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Veröffentlicht am 20.06.2023

Szenario einer Welt von morgen, die nachdenklich stimmt

Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen
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Am Anfang steht eine Wette. Sie ist der Beginn einer Geschichte mit tragischen Verwicklungen, die sich über viele Jahre hinzieht. Der Brite John Ironmonger erzählt sie in seinem Roman „Der Eisbär und die ...

Am Anfang steht eine Wette. Sie ist der Beginn einer Geschichte mit tragischen Verwicklungen, die sich über viele Jahre hinzieht. Der Brite John Ironmonger erzählt sie in seinem Roman „Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen“. Als Schauplatz der Begebenheiten hat der Autor unter anderem den kleinen fiktiven Ort St. Piran an der Küste Cornwalls gewählt, in dem bereits sein Bestseller „Der Wal und das Ende der Welt“ spielte. Dabei ist das Buch keine Fortsetzung, sondern nutzt einfach nur das wunderbare Setting des Dorfs mit der rauen Küste und den steilen Felsen.
Die Erzählung beginnt mehr als achtzig Jahre nach der Wette in einer für uns noch greifbaren Zukunft. Ein genaues Datum wird nicht genannt. Dadurch ermöglicht es sich der Autor, den Umgang mit unserer Umwelt in der Vergangenheit aufzuzeigen, den aktuellen Entwicklungen zu folgen, um dann die Folgen der Klimakrise in einem erdachten Szenario weiterzuführen.
Die Wette wird einige Jahre vor unserer Gegenwart geschlossen. In St. Piran sind damals viele Bewohner Fischer. Sie trinken sich gerne nach Feierabend ein Bier im örtlichen Pub. Der 19-jährige Tom studiert in London Geowissenschaften und kehrt in den Semesterferien in seinen Heimatort zurück. An einem Abend, an dem Tom im Pub einigen Alkohol konsumiert hat, betritt der Politiker Montague Causley die Kneipe. Er lebt in London, besitzt aber im Ort ein beeindruckendes Haus, das er meist vermietet und selten selbst nutzt. Tom wirft ihm in einem Disput vor, dass er den Klimawandel leugnen würde. Daraufhin kommt es zu der Wette, bei der beide sich nach einer festgelegten Anzahl von Jahren an einem festgelegten Platz treffen wollen. Die dann vorgefundenen Umstände werden aus dem einen Helden und aus dem anderen einen Schurken oder eine tragische Figur machen. Für die beiden scheint es nicht die Möglichkeit zu geben, von der Wette zurückzutreten, denn ein Freund von Tom hat die Auseinandersetzung mit dem Handy gefilmt und ins Netz gestellt und keiner von ihnen will vor der Menschheit als Feigling dastehen.
John Ironmonger schaut auf das Leben der beiden Protagonisten, immer im Abstand von einigen Jahren. Während Montague versucht, seine Karriere in der Politik weiter voranzutreiben, beschäftigt Tom sich mit den Gründen für den Klimawandel. Speziell dazu erforscht er die Eisschmelze im Nordpolarmeer. Ganz nebenher baut der Autor dabei interessantes Wissen über die Veränderung des Klimas ein und spekuliert im Folgenden über mögliche Entwicklungen, die sich mit oder ohne das Eingreifen der Regierungen der Welt ergeben könnten.
Die Figuren sind mit Ecken und Kanten gestaltet. Beide Protagonisten sind aufgrund ihres Charakters per se keine Sympathieträger. Sie sind viel zu sehr von sich selbst eingenommen, um von dem anderen zu lassen. Trotz ihrer verschiedenen Meinungen bleiben sie respektvoll im Umgang miteinander, auch wenn sie mit ihren gezielt umgesetzten Absichten nicht immer Gutes im Schilde führen. Das Raufen um ein Quäntchen mehr von Einfluss über den anderen führt zu einigen Cliffhangern, die die Erzählung spannend gestalten und mich als Leserin immer wieder hoffen ließen, dass die beiden eine Möglichkeit finden, die Wette zurückzunehmen oder einfach zu vergessen.
In seinem Roman „Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen“ zeigt John Ironmonger mit beeindruckenden Schilderungen von eisigen Landschaften einige potentielle Entwicklungen im Bereich des Klimas, die nachdenklich stimmen. Dazu gesellt sich seine Stärke im Bereich der Beschreibung des Miteinanders seiner Figuren. Sehr gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für diese nahegehende Geschichte, die uns vom Thema her alle interessieren sollte.

