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Veröffentlicht am 15.09.2016

Liebe überwindet Ängste

Zwischen den Bäumen das Meer
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Ein Eisloch im See soll Toms Leben ein Ende bereiten. Doch bevor es dazu kommt, muss er Schlittschuhläuferin Annkathrin nach einem schweren Sturz retten. Ihre schicksalhafte Begegnung scheint sie zu verbinden, ...

Ein Eisloch im See soll Toms Leben ein Ende bereiten. Doch bevor es dazu kommt, muss er Schlittschuhläuferin Annkathrin nach einem schweren Sturz retten. Ihre schicksalhafte Begegnung scheint sie zu verbinden, denn wenig später arbeiten sie zusammen an einem ungewöhnlichen Musikprojekt und lernen sich lieben. Ein herrlicher Sommer scheint der Beginn für ein neues gemeinsames Leben zu sein, doch so leicht lässt sich das Schicksal nicht abschütteln.

Janne Mommsen hat einen wundervoll leicht beschwingten Schreibstil, der die Schönheit der Natur einfängt und den kleinen Dingen im Leben Platz einräumt. Zwei Protagonisten, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die durch ihre eigene Geschichte doch miteinander verbunden sind. Tom, der Waldmensch, der nur die Einsamkeit kennt und unter Schwermut leidet. Annkathrin, die junge Frau, die auf Föhr im Kreis ihrer Familie aufgewachsen ist und durch ihre überwundene Leukämie erst langsam zurück ins Leben findet.

Obwohl dieses Buch keine Folgeband ist, gibt es ein Wiedersehen auf Föhr mit alten Bekannten aus früheren Büchern, die den Lesespaß für Mommsen-Leser noch erhöht.

Besonders gefallen haben mir die Landschaftsbeschreibungen. Der Kellenhusener Wald ist so toll beschrieben, dass man am liebsten gleich dorthin aufbrechen möchte. Man kann verstehen, warum Tom diese Bäume mit Namen anspricht. Auch ein Kräutergarten, scheint praktisch aus dem Buch zu duften und die Klänge einer alter Kirchenorgel dröhnen dazu. Ein Highlight ist ein außergewöhnliches Konzert an einem besonderen Ort.

Die Beziehung zwischen Annkathrin und Tom wird sehr spürbar erzählt. Die Angst vor dem eigenen Glück, das an einem feinen Faden hängt und zu zerreißen droht. Jeder für sich fühlt sich dem anderen nah und hat doch Angst, einen Schritt zu weit zu gehen. Die Annäherung gestaltet sich schwierig und ist um so schöner als sie gelingt. Man muss diese beiden Menschen einfach mögen und ihnen die Daumen drücken.


Aufgelockert wird die bittersüße Geschichte durch den skurrilen finnischen Komponisten der auf schräge Art und Weise Toms Leben aufwirbelt und neue Akzente setzt.

Unerwartete Wendungen und ein gelungenes Ende runden diese leise, wunderschöne Geschichte ab.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Chicklit und Fußball? Humorvoll umgesetzt!

Wenn Schmetterlinge Loopings fliegen
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Voller Tatendrang will Karo nach bestandener Bachelorprüfung in einem neuen Job durchstarten. Von Bochum gehts in die Weltstadt Hamburg. Blöd nur, dass ausgerechnet an ihrem ersten Arbeitstag der neue ...

Voller Tatendrang will Karo nach bestandener Bachelorprüfung in einem neuen Job durchstarten. Von Bochum gehts in die Weltstadt Hamburg. Blöd nur, dass ausgerechnet an ihrem ersten Arbeitstag der neue Arbeitgeber wegen Steuerhinterziehung angeklagt wird. Aus mit dem Traumjob, doch so schnell gibt Karo nicht auf. Überraschend wird ihr eine Stelle beim Hamburger Fußballverein angeboten. Doch verlockend ist das Angebot auf den zweiten Blick nicht, denn statt im Management zu arbeiten, soll Karo Babysitter für den Vereins-Star Patrick Weidinger spielen. Seine nächtlichen Eskapaden gefallen dem Verein ganz und gar nicht und Karo hat die undankbare Aufgabe, Chauffeuse für den führerscheinlosen motzigen Profi zu sein.

