche“ ein scheinbar unmoralisches Angebot. Er schlägt ihr ein Tauschgeschäft vor: Sex gegen Handwerkerleistung.

Aus diesem Angebot entspinnt sich nun eine nicht nachvollziehbare Obsession von Nat bezüglich einer „Liebes-“Beziehung mit Andreas, Dem Deutschen. Nicht nachvollziehbar bleibt diese merkwürdige Geschichte, weil uns Sara Mesa zwar ausgedehnt an dem unablässigen Hinterfragen der Protagonistin bezüglich ihrer Einstellungen, Gedanken, Eindrücke etc. teilhaben lässt, jedoch nie irgendwelche Hintergründe bzw. tiefgründige Informationen zur Protagonistin anbietet. Nat ist unglaublich neurotisch angelegt in ihrer Persönlichkeit. Das kann funktionieren, sofern sie als Person im Roman dann auch irgendeine Arte von – wenn auch leichter – Veränderung durchlaufen würde. Tut sie aber nicht und das führte bei mir zu einer unglaublichen Abneigung der Protagonistin gegenüber. Unangenehm nervig schieben sich die Überlegungen von Nat in den Vordergrund, wobei sie trotzdem als Figur flach bleibt. Ebenso wie die vielen Nebenfiguren des Dorfes. Hier wäre Potential da gewesen, um eine interessante Studie zum Dorf aufmachen zu können. Aber auch das macht die Autorin nicht. Wir verbringen zu viele der nur 190 Seiten in der abstrusen Beziehung zwischen Nat und Andreas. Ein Einblick in die Vergangenheit Nats oder eine ausführlichere Erklärung ihres kuriosen Beziehungsverhaltens über eine zwei Zeilen lange Erwähnung eines Missbrauchs in der Kindheit hinaus, hätten den Roman eventuell noch interessant machen können. Aber nein, die Autorin wirft den Missbrauch als mögliche Erklärung mal eben so nebenher den Lesenden vor die Füße und diskreditiert damit das Thema vollkommen. Selten habe ich einen unglücklicheren Umgang mit einem solchen Thema in einem Buch gelesen.

Ein Paukenschlag, eine erklärende Wendung, irgendetwas dieser Art am Ende des Romans wären auch ein Weg gewesen, diesen noch zum Besseren zu führen. Aber auch hier verpasst die Autorin eine Chance und lässt ihn ausplätschern. Auf gefühlt einer halben Seite gibt es plötzlich eine Veränderung bei Nat, die aber in dieser Form nicht nachvollziehbar gestaltet wurde und die Lesenden ratlos zurücklässt. Von den nur 190 Seiten war ich in einem Maße genervt, dass man der Autorin schon fast anrechnen könnte, dass sie zumindest das mit dem Roman bewirkt hat. Ansonsten konnte sie bei mir leider gar nichts bewirken. Der Roman konnte mir nichts geben und ich bin froh, die Lektüre endlich beendet zu haben.

Empfehlen kann ich die Lektüre leider gar nicht. Mit den gegebenen 2 Sternen möchte ich lediglich anerkennen, dass die Autorin eine flüssige Schreibe hat, die sich – trotz Qualen ob des Inhalts – zügig bewältigen lässt. Mal davon abgesehen, dass man diskutieren kann, warum die Autorin ihren Roman überhaupt „Eine Liebe“ genannt hat, kann ich nur resümieren, dass der Roman für mich nicht die große Liebe war, im Gegensatz eher eine literarische Schreckensbeziehung.

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Veröffentlicht am 27.10.2023

Sonderzug nach Steglitz, oder wie war das?

Steglitz
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Wäre in diesem Roman, der nicht nur im Berliner Stadtteil Steglitz spielt, sondern sogar nach ihm benannt ist, wenigstens ein Stieglitz aufgetaucht, hätte ich ihm vielleicht etwas abgewinnen können. So ...

Wäre in diesem Roman, der nicht nur im Berliner Stadtteil Steglitz spielt, sondern sogar nach ihm benannt ist, wenigstens ein Stieglitz aufgetaucht, hätte ich ihm vielleicht etwas abgewinnen können. So bleibt leider wenig bis gar nichts übrig, was mich von diesem Roman-Experiment überzeugen hätte können.

