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Veröffentlicht am 02.03.2022

Unterhaltsame Geschichte mit speziellem Humor

Eine kurze Liste meiner Probleme (Mutter nicht mitgezählt)
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Cressida Catterberg, kurz Cressi genannt, ist die Protagonistin und Ich-Erzählerin im Roman „Eine kurze Liste meiner Probleme (Mutter nicht eingerechnet) von Beate Teresa Hanika, die hier erstmalig unter ...

Cressida Catterberg, kurz Cressi genannt, ist die Protagonistin und Ich-Erzählerin im Roman „Eine kurze Liste meiner Probleme (Mutter nicht eingerechnet) von Beate Teresa Hanika, die hier erstmalig unter dem offenen Pseudonym Mimi Steinfeld schreibt. Allerdings scheint die Liste von Cressi im Zeitablauf immer länger zu werden. Die Farben der Umschlaggestaltung lassen auf einen heiteren Liebesroman schließen. Das ist die Geschichte auch, aber auf eine eher überdrehte Weise.

Cressi ist kein Kind von Traurigkeit in Bezug auf sexuelle Beziehungen. Einen festen Partner hat sie derzeit nicht. Ihr Therapeut hat ihr empfohlen, enthaltsamer zu sein. Ihre Mutter hat schon oft gesagt, dass sie bald sterben wird, doch jetzt ist es tatsächlich soweit. Zuletzt bekennt sie gegenüber ihren drei Töchtern, dass jede von ihnen einen anderen Vater hat. Cressis drei Tanten bestehen darauf, ihrer Schwester ein Begräbnis zukommen zu lassen, dass der Verstorbenen gefallen hätte. Außerdem wird Cressi von den Hinterbliebenen damit beauftragt, dass langjährig leerstehende Gebäude, in dem ihre Mutter ein Bistro betrieben hat, zu verkaufen.

Der Schreibstil der Autorin ist durchgehend witzig gemeint. Sie arbeitet sehr viel mit dem Stilmittel der Übertreibung. Häufig ist am Ende einer Szene Cressi oder jemand aus ihrer Verwandtschaft am Rande der Verzweiflung. Nicht nur die Protagonistin, sondern auch ihre Tanten und Schwestern haben Charakterzüge mit denen die anderen nicht gut zurechtkommen. Das führt zu etlichen Problemen im Miteinander, meist zur Erheiterung der Leserschaft. Der Tod der Mutter und die darauffolgende Organisation des eigenwilligen Begräbnisses zeugt von Galgenhumor. Der lustige Ton des Romans spricht bestimmt nicht Jeden an, so wie sich häufig beim Spaß die Geister scheiden.

Die Autorin hat zu den unterschiedlichsten Themen im Leben der Protagonistin amüsante Einfälle beispielsweise, wenn Cressi mit ihrer Schwester die Rolle tauscht oder der Hund ihrer Mutter zu ihrem ständigen Begleiter wird. Cresse fühlt sich ihrer Familie gegenüber verpflichtet und bringt nicht die Stärke mit, sich gegen deren Anliegen aufzulehnen, so dass bei ihr kaum eine charakterliche Entwicklung zu sehen ist. In Sachen Partnerschaft ist ihr das Glück zum Ende hin denn doch noch zugeneigt.

Mimi Steinfeld schreibt in einem eigenwilligen Stil. Ihre Figuren reagieren oft überspitzt, wodurch sich belustigende Szenen entwickeln und einen speziellen Humor treffen. Mich hat die Geschichte unterhalten und ich fühlte mich von ihr für einige Stunden vom Alltag abgelenkt.

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Veröffentlicht am 01.03.2022

Couragierte Protagonistinnen, die Mut und Hoffnung durch ihr Engagement machen

Das Mädchen mit dem Drachen
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Das Mädchen mit dem Drachen im gleichnamigen Roman der Französin Laetitia Colombani ist die in Indien lebende Lalita, die ich bereits im ersten Buch der Autorin „Der Zopf“ an der Seite ihrer Mutter Smita ...

