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Veröffentlicht am 06.04.2018

Echt ist echt und bleibt auch immer echt

Hello Sunshine
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THEMATIK

Liest man einen Roman, weiß man, dass man eine fiktive Geschichte vor sich hat. Beim Lesen von „Hello Sunshine“ habe ich das aber tatsächlich dann und wann vergessen. Die Problematik von Schein ...

THEMATIK

Liest man einen Roman, weiß man, dass man eine fiktive Geschichte vor sich hat. Beim Lesen von „Hello Sunshine“ habe ich das aber tatsächlich dann und wann vergessen. Die Problematik von Schein und Sein, YouTube, Instagram & Co. gehört zum heutigen Alltag und hat unleugbar nicht nur rosige Seiten.

„Ich zeige dir, wer du willst, dass ich bin.“ - viele Geschäftsmodelle werden auf diesem Grundsatz aufgebaut. „Höher, weiter, besser“ - auch gnadenloser und rücksichtsloser Konkurrenzkampf zählt zu den Phänomenen der heutigen Zeit. Einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, auf das Scheitern einer „Fake-Indentität“ war überaus bedrückend und mahnend zugleich. Man kommt nicht umhin sich Fragen die (eigene) digitale Welt betreffend zu stellen und sich zu vergegenwärtigen, wie fragil Ruhm doch eigentlich ist.

CHARAKTERE

Menschen machen Fehler, wählen den falschen Weg; verletzen die, die sie lieben, weil sie glauben, sie täten das richtige; schauen weg, wenn es um ihre Schwächen geht und wollen nur das zeigen, was - in ihren Augen - liebenswert ist. Das trifft ganz besonders auf die Charaktere (Manager, Ehemann, Koch-Konkurrenz, Anwalt, Marketing-Team, persönliche Assistentin & Co.) dieses Romans zu, deren Persönlichkeiten so verschieden sind wie ihre Ziele und Wege, um dorthin zu gelangen.

Der eine benutzt Menschen wie Treppenstufen, weil er sich selbst am nächsten ist; der andere verbirgt das Gesicht hinter einer Maske aus geheuchelter Freundschaft; der nächste beschließt eine vierzehnjährige Ehe einfach mal so aus dem Fenster zu werfen, obwohl er selbst Leichen im Keller hat …

Wo es sich beim einen noch nachvollziehen lässt, bleibt für manch anderen Charakter nur Enttäuschung und Abneigung übrig. Nicht immer sind die Beweggründe klar und/oder nachvollziehbar, aber so ist es auch im echten Leben, weshalb ich es in dieser Geschichte positiv bewerte.

Sunshine, die Hauptprotagonistin, ist ein kontroverser, schwieriger Charakter. Anfangs weiß man nicht recht, was für ein Mensch sie eigentlich ist; ob man Sympathie oder Antisympathie für sie empfinden soll. Als ihr dann ihre ganze Welt um die Ohren fliegt, man Einblick in ihre Vergangenheit - den Weg bis zu „Little Miss Sunshine“ - und in ihr Inneres wirft, stellt sich unweigerlich Mitgefühl ein. Ich begann, sie zu mögen, weil sich zeigte, dass sie ein guter Mensch ist, der - wie alle Menschen - Fehler gemacht hat.


STORY

Verschmäht von Fans und Vertrauten, strandet Sunshine in ihrer einstigen Heimatstadt, einem kleinen Ort am Wasser, der dem Leser ein idyllisches Gefühl vermittelt, der Hauptprotagonistin jedoch regelrecht Pickel verursacht.

Die junge Frau ist das Gegenteil von glücklich, beginnt jedoch nach und nach über den Tellerrand zu blicken. Und siehe da: Es gibt tatsächlich eine Welt außerhalb der schillernden Medienwelt. Dass die nicht zwangsläufig begeistert reagiert oder prompt Hilfe anbietet, muss Sunshine auf die harte Tour lernen.

