Profilbild von Geri

Geri

Lesejury Star
offline

Geri ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Geri über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.09.2021

Und manchmal findet das Unheimliche Dich…

The Stranger Times
0

Eine Zeitung, die von ihren Lesern die „Bekloppten Zeitung“ genannt wird und gleichzeitig einen „Irren Anschluss“ als Lesertelefon geschaltet hat, weil zu 99% nur Gestörte diesen benutzen, klingt nicht ...

Eine Zeitung, die von ihren Lesern die „Bekloppten Zeitung“ genannt wird und gleichzeitig einen „Irren Anschluss“ als Lesertelefon geschaltet hat, weil zu 99% nur Gestörte diesen benutzen, klingt nicht als der Traumarbeitgeber. Aber Hannah kann nicht wählerisch sein, nachdem sie versehentlich ihr Haus abgebrannt hat, in Scheidung lebt und bei ihrem früheren Dienstmädchen im Gästezimmer schläft. So gesehen passt sie zum Rest des schrägen Teams der Stranger Times. Und anstatt über dunkle und gruselige Dinge zu recherchieren und zu schreiben, stehen die auf einmal in der Redaktion und sind alles andere als nett.
Caimh McDonnell hat einen unglaublichen Mix aus schrägen englischem Humor und Thriller erschaffen. Irrsinnig, geniale Gestalten bevölkern die Geschichte und entführen den Leser nach Manchester - bekannt für seinen Regen und nun ja Monster. Aber diese Wesen lassen einen nicht mehr los. Das Buch ist witzig, spannend und liest sich quasi von selbst. Und vielleicht sind unsere Legenden ja auch keine Märchen. Wer weiß…
Abschließend muss ich noch sagen, dass das Buch auch optisch ein Hingucker ist mit dem schwarzen Buchschnitt und der leicht plastischen Oberfläche. Magisch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.09.2021

Gesellschaftskritik oder Gefängnis light

DAFUQ
0

In diesem Buch verarbeitet Kira Jarmysch ihre Erfahrungen mit der russischen Justiz und Exekutive. Als Pressesprecherin von Alexej Nawalny durfte sie deren Bekanntschaft schon mehrfach machen. Hier ist ...

In diesem Buch verarbeitet Kira Jarmysch ihre Erfahrungen mit der russischen Justiz und Exekutive. Als Pressesprecherin von Alexej Nawalny durfte sie deren Bekanntschaft schon mehrfach machen. Hier ist es stellvertretend die 28 jährige Protagonistin Anja, welche nach der Teilnahme an einer ungenehmigten Demonstration 10 Tage in Arrest muss. In der Zelle trifft sie einen Querschnitt der russischen Gesellschaft, wie die Alkoholikerin Irka, welche keinen Unterhalt für ihre Tochter gezahlt hat und die schöne Maja, die ohne gültigen Führerschein gefahren ist. Beide verdienen sich ihren Lebensunterhalt, in dem sie sich an Männer verkaufen. Die eine für eine Flasche Schnaps und die andere für ein Luxusleben.
Besonders interessant fand ich die Beschreibung des Alltags im Arrest. Die Langeweile, welche mit dem nervtötenden Radio, dass zusätzlich an den Nerven der Gefangenen zerrt, Anja langsam in den Wahnsinn treibt. Fixpunkte werden die Essensausgaben, wobei das Essen besser ist, als ich immer gedacht habe. Ansonsten ist Anja mit ihren Gedanken und Erinnerungen allein.
Die Gespräche mit den Insassen, aber auch den Polizisten, die einen guten Schnitt der Sorgen, Sehnsüchte und des Denkens abbilden, fand ich unglaublich interessant. Und ganz besonders schön für mein Empfinden war, dass das Buch nicht wertet. Die Missstände werden aufgezeigt, aber jeder kann sich sein eigenes Bild machen und wird nicht gedanklich in eine bestimmte Richtung gedrängt. Oh ja und der Titel passt. What the fuck - wie schnell und unverhofft, kann man in Russland in so eine Situation geraten, egal ob arm oder reich, jung oder alt. Ich finde dieses Buch absolut gelungen, habe aber gleichzeitig die Befürchtung, dass es in Russland auf den Index stehen wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.09.2021

Kindheit zwischen Neuzeit und Aberglauben

Mai bedeutet Wasser
0

Ein Buch, wie die afrikanischen Sonne. Eine Sonne, die so hell und gleißend ist, dass man die Augen zusammenkneifen muss damit es nicht zu sehr schmerzt, wenn man Adi und ihrer Schwester Mai beim Spielen ...