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Veröffentlicht am 13.06.2023

Bewegende Zeiten für die nächste Generation der Familie Wagner zu Beginn der 1980er

Die Frauen vom Lindenhof - Zusammen können wir träumen
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Der zweite Band der Trilogie „Die Frauen vom Lindenhof“ des Autorinnenduos Andrea Bottlinger und Claudia Hornung, die hier unter dem Pseudonym Katharina Oswald schreiben, trägt den Titel „Zusammen können ...

Der zweite Band der Trilogie „Die Frauen vom Lindenhof“ des Autorinnenduos Andrea Bottlinger und Claudia Hornung, die hier unter dem Pseudonym Katharina Oswald schreiben, trägt den Titel „Zusammen können wir träumen. Seit den letzten Ereignissen, die im ersten Teil geschildert wurden, sind zwar 23 Jahre vergangen, aber der Wunsch von Corinna, der Protagonistin des vorliegenden Buchs, ähnelt dem ihrer Mutter Marianne, der Hauptfigur der vorherigen Geschichte, denn auch sie möchte ihre Zukunft selbstbestimmt gestalten.
Gemeinsam mit ihrem Ehemann Alexandre fertigt Marianne Wagner immer noch Puppenmöbel in der Schreinerei, die zum Lindenhof gehört und die sie von ihrem Vater übernommen hat. Die Geschäfte laufen nicht mehr gut. Um größere Produkte herzustellen, möchte sie die alte Kreissäge wieder in Betrieb nehmen, aber dabei geschieht ein furchtbares Unglück. Ihre Tochter Corinna, die in Berlin Literatur studiert, kehrt in die Heimat zurück und übernimmt gemeinsam mit ihrer Tante die Führung des Unternehmens. Dennoch möchte sie ihre Berufung zur Autorin nicht aufgeben und beabsichtigt bald wieder nach Berlin zurückzukehren. Petra, ihre beste Freundin aus Kindertagen, ist handwerklich geschickt und eine wertvolle Hilfe in der Produktion. Aber für die beiden ist es inzwischen schwierig, eine gemeinsame Gesprächsebene zu finden. Dabei würden sie sich sehr gut in der Schreinerei ergänzen.
Die Zeit verging beim Lesen wieder wie im Flug. Durch eine geschickte Konstruktion der Geschichte geschieht immer etwas Neues und oft Unerwartetes. Corinna sträubt sich gegen die Erwartungen ihrer Mutter in Bezug auf die Übernahme der Schreinerei. Obwohl sie durchgesetzt hat, ihrem eigenen Berufswunsch nachzukommen, zögert sie kaum damit, ihrer Familie in der Heimat beizustehen und nach Hause zu reisen. Gleichzeitig wird sie von ungeahnter Seite auf gemeine Weise um ihre Zukunftsaussichten betrogen. Die Autorinnen geben und nehmen ihren Figuren im gesamten Roman einiges und führen damit die Lesenden über viele bewegende Begebenheiten.
Die Mitarbeitenden der Schreinerei sind über die Jahre hinweg zu einer eingeschworenen Gemeinschaft gewachsen, in die Corinna aufgrund ihrer überzeugenden Tätigkeit nun langsam aufgenommen wird. Die Entscheidung zu einer Aufgabe der Schreinerei wird dadurch immer schwieriger. Ein großes Thema, das sich durch die Geschichte zieht, ist die Pressearbeit und damit auch die Frage, wieweit das Privatleben geschützt bleiben kann. Die Zeit zu Beginn der 1980er Jahre wird anhand von Film, Fernsehen und Kunst und des kulturellen Lebens lebendig, ist authentisch und brachte mir einige Erinnerungen zurück. Aber auch nach so vielen Jahren scheinen die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs immer noch nicht gänzlich beseitigt.
Der Roman „Zusammen können wir träumen“ von Katharina Oswald steht dem ersten Band in nichts nach, sondern ich fand ihn aufgrund der Zeit, in der die Geschichte eingebunden ist und an die ich mich gerne erinnere, noch ansprechender. Die noch junge Corinna hat als Protagonistin einige unvorhersehbare tragische Begebenheiten zu bewältigen. Glücklicherweise hat sie dabei aber sympathische Personen um sich, die ihr Verständnis entgegenbringen und sie unterstützen. Auch die Liebe kommt nicht zu kurz. Eine Leseprobe am Ende des Buchs macht Lust auf den dritten Band. Sehr gerne empfehle ich das Buch weiter und freue mich auf den abschließenden Teil.