Was in diesem Roman anders ist (meist kehrt der gescheiterte Protagonist in den Hafen der Kindheit zurück, wo er mit offenen Armen empfangen und aufgepäppelt wird), ist unleugbar das Zuhause, in das Sunshine zurückkehrt. Offene Arme, Mitgefühl und Unterstützung? - Fehlanzeige! Polizei und Strafanzeige zur Begrüßung, Feindseligkeit und offene Abneigung - das ist, was Sunshine erwartet.

Wo das wenige an Familie, das noch existiert, weder für sie eintritt noch Interesse an ihrer Gesellschaft hat, zeigt sich ein Fremder schon zugewandter. Trotz eigenwilliger Moralvorstellungen stellt sich seitens des Lesers unweigerlich Sympathie für den bodenständigen Mann ein, wohl einfach deshalb, weil er im Grunde seines Herzens eine ehrliche Haut ist. In Sunshines Lage eine echte Glücksbegegnung.

Trotz des Schlamassels, in dem die Ex-Star-Köchin steckt, lässt sie sich nicht unterkriegen, stellt sich auf die Hinterfüße und kämpft wie eine Löwin. - Um mehr, als sie anfangs gedacht hatte zu kämpfen. Weil es eben nicht nur um eine Koch-Show, Follower oder Verkaufszahlen geht.

Ein kleines, sehr cleveres Mädchen erobert Sunshines Herz und ein Chefkoch mit äußerst eigenwilliger Persönlichkeit wird zum Plan B für die junge Frau.

Obwohl Sunshines Lage eigentlich herausfordernd genug ist, trumpft das Leben abermals mit einer Überraschung auf, die die Prioritäten der jungen Frau neu ordnet. Weil man manchmal für mehr als nur für sich selbst Verantwortung übernehmen muss und nicht immer alles nach Plan läuft.

ZWEI MANKOS, DIE EIGENTLICH KEINE SIND (ACHTUNG: Wer für das Ende vollkommen unvorbelastet sein möchte, sollte diesen Teil evtl. überspringen)

Die Autorin spricht den Leser direkt an, was ich persönlich nicht sonderlich mag. Glücklicherweise nimmt das im Laufe der Geschichte ab, sodass es gut zu verschmerzen ist. Das größere Manko ist das Ende, das eigentlich auch kein richtiges Manko ist.

Die Protagonistin hat den Scherbenhaufen ihres Lebens nicht in Gänze bereinigt, hat neuen Boden, neue Erkenntnisse und Freunde gefunden. Das Leben geht weiter, vielleicht entwickelt sich an der ein oder anderen Stelle noch ein größeres Happy End, doch bleibt es dem Leser überlassen die offenen Fäden weiterzuknüpfen. Ich hätte mir etwas mehr Klarheit in Bezug auf einige Charaktere und Beziehungen gewünscht und doch hat die Autorin ein angemessenes Ende verfasst.

Das Leben entwickelt sich, ändert die Richtung, wohin ein Weg führt, weiß man anfangs nicht mit Gewissheit. Dass „Hello Sunshine“ endet, wie es endet, ist angesichts seiner Nähe zum echten Leben (es läuft nicht immer alles so, wie man gerne hätte) nur würdig und recht.

FAZIT

Dieser Roman ist nah dran am Puls der Zeit und legt menschliche Fehler und Kanten offen auf den Tisch. Den „Untergang“ von Sunshine mitzuerleben, die sich genaugenommen alles selbst eingebrockt hat, ist bedrückend und regt unweigerlich zum Nachdenken an. „Nicht aufgeben, es geht immer weiter“ - diese Quintessenz bleibt nach dem Lesen zurück. Ebenso wie: „Echt ist echt und bleibt auch immer echt.“

Ein tolles Buch, das mir noch besser gefallen hat als ich anfangs erwartet hatte!