Petra Hülsmann hat schon mit ihrem Debüt "Hummeln im Herzen" bewiesen, dass sie herzerfrischend witzig und locker über Alltagsprobleme von Frauen schreiben kann. Um so gespannter war ich auf den neuen Roman "Wenn Schmetterlinge Loopings fliegen". Als erstes fällt natürlich das ähnlich gestaltete Cover ins Auge. Eine knallige Farbe und ein kuscheliges Häkeltier sorgen für einen hohen Wiedererkennungswert. Skeptisch war ich, nachdem ich den Klappentext gelesen habe. Ein Roman über Fußball??? Fußball ist für mich so abstrakt wie ein Gemälde von Wassily Kandinsky. Erklären ist bei mir hoffnungslos. Doch schon nach den ersten Sätzen war meine Sorge unbegründet. Der tolle Schreibstil der Autorin läßt einen nur so über die Seiten fliegen.

Besonders Hauptakteurin Karo hat mir sehr gefallen. Sie ist nicht perfekt und steht dazu. Fettnäpfchen scheinen sie magisch anzuziehen und gerade deswegen wirkt sie so sympathisch. Während der Handlung verändert sich ihr Charakter. Sie versucht sich anzupassen und will jemand anderes sein. Doch so sehr sie sich auch bemüht, im Herzen bleibt sie doch Karo - und das ist auch gut so.

Der Fußballprofi Patrick scheint anfangs so zu sein, wie man sich einen typischen Fußfallstar vorstellt. Arrogant, kaltschnäuzig und oberflächlich. Doch der Schein trügt und wäre Karo nicht immer mit sich selbst beschäftigt, hätte sie schon viel eher festgestellt, wie einfühlsam, warmherzig und liebenswert dieser gutaussehende Kerl eigentlich ist.

Erfrischend humorvoll und echt wirken die Dialoge zwischen den beiden Kontrahenten.

Mit viel Liebe zum Detail werden auch alle Nebendarsteller beschrieben. Karos WG-Mitbewohner nehmen lebhaft teil an ihren Sorgen und unterstützen sie manchmal sogar zu tatkräftig.

Auch wenn ich immer noch kein Fußballfan geworden bin, hat mir der Blick hinter die Kulissen eines Vereins sehr gefallen. Überrascht war ich über die vielen amüsanten Zitate aus der Fußballwelt, die die Kapitel einleiten.

Eine rundum gelungene witzige und unterhaltsame Geschichte, die man mit einem breiten Grinsen liest, während der Liebste Fußball schaut.
Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Manchmal muss man auf sein Herz hören

Hummeln im Herzen
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Lena hat gerade eine richtige Pechsträhne. Ihr Verlobter hat kurz vor der Hochzeit eine Neue und ihr Job ist auch futsch. Zuflucht findet sie in der WG ihrer besten Freundin Juli. Doch Mitbewohner Ben ...

Lena hat gerade eine richtige Pechsträhne. Ihr Verlobter hat kurz vor der Hochzeit eine Neue und ihr Job ist auch futsch. Zuflucht findet sie in der WG ihrer besten Freundin Juli. Doch Mitbewohner Ben zerrt mächtig an ihren Nerven. Gerade als alles sich wieder ein wenig besser anfühlt, spielen die Gefühle nicht mehr mit. Taxifahrer Knut gibt ihr einen Rat mit auf den Weg "Von der Liebe darfste dich nich feddich machen lassen" - aber will Lena das überhaupt?

