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Veröffentlicht am 15.08.2023

Authentische Roman über den Gewissenszwiespalt einer jungen Frau im Zweiten Weltkrieg

Zwischen den Sommern
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Es ist das Jahr 1939 und die Zeichen stehen auf Krieg. Das merkt auch Klara, eine der Protagonistinnen des Romans „Zwischen den Sommern“, dem zweiten Band der Heimweh-Trilogie von Alexa Hennig von Lange. ...

Es ist das Jahr 1939 und die Zeichen stehen auf Krieg. Das merkt auch Klara, eine der Protagonistinnen des Romans „Zwischen den Sommern“, dem zweiten Band der Heimweh-Trilogie von Alexa Hennig von Lange. Beim Betrachten des Buchumschlags fiel mir auf, dass die abgebildete weibliche Person, anders als beim ersten Teil „Die karierten Mädchen“, an die Hand genommen wurde. Später erfuhr ich beim Lesen der Geschichte, dass Klara ihren geliebten Gustav, den sie liebevoll „Täve“ nennt, heiratet und auch ein erstes Kind nicht lange auf sich warten lässt. Der Bände lassen sich unabhängig voneinander lesen.

Ihrer Aufgabe als Leiterin eines Frauenbildungsheims wird Klara weiterhin gerecht. Sie ist stolz über die von ihr erreichte Position und übt ihren Beruf mit Freude, aber auch Pflichtbewusstsein aus. Über die Jahre hinweg hat sie sich der Reglementierung durch die Nationalsozialisten in immer mehr Bereichen des täglichen Lebens anzupassen gewusst. Dabei hat sie das Wohl ihrer Schülerinnen immer im Blick gehabt. Der Beginn des Zweiten Weltkriegs stellt sie vor neue Herausforderungen, nicht nur beruflich, sondern auch privat. Ein neunjähriges jüdisches Mädchen, dass sie als Tochter vor Jahren angenommen hat, versucht sie über ein jüdisches Waisenhaus nach England in Sicherheit zu bringen. Die Sorge um das Kind begleitet sie ständig und ebenso der Zweifel, ob ihr Handeln richtig war.

Auf einer zweiten Zeitebene erzählt Alexa Hennig von Lange von Isabell, der Enkelin von Klara, die ihre Großmutter tot auffindet. Sie entdeckt zahlreiche Kassetten, die ihre Oma mit ihrer Lebensgeschichte besprochen hat. Dabei lernt sie Großmutter von einer anderen Seite kennen. Die ihr manchmal streng und hartherzig erscheinende Großmutter offenbart ihre Gefühle, während sie über ihre Erinnerungen redet.

Meiner Meinung nach gelingt es der Autorin im zweiten Band noch besser als im ersten herauszuarbeiten, mit welcher schwierigen Aufgabe Klara betraut war. Einerseits hatte sie sich an die durch die Partei gesetzten Vorschriften zu halten, andererseits nahm sie durchaus wahr, dass die Vorgaben nicht immer gerecht und rechtfertigt waren. Dennoch war ihr bewusst, dass Zuwiderhandlungen bemerkt und mit einer sofortigen Strafe belegt werden würden. Nach außen spielte sie ihre Rolle, auch um die unter ihrer Obhut gestellten Schülerinnen zu schützen, innerlich war sie jedoch im ständigen Zweispalt und haderte wie viele andere damit, keinen Widerstand zu leisten. Auch diesmal bietet ihre langjährige Freundin Susanne wieder Gelegenheit die Weltlage kontrovers zu diskutieren.

Alexa Hennig von Lange zeigt sowohl Klara als auch Isabell im Umgang mit dem Nachwuchs. Ich fand es schön zu sehen, dass die Liebe zu allen Zeiten eine sichere Konstante für die Heranwachsenden ist, auf die sie aufbauen können. Der Weltkrieg zerstörte manche Zukunftsvorstellung der Haushaltsschülerinnen von Klara, doch sie versuchte durch eine nach außen gezeigte Zuversicht, ihnen Mut zu verleihen und die Hoffnung auf andere Zeiten aufrecht zu erhalten. Auch bei deren Abwesenheit wissen sowohl Klara wie auch Isabell, dass sie von ihren Partnern nach Möglichkeiten Unterstützung erhalten, was ihnen selbst Halt gibt. Auf beiden Handlungsebenen erzählt die Autorin chronologisch bis nahe zum Ende des Kriegs.

