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Veröffentlicht am 07.03.2023

Etwas zu viel ins Buch gepackt, aber dennoch lesenswert

Die Bibliothek der Hoffnung
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Die Bibliothek der Hoffnung von Kate Thompson, gelesen von Eva Gosciejewicz. Erschienen im Argon Verlag am 01.03.2023.

Die junge Witwe Clara Button und Ruby Munroe arbeiten in der einzigen Underground ...

Die Bibliothek der Hoffnung von Kate Thompson, gelesen von Eva Gosciejewicz. Erschienen im Argon Verlag am 01.03.2023.

Die junge Witwe Clara Button und Ruby Munroe arbeiten in der einzigen Underground Bibliothek Großbritanniens die sich im Londoner Osten in der noch nicht fertig gestellten Bethnal Green Station der U-Bahn als Teil der Notunterkunft für die Londoner Bevölkerung etablierte. Nachdem die eigentliche Bibliothek durch eine Bombe beim sogenannten Blitz teilweise zerstört wurde und der Bibliothekar der Erwachsenenbibliothek dabei getötet wurde, versucht die Kinderbibliothekarin Clara als Leitung mit der recht lauten Bibliotheksgehilfin Ruby den Kindern des Schutzraums ein möglichst gutes Leben mit Vorleseabenden und Hilfe in Zeiten, wo ihre Schulen geschlossen bleiben zu geben.

Jedes Kapitel beginnt mit einem Satz, den frühere Bibliothekare über Bibliotheken, deren Inhalt, Mitarbeiter und Kunden fanden. In diesen Sätzen liegt immer viel Wahrheit und Weisheit und man möchte am liebsten gleich und sofort zum nächsten bibliophil Büchertempel aufbrechen.

Das Buch vermittelt eindrucksvoll die Geschichte um die Bethnal Green Bibliothek und den Wert lesen und schreiben zu können, entspinnt aber gleichzeitig auch eine romantische Beziehung zwischen der Bibliothekarin und einem Mann der sich weigert zu kämpfen und stattdessen Menschenleben rettet. Der Roman zeigt gleichzeitig auf, wie Männer und Frauen in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts miteinander umgegangen sind. Clara möchte nicht werten, was die Leute lesen möchten, ihr Vorgesetzter will dagegen eine Bibliothek der erbaulichen Bücher erschaffen, in denen die ausgebombten Kinder keinen Platz finden würden.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen bis hin zum Kriegsende. Dann kam noch eine gefühlt endlose Fortsetzung des Liebeslebens von Clara und Ruby. Die fast 30 Minuten Erklärung wie es zu dem Buch gekommen bin, habe ich mir nach einigen Minuten geschenkt.

Eva Gosciejewicz hat mit dazu beigetragen, dass mir das Buch gefallen hat. Sie hat den verschiedenen Personen ein Leben eingehaucht, wobei einige weniger sympathische Typen dann auch gleich akustisch unsympathisch wirkten.

Es hätte dem Buch gut getan etwas weniger Liebesbeziehung und Kriegsnachwehen hinein zu bringen und sich mehr auf die Bibliothek und die Nutzer zu konzentrieren. Insgesamt aber ein hörenswertes Buch, welches auch die Zeitgeschichte widerspiegelt.

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Veröffentlicht am 02.03.2023

Turm aus Lügen

Bissle Spätzle, Habibi?
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Bissle Spätzle, Habibi? Von Abla Alaoui, erschienen im Ullstein Verlag am 26.01.2023.

Am Tag vor der Hochzeit ihrer kleinen Schwester wird Amaya 30. Ihr Bruder verkündet gleichzeitig, dass er seine Freundin ...

Bissle Spätzle, Habibi? Von Abla Alaoui, erschienen im Ullstein Verlag am 26.01.2023.

Am Tag vor der Hochzeit ihrer kleinen Schwester wird Amaya 30. Ihr Bruder verkündet gleichzeitig, dass er seine Freundin in den nächsten Tagen auf einer geplanten Reise einen Heiratsantrag machen möchte. Nun gerät Amaya in den Focus da sie als Älteste nicht mal einen Freund vorweisen kann. Kurz entschlossen wird ein Tinder für Muslime aufs Handy gepackt und die marokkanische Mutter sucht Heiratskandidaten aus. Tatsächlich hat sie kurze Zeit später ein Date mit dem schönen Ismael. Der ist aber eher wie ein Bruder und auf der Geburtstagsfeier mit ihren Kollegen kommt er mit seinem besten Freund Daniel und es beginnt zu knistern.