Veröffentlicht am 17.12.2017

Düster, faszinierend & außergewöhnlich

Winterseele. Kissed by Fear
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WIE DAS BUCH BEI MIR EINZOG

Kelsey Sutton, die Autorin des Romans, der im Englischen unter dem Namen „Some Quiet Place“ erschienen ist, war in diesem Jahr Gast auf der LoveLetter Convention in Berlin. ...

WIE DAS BUCH BEI MIR EINZOG

Kelsey Sutton, die Autorin des Romans, der im Englischen unter dem Namen „Some Quiet Place“ erschienen ist, war in diesem Jahr Gast auf der LoveLetter Convention in Berlin. Dabei hat nicht nur sie selbst, sondern auch die Vorstellung ihres Buches bleibenden Eindruck hinterlassen. Daher war ich sehr glücklich, dass ihr Werk mich nach Hause begleitet hat.

STORY

Personifizierte Gefühle und eine emotionslose Protagonistin – das klingt nach frischem Wind und erzeugt zugleich Spannung und Faszination. Denn: Warum kann Elizabeth Caldwell Gefühle sehen, aber selbst nichts fühlen? Eine spannende Ausgangsposition, denn es ist klar: Elizabeth umgibt ein Geheimnis. Es zu lüften ist nicht nur Ziel des Lesers, sondern auch das von Elizabeth. Selbst die Gefühle rätseln, warum sie keine Macht über das Mädchen haben. Allen voran Fear – die Personifizierte Angst, dessen Äußeres gar nicht so beängstigend ist, wie man meinen könnte. Im Gegenteil. Er ist so anziehend, dass man sich im praktisch in die Arme werfen möchte, obwohl man sein Verhängnis erahnt.

Wovon hingegen niemand etwas ahnt, ist Elizabeths Handicap. Die Menschen spüren intuitiv, dass mit ihr etwas nicht stimmt, allen voran ihre Eltern. Das hat nicht nur mit ihren vorgetäuschten Emotionen, sondern auch mit einem Ereignis in der Vergangenheit zu tun.

Hier muss ich einräumen, dass ich die Art von Lebensumständen/Umfeld nicht erwartet habe. Womit ich sagen will: Gewalt ist nichts, mit dem ich gerechnet habe. Und doch ist sie da. In allen Ecken und Winkeln der heimischen Farm bis hin in die Schule. Elizabeth mag sie egal sein; dem Leser aber nicht. Man leidet. Mit und für Elizabeth. Jemanden zu beobachten, der sich nicht zur Wehr setzt, sich fügt, weil er ohnehin nichts spürt, setzt ganz schön zu. Die Düsternis geht – gerade in der ersten Hälfte des Buches – nicht auf das Konto des Übernatürlichen, sondern auf das des realen Lebens. Menschliche Abgründe, Krankheit, Leid, Kummer, Depression, Selbsthass, Schuld – all das erzeigt eine bedrückende und beklemmende Stimmung, der sich die Hauptprotagonistin entzieht, während der Leser sich geballt damit auseinandersetzen muss, sodass er versucht ist, sich selbst abzuschotten.

Das Zauberwort heißt „durchhalten“. Auch wenn man mitgenommen ist, sich wünscht, dass die Geschichte etwas mehr Tempo entwickelt und sich weniger verliert, lohnt es sich, weiterzulesen. Weil Elizabeth der Wahrheit immer näher kommt; allein schon deshalb, weil die Wahrheit sich ihr nähert. Doch die Wahrheit kann sehr dunkel sein und das ist sie in diesem Fall auch. Angst – Fear – lässt sich nicht damit vergleichen. Und wenn sich selbst Gefühle fürchten, will das etwas heißen …

Ehe alle Fäden zusammen laufen, wird es nochmals sehr dunkel und bedrohlich. Der Sinn, der sich dann offenbart, Elizabeths Träume und mehr als ein Geheimnis lüftet, lässt alle Ereignisse in neuem Licht erscheinen und schenkt dem Leser und Elizabeth eine Erkenntnis: Gefühle und Angst gehören zum Leben.