Der Roman „Zwischen den Sommern“ von Alexa Hennig von Lange setzt sich noch intensiver als der erste Band der Heimweh-Trilogie mit dem inneren Konflikt auseinander, den Klara, eine der Protagonistinnen, als angepasst agierende Leiterin einer Frauenbildungsanstalt zu Zeiten des Nationalsozialismus mit sich austrägt. Dadurch, dass die Großmutter der Autorin gesprochene Zeitzeugnisse hinterlassen hat, auf denen die Erzählung basiert, kam die Geschichte sehr authentisch und realistisch bei mir als Leserin an. Ich freue mich schon sehr auf den abschließenden Band und vergebe gerne eine Leseempfehlung für den vorliegenden mit dem zusätzlichen Tipp, ebenfalls den ersten Teil zu lesen.

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Veröffentlicht am 27.07.2023

Unwetter im Norden Schwedens wirkt sich auf Ermittlungsarbeiten aus

Im Sturm
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Im zweiten Band der „Vier-Elemente“-Kriminalromanreihe der Schwedin Pernilla Ericson kämpft die Ermittlerin Lilly Hed entsprechend des Titels „Im Sturm“ bei der Aufklärung eines Mords gegen die Unbillen ...

Im zweiten Band der „Vier-Elemente“-Kriminalromanreihe der Schwedin Pernilla Ericson kämpft die Ermittlerin Lilly Hed entsprechend des Titels „Im Sturm“ bei der Aufklärung eines Mords gegen die Unbillen eines Unwetters. Ihr Auftrag führt sie diesmal in den Norden Schwedens. Dort treten die Kollegen vor Ort bei Fallermittlungen auf der Stelle. Im Rahmen des Projekts „Speerspitze“ sollen sie Verstärkung erhalten.

Lilly wird Liv Kaspis, die sie seit der Polizeischule kennt und seitdem eine Freundin ist, zur Seite gestellt. Liv ist die Protagonistin einer früheren Serie der Autorin. Als Person wird sie charakterlich gut beschrieben und in ihrem privaten Umfeld vorgestellt, so dass mir keine Vorkenntnisse fehlten. Sie hat als Kriminalkommissarin einige Fälle gelöst, die für Aufsehen sorgten. Die im Gegensatz zu ihrer manchmal impulsiven Kollegin deutlich ruhigere Lilly, die gerne die Kontrolle behält, hat sich als leitende Ermittlerin beim Landeskriminalamt bewährt.

Für beide Frauen wird ihr Einsatz zu einer Herausforderung. Am Tag ihrer Fahrt in den Norden wird für diese Gegend eine Sturmwarnung herausgegeben. Die Kollegen sind wie erwartet nicht erfreut über ihr Ankommen, weil sie diese als Kritik an ihrer eigenen Arbeit verstehen. Während die Ermittlerinnen sich vor Ort zu bewähren suchen, zieht ein heftiger Sturm auf, der unter anderem Bäume im nahen Wald entwurzelt, zu Fall bringt und Zufahrtsstraßen verschließt. Heftige Regenfälle vernichten eventuell wertvolle Spuren. Noch schlimmer wird es, als der Strom vollständig ausfällt und dadurch jeder Kontakt zur Außenwelt abbricht. Dadurch wurde mir als Leserin bewusst, wie sehr wir von elektronischen Errungenschaften abhängig sind. Die Ängste der Dorfbewohner werden geschürt, als ein weiterer Mord geschieht und ihnen bewusst wird, dass der Täter unter ihnen weilt.

Ich erfuhr am Rande der Ermittlungsarbeiten, wie Lilly gegen ihren gewalttätigen früheren Freund weiter vorgeht und auch, wie der Partner von Liv ohne sie Daheim zurechtkommt. Das besondere an diesem Kriminalroman ist das Spiel mit dem Gedanken, in einem abgeschlossenen Gebiet nicht nur einen Mörder zu überführen, sondern sich auch vor ihm zu schützen. Bei ihren Ermittlungen stoßen die beiden Kommissarinnen auf ein Meer des Schweigens. Im Ort kennt man sich untereinander und keiner will als Verräter dastehen, aber gleichzeitig möchte man nicht selbst zum Opfer werden. Das Motiv kristallisiert sich erst langsam heraus. Pernilla Ericson setzt ihre Figuren geschickt so ein, dass mehrere Täter in Frage kommen. Durch die Extremsituation wächst der Hass und die Wut der Einwohner, die sich schließlich gegen die Ermittler*innen und deren Ohnmacht zu richten beginnen.