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Veröffentlicht am 12.06.2023

Sorgt beim Lesen für heitere, erfreuliche, aber auch traurige Momente

Der Liebende
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Im Roman „Der Liebende“ von Martin Ehrenhauser entdecken zwei ältere Menschen ihre Zuneigung füreinander. Die Geschichte gestaltet sich genauso zärtlich wie das Liebespaar sich auf dem Buchumschlag in ...

Im Roman „Der Liebende“ von Martin Ehrenhauser entdecken zwei ältere Menschen ihre Zuneigung füreinander. Die Geschichte gestaltet sich genauso zärtlich wie das Liebespaar sich auf dem Buchumschlag in den Armen hält. Ein Riss zieht sich über das Cover der dafür sorgte, dass ich mich vor dem Lesen fragte, ob es etwas im Leben der beiden gibt, was sie trennt.

Monsieur Haslinger ist die titelgebende Figur und ein katholischer Priester im Ruhestand, der in Brüssel lebt. Eines Nachts sieht er während einer ruhelosen Phase, vom Balkon seiner Wohnung aus, über den Hinterhof hinweg, die neue Nachbarin von gegenüber. Madame Janssen hat am Abend ein Fest gefeiert und fragt ihn nun, ob sie und ihre Gäste zu laut gewesen wären. Der kurze Austausch ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, die immer tiefer wird, desto besser die beiden sich kennenlernen. Sie verbringen Zeit miteinander und entdecken gemeinsame Interessen.

Monsieur Haslinger engagiert sich im Ehrenamt, ansonsten widmet er sich seinen Pflanzen, spielt Schach mit einem Freund und genießt gutes Essen und Trinken. Für ihn sind die Gefühle zu seiner Nachbarin nicht neu, aber ungewöhnlich, weil er sich an das Zölibat gebunden fühlt. Der Autor geht mit diesem Thema behutsam um.

Das Geschehen rund um die liebevoll einander zugeneigten beiden Protagonisten entwickelt sich auf eine ruhige Weise. Zunächst kann die weltgewandte Madame Janssen ihr Geheimnis vor dem neugewonnenen Freund und dem Lesenden verbergen, ab einem gewissen Zeitpunkt keimt eine Vermutung auf. Zusammen genießen die beiden eine neue Freiheit, begeistern sich gegenseitig mit der Lust zum Leben und ergänzen sich fast spielerisch.

Die Begebenheiten spielen in Brüssel und an der belgischen Nordseeküste. Da ich beide Gegenden kenne, konnte ich sie mir gut vorstellen und bin den zwei Hauptfiguren gerne auf ihren Wegen gefolgt. Trotz der vorherrschenden niederländischen Sprache beziehungsweise der Zweisprachigkeit in Brüssel wird die Region von einem französischen Flair überzogen, was beim Lesen für eine angenehme Atmosphäre sorgt.

In seinem Roman „Der Liebende“ spricht Martin Ehrenhauser verschiedene Themen an, die zum Nachdenken anregen und für heitere, erfreuliche auch für traurige Momente sorgen. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für dieses sacht erzählte, bewegende Buch.

