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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.08.2018

Überzeugender Thriller

Vier Tage in Kabul
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Vier Tage in Kabul (Die Unterhändlerin, Band 1) von Anna Tell, erschienen im Rowohlt Taschenbuch Verlag am 21. August 2018.

Amanda Lund ist eine Unterhändlerin die mit der afghanischen Polizei zusammen ...

Vier Tage in Kabul (Die Unterhändlerin, Band 1) von Anna Tell, erschienen im Rowohlt Taschenbuch Verlag am 21. August 2018.

Amanda Lund ist eine Unterhändlerin die mit der afghanischen Polizei zusammen arbeitet. Sie spricht die Landessprache und hat bei einem Gefecht dem Bruder des Leiters der Einheit das Leben gerettet als sie nach Kabul beordert wird weil zwei schwedische Diplomaten entführt worden sind. Sie nimmt zum Botschafter Sven Leijonhufvud Kontakt auf um mit ihm das weitere Vorgehen zu besprechen.

Gleichzeitig wird in Stockholm eine Leiche in der Nähe einer Schwulenclubs gefunden. Der Fall wird etwas stiefmütterlich von Oskar Karlsson bearbeitet bis sich rausstellt, dass der Tote ein Regierungsmitarbeiter gewesen ist. Deswegen übernimmt Bill Ekman von der Reichskriminalpolizei den Mord und koordiniert gleichzeitig auch Amandas Einsatz in Kabul.

Die Autorin hat über Dinge geschrieben von der sie Ahnung hat und das merkt man dem Buch auch an. Es ist zwar recht seltsam ausgerechnet in Afghanistan eine weibliche Unterhändlerin zu installieren, aber gerade dies macht viel vom Reiz des Buches aus. Im Verlauf des Buches bekommen die Protagonisten eine Geschichte und eine Persönlichkeit. Amanda Lund ist eine Persönlichkeit die unbeugsam ihrer Berufung als Kämpferin und Unterhändlerin nachgeht, gleichzeitig sich sehr gut mit der Psyche der Menschen auskennt und ihre Schlussfolgerungen zieht. Ich hatte immer so etwas das Gefühl, dass auf Amandas Spiegel stehen müsste: einer geht noch. Wenn normale Menschen am Boden zusammenbrechen, Amanda macht weiter. Es kommt aber nicht wie Super Woman rüber, sondern wie jemand der in seiner Arbeit aufgeht und das beste mögliche Ergebnis erzielen will.

Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und die Beschreibungen sind sehr anschaulich. Man wollte sich quasi den Staub von den Schuhen schütteln. Ich freue mich, dass es weiter geht mit der Geschichte von Amanda Lund. Klare Kaufempfehlung.

Veröffentlicht am 19.08.2018

Hier hat jeder einen Knacks

Töte, was du liebst
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Töte, was du liebst von Christian Kraus, erschienen im Droemer Verlag am 01.08.2018

Alexander Pustin fängt neu bei der Mordkommission in Hamburg an. Er ist hier aufgewachsen, hatte sich aber von dort ...

Töte, was du liebst von Christian Kraus, erschienen im Droemer Verlag am 01.08.2018

Alexander Pustin fängt neu bei der Mordkommission in Hamburg an. Er ist hier aufgewachsen, hatte sich aber von dort ferngehalten, da er nicht so richtig mit seiner elterlichen Familie zurechtgekommen ist. Nachdem es bei seiner früheren Arbeitsstelle Ärger gegeben hat nachdem er einen Drogendealer zusammengeschlagen hat, lässt er sich dann aber doch nach Hamburg zur Mordkommission versetzen. Sein Arbeitsleben beginnt gleich mit einem Mord, den wir als Leser durch die Augen des Mörders, der sich als Rafael vorstellt miterleben dürfen. Im Zuge der Ermittlungen lernt er die Rechtsmedizinerin Luise Kellermann kennen und verliebt sich Hals über Kopf in sie.

Christian Kraus mag auf seinem Fachgebiet der Psychiatrie und Psychotherapie eine Koryphäe sein, als Schriftsteller hätte ich ihn er im Selfpublishing Bereich angesiedelt. Ein liebloses Lektorat lässt auch vermuten, dass der Verlag da nicht so genau hingesehen hat was sie veröffentlichen.

Der Plot ist von Anfang an sehr durchsichtig und die Auflösung vorhersehbar. Jede Person, die hier auftritt hat ihr psychisches Päckchen zu tragen, es ist ein wenig als hätte der Autor eine Liste abgearbeitet was für psychische Störungen denn nun alles Platz in seinem Erstlingswerk bekommen sollen. Die übertriebene Liebesgeschichte zwischen Alexander und Luise und die teilweise etwas seltsamen Dialoge machten es mir auch nicht leichter mich durch das Werk zu arbeiten. Vor allem eine Szene am Krankenbett von Alexanders Schwester hätte mich bald zur Aufgabe gezwungen.