CHARAKTERE

ELIZABETH ist ein Charakter, den man dann und wann schütteln möchte (warum vertraut sie sich niemandem an; lässt zu, dass man sie verletzt und nicht, dass man ihr hilft?); der es anfangs schwer hat Sympathiepunkte zu gewinnen und Nähe zu schaffen. Menschen verbinden sich über Gefühle – wenn die aber nicht vorhanden sind? Wie leer ein Leben ohne Emotionen wäre – das führt Elizabeths Nicht-Fühlen vor Augen und genau das schafft schließlich doch Nähe zu ihr. Man wünscht sich, dass sie wieder lebendig ist.

Der schöne, undurchschaubare FEAR nimmt Elisabeths Opferhaltung nicht hin, will, dass sie sich wehrt, etwas fühlt. Um das zu erreichen, konfrontiert er sie immer wieder mit schrecklichen Illusionen, was seine morbide Art ist, ihr zu helfen. Dass er sie nicht ängstigen kann, nagt an seinem Selbstwertgefühl und zeigt: selbst Gefühle sind nicht gefühllos.

Und dann gibt es noch JOSHUA, einen Mitschüler, dessen Beharrlichkeit und gutes Herz eine bedeutende Rolle für Elizabeth spielt. Nach und nach schafft er es, einen Riss in Elizabeths Panzer zu schlagen, womit er beweist, dass man kein Wesen mit Superkräften sein muss, um ein Held zu sein.

SCHREIBSTIL

Elizabeths Charakter schlägt sich auch in der Sprache nieder, die Sätze sind nüchtern, beobachten und beschreiben ohne zu bewerten und doch schwingt zwischen den Zeilen Betroffenheit und Hoffnung mit. Das zeigt sehr schön, dass es nicht nur auf das ankommt, was gesagt wird, sondern auch auf das, was nicht gesagt wird. In dem Maße, in dem sich Elizabeth entfaltet und öffnet, entfaltet und öffnet sich auch die Sprache.

FAZIT

Düsterer als erwartet, regelrecht bedrückend, nach anfänglichen Ver(w)irrungen überaus fesselnd. Eine außergewöhnliche, erfrischende Romanidee aus dem Fantasy-Genre, die trotz emotionsloser Hauptprotagonistin voller Emotionen und Tiefe ist.

Veröffentlicht am 17.12.2017

Kaffee & Literatur - ein perfektes Team

Literatur zum Mitnehmen!
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INHALT

Bücher und Kaffee – beides existiert in den vielfältigsten Variationen, sodass für jeden Geschmack das passende dabei ist. Vielleicht ist gerade diese Ähnlichkeit dafür verantwortlich, dass viele ...

INHALT

Bücher und Kaffee – beides existiert in den vielfältigsten Variationen, sodass für jeden Geschmack das passende dabei ist. Vielleicht ist gerade diese Ähnlichkeit dafür verantwortlich, dass viele Leseratten eine Liebesbeziehung zu dem koffeinhaltigen Getränk pflegen. Warum also sollte es den Schriftstellern und Poeten anders gehen? Gerade wenn Nächte um die Ohren geschlagen werden müssen, weil eine Deadline im Nacken sitzt oder die Muse nach Vollendung des Werkes verlangt, kann ein bisschen (oder mehr) Kaffee sicher nicht schaden. Und wenn keiner im Haus ist, wohin geht man dann?

Genau. Eine der bekanntesten Kaffeehausketten der heutigen Zeit ist sicherlich Starbucks. Was also würde ein berühmter Autor/eine berühmte Autorin dort bestellen? Wie würde es ihm/ihr dort behagen? Auf wen würde er/sie treffen?