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Veröffentlicht am 06.06.2023

Abwechslungsreiche Geschichte mit Höhen und Tiefen

Am Horizont wartet die Sonne
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Im Roman „Am Horizont wartet die Sonne“ nahm Meike Werkmeister mich als Leserin mit nach Portugal. Die Covergestaltung vermittelt ein angenehmes Empfinden von Wärme, Erholung und Ruhe. Der Titel, der in ...

Im Roman „Am Horizont wartet die Sonne“ nahm Meike Werkmeister mich als Leserin mit nach Portugal. Die Covergestaltung vermittelt ein angenehmes Empfinden von Wärme, Erholung und Ruhe. Der Titel, der in goldglitzernden Buchstaben aufgedruckt ist, verstärkte meinen Eindruck. Doch die Erzählung gibt nicht nur ein Gefühl von Urlaub, sondern darin schildert die Autorin auch ein Familiendrama mit tragischen Verknüpfungen.

Die Hamburger Autorin Katrin, Mitte 30, findet neben einem Mülleimer am Flughafen einen Liebesbrief mit einer Anschrift in Portugal, aber die Adresse ist nicht mehr vollständig zu lesen. Weil sie selbst gerade eine Auszeit benötigt, beschließt sie spontan, den Empfänger persönlich vor Ort ausfindig zu machen. Begleitet wird sie von ihrer fünf Jahre älteren Cousine, der Ärztin Julia. In dem kleinen fiktiven Ort am Atlantik findet Katrin schon bald Filipe, an den der Brief adressiert ist. Seine abweisende Reaktion wirft Fragen bei der Protagonistin auf. Bei der Suche nach Antworten gerät sie in einen familiären Konflikt. Derweil zeigt ihre Cousine Zuneigung zu einem der Einheimischen. Im Dorf scheint jeder mit jedem bekannt zu sein, doch die beiden Frauen merken bald, dass sie bei bestimmten Angelegenheiten auf eine Mauer des Schweigens treffen.

Weil die Hauptfigur Autorin ist, habe ich mich manches Mal gefragt, wie viel Meike Werkmeister in ihr steckt. Die Schreiberin des Romans befindet sich auf Terrain, dass sie selbst kennt und gibt dadurch die Gefühle bestimmter Situationen wie beispielsweise bei einer Premierenlesung authentisch wieder. Auch ihre Liebe zu Hunden hat sie auf Katrin übertragen, die sich um ihren eigenen kümmert, aber auch ein Herz für andere Hunde hat.

In der Geschichte stellt die Protagonistin sich die Frage, ob man alles kann, wenn man nur will, denn diese Aussage hat sie im gefundenen Liebesbrief gelesen. Daran möchte sie gerne glauben und in Bezug darauf verfolgt sie in ihrem Urlaub die Entwicklungen zwischen langjährigen und neu zusammengefundenen Liebespaaren, um ihre Hoffnung bestätigt zu sehen. Vor Ort versucht sie sich als Vermittlerin im Familiendrama, jedoch fehlt ihr das gewachsene Vertrauen durch die Dorfbewohner und sie stellt fest, dass das nicht nur ihr eigenes Problem ist. Erst ihre Hartnäckigkeit lässt das Eis langsam schmelzen. Das Verhalten der an der Liebestragödie beteiligten Figuren konnte ich teils erst nachvollziehen, nachdem Katrin weitere Details aus der Vergangenheit aufgedeckt hat. Das Geheimnis blieb also lange wohlgehütet. Wie Julia als Ärztin sich im Hinblick auf ihre eigene Romanze verhält, wirkte auf mich zum Ende hin teils befremdlich.

Meike Werkmeister hat erneut mit ihrem Buch „Am Horizont wartet die Sonne“ eine abwechslungsreiche Geschichte mit Höhen und Tiefen der gut ausgebauten Figuren geschrieben. Der Schreibstil ist leicht lesbar, ohne ins kitschige abzurutschen, stattdessen bewegt die Erzählung durch die Nachdenklichkeit der Protagonistin und vergangener Ereignisse. Bei der hübschen Ausgestaltung des Buchs waren die Agentur Zero Media und das Team vom Guten Punkt zuständig, wodurch man es gerne zur Hand nimmt. Es ist besonders schön, den Roman an sonnigen Tagen zu lesen und gerne gebe ich ihm eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 01.06.2023

Emotional einfühlsam erzählte Geschichte

Die unglaubliche Grace Adams
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Bereits die erste Szene des Romans „Die unglaubliche Grace Adams“ der Engländerin Fran Littlewood zeigte mir als Leserin, wozu die titelgebende Protagonistin in der Lage ist: mitten im Stau steigt sie ...