Petra Hülsmann fängt den Leser mit ihrem schwungvollen Schreibstil von der ersten Seite an ein. In der Ich-Form erzählt Hauptakteurin Lena von ihrem chaotischen Leben.

Die Kapitelüberschriften werden von einer plüschigen Hummel begleitet und beginnen mit einer Zusammenfassung von Lena. Wie z.B. Kapitel 6
..."in dem ich herausfinde, dass ich ein Mischlingsköter bin und ein Dalmatiner werden will."

Die verschiedenen Charaktere werden frisch und lebendig skizziert, die Szenen lassen Bilder entstehen.
Vermeintlich meint man, die Entwicklung der Handlung schon vorherahnen zu können. Zu schnell steckt man die Protagonisten in Schubladen.
- Die hilflose, schusselige Lena
- der taffe Womanizer Ben
- der schmuddelige Taxifahrer Knut
- der verschrobene Buchhändler Otto

Was anfangs als leichte Lektüre daherkommt, entwickelt sich mehr und mehr zu einer emotionalen Achterbahn. Lockere Dialoge liefern Schmunzelmomente, menschliche Schicksale stimmen nachdenklich und viele romantische Momente enden plötzlich im Chaos.

Besonders den wundervollen Buchladen von Otto konnte ich mir bildlich vorstellen. Den kauzigen alten Herrn, der sich hinter seinen staubigen Büchern vergräbt, muss man einfach in sein Herz schließen.
Als Running Gag erscheint immer wieder der schräge Taxifahrer Knut, der Lena mit seinen Lebens- und Liebesweisheiten ungefragt berät. Obwohl ich nie und nimmer in sein schmuddeliges Taxi einsteigen würde, passt er super in die Handlung.

Das Buch besitzt genau die richtige Mischung aus Emotionen, Humor, Romantik und Chaos.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ich bin es, wenn ich zulasse, dass meine Vergangenheit mich beeinflusst ...

Vom Ende der Einsamkeit
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Jules Moreau ist 11 Jahre alt, als seine Eltern tödlich verunglücken. Zusammen mit seinen beiden Geschwistern lebt er zukünftig in einem Internat, seiner Einsamkeit allein überlassen. Jules Lebensgeschichte ...

Jules Moreau ist 11 Jahre alt, als seine Eltern tödlich verunglücken. Zusammen mit seinen beiden Geschwistern lebt er zukünftig in einem Internat, seiner Einsamkeit allein überlassen. Jules Lebensgeschichte zeigt, wie er versucht, das Schicksal zu überwinden und sich im Leben zurechtzufinden. Die Freundschaft mit Alva gibt ihm dabei Halt und zieht ihn gleichzeitig in ein Gefühlschaos.


Benedict Wells zeichnet gefühlvoll und unaufdringlich die Lebensgeschichte von Jules über einen Zeitraum von 35 Jahren. Jules ist der Erzähler seiner eigenen Geschichte. Anhand von Jahreszahlen, die den Kapiteln vorangestellt werden, kann man sich gut orientieren. Zeitsprünge im Buch lassen dem Leser Zeit, eigene Gedanken zur Handlung zu entwickeln. Metaphern, wie ein immer wiederkehrender Baum mit abgesägten Ästen, sind ein besonderes Stilmittel. Man spürt beim Lesen, dass es sich um echte Gefühle handelt und möchte sich ganze Passagen herausstreichen, weil sie so wirklich sind.

"Es war, als müsste ich für jdes Wort einen Spaten in einen gefrorenen Acker rammen."

Der Zusammenhalt der Geschwister ist ganz deutlich zu spüren. Obwohl Liz, Marty und Jules im gleichen Internat leben, haben sie keinerlei Berührungspunkte, leben in unterschiedlichen Welten, gehen getrennte Wege. Ihr Schicksal verbindet sie trotzdem über all die Jahre und auch im Erwachsenenalter treffen sie sich immer wieder, um einander beizustehen.

