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Veröffentlicht am 26.11.2023

Zwischen London und Hongkong - Familiengeheimnisse

Du hast mir nie erzählt
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Wiz Wharton erzählt in ihrem Debüt-Roman von einer Hongkongerin, die 1966 nach London auswandert, und von deren Tochter Lily, die sich in London mit ihren asiatisch-europäischen Wurzeln nicht zugehörig ...

Wiz Wharton erzählt in ihrem Debüt-Roman von einer Hongkongerin, die 1966 nach London auswandert, und von deren Tochter Lily, die sich in London mit ihren asiatisch-europäischen Wurzeln nicht zugehörig fühlt. Lily erhält 1997das Angebot eines ihr unbekannten Geschäftsmannes, ein Erbe persönlich in Hongkong anzutreten. Auch ihre ältere Schwester Maya bekommt dieses Angebot, lehnt es aber ab, denn "solch eine fette Gans liegt nicht auf der Straße herum", wie sie Lily sagt.
Der Roman berichtet uns in abwechselnden Kapiteln vom Leben der Mutter Sook-Yin und ihrer Entwicklung in London und von Lily, die sich in Hongkong auf die Suche nach Herkunft, Identität und Spuren der Vergangenheit begibt. Wird Lily das Geheimnis um den Grund des ihr angebotenen Erbes lösen?

Das Buchcover zieht mit knalligem Pink und chinesischen Symbolen an. Das chinesische Wort für Pink lautet (Fěnsè de), was "fremde Farbe" bedeutet, denn erst durch westliche Einflüsse wurde Pink in China bekannt. Wie passend ist daher Pink für die Geschichte, in der sich die 22jährige Sook-Yin auf Schiffsreise nach Großbritannien begibt. Sie will als Krankenschwester ihr Geld verdienen und sich den Stolz ihrer Familie erwerben. Lily versucht sich in Hongkong zu erinnern, wie sie dort eine kurze Zeit lebte, als sie knapp 5Jahre alt war. Sie lernt ihre Verwandten und auch Angehörige des ominösen Geschäftsmannes kennen.

Der Roman um die Hauptfiguren Sook-Yin und Lily gefällt mir außerordentlich gut. Nach und nach lösen sich Geheimnisse auf und Spannung wird bis zum Ende aufrechterhalten. Das erste Kapitel ist mit "Anfänge" überschrieben und einem gezeichneten Koi, der für Stärke, Fortschritt, Ausdauer und Strebsamkeit steht. Genau diese Eigenschaften kennzeichnen Sook-Yin, die aber auch voller Selbstzweifel und Trauer ist, denn von ihrem Bruder als Familienoberhaupt erfährt sie nur äußerste Ablehnung und Spott. Lily wirkt alles andere als strebsam, lebt in den Tag hinein und ist auf Hilfe eines Psychotherapeuten angewiesen. Während ihrer Reise wird sie mutiger, aufgeschlossener und entschiedener. Als Nebenfiguren sind bedeutend ihr verträumter, geschäftsuntüchtiger, verantwortungsloser Vater und ihre Schwester Maya, deren "Scheitel so akkurat gezogen wie eine Fluglandebahn" sei, wie Lily denkt. Dieser Vergleich trifft es, denn Maya ist ehrgeizig, strukturiert und behütet und bestimmt Lily.
Originelle, manchmal schwierig zu erschließende Vergleiche und Metaphern fallen im Schreibstil Wiz Whartons auf. Ich kann kaum glauben, dass es ihr Debüt ist, so toll und durchdacht ist es geschrieben.
Die Autorin scheint zum Teil in Lily zu stecken, denn in einem Interview las ich, dass sie als Chinesisch-Europäerin lange nach ihrer Identität suchte und auch seelisch erkrankt ist - manisch depressiv. Ihre eigenen Erfahrungen hat sie in die Geschichte eingewoben, wodurch diese sehr glaubhaft wirkt. Ich habe mit beiden Hauptfiguren mitgefiebert, auch wenn Sook-Yin anziehender und interessanter wirkte.

Dieser Roman um Familie, Familientragödien, Kulturshock, Identitätssuche, Rassismus, Hongkong und Schwesternbeziehung wirkt intensiv, sprachlich beeindruckend und ist eine absolute Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 24.09.2023

Das weiße Gold

Der Porzellaner
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Der Roman "Der Porzellaner" von Annick Klug verbindet die Liebesgeschichte zwischen dem einstigen Bergmann Samuel und der Kammerzofe Sophie mit der Erfindung des Porzellans in Meißen. Er verknüpft historische ...