Das Mädchen mit dem Drachen im gleichnamigen Roman der Französin Laetitia Colombani ist die in Indien lebende Lalita, die ich bereits im ersten Buch der Autorin „Der Zopf“ an der Seite ihrer Mutter Smita kennengelernt habe. Die beiden gehören zu den Dalit, den Unberührbaren, der untersten Gruppe in der indischen Gesellschaft. Smita war es eine Herzangelegenheit, dass ihre Tochter es einmal besser haben sollte und sie nicht wie sie selbst den Schmutz anderer täglich aufsammeln muss, um zu überleben. Nun war ich gespannt, ob ihr Wunsch in Erfüllung gegangen ist.

Lalita ist nach dem Tod ihrer Mutter von einem Verwandten aufgenommen worden, der mit seiner Frau ein Fischrestaurant für die Einheimischen am Strand im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu betreibt. Eines Tages sieht das Mädchen beim Spiel mit dem aus Papier selbst gebastelten Gegenstand wie die Protagonistin Léna beim Schwimmen im Meer versinkt und macht eine Gruppe junger Mädchen, die sich die „Rote Brigade“ nennen, und ihre Anführerin Preeti auf die Ertrinkende aufmerksam. Sie wird von ihnen gerettet.

Léna kommt aus Nantes. Sie hat zwanzig Jahre lang als Lehrerin gearbeitet, möchte aber in Indien Abstand gewinnen von einer persönlichen Tragödie. Die Begegnung mit Lalita und der Roten Brigade ist für Léna Augen öffnend für die sozialen Umstände in der indischen Gesellschaft. Sie beschließt vor Ort eine Schule zu gründen. Dabei muss sie viele ungeahnte Schwierigkeiten überwinden.

Von Beginn an lässt Laetita Colombani keine Zweifel aufkommen, dass Léna mit einem schwerwiegenden Ereignis in der Vergangenheit zu kämpfen hat. Das, was sie erlebt hat, wird im Laufe des Lesens mit immer mehr Details aufgedeckt. Léna durchlebt in Folge dessen gefühlmäßig Höhen und Tiefen, denn sie hat das Geschehen noch nicht vollständig verarbeitet. Bereits die ersten Begegnungen mit Preeti, die ihr mehr vom Leben der Dalit erzählt, berühren sie tief und lösen in ihr den Wunsch aus, aktiv zu helfen. Endlich tritt wieder eine Aufgabe in ihr Leben, durch die es ihr gelingt, ihren psychischen Schmerz zu verdrängen. Voller Energie beginnt sie mit den Planungen für einen Unterricht der Kinder und ist erstaunt und betrübt über die Widerstände von unerwarteter Seite.

Es ist erschreckend, dass in unserer heutigen Zeit das Kastensystem in Indien von den Einheimischen immer noch gelebt wird und ihm eine so große Bedeutung zukommt. Oft ist das Verhalten gegen die Gesetze des Landes. Die Verwandten von Lalita haben sogar ihre Namen geändert, damit sie daran nicht sofort der unteren Kaste zugeordnet werden können. Es ist eine fiktive Erzählung, aber Laetitia Colombani hat sich vor Ort ein eigenes Bild der Umstände machen können und vermittelt dadurch ein Stück der Realität. Eindrücklich geht sie auch auf die Tatsache ein, dass es noch schwieriger ist, nicht nur zu den Dalit zu zählen, sondern noch dazu weiblich zu sein. Der Zugang zu Bildung ist für Mädchen viel zu häufig unmöglich.

Die Autorin zeigt auch, dass es eine Herkulesaufgabe ist, sich allein oder mit Wenigen gesellschaftliche Änderungen herbeiführen zu wollen. Aber andererseits wird sich nichts verändern, wenn niemand die Initiative ergreift. Léna und Preeti zeigen Entschlossenheit, Durchhaltungsvermögen und Mut. Dabei hat Preeti einen inneren Kampf gegen ihre erstarrten Überzeugungen, die aus Erfahrung entstanden sind, auszufechten. Es bleibt Hoffnung, dass neben einigen Rückschlägen auch Fortschritte erkennbar sind.

Mit ihrem Roman „Das Mädchen mit dem Drachen“ schaffte Laetitia Colombani es erneut, mich als Leserin zu berühren. Ihre Schilderungen der Lebensgeschichten einiger Dalit in Indien klangen für mich authentisch. Die Autorin zeigt mit ihren couragierten Protagonistinnen, dass auch das Engagement einzelner gesellschaftlich etwas bewirken kann. Die Geschichte stimmt nachdenklich und hallt nach. Sehr gerne empfehle ich das Buch weiter.