Insgesamt kein Buch was ich empfehlen würde, noch dazu weil Kraus Täter zu Opfern macht.

Veröffentlicht am 14.08.2018

Gesellschaft in Angst

Vox
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Vox von Christina Dalcher, erschienen im S. Fischer Verlag am 15. August 2018.

Dr. Jean McClellan ist Wissenschaftlerin und forschte daran die Wernicke-Aphasie rückgängig zu machen. Jemand mit dieser ...

Vox von Christina Dalcher, erschienen im S. Fischer Verlag am 15. August 2018.

Dr. Jean McClellan ist Wissenschaftlerin und forschte daran die Wernicke-Aphasie rückgängig zu machen. Jemand mit dieser Sprachstörung spricht als würde er eine Buchstabensuppe von sich geben. Dann kommt eine religiös geprägte Gruppierung an die Macht in den USA und beschneidet die Rechte der Frauen so weit, dass sich die USA vom Rest der Welt abschneidet. Fortan dürfen weibliche Menschen nur noch 100 Worte pro Tag sprechen. Dieses Kontingent wird von einem Wortzähler überwacht, der bei Überschreitung einen Stromschlag zu Strafe erteilt. Als der Bruder des Präsidenten an der Wernicke-Aphasie erkrankt zwingt man Jean und ihre Kollegen zurück an ihre Forschung zu gehen und hebt für die Frauen im Team für die Länge des Projekts die Beschränkung auf 100 Worte auf.

Der Autorin ist ein leicht zu lesender Apell an die Unpolitischen gelungen besser hin zu sehen was in der Welt geschieht und Anteil daran zu nehmen wohin die Politik steuert. Jean wohnt in einer WG mit einer feministischen, homosexuellen jungen Frau zusammen, die immer wieder auf Jean einredet, sich aktiv an dem Protest gegen den Wertewandel ein zu bringen. Jean ist unpolitisch und heiratet Patrick der eigentlich ein Langweiler ist aber mit dem das Leben so schön bequem vor sich hinplätschert. In Rückblenden erzählt uns die Autorin wie es zu den augenblicklichen Machtverhältnissen kommen konnte und wie sich die Gesellschaft dort hinbewegt hat. Steve, der älteste Sohn von Jean, lernte schon Jahre vor der Einführung der Wortzähler, dass Frauen die eine Meinung haben und diese auch vertreten, hysterisch sind. Dieses Phänomen brauchte die Autorin gar nicht zu erfinden. Das ist etwas was uns jeden Tag begegnet. Sobald jemand Frauenrechte einfordert gibt es duzende Männer und Frauen, die diese Personen als „hysterisch“ bezeichnen. Man hat in unserer Gesellschaft sogar das Gefühl, dass die Medien gezielt Falschinformationen veröffentlichen wo dann z.B. die Prozentzahl der Ungleichbezahlung zu Diskussionen führt, nicht jedoch die Tatsache, dass Frauen noch immer schlechter bezahlt werden, wenn sie den absolut gleichen Job wie ein Mann ausführen.

Zum Beginn der Geschichte fand ich dieses Verstummen der Frauen überzogen, aber wenn man bedenkt wie bei dem Roman „Unterwerfung“ von Michel Houellebecq gar nicht erst die neue Rolle der Frau angezweifelt wurde, auch nicht bei denen, die den Roman gelesen haben ist die kulturelle Bereitschaft Frauen Rechte ein zu räumen auch heute noch gering, in manchen Gesellschaftsgruppen nicht mal vorhanden. Im Laufe von Vox wird man sensibler dafür darüber nach zu denken, wie es eigentlich mit Frauenrechten und Gesetzen um diese ein zu schränken bestellt ist. Ist schon seltsam, dass wir im 21. Jahrhundert einen Gesundheitsminister haben, der einführen möchte, dass die HIV-Vorsorge für Risikogruppen künftig auf Kosten der Krankenkassen gehen, Schwangerschaftsverhütung und Abtreibung aber von den Patienten selbst getragen werden müssen.

Eigentlich ist schon auf der ersten Seite des Romans klar wohin die Reise gehen wird, aber es ist der Autorin sehr eindringlich gelungen die Stationen eines politischen Umbruchs zu erläutern ohne dass man sich langweilt. Die Protagonistin ist eine Frau die ich nicht durchgehend sympathisch fand, deren Beweggründe ich aber versanden und akzeptiert habe. Für mich ist es ein Buch gewesen, welches ich nicht gerne aus der Hand legen wollte und ich hoffe, dass die Autorin noch weitere Bücher schreiben wird.