Interessante Fragen, die mit diesem kleinen Büchlein gestillt werden, denn genau damit haben sich die drei Autoren beschäftigt. Sie haben kurzerhand eine Vielzahl verstorbener und lebender Schriftsteller/Dichter/Romanhelden zu Starbucks befördert, um zu sehen, was passiert. Natürlich ist das nur halb so amüsant, wenn man den entsprechenden Gast nicht kennt, weil einem die Pointe entgeht. Es macht daher Sinn, wenn man mit der (hohen) Welt der Literatur vertraut ist und sich gern in ihr aufhält.

Für Gäste, die man nicht kennt: am Ende des Buches befindet sich eine Übersicht aller Gäste mit Hinweis auf deren Person.

MEINE HIGHLIGHTS

… waren (u.a.) die Auftritte von Neil Gaiman, Gandalf, George R.R. Martin, Jane Eyre und Stephen King. Ansonsten hätte ich mir hier und da etwas mehr Text zu den einzelnen Gästen gewünscht. Aber das ist wohl immer so, wenn man jemanden mag.

Ein besonderes Zuckerl des Büchleins: die Illustrationen des New Yorker-Cartoonisten Harry Bliss. Ich bin ja dafür, dass alle Bücher mit Illustrationen versehen werden sollten – nicht nur Kinderbücher oder einzelne, ausgewählte Werke, wie etwa dieses Buch.

FAZIT

Literatur zum Mitnehmen – ich persönlich habe den Titel beim Wort genommen und das Buch mit zum anstehenden Friseurtermin genommen. Ein Café wäre natürlich stilechter gewesen, aber auch das Lesen dort hatte seinen Reiz, sodass die zwei Stunden zu einer unterhaltsamen Zeit wurden.

LESETIPP

Buch direkt bei Starbucks lesen. Mit Kaffee. Näher am Buch geht kaum

GESCHENKTIPP

Für einen kaffeetrinkenden Bücherwurm mit Faible für zeitlose und moderne Literatur ein tolles Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenk

Veröffentlicht am 17.12.2017

Rasante Lovestory mit kleinen Schwächen

I Knew U Were Trouble
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COVER

Eyecatcher in herrlichen Farben mit Glitzerschrift – mehr gibt es nicht zu sagen


INHALT

Eine dramareiche Lovestory verspricht dieses Buch zweifelsohne. Der Bonus: ein Bad Boy. Klischee hin oder ...

COVER

Eyecatcher in herrlichen Farben mit Glitzerschrift – mehr gibt es nicht zu sagen


INHALT

Eine dramareiche Lovestory verspricht dieses Buch zweifelsohne. Der Bonus: ein Bad Boy. Klischee hin oder her, Frau hat (sehr häufig) ein Faible für Bad Boys. Zumindest auf der fiktionalen Ebene. Vielleicht, weil es einfach großartig zu verfolgen ist, wenn ein harter Kerl – der Liebe wegen – Dinge tut, die er üblicherweise nicht tut.

Womit wir auch schon beim Thema sind: Marco Leone. Ist er tatsächlich so „bad“? Warum eigentlich? Und weshalb hat es ihm ausgerechnet Frankie Devereux angetan? Und kann sich jemand, der kürzlich seinen Freund verloren hat, überhaupt so schnell wieder in jemand anderen verlieben?

Aber von vorn.