Das Buch zieht sich im Mittelteil ziemlich und von „keine Klischees“ kann keine Rede sein. Leider empfand ich die Charaktere zum großen Teil als aufs Äußere reduziert. Einzig in Amayas Seelenleben dürfen wir tiefer eintauchen, welches dann mit der Zeit auch in Rückblenden ihrer behüteten Kindheit beschrieben wird. Eine Entwicklung von Amaya findet aber nicht statt. Außerdem lebt Amaya einen öffentlichen und einen privaten Glauben die sich widersprechen. Das Halale Essen wird mit Rotwein runter gespült und Amaya lügt sich durch die Welt, was für mich das größte Problem dargestellt hat.

Der Schreibstil ist gut und flüssig zu lesen, einige wirklich humorvolle Stellen kommen auch vor. Dieses Verstecken des Freundes vor den religiösen Eltern ist aber nicht wirklich lustig, sondern lässt die Protagonistin unreif und egoistisch erscheinen. Vielleicht hilft es mir tatsächlich Muslime besser zu verstehen, aber gerade Amaya wirft da eher einen Schatten als Licht ins Dunkle zu bringen.

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Veröffentlicht am 24.02.2023

Schräg, aber schön schräg

Jetzt ist Sense
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Jetzt ist Sense von Hans Rath, gesprochen von Sandra Borgmann, erschienen im Argon Verlag am 22. Februar 2023.

Der Morgen ihres 50. Geburtstags startet für Liv Bentele unangenehm. Die Kaffeemaschine ...

Jetzt ist Sense von Hans Rath, gesprochen von Sandra Borgmann, erschienen im Argon Verlag am 22. Februar 2023.

Der Morgen ihres 50. Geburtstags startet für Liv Bentele unangenehm. Die Kaffeemaschine streikt und der als Sensenmann verkleidete Mann vor ihrer Tür, will nicht zu ihr, sondern zur alten Dame über ihr. Am Nachmittag schaut sie dann doch mal bei der alten Frau vorbei und findet sie sanft entschlafen vor. Sie macht eine Anzeige bei der Polizei, weil ein zwar attraktiver Mann im Sensemannkostüm als letzter Besucher bei einer alten Frau ist doch verdächtig, oder?

Nachdem sie den Typen noch einige male in Verbindung mit jüngst Verstorbenen gesehen hat, will dieser für einen Freund eine Therapiesitzung haben. Natürlich ist es nicht für einen Freund, sondern er soll seinen Alkoholmissbrauch und seine Gewalt unter Kontrolle bringen. Später berichtet er ihr dann, dass er Thanatos, der griechische Gott des sanften Todes, ist. Ist schon nicht immer so ganz einfach, wen man da auf der Couch hat. Nach einiger Zeit bemerkt Liv, dass da doch irgendwas Übersinnliches mit Thanatos ist und nicht nur in dem wie er aussieht.
Alle die dieses Buch gehört haben fanden es uhrkomisch. Einschließlich mir. Es ist wunderbar leicht und humorvoll geschrieben, hat aber auch seine besinnlichen und nachdenklichen Augenblicke.

Sandra Borgmann hat mit ihrer Stimme das Ganze richtig gut zum Leben erweckt und ich hatte eine wunderbare Zeit mit diesem Buch und das obwohl der Tod umging. Klare Hörempfehlung.

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Veröffentlicht am 23.02.2023

Die Zukunft des Ausspionierens ist heute

Die Akte Pegasus
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Die Akte Pegasus: Wie die Spionagesoftware Privatsphäre, Pressefreiheit und Demokratie attackiert von Laurent Richard und Sandrine Rigaud, gelesen von Tanja Fornaro und Sascha Tschorn, erschienen im Aragon ...

Die Akte Pegasus: Wie die Spionagesoftware Privatsphäre, Pressefreiheit und Demokratie attackiert von Laurent Richard und Sandrine Rigaud, gelesen von Tanja Fornaro und Sascha Tschorn, erschienen im Aragon Digital Verlag am 01.02.2023.