Veröffentlicht am 07.08.2018

Nicht so gut wie erwartet

Der Schatten
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Der Schatten von Melanie Raabe, erschienen im btb Verlag am 23. Juli 2018.

Norah Richter will neu durchstarten. Nachdem sie sich von ihrem langjährigen Freund getrennt hat, einen neuen Job braucht und ...

Der Schatten von Melanie Raabe, erschienen im btb Verlag am 23. Juli 2018.

Norah Richter will neu durchstarten. Nachdem sie sich von ihrem langjährigen Freund getrennt hat, einen neuen Job braucht und eigentlich Abstand zu allem sucht zieht sie von Berlin nach Wien. Sie streift durch das winterliche Wien und wird von einer Bettlerin angesprochen. „Du bringst den Tod“. Gefolgt wird dieser Satz von einer Prophezeiung die den Namen, das Datum und den Ort nennt wo Norah einen ihr bis dahin unbekannten Mann aus gutem Grund töten wird. Innerhalb von Tagen gerät Norahs bisheriges Leben völlig aus der Spur als ihre Vergangenheit sich plötzlich in ihre Zukunft einmischt.

Ich hatte mich sehr auf dieses Buch gefreut. Ich habe nicht mal den Klappentext gelesen, sondern mich sofort ins Vergnügen gestürzt endlich wieder einen Melanie Raabe Thriller lesen zu können. Leider kann dieses Buch nicht an die Spannung und Qualität der ersten beiden Bücher heranreichen.

Die Geschichte ist undurchsichtig, die Protagonistin eine Frau mit Ecken und Kanten die früher Drogen genommen hat und die eigentlich ein Alkoholproblem hat, welches aber im Buch nicht thematisiert wird. Vermutlich soll damit verschleiert werden wie vorhersagbar der ganze Plot ist. Einzig ein kleiner Twist am Ende des Endes konnte mich überraschen. Die durchweg düstere Stimmung des Buches verbunden mit dem flüssigen Schreibstil der Autorin trugen mich durch das Buch. Leider bleiben die meisten Personen in dieser Geschichte einfach unbeseelt und oberflächlich. So als würden sie auf einem Regal sitzen und immer wieder einfach für eine Szene ins Spiel gebracht.

Die Idee ist gut, leider ist viel zu offensichtlich was sich abspielt und so plätschert die Geschichte vor sich hin und so reißt das Ende dann die Geschichte nicht mehr wirklich raus.

Veröffentlicht am 27.07.2018

Was passiert, wenn sich Nerds zusammenschliessen?

In deinem Namen
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In deinem Namen von Harlan Coben, erschienen im Goldmann Verlag am 18.06.2018

Nap Dumas trauert auch 15 Jahre nach dem Tod seines Bruders um ihn. Leo und dessen Freundin Diana sind voll mit Alkohol und ...

In deinem Namen von Harlan Coben, erschienen im Goldmann Verlag am 18.06.2018

Nap Dumas trauert auch 15 Jahre nach dem Tod seines Bruders um ihn. Leo und dessen Freundin Diana sind voll mit Alkohol und Drogen von einem Zug erfasst worden. Zum gleichen Zeitpunkt ist auch Maura, die Freundin von Nap verschwunden. Er hat die letzten 15 Jahre damit verbracht darauf zu hoffen, dass Maura wiederauftaucht. Als dann eines Tages ein paar Cops aus Pennsylvania an seiner Tür klingeln, weil Mauras Fingerabdrücke bei einem Polizistenmord gefunden wurden. Einem Polizisten der mit Nap, Maura und Leo zur Schule gegangen ist. Es ist das ersehnte Zeichen, dass Maura noch lebt, oder bis dahin gelebt hat. Hat das alles etwas mit dem Tod von Leo zu tun?

Dieser Thriller ist zwar über weite Strecken nicht wirklich spannend, aber die Geschichte ist so interessant, dass man immer weiterlesen möchte. Nap erzählt seinem toten Zwillingsbruder seine Gedanken und so reisen wir sozusagen als blinde Passagiere in seinem Kopf und erfahren, was er erfährt und denkt. Ist es wirklich wünschenswert den Tod seines Bruders zu untersuchen und kann man eine Beziehung, die abrupt abgebrochen wurde einfach nach 15 Jahren wieder aufnehmen, ohne dass es sich seltsam anfühlt? Mit hohem Tempo entwickelt sich die Geschichte und man rätselt mit, taucht ein in die Personen über die man im laufe des Buches viel erfährt. Es gibt zwar Tote, aber dieser Thriller verzichtet auf blutige Szenarien. Klare Kaufempfehlung.