Verlust ist eine einschneidende Erfahrung, die Normalität und durchdachtes Handeln kurzerhand außer Kraft setzen kann. Wie bei Frankie Devereux, die nach einem Fauxpas nicht nur bei ihrem Vater, sondern auch auf einer Schule landet, deren Schüler alles andere als reich oder „nice“ sind und bei der Autoschrauben auf dem Stundenplan steht. Genau hier trifft sie auf Marco Leone, der prompt ein Auge auf sie wirft. Zwischen den Flashbacks, die Frankie plagen, den Sozialstunden, die sie ableisten muss und den Dramen ihrer Freunde aus dem alten Leben, dringt sie nach und nach in die Welt der „Downs“ ein, wo Wettschulden so ernst genommen werden, wie ein Eheversprechen. Die Konsequenzen beim Bruch sind jedoch um einiges bitterer. Denn: In den „Downs“ geht es ums Überleben. Loyalitätsbrüche sind teuer bzw. schmerzhaft und elterliche Fürsorge ist spärlich gesät. Genau deshalb sollte man sich eine harte Schale und bestenfalls gute Fahrkünste zulegen. Als Tochter eines Cops, der einen Lover wie Marco Leone nicht gern sehen würde, keine leichte Position. Ärger und Action ist quasi vorprogrammiert. Und dann ist da natürlich immer noch die Suche nach dem Mörder von Frankies Ex-Freund …


CHARAKTERE

MARCO LEONE. Für mich gehört er leider zur Sorte Möchtegern-Bad-Boy. Schon zu Beginn hat die Autorin ihm Sätze in den Mund gelegt, die so gar nicht zu seinem Image passen. Bad Boys haben weiche Seiten und können sanfte Dinge sagen, aber das braucht Zeit und sollte zum Charakter passen, sodass es glaubwürdig ist. Ein Bad Boy, der Süßholz raspelt verfehlt diese Wirkung etwas. Aufgrund seines Auftretens sieht man, dass er nicht der nette Kerl von nebenan ist, aber vorrangig wird sein Ruf verwendet, um das Bad-Boy-Image zu untermauern. Tun statt andeuten, zeigen statt davon zu erzählen – das hätte ich mir in Bezug auf ihn etwas mehr gewünscht. Für mich war er eher der gute Typ, der die, die ihm am Herzen liegen, beschützt – nicht immer auf die klügste Weise. Dieser Charakterzug macht ihn jedoch sehr sympathisch und ist der eigentliche Grund, warum man sich in ihn vergucken kann.

„Alles okay, Angel?“ (Seite 49)


FRANKIE ist das reiche Mädchen, das viel verloren und durchgemacht hat. Sie ist am Boden und doch boxt sie sich durch, ohne zu jammern oder auf Rettung zu hoffen. Ihr Charakter ist erfrischend, weil gerade der weibliche Part oft als schwach, weinerlich (man füge beliebig viele Adjektive ein) dargestellt wird. In diesem Roman jedoch hat – für mich – Frankie die Hosen an. Sie ist der tragende Charakter der Geschichte, braucht keinen Retter, sondern setzt sich selbst für ihre Ziele und Freunde ein. Selbst ist die Frau – das gilt für Frankie als auch für die weiteren weiblichen Nebencharaktere. Das lob ich mir!

SETTING

Die „Downs“ sind ein hartes Pflaster. Die Jugendlichen haben mit Problemen unterschiedlichster Art zu kämpfen und dass Derartiges keine Fiktion, sondern Realität ist, weiß man. Ein bisschen zu gut gemeint hat die Autorin es meiner Meinung nach dennoch. Das Thema „schwere Vergangenheit/Lebensumstände“ schwebt schon dicht über allem. Andererseits braucht es ein hartes Pflaster, um kriminelle Dinge zu tun/aus dem Rahmen zu fallen. Möglicherweise hab ich mich auch einfach nur schwer getan, mich in diese Art von Lebensmilieu zu versetzen.


„Sind diese Rennen hier denn so eine große Sache?“
„Für viele Leute hier ist es die einzige Sache.“
(Seite 74)


SCHREIBSTIL

Kami Garcia kann schreiben. Und zwar verdammt gut. Flüssig, energisch, temporeich, fesselnd. Genau diese Eigenschaften braucht diese Geschichte, weil sie gleichsam tempo- und actionreich, dynamisch und mitreisend ist. Frankies Flashbacks sind überzeugend, als auch ein tolles Stilmittel, das die Story vorantreibt. Die Geschichte aus der Ich-Perspektive zu erzählen war gut gewählt, weil es Frankie noch präsenter und greifbarer macht. Und, wie bereits oben erwähnt, ist sie es, die die Geschichte trägt und auch dem Hauptprotagonisten neue Türen aufzeigt.

