Die Gesellschaft formt uns
ZusammenkunftZusammenkunft von Natasha Brown, erschienen im Suhrkamp Verlag am 14. Februar 2022.
Alle ihre Vorfahren haben hart gearbeitet, sind nach dem Zweiten Weltkrieg aufgefordert worden aus der britischen Kolonie ...
Zusammenkunft von Natasha Brown, erschienen im Suhrkamp Verlag am 14. Februar 2022.
Alle ihre Vorfahren haben hart gearbeitet, sind nach dem Zweiten Weltkrieg aufgefordert worden aus der britischen Kolonie Jamaika nach England zu kommen, um dort die fehlenden Arbeitskräfte zu ersetzen. Niemand aus ihrer Familie ist so weit gekommen wie sie. Sie arbeitet im Finanzsektor, erzählt kleinen Kindern, dass jeder es mit harter Arbeit soweit schaffen kann und hat einen Freund dessen Familie alte Wurzeln mit sehr viel Geld hat. Nun ist sie eingeladen aufs große Landgut der Familie, um sich dort zum ersten Mal für eine Familienfeier zu treffen.
Wir reisen im Kopf der Ich-Erzählerin mit durch diese Tage, manchmal etwas sprunghaft. Dadurch sind wir reduziert auf ihre Perspektive die ohne Emotionen zum Leser zu bringen an all die Situationen, wo sie zum Objekt degradiert, wurde als schwarze Frau, als Frau und als Nachkomme jener, die die britische Regierung über Jahre ausgegrenzt hat, die Versprechungen niemals eingehalten haben und gerade in den letzten Jahren daran arbeiten, die Helfer, die sie eins gerufen hat, zu illegalen Migranten zu machen.
Ich hatte wohl schon von der Situation der Jamaikaner in Großbritannien gehört, was es mir teilweise erleichterte die Zusammenhänge zu verstehen. Im letzten Teil des Buches half mein Halbwissen dann auch nicht weiter und diese Emotionslosigkeit der Protagonistin hat bei mir keine Sympathie zu ihr aufbauen können und deshalb hat mich das was ich darüber in diesem Buch nicht verstanden habe nicht zur Internetrecherche bringen können. Das ist leider eine verpasste Chance, aber britische Leser werden wissen worauf angesprochen wird.
Der Schreibstil ist etwas gewöhnungsbedürftig und wechselt zwischen einem Essay, prosaisch und poetisch. Dabei geht die Geschichte nicht linear vor. Wie jeder das kennt, beginnt das Gehirn zu arbeiten, sobald es nicht beschäftigt ist, und so springen wir manche Themen öfter an und erfahren so stückweise, worum es geht. Vieles, worüber man liest, hat man als Frau auch ähnlich erlebt, aber so krass natürlich nicht, da im Gegensatz zur Protagonistin, die dahin erzogen worden ist nicht aufzumucken, hat man sich sowas nicht gefallen lassen.
Gut geschrieben bekommen wir Einblicke in Finanzwelt und wie eine Kolonialmacht bis in die heutige Zeit ihre Kolonien und ehemalige Kolonien ausbeutet und dass man sich solches Gebaren mal näher anschauen sollte.