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Veröffentlicht am 23.02.2022

Selbstfindung der Buchhändlerin Christa in den 1950er und 1960er Jahren

Die Buchhändlerin: Die Macht der Worte
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Der Roman „Die Buchhändlerin – Die Macht der Worte“ von Ines Thorn ist der zweite Band der Serie rund um die Buchhändlerin Christa, die in Frankfurt am Main lebt. Nachdem ich die Protagonistin im ersten ...

Der Roman „Die Buchhändlerin – Die Macht der Worte“ von Ines Thorn ist der zweite Band der Serie rund um die Buchhändlerin Christa, die in Frankfurt am Main lebt. Nachdem ich die Protagonistin im ersten Band bis 1949 begleitete, beginnt die Fortsetzung im Jahr 1951. Christa arbeitet weiterhin als Buchhändlerin. Zusätzlich hat sie nach Abschluss ihres Germanistikstudium damit begonnen, ihre Doktorarbeit zu schreiben.

Das Leben hat es nicht immer gut mit ihrer Familie gemeint, aber Christa war hilfsbereit und hat häufig ihre eigenen Wünsche hintenangestellt. Die Ehe, die sie eingegangen ist, war ein gutes Arrangement., doch sie ist immer noch in den Lyriker Jago verliebt, dem sie nach mehreren Jahren wieder begegnet. Aber die Beziehung ist belastet durch die Vergangenheit von Jagos Vater. Durch ihn wird sie weiterhin mit den Gräueln des Zweiten Weltkriegs konfrontiert. Sie vermeidet den Kontakt, möchte damit gleichzeitig aber auch Jago nicht brüskieren. Währenddessen kehrt der leibliche Vater ihres adoptierten Sohns Heinz aus der Kriegsgefangenschaft zurück und erhebt Ansprüche auf seinen Nachwuchs.

Es ist für Christa keine leichte Zeit bis 1968, dem Jahr in dem der Roman endet. Zwischenzeitlich ergeben sich mögliche Freiräume für sie, in denen sie endlich ihren eigenen Wünschen folgen könnte, doch dann werden ihr wieder aus ihrem Umfeld heraus andere Aufgaben angetragen. Von ihrer Mutter wurde sie auf eine spätere Heirat und den damit verbundenen Pflichten als Ehefrau vorbereitet. Christa hat sich gegen diese Rollenzuordnung aufgelehnt. Jetzt fechtet sie einen inneren Kampf mit sich. Einerseits möchte sie den Anforderungen als Hausfrau und Mutter entsprechen, andererseits wünscht sie sich, ihren Beruf auszuüben und zu promovieren. Es ist allgemein schwierig, sich in einer immer noch von Männern dominierten Gesellschaft zu behaupten.

Nach einem Beginn, der fließend an den ersten Teil anschließt und für Christa manche Überraschung bereithält, gelegentlich unangenehm, aber auch mal schön, ließ das mich ansprechende Geschehen im mittleren Teil etwas nach. Statt selbstbewusst ihren Weg zu gehen, lässt die Protagonistin von ihren Zielen ab. Dadurch konnte ich ihr Handeln teils nicht mehr nachvollziehen. Nachdem sie dann allerdings ihrem Herzen folgt, wird die Geschichte wieder facettenreicher.

Durch die Freundin von Heinz erfährt sie die Einstellung einer neuen Generation, die aktiv ihre Meinungen zum Ausdruck bringt beispielsweise in den Studentenunruhen der 1968er. Durch die Auseinandersetzung mit den ungewohnten Ansichten wird Christa deutlich, was sie im Leben nicht verwirklicht hat. Aber noch ist es nicht zu spät für sie, einen Teil ihrer Träume umzusetzen.

Auch diesmal spielt die Geschichte vor dem Hintergrund der Literaturlandschaft. Über die Jahre hinweg bindet Ines Thorn wichtige Entwicklungen auf dem Buchmarkt mit ein. Ein Thema, das breiten Raum einnimmt, bilden antiquarische Bücher über deren Chancen und Risiken beim Handel ich auf diese Weise mehr erfahren konnte. Aber auch weitere kulturelle Begebenheiten lässt die Autorin einfließen genauso wie Ereignisse politischer Art.