Der Roman "Der Porzellaner" von Annick Klug verbindet die Liebesgeschichte zwischen dem einstigen Bergmann Samuel und der Kammerzofe Sophie mit der Erfindung des Porzellans in Meißen. Er verknüpft historische Ereignisse mit Fiktivem auf geschickte Weise.

Der Roman beginnt damit, dass Samuel aus der Porzellanmanufaktur in Meißen nach Wien flieht. 13 Jahre lang stand Samuel treu an der Seite des Alchemisten Friedrich Böttger, der anstelle des von König August gewünschten Goldes Porzellan erfand und stetig an Verbesserungen arbeitete, wie der Glasur und Farbenherstellung für die Bemalung des Porzellans. Auch die Beziehung zwischen König August und seiner Mätresse Gräfin von Cosel wird facettenreich ausgeleuchtet.
Als Leser ist man sich nicht mehr sicher, was im Roman auf historischer Überlieferung beruht oder auf Fantasie.

Die Charaktere sind sorgfältig und anschaulich herausgearbeitet, die Orte und die Zeit gut dargestellt. Die einfachen Leute meiden die Porzellaner von der Burg, dort scheint es nicht mit rechten Dingen zuzugehen, da könne nur der Teufel am Werke sein.

Der Schreibstil von Annick Klug ist gekennzeichnet durch viele bildliche Vergleiche, Metaphern, Personalisierungen - eine poetische und sehr gut lesbare Sprache.

Ich empfand die Lektüre des Buches als kurzweilig, interessant und auch spannend, die Entwicklung der Personen, insbesondere von Samuel zu erleben.

Das Cover zeigt eine dekorative Bemalung in Blautönen, wie sie für feines Porzellan typisch ist. Der Buchtitel in Goldfarbe verweist auf das ursprüngliche Ziel, Gold herstellen zu können. Doch auch Porzellan, dünn und zart wirkend, hat seine Reize und ist im 18. Jahrhundert von den Herrschaften sehr gefragt.

Wer die Geschichte des Porzellans in Meißen gern leichtfüßig erleben möchte und zudem auch literarische Liebesgeschichten von einfachen Leuten mag, dem sei das Buch "Der Porzellaner" empfohlen.

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Veröffentlicht am 05.02.2023

Mond- und Sonnenmagierin

Luna und Sunny
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Luna und Sunny von Corinna Wieja - Wenn die Magie des Mondes erwacht - ist der erste Band eines magischen Lebens in einem Dorf bei Oxford.

Die 12j. Luna nimmt mit ihrem Freund Liem an einem Schüleraustausch ...

Luna und Sunny von Corinna Wieja - Wenn die Magie des Mondes erwacht - ist der erste Band eines magischen Lebens in einem Dorf bei Oxford.

Die 12j. Luna nimmt mit ihrem Freund Liem an einem Schüleraustausch teil. Nicht nur ihr Koffer ist weg, auch fühlt sie sich anfangs unwohl in ihrer Gastfamilie, denn sie hat den Eindruck, Sunny könnte sie nicht leiden. Luna entdeckt auf dem Flughafen und während der Autofahrt einen schimmernden Fuchs. Auch im Haus bei Sunny beobachtet sie Seltsames. Bis ihr eines Tages von einem Sperlingskauz eröffnet wird, sie sei eine Mondmagierin. Luna möchte nicht an Magie glauben. Aber es muss etwas daran sein, sonst könnte sie sich nicht mit einem Vogel unterhalten. Um ihre magischen Kräfte zu entfalten, braucht sie Hilfe, und die ausgerechnet von Sunny.

Corinna Wieja versetzt die Leser im Prolog in eine schaurige Stimmung, Unheil droht einem Dorf. Aber wer ist diese dunkle Gestalt? Das Rätsel wird wohl erst im zweiten Band aufgelöst. Im ersten Band können wir uns prima in Luna hineinversetzen, was sie denkt und empfindet. Sie wirkt unsicher, tritt in Fettnäpfchen und hat lustige Verdrehungen von Redewendungen parat. Liem zeigt sich als bester und ehrlicher Freund und weiß sehr viel. Sunny wirkt anfangs abweisend und misstrauisch, was gute Gründe hat.

In der ersten Buchhälfte wirkt alles geheimnisvoll, in der zweiten werden die Geheimnisse und Rätsel in schneller Folge aufgelöst. Es gibt immer wieder auch schaurige Momente und Spannung zieht sich durch das gesamte Buch.

Das Cover mit silbrig glitzerndem Titel zeigt Luna. Es wurde liebevoll gestaltet von Alexandra Helm.