Ein zentrales Thema ist die Beziehung zwischen Jules und Alva. Eine leise Jugendfreundschaft, die geprägt durch Ängste und unausgesprochene Worte, sich nicht entfalten kann. Jules Verlustängste werden sehr deutlich herausgearbeitet. Er hat nie den Mut gehabt, sie für sich zu gewinnen, sondern nur Angst sie zu verlieren.

"Einmal musste sie beim Lesen lachen, und da fühlte ich mich wie auf einer nächtlichen Straße, auf der schlagartig alle Laternen angegangen waren."

"Ihre Bemerkung versank in mir wie ein Stein, den man in einen See fallen ließ".

Schicksalschläge, Abschiede, Begegnungen und bewegende Szenen, die teilweise fast schon poetisch geschildert werden, skizzieren das Leben von Jules.

Diese Geschichte benötigt Zeit, um Gedanken reflektieren zu können, begeistert mit einer wundervollen Stimmung und authentischen Schilderungen. Obwohl die Melancholie überwiegt, ist es ein sehr lebensbejahender Roman, der mich begeistert hat.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Flucht ins Leben

Für einen Sommer und immer
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Die Karrierefrau Annika bringt so leicht nichts aus der Ruhe. Doch als ihre Mutter schwer erkrankt und auf den Tod wartet, flüchtet sie nach Südtirol. Gefühle lassen sich aber nicht einfach abschütteln ...

Die Karrierefrau Annika bringt so leicht nichts aus der Ruhe. Doch als ihre Mutter schwer erkrankt und auf den Tod wartet, flüchtet sie nach Südtirol. Gefühle lassen sich aber nicht einfach abschütteln und so versucht sie durch geführte Bergtouren auf andere Gedanken zu kommen. Der Bergführer Samuel mit seiner Leidenschaft für die Berge erweckt bei Annika nicht nur Freude am Leben, sondern auch tiefe Gefühle für diesen besonderen Mann.

Julie Leuze hat einen sehr gefühlvollen, emotionalen Roman, gespickt mit Humor und leisen Tönen, geschrieben. Man begleitet Annika auf ihrer Flucht vor dem Tod der Mutter und lernt sie langsam kennen. Die anfängliche Antipathie zur karrieresüchtigen, egoistischen Protagonistin wandelt sich von jeder gelesenen Seite immer mehr zur Sympathie.

Schnell wird deutlich, dass Annika sich selbst in ein "Pflichtbewusstseins-Korsett" gezwängt hat und das eigentliche Leben dabei völlig vergessen hat. Jeder kennt solche Momente, in dem man hinterfragt, ob es einen Sinn macht, was man gerade tut. Man darf halt nicht vergessen die Augen und Ohren offen zu halten und sich immer wieder selbst kritisch zu betrachten. Genau dies erkennt Annika in den Bergen, als ihr Bergführer Samuel teils amüsiert, teils voller Anteilnahme, die Schönheit der kleinen Dinge näher bringt. Doch bis sie sich wirklich so annehmen kann, wie sie ist, hat sie noch einen weiten Weg zu gehen.

Die Annäherung an die Mutter, zu der sie eigentlich keinen Kontakt mehr hatte, ist sehr einfühlsam beschrieben. Obwohl beide Frauen kilometerweit voneinander getrennt sind, führen anfänglich verhaltene Telefonate sie jeden Satz ein Stückchen näher. Lange verschwiegene Themen können endlich ausgesprochen werden, um Platz für den anstehenden Abschied zu machen.

Manche Szenen in denen Annika einen emotionalen Rückzug vollzieht, waren aus meiner Sicht etwas überzogen dargestellt, machten aber deutlich, dass sie noch an sich arbeiten muss.

Die Mischung aus Landschaftsbetrachtungen, leisen Momenten und erfrischendem Humor ist hier gelungen und macht Spaß zu lesen.