„Im Sturm“ ist der zweite Kriminalfall für die schwedische Ermittlerin Lilly Hed. Gemeinsam mit der Kollegin und Freundin Liv Kaspis ermittelt sie in einem Sondereinsatz zu einem schwierigen Mordfall im Norden des Landes. Der Autorin Pernilla Ericson ist es wichtig zu zeigen, wie der Klimawandel sich auswirken kann und Wetterkapriolen zu ungewöhnlichen Situationen führen, die sich auch auf die Arbeit der Kriminalpolizei auswirken. Ihre Beschreibungen dazu sind wirklichkeitsnah sowie nachvollziehbar und tragen ein Stück zur Steigerung der Spannung bei, die bis zum Ende anhält. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung. Ich freue mich auf den dritten Band „In der Erde,“ der in 2024 erscheinen wird.

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Veröffentlicht am 04.07.2023

Ergreifende Lektüre mit einem Augen öffnenden Blick auf die Filmbranche

I'm Glad My Mom Died
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In ihrem Buch „I’m Glad My Mom Died” beschreibt die US-Amerikanerin Jennette McCurdy wie es dazu kam, dass sie bereits mit sieben Jahren eine Statistenrolle in der Serie Akte X spielte. Mit 23 Jahren beendete ...

In ihrem Buch „I’m Glad My Mom Died” beschreibt die US-Amerikanerin Jennette McCurdy wie es dazu kam, dass sie bereits mit sieben Jahren eine Statistenrolle in der Serie Akte X spielte. Mit 23 Jahren beendete sie ihre Schauspielkarriere und betätigt sich seitdem als Regisseurin und Drehbuchautorin. Ein belletristischer Roman ist in Vorbereitung.

Jennette McCurdy bekam ihre erste Rolle als Schauspielerin mit acht Jahren, wurde aber vor allem sieben Jahre später als Samantha Puckett in der Fernsehserie iCarly bekannt, die von 2007 bis 2014 auf Nickelodeon lief. Man muss die Serie nicht kennen, um Verständnis für die geschilderten persönlichen Probleme der Autorin zu finden. Wer Interesse hat, der sollte sich Ausschnitte der Folgen auf YouTube anzuschauen.

Die Karriere ihrer Tochter wurde von Jennettes Mutter von Kindheit an gefördert. Als Jennette zwei Jahre alt war, erkrankte ihre Mutter an Krebs und danach wollte sie alles tun, damit sie ein gutes Leben hat. Dazu gehörte auch, ihr möglichst jeden Gefallen zu erfüllen und ihrem Wunsch nachzukommen, als Schauspielerin berühmt zu werden. Die Einnahmen aus der Tätigkeit als Darstellerin waren in der Familie willkommen. Jennettes Wertvorstellungen wurden von Kindheit an durch christliche Ansichten des Elternhauses geprägt.

Ohne Pathos schildert die Autorin, wie zeitaufwendig die Jobs waren und dass sie kaum Möglichkeit hatte, Freundschaften zu Gleichaltrigen aufzubauen. Stattdessen entwickelte sie schon früh erste Zwangshandlungen. Sie beschreibt den Druck, der bei den Produktionen auf ihr lag. Nicht nur gute Schauspielkunst, sondern auch die widerspruchslose Ausführung von Anweisungen sicherten ihr Folgeaufträge. Außerdem war ihr Aussehen wichtig, allem voran ihr Gewicht. Stets war ihre Mutter an ihrer Seite und hegte und pflegte sie nach ihren eigenen Maßstäben. Die Biografie gewährt Einblicke in die Unterhaltungsindustrie, was ich persönlich sehr interessant fand.

Jennette entwickelte zunehmend Essstörungen und findet außerdem Trost im Alkoholkonsum. Auch als junge Frau kann sie sich nicht vollständig aus der Bevormundung durch ihre Mutter lösen, obwohl der Wunsch dazu da ist. Aus diesem Zwiespalt heraus ist der Buchtitel zu verstehen. Sie beschreibt ihre inneren Konflikte nachvollziehbar. Ihr ist jedoch auch bewusst, dass sie Vorteile aus ihrem Job zieht und das Agieren ihrer Mutter ihr Bekanntheit verschafft hat, so dass sie ein bemitteltes Leben führen kann. Lob für ihre Arbeit hat sie immer geschätzt und ihr Freude bereitet.