Mit dem Roman „Die Buchhändlerin – Die Macht der Worte“ zeigt Ines Thorn, welche Bedeutung dem geschriebenen und gesprochenen Wort in Deutschland in den 1950ern und 1960er Jahren zukam. Ihre Protagonistin Christa durchläuft dabei verschiedene Phasen der Selbstfindung, die sich an den Konventionen der Zeit orientieren. Die Autorin ummantelt ihre Geschichte mit wichtigen gesellschaftsrelevanten Themen. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

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Veröffentlicht am 22.02.2022

Ansteigende Spannung nach einem zunächst ruhigen Anfang

The Maid
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Molly Gray ist 25 Jahre alt und lebt in London, wo sie im Regency Grand Hotel zum Dienstpersonal gehört. Als Protagonistin und Ich-Erzählerin im Roman „The Maid“ von Nita Prose sucht sie entsprechend des ...

Molly Gray ist 25 Jahre alt und lebt in London, wo sie im Regency Grand Hotel zum Dienstpersonal gehört. Als Protagonistin und Ich-Erzählerin im Roman „The Maid“ von Nita Prose sucht sie entsprechend des Untertitels „Ein Zimmermädchen ermittelt“ nach dem Mörder oder der Mörderin eines Hotelgasts, nachdem sie selbst verdächtigt wird, die Tat begangen zu haben.

Im quirligen Hotel ist Molly gerne ein Teil des Reinigungspersonals. Sie liebt es, in ihrer sauberen Uniform die ihr zugewiesenen Zimmer einwandfrei zu reinigen. Eigentlich hätte sie sich gerne weitergebildet, aber weil ihr Vertrauen missbraucht wurde, verfügt sie nicht mehr über das dafür benötigte Geld. Eines Tages findet sie einen gutbetuchten Gast, der mit seiner Frau sehr oft ein Zimmer im Hotel mietet, tot auf. Obwohl es danach aussieht, dass er eines natürlichen Todes gestorben ist, beginnt die Kriminalpolizei mit Ermittlungen und bald ist Molly nicht nur Zeugin, sondern steht unter Mordanklage. Da hilft es ihr nur, dass sie auf alle ihr zu Verfügung stehenden Mittel zurückgreift, um ihre Schuldlosigkeit zu beweisen und den wahren Täter zu finden.

Molly wurde von ihrer Großmutter aufgezogen, an ihre Eltern kann sie sich nicht erinnern. Ihre Oma hat zwar nicht im Hotel gearbeitet, aber ebenfalls einen großen Haushalt geführt. Viele ihrer Ratschläge lässt Molly in ihre Arbeit einfließen. Ich kannte einige der Sinnsprüche, sie erinnerten mich an früher als sie noch häufiger zur Anwendung kamen. Bereits zu Beginn verdeutlicht Nita Prose, dass ihre Protagonistin einmalig ist, so wie jeder Mensch, sich aber durch ihr besonderes Verhalten von vielen anderen abhebt.

Bei ihrer Arbeit stellt Molly hohe Ansprüche an sich selbst und weiß, dass sie bei ihren Erledigungen sehr gut ist. Ihre Sprache wirkt aufgesetzt, was auf ihre wenigen sozialen Kontakte und den ständigen Umgang mit ihrer Großmutter zurückzuführen ist. Es fällt Molly schwer, Gesichtsausdrücke zu deuten und Ironie zu erkennen. Es gelingt ihr aber zunehmend, ihr Verhalten bewusst anzupassen, denn sie mag es, unauffällig zu sein. Ihr bescheidener Lohn, aufgewertet durch Trinkgelder, reicht ihr zum Leben aus, denn sie stellt keine hohen Ansprüche. Bei ihren Überlegungen darüber, wie der Hotelgast gestorben ist, erfährt sie mehr Zuwendung aus ihrem Umfeld als sie je geahnt hätte. Sie war mir sympathisch und ich hoffte für sie, dass es ihr möglich sein wird, ihre Unschuld zu beweisen.