FAZIT

Schnelle Autos, starke Protagonistinnen, ein guter Kerl mit nicht ganz einwandfreiem Moralkompass, symphytische Nebencharaktere, ein Fast and the Furious/High-School-Flair – wer darauf steht, sollte sich diesen Roman unbedingt auf die Leseliste setzen.

Mich hat das Buch gut unterhalten, weil die Story dynamisch, abwechslungsreich und wirklich gut geschrieben war. Vier Herzchen gibt es, weil ich mir dennoch ein bisschen mehr Bad-Boy gewünscht hätte und die Funktionsweise von Autos mich wohl niemals fesseln wird

Veröffentlicht am 17.12.2017

Faszinierend, fesselnd und extravagant!

Beautiful Liars, Band 1: Verbotene Gefühle
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COVER

Hier hat sich der Verlag wirklich selbst übertroffen! Farbgewaltig, funkelnd, fesselnd! Das „nackte“ Buch steht dem abnehmbaren Einband in nichts nach.

CHARAKTERE

Dieser Roman ist derart faszinierend, ...

COVER

Hier hat sich der Verlag wirklich selbst übertroffen! Farbgewaltig, funkelnd, fesselnd! Das „nackte“ Buch steht dem abnehmbaren Einband in nichts nach.

CHARAKTERE

Dieser Roman ist derart faszinierend, fesselnd und extravagant, dass ich gar nicht weiß, wo ich mit meiner Begeisterung ansetzen soll. Also versuch ich es einfach mal.

Setting – Handlung – Charaktere. In dieses Trio lässt sich ein Roman üblicherweise zerlegen. Dieser Roman lebt und atmet jedoch vor allem von und durch seine Charaktere. Ihre Vergangenheit und Gegenwart. Lebensumstände. Familie. Sehnsüchte. Innere Dämonen. Sorgen. Drogenprobleme.

Normalerweise bin ich der Ansicht, dass zu viele (Haupt)Charaktere die Story verderben, weil man nur schwer allen gerecht werden kann. In dieser Geschichte haben wir ganze fünf Hauptpersonen und keiner kommt zu kurz, wirkt lediglich an der Oberfläche gestreift oder wie ein „Lückenfüller“, den man braucht, um einen anderen Charakter voranzutreiben. Man hat das Gefühl, jeden von ihnen zu kennen – natürlich insofern das geht; immerhin kommt der Buchtitel „Beautiful Liars“ nicht von ungefähr

Abwechselnd geschrieben aus der Sicht der jeweiligen fünf Hauptprotagonisten (Avery, Leda, Eris, Rylin, Watt), erhält jeder von ihnen seine eigene, große Bühne. Die Nebencharaktere, die genaugenommen keine sind, werden greifbar und zu wichtigen Variablen, indem die Hauptcharaktere mit ihnen (inter)aggieren. Der Tower ist riesig; der Graben zwischen reich und arm weit auseinanderklaffend und doch sind die Charaktere durch dünne Fäden miteinander verbunden, die mehr und mehr Knoten bilden und sie am Ende gemeinsam im Scheinwerferlicht stehen lassen, unabhängig von Wohnlage, Kontostand oder Ansehen.