Jennette McCurdy Autobiografie „I’m Glad My Mom Died” ist eine ergreifende Lektüre, denn offen und ehrlich blickt die Autorin auf ihr Leben zurück, in dem sie von ihrer Mutter zu einer Karriere als Schauspielerin geführt wurde und keine Möglichkeit fand, die zunehmend toxische Beziehung zu beenden. Selbst über deren Tod hinaus kämpfte sie mit Problemen, die sich über Jahre hinweg aufgebaut hatten. Mich hat dieses Buch bewegt und wird mir sicher in Erinnerung bleiben, daher empfehle ich es gerne weiter.

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Veröffentlicht am 13.04.2023

Die berührende und mitreißende Geschichte einer unterirdischen Bibliothek im Weltkrieg

Die Bibliothek der Hoffnung
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Der Titel des Romans „Die Bibliothek der Hoffnung“ von Kate Thompson weist darauf hin, dass das Eintauchen in Buchgeschichten für viele Londoner im Zweiten Weltkrieg zu einer Flucht aus dem Alltag wurde. ...

Der Titel des Romans „Die Bibliothek der Hoffnung“ von Kate Thompson weist darauf hin, dass das Eintauchen in Buchgeschichten für viele Londoner im Zweiten Weltkrieg zu einer Flucht aus dem Alltag wurde. Allerdings ist es keine übliche Bücherei, die im Fokus der Erzählung steht, denn sie befindet sich in der noch nicht fertiggestellten U-Bahn-Station Bethnal Green im Londoner East End.

Nachdem zu Beginn des Blitz, wie die deutschen Luftangriffe in dieser Zeit genannt werden, eine Bombe in das Dach der öffentlichen Leihbibliothek des Viertels eingeschlagen ist, wird die Idee umgesetzt, die Ausleihe unterirdisch weiterzubetreiben. Die ungenutzten Gleise werden mit Holzbohlen abgedeckt und in der Station entsteht nicht nur eine Bücherei, sondern auch andere kulturelle Angebote und außerdem die Möglichkeit für tausende Londoner, die inzwischen obdachlos geworden sind, in Stockbetten zu übernachten. Dieser Teil der Geschichte basiert auf wahren Begebenheiten.

Die Autorin kreiert mit den beiden Protagonistinnen Clara und Ruby zwei interessante Figuren, die beste Freundinnen sind. Beide arbeiten als Bibliothekarinnen und sind Mitte Zwanzig. Die verwitwete Clara leitet die unterirdische Bücherei. Ihr Herz schlägt vor allem für Kinder, die sie in jeder Form ans Lesen heranführen möchte. Im Vergleich mit ihr ist Ruby offener damit, eine Liebschaft einzugehen und putzt sich gerne heraus. Sie liebt Romanzen und gönnt jedem älteren Lesenden eine leichte Lektüre, um sich von der Realität abzulenken. Immer wieder kommen den zwei Freundinnen neue Ideen, wie sie Leser und Leserinnen jeden Alters und gleich welchen Stands gewinnen können. Ihren Aufgaben gehen sie mit viel Engagement und Herz nach.

Obwohl die beiden versuchen, es den Kunden der Bibliothek gegenüber nicht zu zeigen, hat jede von ihnen ihre ganz eigenen privaten Probleme. Auf diese Weise bringt Kate Thompson die damaligen Konventionen in ihren Roman ein sowie die bittere Tragik des Krieges. Dennoch stellt sie den Protagonistinnen Figuren zur Seite, die ihnen in Zeiten dunkler Gemütsverfassung behilflich sind, wobei die Liebe nicht fehlen darf. Gleichzeitig schildert sie auch manch amüsante Geschichte als Kontrast zu den verheerenden Folgen des Krieges unter denen fast jede handelnde Person leidet.

In der U-Bahn-Bücherei Londons ist zu Kriegszeiten eine Schicksalsgemeinschaft entstanden, die Kate Thompson in ihrem Roman „Die Bibliothek der Hoffnung abbildet. Persönliche Verluste wollen überwunden werden, Missverständnisse von Liebenden geklärt und die eigene Position verteidigt werden. Durch gute Recherche und mit einigen geschickten Konstruktionen gelingt ihr ein beeindruckend wirklichkeitsnahes Bild der unterirdisch Zuflucht suchenden Gesellschaft, das beim Lesen berührt und mitreißt. Gerne empfehle ich das Buch uneingeschränkt weiter.

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Veröffentlicht am 05.04.2023

Bewegender Zeittrip in die 1980er mit interessanten Figuren

Großraumdisco
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Vor 35 Jahren hat Anni ihr Abitur gemacht, das mit einer großen Party in der örtlichen Großraumdisco, nach der der gleichnamige Roman von Christine Drews benannt ist, gefeiert wurde. Aus diesem Anlass ...