Ein kurzweiliges Buch für Leser ab 10 Jahren, das magische Kräfte entfaltet und den Wert bester Freundschaften hochhält.

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Veröffentlicht am 30.10.2022

England im 13. Jh. - Waringham-Saga

Drachenbanner
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Bedric, Sohn einer leibeigenen Bauernfamilie, und Adela of Waringham wuchsen zusammen auf und verlieben sich. Adela wird Hofdame von Eleanor Plantagenet, der Schwester von König Henry III. Bedric arbeitet ...

Bedric, Sohn einer leibeigenen Bauernfamilie, und Adela of Waringham wuchsen zusammen auf und verlieben sich. Adela wird Hofdame von Eleanor Plantagenet, der Schwester von König Henry III. Bedric arbeitet hart auf den Feldern unter der Herrschaft von Adelas Bruder Raymond of Waringham.
Es kommt die Zeit, in der Simon de Montfort, Ehemann Eleanors, die erste Revolution in England anführt, auf die Einberufung eines Parlaments drängt und somit zum Gegner von Henry III. wird.

Rebecca Gablés historische Romane (bisher 7 der Waringham-Saga) begeistern. Sie weiß viel über Englands Geschichte, ist sehr sprachgewandt und erschafft stimmungsvolle Bilder, beeindruckende Charaktere und Spannung bis zum Schluss.
Das einzige, was ich bemängeln möchte - es gibt viele Zufälle in der enthaltenen Liebesgeschichte.
Das Leben der einfachen Menschen auf dem Lande und in London wird erfahrbar, als auch das der Adligen und deren Ränkespiele.

Viel Wert wurde auf die Gestaltung gelegt - ansprechendes Cover, orientierendes Personenverzeichnis, feine Zeichnungen, passende Zitate.

Historische Fakten und fiktive Geschichte im England des 13. Jh. verweben sich zu einem 900-seitigen Lesegenuss.

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Veröffentlicht am 13.09.2022

Ein Forscherherzensleben für die Berggorillas in Afrika

Dian Fossey - Die Forscherin
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Der Roman "Dian Fossey-Die Forscherin" dreht sich rund um das Leben dieser engagierten Frau, die ihr Herz an die gefährdeten Berggorillas in den Virungabergen (Ruanda/Kongo) vergab und sich unermüdlich ...

Der Roman "Dian Fossey-Die Forscherin" dreht sich rund um das Leben dieser engagierten Frau, die ihr Herz an die gefährdeten Berggorillas in den Virungabergen (Ruanda/Kongo) vergab und sich unermüdlich für den Schutz dieser Tiere einsetzte.

Die Buchkapitel verweben die Zeiten Dians im Bergurwald, die Kindheitsjahre in Kalifornien, die ersten Berufsjahre und die Zeiten mit geliebten Männern. Durch die Verbindung dieser verschiedenen Lebenskapitel erfahren die Leser Zusammenhänge zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Schicksalsschlägen und Lebenszielen dieser interessanten Frau.

Susanna Leonard setzt ihre Reihe biografischer Romane über Frauen, die die Welt veränderten, fort. Ihr erster Roman galt Marie Curie, ihr zweiter Dian und ihr dritter Annie Londonderry.

Das Buchcover zeigt die Herzensangelegenheit Dians, ihre Begegnung mit den Berggorillas, schade nur, dass nicht die echte Dian darauf abgebildet ist.

Dian lernt die Gorillas als sanfte Riesen kennen, die nur aggressiv agieren, wenn sie sich bedroht und verfolgt fühlen, dann setzen sie auch Angstkot ab. Dian wird traurig und wütend auf einheimische Wildjäger, wenn sie diesen Angstkot auffindet. Trifft sie gar auf getötete und verstümmelte Tiere, bricht das ihr Herz und sie wünscht den Tätern das Schlimmste.

Susanna Leonards Schreibstil begeistert mich, ich fühle mich mitten in der Geschichte und mit den Charakteren tief verbunden. Dian wird nicht nur als mutige, empathische Frau erfahrbar, sondern auch mit Ecken und Kanten und Schattenseiten. Die Autorin hat gut und viel recherchiert und lässt Dian authentisch im Roman aufleben. Ich brauchte etwas Konzentration, da die Kapitel zwischen den Lebensjahren wechselten, aber dafür empfand ich dieses Buch bis zur letzten Seite spannend, auch informativ, tragisch und berührend.

Wer die bekannte, mutige Berggorilla-Forscherin Dian Fossey von kleinauf und ihrem innersten Gefühlsleben kennen lernen und sich lesend unterhalten möchte, liegt mit diesem Roman bestens.

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