INHALT / SETTING

Geheimnisse – welcher Mensch hat die nicht? Ob nun kleine Schwächen, die man verbergen will, Sehnsüchte, derer man sich schämt oder Wahrheiten, die nie ans Licht kommen dürfen. Die Charaktere dieses Romans sind durch und durch menschlich, obwohl sie zugleich „aus einer anderen Welt“ sind. Einer funkelnden, futuristischen Welt, die, weil Licht immer Schatten wirft, auch ihre dunklen Seiten hat. Diese werden in diesem Fall vor allem durch Höhe und Tiefe versinnbildlicht. Die Reichen wohnen an der Spitze, die Armen in den unteren Stockwerken des (1000stöckigen!) Towers, der gleichsam das Herzstück und das große Verhängnis der Geschichte ist.

Obwohl schon auf der ersten Seite klar ist, dass jemand sterben wird, ist es erschütternd – und zudem tragisch – als es tatsächlich passiert. Der Spannungsbogen dehnt sich über die ganze Geschichte aus, schwebt unheilvollverkündend über ihr, bis es zum großen Showdown kommt. Der Weg dorthin ist gespickt mit pikanten Details und Enthüllungen, Eifersucht, Kummer, Einsamkeit und Verzweiflung. Ein Feuerwerk von Emotionen, von Menschlichkeit inmitten einer von Technik, Anonymität und Oberflächlichkeit geprägten Welt, die sowohl fasziniert als auch beunruhigt.

Viele Entwicklungen/Ideen/Erfindungen sind gar nicht so weit aus der Luft gegriffen, wie man meinen möchte. Einige Dinge scheinen, wenn man Vergangenheit und Gegenwart betrachtet, wie eine mögliche Zukunftsversion. Die Autorin hat bereits bestehende Ansätze aufgegriffen und weiterentwickelt und das so überzeugend, dass man keinen Zweifel an der Umsetzung hegt. So ist das „Flickern“ die neue Kommunikationsmöglichkeit, Türschlüssel sind passé, künstliche Intelligenz bleibt nicht länger Theorie und Privatsphäre wird zunehmend zur Erinnerung. Und wer ein perfektes Kind möchte, der lässt sich eines aus perfekten Genen zusammenstellen. Wie es ist ein solches Kind zu sein, weiß einer der Charaktere ganz genau.

SCHREIBSTIL

Katharine McGee schreibt wundervoll. Makellos, möchte ich fast sagen. Jedes Wort sitzt perfekt. Sie weiß, wie man Spannung und Dramatik aufbaut, Emotionen weckt und den Leser ködert, ohne ihn wieder vom Haken zu lassen. Ohne mörderischen/magischen/übersinnlichen Bösewicht eine besondere Leistung, die jedoch leicht zu erklären ist: Menschen sind fasziniert von Menschen.

Anmerkung: McGee war an der Entwicklung der Serien „Vampire Diaries“ und „Pretty Little Liars“ beteiligt. Damit sollte klar sein, dass sie bestens geübt ist, was das Handwerk von Spannung und Intrigen angeht

FAZIT

Die Zukunft verändert sich, Technik entwickelt sich sowohl unterstützend als auch beängstigend weiter und trotzdem bleiben Menschen Menschen, getrieben von Hass und Liebe, Angst und Hoffnung. Eine beruhigende Erkenntnis mit leicht bitterem Beigeschmack. Der Roman zeigt, dass innere Dämonen auch in der (Technik geprägten) Zukunft genug Probleme und Schwierigkeiten verursachen, die es zu bewältigen gibt. Zudem lehrt er: Geheimnisse haben ein Verfallsdatum. Je größer man sie werden lässt, desto gewaltiger wird ihre Detonation sein. Und wenn du nicht mehr derjenige bist, der ihre Detonation steuern kann, dann wappne dich gut …

Gossip Girl meets Pretty Little Liars in futuristischem Setting! Ich bin durch und durch fasziniert und begeistert von diesem Roman! Der zweite Band – „Beautiful Liars – Gefährliche Sehnsucht“, der (leider erst) im Juli 2018 erscheint, ist absolute Pflicht-Wunsch-Lektüre! Und auch diesmal ist das Cover ein echter Hingucker!