Gleich vorweg: Es handelt sich um einen Roman, der ständig zwischen surrealem Erleben und der (vielleicht) Realität hin und her schwankt. Dementsprechend schwer wird es jetzt für mich, die „Handlung“ kurz zusammenzufassen. Also, es wird alles vage bleiben und ich erhebe keinerlei Anspruch auf Korrektheit!

Leni Müller ist mit Ivan verheiratet und lebt in Steglitz in der Markelstraße. Sie geht einem rigiden Tagesablauf nach, indem sie als reine Hausfrau den Tag über mit kleinen Erledigungen durch das Viertel streift und ansonsten vollkommen unselbstständig an ihrem Mann hängt. Als ihr Mann zu einer Dienstreise aufbricht und angeblich nicht zurückkehrt, wird sie von ihrem Bruder in einer zwielichtigen Spelunke einquartiert. Es passieren immer merkwürdigere Dinge, die irgendwie mit ihren Erlebnissen aus der Kindheit verbunden zu sein scheinen. Ähm… und irgendwann erreichen wir das Ende des Romans. So oder so ähnlich könnte man den Roman, den man sich am besten von David Lynch verfilmt vorstellt, zusammenfassen.

Also wer David Lynch Fan ist, oder gar „Weiße Nacht“ von Bae Suah mochte, könnte Gefallen an diesem merkwürdigen Experiment finden. Ich musste mich unglaublich überwinden den Roman überhaupt zu Ende zu lesen. Zu häufig (gefühlt in jedem zweiten Satz) droppt die französische Autorin, die während des Verfassens des Romans in Steglitz während der Corona-Pandemie lebte, irgendwelche Straßennamen, die einer Person, die dort nicht lebt, überhaupt nichts sagen und nur stören. Eine Atmosphäre, die typisch für diesen Stadtteil sein könnte, schafft sie dabei nicht heraufzubeschwören. Daneben geschehen, wie gesagt, surreale „Dinge“, die aber meines Erachtens nach nicht zu einem Ganzen sinnvoll zusammengeführt werden. Vielleicht ist ja auch das genau das Wesen von surrealen Werken. Aber es ist nicht meins, denn das Verhalten der Protagonistin ist psychologisch nicht fundiert nachvollziehbar und bewegt sich bis kurz vor Schluss in einem unsteten, luftleeren Raum. Nur vage könnte man nach Beenden des Romans erahnen, was mit der Protagonistin los ist.

Stilistisch kann ich weder etwas Positives für noch gegen die Schreibe der Autorin sagen. Was vielleicht das langweiligste Urteil überhaupt sein kann. Ja, Bayard kann grammatikalisch richtige Sätze formulieren. Aber diese reißen nie vom Hocker, bieten nie etwas Besonderes, über das man sich literarisch freuen könnte.

Eine Stelle habe ich mir auf Seite 54 markiert, die so ziemlich mein Lektüreerlebnis festhält:

„Christians Erzählung, so schlimm sie auch gewesen sein mochte, hatte sie nicht berührt, nur zutiefst gelangweilt. Sie erkannte, dass sie ihm aus reiner Höflichkeit zugehört und dass die Schilderung seiner harten Prüfungen in ihr nichts als Gleichgültigkeit geweckt hatte.“

So erging es mir mit diesem Roman leider auch. Ich habe aus reiner Höflichkeit und Verpflichtung, da es sich um ein Leseexemplar handelt, weitergelesen. Mich konnte der Roman weder abholen noch irgendwohin mitnehmen. Erst recht nicht nach Steglitz. Ich habe durch den Stil keinerlei Interesse an den Figuren, ihrer Geschichte noch ihren psychischen Zuständen (und das will etwas heißen!) entwickeln können.

Damit ist dieser Roman, dem ich leider so gar nichts abgewinnen konnte, bisher mein persönlicher Flop des Jahres, was nicht für alle Leser:innen gelten muss. Wer sich also heranwagt, hat meinen vollen Respekt und soll dies gern tun. Ich werde zukünftig hingegen einen großen Bogen um die Autorin machen und biege dafür vor der Markelstraße an der Lepiusstraße ab, gehe auf die Schildhornstraße, meide aber den Sportplatz Schildhornstraße indem ich auf die Gritznerstraße abbiege und über die Buggestraße zum Breitenbachplatz gelange. Dort setze ich mich in die U-Bahn bis zur Endhaltestelle Krumme Lanke und verlasse erleichtert Berlin über Zehlendorf ins Umland.

1,5/5 Sterne

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