Vor 35 Jahren hat Anni ihr Abitur gemacht, das mit einer großen Party in der örtlichen Großraumdisco, nach der der gleichnamige Roman von Christine Drews benannt ist, gefeiert wurde. Aus diesem Anlass versammelt sich jetzt der Abiturjahrgang in denselben Räumlichkeiten, die längst zur Mehrzweckhalle geworden sind. Die Musik, die dort läuft, die ersten Begegnungen mit KlassenkameradInnen und vor allem die ausliegenden Ausgaben der damaligen Abiturzeitschrift bringen die Protagonistin gedanklich zurück in die Vergangenheit zu einem langwierigen Zwist mit ihrer besten Freundin, der auf der Abiturfete seinen Anfang nahm.

Anni leidet unter dem Verrat ihrer Freundin, die ein ihr anvertrautes Geheimnis den MitschülerInnen verraten hat. Sie verdrängt ihren Kummer und beginnt, entgegen des Wunsches ihres Vaters, ein Psychologiestudium in Bremen, das etwa vierzig Kilometer von ihrem Heimatort entfernt liegt. Die neue Umgebung gibt ihr die Gelegenheit, erneut ihren Tick zu verbergen, der vor einigen Jahren nach einem schweren persönlichen Verlust begonnen hat. Die Ansprüche im Studium stellen sie vor neue Herausforderungen, die ihr schwierige Entscheidungen abverlangen und ein gewisses Improvisationstalent von ihr erfordern. Neue Bekanntschaften und daraus resultierende Freundschaften geben ihr Rückhalt bei ihrem Start in die berufliche Zukunft.

Die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven erzählt. Während Anni die Ereignisse in der Ich-Form beschreibt, wodurch ich ihren Gefühlen sehr nahekommen konnte, schildert ein auktorialer Erzähler das Geschehen rund um Christian, einem weiteren Protagonisten, der als Bankkaufmann arbeitet. Von Kindestagen an ruhte auf ihm ein gewisser Erfolgsdruck der Eltern, die ihn aufs Internat gehen ließen. Sein beruflicher Erfolg und sein gutes Aussehen bringen ihn dazu, sein Einkommen in Statusobjekte zu investieren, One-Night-Stands zu lieben und sein vermeintliches Wohlbefinden mit Rauschmitteln zu steigern.

Anhand von Anni und Christian zeigt die Autorin, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, mit Leistungsansprüchen umzugehen und den möglichen Konsequenzen, die sich dadurch ergeben. Die Kapitel wechseln gelegentlich zwischen den beiden Hauptfiguren des Romans, die trotz oder gerade aufgrund der Unterschiede im Charakter sich voneinander angezogen fühlen. Zwischengeschoben sind außerdem einige Beiträge in kursiver Schrift, die mir als Leserin das berührende Schicksal von Annis bester Freundin beschrieben. Durch die Wechsel der Perspektiven ergeben sich immer wieder kleine Cliffhanger, die eine gewisse Spannung erzeugen und den Lesefluss steigern.

Christine Drews versteht es, die 1980er Jahre aufleben zu lassen. Kultur und Studentenleben brachten mich gedanklich zurück in meine Jugend. Annis studentisches Engagement bot mir Einblick in eine Selbsthilfegruppe, ihr Aushilfsjob ließ mich an den Vorbereitungen für eine bekannte TV-Sendung teilnehmen und brachte mir weitere Erinnerungen. Die Schilderungen wirken realistisch, was sicherlich den Erfahrungen der Autorin zuzuschreiben ist, die selbst Psychologie studiert und beim Fernsehen gearbeitet hat. Sie verdeutlicht, dass die gesellschaftliche Akzeptanz psychischer Erkrankungen schwierig ist, was häufig an der Scham der Betroffenen liegt. Ferner thematisiert sie, wo im öffentlichen Raum das endet, was als Spaß begonnen hat.

Mit ihrem Roman „Grossraumdisco“ führte die Autorin Christine Drews mich zurück in die 1980er. Neben dem Alltagsleben der Studentin und beim Fernsehen jobbenden Anni sowie dem leichtlebigen Banker Christian, die mit ihren jeweils eigenen Sorgen kämpfen, las ich auch von Problemen überregionaler Bedeutung wie beispielsweise dem Umweltschutz, denen man sich damals zwar bewusst war oder wurde, von denen manches aber leider bis heute nicht geklärt. Gerne bin ich in der Zeit zurückgereist und wünsche das auch noch vielen anderen Lesenden, denen ich das Buch gerne empfehle.

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