Bereits die erste Szene des Romans „Die unglaubliche Grace Adams“ der Engländerin Fran Littlewood zeigte mir als Leserin, wozu die titelgebende Protagonistin in der Lage ist: mitten im Stau steigt sie aus Frust aus ihrem Auto und lässt es stehen, denn sie hat eine Mission und die kann nicht warten. Es ist der Tag des 16. Geburtstags ihrer Tochter, die nach einem Familienstreit vor kurzem zu ihrem Vater gezogen ist, von dem Grace getrennt lebt. Aus diesem Anlass möchte sie ihr unbedingt gratulieren und ihr eine ganz besondere Torte schenken, die sie noch abholen muss. Sie will ihrem Kind aber auch zeigen, dass sie sie noch liebt, und sie will sie wieder zu sich nach Hause holen.

Für ihr Empfinden benötigt die Bäckereifachverkäuferin viel zu lange, um ein Geschenkband um die Tortenschachtel zu binden. Als ihre Kräfte unterwegs schwinden, besorgt sie sich einen Golfschläger und benutzt ihn als Stütze. Das Titelbild zeigt eine euphorische Grace mit Geschenk und Putter. Die leuchtenden Farben symbolisieren die Hitze des Tages. Der Untertitel „Grace kann alles. Außer ruhig bleiben“ zeigt, dass von der Protagonistin einige spontane, übersteigerte Reaktionen im Roman zu erwarten sind. Ich wurde nicht enttäuscht.

Die Geschichte spielt auf drei Handlungsebenen. Während Grace auf dem Weg zu ihrer Tochter ist, denkt sie an verschiedene Ereignisse zurück. Einerseits erfuhr ich, wie die Hauptfigur mit 28 Jahren ihren Ehemann kennenlernte und was in den darauffolgenden Jahren geschah, andererseits konnte ich verfolgen, was vor vier Monaten zum Zerwürfnis mit ihrem Kind führte. Ich las von dem Sprachtalent der Protagonistin, von heiteren gemeinsamen Momenten mit ihrem Mann, aber auch von ihren Problemen mit seiner Mutter. Aktueller war die Sorge um ihre Tochter, nachdem sie den Tipp erhalten hatte, deren Instagram-Account zu checken. Ihre Kommunikation fand nicht mehr auf einer Ebene statt und war zunehmend gestört. Erst mit dem Aufdecken weiterer Details der Vergangenheit von Grace verstand ich, dass es ein Ereignis gab, über das sie den Mantel des Schweigens gehüllt hat, was zunehmend die Beziehung mit ihrem Mann belastete. Die Rückblenden führen zum Ende hin durch das Einhalten des chronologischen Ablaufs zu kleinen Längen.

Die bunte Umschlaggestaltung covert die Probleme von Grace, die tiefer gehen und berühren. Zunehmend konnte ich ihre Wut und ihre überzogenen Handlungen verstehen über all diejenigen, die versuchten, sie von ihrem Plan abzuhalten. Ich nahm ihre Traurigkeit beim Lesen wahr, ihre Liebe und ihre Verzweiflung, aber auch ihren unnachgiebigen Willen, alles dafür zu geben, um ihr Ziel zu erreichen.

Fran Littlewood sorgt mit ihrem Debüt „Die unglaubliche Grace Adams“ durch manche unvorhersehbare Wendung für eine ansprechende und teils amüsante Unterhaltung. Der Wunsch von Grace, eine gute Mutter zu sein und ihre eigenen Bedürfnisse hintanzustellen führt für die inzwischen Mitte 40-jährige zu einiger Tragik in Bezug darauf, ein selbstbestimmtes Leben zu haben. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für diese emotional einfühlsam erzählte Geschichte.

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