Laurent Richard and Sandrine Rigaud sind investigative Journalisten im Netzwerk von Forbidden Stories, welches durch die Panama-Papers bekannt wurde. Gegründet wurde Forbidden Stories nach dem Pariser Anschlag auf Charly Hebdo um Angriffe auf Journalisten zu untersuchen und öffentlich zu machen.

Die israelische Firma NSO Group hat eine Überwachungssoftware entwickelt die sich auf einem Handy breit machen konnte womit das Telefon komplett übernommen werden konnte. Verbreitet wurde die Software um Verbrecher und Terroristen abzuhören und dingfest zu machen. Als eine Liste mit 50.000 Telefon-Nummern geleakt wird, stellt sich aber schnell raus, dass mit Pegasus auch, und vor allem, Politiker und Journalisten überwacht wurden.

Dieses Hörbuch, sehr gut gelesen von Tanja Fornaro und Sascha Tschorn, erzählt die Geschichte wie es dazu gekommen ist, dass tausende Handys abgehört und manipuliert wurden und wie schwierig es ist die Leute zu finden, die den Mund halten, bis man alle Daten zusammen hat.

Die Vorgänge werden allgemeinverständlich erklärt und man betrachtet von dem Tag an wo man dieses Buch gehört, hat sein Handy mit anderen Augen. Klare Kaufempfehlung.

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Veröffentlicht am 17.02.2023

Hätte man auch spannend und informativer schreiben können

Die Herrin der Farben
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Die Herrin der Farben von Peter Dempf, erschienen im Bastei Entertainment Verlag am 27. Januar 2023.

Schon früh bricht die junge Anna Barbara Koppmair aus den im 18. Jahrhundert geltenden Regeln für ...

Die Herrin der Farben von Peter Dempf, erschienen im Bastei Entertainment Verlag am 27. Januar 2023.

Schon früh bricht die junge Anna Barbara Koppmair aus den im 18. Jahrhundert geltenden Regeln für Mädchen und Frauen aus und lernt schreiben. Als sie dann ins heiratsfähige Alter kommt bricht sie Konventionen und bittet darum, dass sie sich ihren Ehemann selbst aussuchen darf. Der Erwählte ist der gleichaltrige Nachbarssohn Johann Friedrich Gignoux, der sie seit Jahren liebt, der aber erst auf die Walz gehen muss, um sein Handwerk zu lernen. Dadurch wird Anna zum späten Mädchen bis sie endlich ihren Johann heiraten kann und sie im Betrieb seines Vaters eine Druckerei starten können und herausfinden, wie man Farbe auf Stoff fixiert.

Leider ist die Begeisterung für das Buch schnell abgeebbt. Anfangs wirkte Anna modern und mit einem starken Willen versehen ihren Weg ins Moderne zu gehen, dabei aber auch die Nöte und das Elend der Tagelöhner, die ihr Mann beschäftigte zu sehen, später ist ihr ziemlich jedes Mittel recht, um gute Geschäfte zu machen ohne Rücksicht und ohne Herz. Am Anfang fand ich die teils großen Zeitsprünge in der Geschichte gut da damit kein Leerlauf mit Nichtigkeiten aufgefüllt wurde, aber irgendwann fehlte dann die Rahmenhandlung und es ging nur noch darum die Eckpfeiler der Anna Gignoux zu erfassen, wobei die Versuche das Patriarchat und die Gilden als Widersacher gegen Anna handeln zu lassen nicht wirklich in etwas Spannung endeten. Die Geschichte hat nur Annas Blickwinkel und unterlässt es die Konkurrenz, einen durchaus interessanten Chemiker oder wirklich mal die Guilden zu Wort kommen zu lassen. So plätschert die Geschichte der Anna Gignoux vor sich hin und das Ende des Buches wurde dann noch so richtig kitschig scheußlich.

Der eigentliche Schreibstil von Peter Dempf ist leicht und flüssig zu lesen, das Ergebnis ist aber eher enttäuschend. Ich habe was über die Handwerkskunst in Augsburg gelernt, aber weder einen wirklichen Einblick in die Gründe, warum das Handwerk so und nicht anders handelte, erhalten, noch wirklich das Leben von Anna verstanden.

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