Nach einem ruhigen Einstieg gelingt es Nita Prose im Roman „The Maid“ dank einiger unerwarteter Wendungen mit der Zeit Spannung aufzubauen, die dann durch eine überraschende Entwicklung im letzten Drittel nochmal gesteigert wird. Aufgrund der einzigartigen Protagonistin, die durch ihre Charaktereigenschaften die Herzen der Lesenden gewinnt, ist die Geschichte äußerst unterhaltsam. Daher empfehle ich sie gerne weiter.

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Veröffentlicht am 21.02.2022

Chancen und Probleme im übernommenen Leben eines Anderen

Das gekaufte Leben
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Der Roman „Das gekaufte Leben“ von Tobias Sommer beschäftigt den Lesenden mit der Frage, ob es möglich ist, sich nicht nur das Haus einer anderen Person zu kaufen, sondern auch deren Arbeitsstelle anzutreten ...

Der Roman „Das gekaufte Leben“ von Tobias Sommer beschäftigt den Lesenden mit der Frage, ob es möglich ist, sich nicht nur das Haus einer anderen Person zu kaufen, sondern auch deren Arbeitsstelle anzutreten und deren Platz unter Freunden und im Vereinsgeschehen einzunehmen. Sein Protagonist Clemens Freitag ist Mitte 30, lebt in Berlin und hat bisher wenig Erfolg im Leben gehabt. Seine Eltern sind vor zwanzig Jahren verstorben. Ihr Erbe hat er bisher nicht angetastet. Als auf einer Verkaufsplattform der ihm völlig unbekannte Götz Dammwald sein Leben anbietet, ergreift er die Möglichkeit und ersteigert es sich. Es steht ihm nichts im Weg, das ihn aufhalten könnte, innerhalb weniger Tage in einem kleinen Ort im Osten Deutschlands in das Leben des Anbieters zu schlüpfen.

Freitag ist selbst überrascht wie gut und schnell er sich in seine neue Umgebung einlebt. Von allen Seiten wird er herzlich aufgenommen und erfährt fast nur Gutes über Dammwald, was ihn zum Grübeln über die Tatsache führt, dass dieser sein Leben im Ort aufgegeben hat. Es warfen sich dadurch einige Fragen auf: Welche Faktoren müssen gegeben sein, damit man gerne dort lebt, wo man sich niedergelassen hat. Was führt dazu, dass man woanders wohnen möchte oder sogar wer anders sein will?

Immer tiefer lässt der Autor seine Hauptfigur in das soziale Gefüge des Orts eindringen. Mit jeder Situation nimmt Freitag mehr von den Stimmungen auf, dadurch dass er auf Hinweisen in den Gesprächen mit seinen Mitmenschen achtet. Er beginnt diese auf veschiedene Weise auszulegen. Langsam erhält die glatte Oberfläche des gesellschaftlichen Zusammenhalts erste Risse. Es kommt zu einigen schauerlichen Situationen, die Tobias Sommer authentisch vorstellbar beschreibt.

Während er noch an dem Augenscheinlichen zweifelt und durch gewisse Begebenheiten aufgewühlt nach dem Grund für den Verkauf durch Dammwald sucht, wird Freitag von den guten Zusprüchen aus seinem Umfeld auf eine lange vermisste emotionale Höhe gehoben. Ich fand es interessant zu verfolgen, welche Gefühle bei ihm die Oberhand gewinnen und ob er im übernommenen Leben sich dauerhaft zurechtfindet, denn in den letzten Jahren hat Freitag es nicht geschafft über seinen Schatten zu springen. Immer noch bemitleidet er sich selbst aufgrund des frühen Verlusts seiner Eltern, was ihn bisher auf gewisse Weise ausgebremst hat. Unterschwellig spürte ich eine subtil aufgebaute Spannung.

Tobias Sommers Roman „Das gekaufte Leben“ basiert auf einer Idee auf, die nicht nur real denkbar ist, sondern die von ihm auch so schon zur Kenntnis genommen wurde. Der Autor bezieht etwaige Probleme und Chancen in seine Erzählung mit ein. Dank seiner Fähigkeit, sich in seinen Protagonisten Clemens Freitag hineinzuversetzen und dessen Gefühle nachvollziehbar zu beschreiben wurde die Geschichte für mich glaubhaft. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

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