Ein Buch, wie die afrikanischen Sonne. Eine Sonne, die so hell und gleißend ist, dass man die Augen zusammenkneifen muss damit es nicht zu sehr schmerzt, wenn man Adi und ihrer Schwester Mai beim Spielen auf der Dachterasse zusieht. Ein Sonnenlicht, welches gnadenlos alles zeigt, was sonst verborgen bleibt. Aber das Sonnenlicht zieht auch dunkle und tiefe Schatten an, die Adi in ihren Bann ziehen. Und ihr Geheimnis ist duster. Leider bekommt sie keine Hilfe, da sie keine Worte dafür hat. Die Krankheit ihrer kleinen Schwester überschattet das gesamte Familienleben.

Ein sehr faszinierend geschriebenes Buch über ein Mädchen, welches langsam erwachsen wird, und sich sicher ist, dass Gott alles sieht und auch die Geisterwelt immer da ist. Sie ist kein einfaches Kind, eifersüchtig und manchmal gemein zu ihren Schwestern. Aber die Erziehung des Vaters und die Lehrer in der Schule sind sehr streng, Schläge an der Tagesordnung.

Wer Adis Leben folgen will, keine Angst vor Geistern hat und gern den Geschichten Afrikas lauscht, die seit Generationen existieren, der wird begeistert sein, aber die Tränen werden auch fließen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.09.2021

Missverständnisse

Lausche meinem Flüstern
0

Ein wirklich einfühlsames Buch, was ermuntern soll, sich besser bzw. überhaupt in die Seele eines anderen Wesens einzufühlen. Ich sage mit Absicht Wesen, denn obwohl dieses Buch aus Sicht eines Pferdes ...

Ein wirklich einfühlsames Buch, was ermuntern soll, sich besser bzw. überhaupt in die Seele eines anderen Wesens einzufühlen. Ich sage mit Absicht Wesen, denn obwohl dieses Buch aus Sicht eines Pferdes geschrieben wurde, gilt es für jedes unserer Tiere, aber auch für Mitmenschen. Es ist ein Appell für Mitgefühl und Einführungsvermögen. Eine Bitte Verhaltensweisen zu hinterfragen und sich immer erst selbst zu hinterfragen, ehe man die Schuld bei dem Tier sucht. Erschreckend wie hier ein junges Pferd aus falschem Ehrgeiz beinahe dem menschlichen Egoismus geopfert wurde. Also nehmt Rücksicht, geht im Training langsam voran und schaut und hört hin. Die Schuld liegt meist bei uns.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.09.2021

Mut, Herzenswärme und Klugheit

Das Buch der verschollenen Namen
0

„Eine Weise Person hat gesagt: Wir werden dadurch definiert, wer wir in unserem Herzen sind und wer wir auf dieser Erde zu sein beschließen.“
Die Bibliothekarin Eva Abrams durchfährt es wie ein Blitz. ...

„Eine Weise Person hat gesagt: Wir werden dadurch definiert, wer wir in unserem Herzen sind und wer wir auf dieser Erde zu sein beschließen.“
Die Bibliothekarin Eva Abrams durchfährt es wie ein Blitz. Sie erkennt in der Zeitung ein Buch, welches ihr vor mehr als 60 Jahren im besetzten Frankreich geraubt wurde, wieder. Und Eva macht sich auf den Weg nach Berlin zu diesem Buch, denn nur sie ist in der Lage, den Code, den es enthält zu entschlüsseln und jüdischen Kindern ihren Geburtsnamen zurückzugeben uns eventuell noch eine letzte Nachricht von ihrer großen Liebe zu finden.
Das Buch besticht durch 2 Handlungsstränge, welche eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlagen. Einmal die Erlebnisse der jungen jüdischen Studentin Eva, welche unversehens in die Gräuel der Judenverfolgung gerät und alles tut, um wenigstens ihre Mutter zu retten. Auf der anderen Seite die reife Frau Eva, welche mit dem gleichen Elan ihren Weg weitergeht, um zu beenden, was sie begonnen hat.
Ein Buch wie ein Denkmal, an alle Menschen, die zu der Zeit Widerstand leisteten und diesen auch größtenteils mit dem Leben bezahlten. Ein Buch, was sprachlos macht und unglaublich rührend ist, wenn fast ein gesamtes Bergdorf jüdischen Kindern zur Flucht verhilft, dass wenigstens diese eine Zukunft haben.
Die Geschichte ist unglaublich spannend aber gleichzeitig sehr realistisch geschrieben. Man spürt die Zweifel, Ängste, Selbstvorwürfe und Hoffnungen der jungen Eva, als sie sich dem Widerstand anschließt und genau diese Gefühle machen die Person so unglaublich reell.
Dieses Buch ist eine Hommage an die Menschlichkeit und dass man die Hoffnung auf Glück nie aufgeben sollte. Und so wie das Mädchen Dorothee im Zauberer von Oz, findet Eva nun hoffentlich auch nach Hause.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere