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Veröffentlicht am 15.03.2022

Großes Familiengeheimnis mit überraschender Auflösung, aber nicht ganz schlüssig

Das verschlossene Zimmer
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Der Roman „Das verschlossene Zimmer“ der Australierin Rachel Givney spielt im polnischen Krakau in der Zeit von Februar bis September 1939 mit einem Rückblick auf Ereignisse aus den 1920er Jahren. Die ...

Der Roman „Das verschlossene Zimmer“ der Australierin Rachel Givney spielt im polnischen Krakau in der Zeit von Februar bis September 1939 mit einem Rückblick auf Ereignisse aus den 1920er Jahren. Die Autorin erzählt darin die Geschichte der 17-jährigen Marie Karska und ihrem Vater, dem Chirurgen Dominik Karski. Marie hat wenige Erinnerungen an ihre Mutter, die die Familie verlassen hat als sie noch ein Kleinkind war. Aber sie vermutet, dass ihr Vater Hinweise auf sie in seinem ständig verschlossenen Schlafzimmer aufbewahrt.

Marie steht kurz vor ihrem Schulabschluss. Ihr großer Wunsch ist es, in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten und Medizin zu studieren. Bisher hat Dominik nie auf die Fragen Maries nach ihrer Mutter geantwortet. Von einem Bekannten bekommt sie einen Tipp, wie sie die verschlossene Tür aufbrechen kann. Ihr ist bewusst, dass sie damit das Vertrauen ihres Vaters verliert, wenn er sie dabei erwischt.

Der Roman beginnt mit der spannenden Szene, in der Marie versucht, ins Schlafzimmer zu gelangen. Dabei macht sie eine wichtige Entdeckung. Doch im Folgenden fokussiert die Erzählung auf die aktuellen Ereignisse im Leben der beiden Protagonisten. Rachel Givney schildert dabei den chirurgischen Alltag von Dominik, sein Verhalten zu einem neuen Kollegen und seine Aussicht auf Beförderung, während Marie sich verliebt.

Inzwischen ziehen am Horizont die dunklen Wolken des Zweiten Weltkriegs auf. Marie ist sich auf eine arglose Weise nicht der Gefahr für die jüdische Bevölkerung bewusst mit der sie durch den erneuten Kontakt mit ihrem früheren Nachbarssohn in Verbindung kommt. Ihr Verhalten nahm ich in einigen Fällen als nicht glaubwürdig wahr, was unabhängig ist von der Auflösung des großen Familiengeheimnissen rund um ihre Mutter zum Ende des Romans. Eventuell kann man ihre Unbedarftheit darauf zurückführen, dass ihr Vater zwar abends nach der Arbeit das Essen kocht, aber ansonsten viele Dinge unausgesprochen bleiben zwischen ihm und seiner Tochter. Sie führen ein Leben nebeneinanderher. Dominik engagiert sich in der Gemeinde, aber in der Gesellschaft kommt er lediglich seinen Verpflichtungen nach und zeigt kein Interesse an weiteren Kontakten.

Der Schreibstil der Autorin ist angenehm zu lesen. Im Mittelteil kommt es durch einige Geschichten, die nicht von Belang sind zu kleinen Längen. Man sollte aber unbedingt bis zum Ende lesen. Immer wieder erschienen mir einige Handlungen von Dominik und Marie rätselhaft. Manche fand ich, wie oben bereits erwähnt, unrealistisch, aber einige mehr hatten damit zu tun, dass entsprechend eines Satzes aus dem Roman, die Menschen nur das sahen, was sie sehen wollten. So erging es mir auch als Leserin, die ihre eigenen Vorstellungen von Marie und Dominik in ihrem jeweiligen Umfeld beim Lesen entwickelte. Das Thema „Krieg“ verblasst zunächst im Hintergrund und kehrt dann in einer anderen, für mich unerwarteten Form zurück.

Der Roman „Das verschlossene Zimmer“ von Rachel Givney enthält ein großes Familiengeheimnis, das am Beginn aufgeworfen wird und am Ende eine überraschende Aufdeckung findet. Die Autorin stellt die beiden Figuren Marie und ihren Vater Dominik in den Mittelpunkt, wobei sich Ungereimtheiten in deren Verhältnis zueinander ergeben, die aber für mich nicht ganz schlüssig durch die Lösung der Suche nach Maries Mutter geklärt werden. Insgesamt fühlte ich mich gut durch den Roman unterhalten und empfehle ihn gerne weiter.

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Veröffentlicht am 02.03.2022

Unterhaltsame Geschichte mit speziellem Humor

Eine kurze Liste meiner Probleme (Mutter nicht mitgezählt)
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Cressida Catterberg, kurz Cressi genannt, ist die Protagonistin und Ich-Erzählerin im Roman „Eine kurze Liste meiner Probleme (Mutter nicht eingerechnet) von Beate Teresa Hanika, die hier erstmalig unter ...

Cressida Catterberg, kurz Cressi genannt, ist die Protagonistin und Ich-Erzählerin im Roman „Eine kurze Liste meiner Probleme (Mutter nicht eingerechnet) von Beate Teresa Hanika, die hier erstmalig unter dem offenen Pseudonym Mimi Steinfeld schreibt. Allerdings scheint die Liste von Cressi im Zeitablauf immer länger zu werden. Die Farben der Umschlaggestaltung lassen auf einen heiteren Liebesroman schließen. Das ist die Geschichte auch, aber auf eine eher überdrehte Weise.

Cressi ist kein Kind von Traurigkeit in Bezug auf sexuelle Beziehungen. Einen festen Partner hat sie derzeit nicht. Ihr Therapeut hat ihr empfohlen, enthaltsamer zu sein. Ihre Mutter hat schon oft gesagt, dass sie bald sterben wird, doch jetzt ist es tatsächlich soweit. Zuletzt bekennt sie gegenüber ihren drei Töchtern, dass jede von ihnen einen anderen Vater hat. Cressis drei Tanten bestehen darauf, ihrer Schwester ein Begräbnis zukommen zu lassen, dass der Verstorbenen gefallen hätte. Außerdem wird Cressi von den Hinterbliebenen damit beauftragt, dass langjährig leerstehende Gebäude, in dem ihre Mutter ein Bistro betrieben hat, zu verkaufen.

Der Schreibstil der Autorin ist durchgehend witzig gemeint. Sie arbeitet sehr viel mit dem Stilmittel der Übertreibung. Häufig ist am Ende einer Szene Cressi oder jemand aus ihrer Verwandtschaft am Rande der Verzweiflung. Nicht nur die Protagonistin, sondern auch ihre Tanten und Schwestern haben Charakterzüge mit denen die anderen nicht gut zurechtkommen. Das führt zu etlichen Problemen im Miteinander, meist zur Erheiterung der Leserschaft. Der Tod der Mutter und die darauffolgende Organisation des eigenwilligen Begräbnisses zeugt von Galgenhumor. Der lustige Ton des Romans spricht bestimmt nicht Jeden an, so wie sich häufig beim Spaß die Geister scheiden.

Die Autorin hat zu den unterschiedlichsten Themen im Leben der Protagonistin amüsante Einfälle beispielsweise, wenn Cressi mit ihrer Schwester die Rolle tauscht oder der Hund ihrer Mutter zu ihrem ständigen Begleiter wird. Cresse fühlt sich ihrer Familie gegenüber verpflichtet und bringt nicht die Stärke mit, sich gegen deren Anliegen aufzulehnen, so dass bei ihr kaum eine charakterliche Entwicklung zu sehen ist. In Sachen Partnerschaft ist ihr das Glück zum Ende hin denn doch noch zugeneigt.

Mimi Steinfeld schreibt in einem eigenwilligen Stil. Ihre Figuren reagieren oft überspitzt, wodurch sich belustigende Szenen entwickeln und einen speziellen Humor treffen. Mich hat die Geschichte unterhalten und ich fühlte mich von ihr für einige Stunden vom Alltag abgelenkt.

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Veröffentlicht am 23.02.2022

Selbstfindung der Buchhändlerin Christa in den 1950er und 1960er Jahren

Die Buchhändlerin: Die Macht der Worte
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Der Roman „Die Buchhändlerin – Die Macht der Worte“ von Ines Thorn ist der zweite Band der Serie rund um die Buchhändlerin Christa, die in Frankfurt am Main lebt. Nachdem ich die Protagonistin im ersten ...

Der Roman „Die Buchhändlerin – Die Macht der Worte“ von Ines Thorn ist der zweite Band der Serie rund um die Buchhändlerin Christa, die in Frankfurt am Main lebt. Nachdem ich die Protagonistin im ersten Band bis 1949 begleitete, beginnt die Fortsetzung im Jahr 1951. Christa arbeitet weiterhin als Buchhändlerin. Zusätzlich hat sie nach Abschluss ihres Germanistikstudium damit begonnen, ihre Doktorarbeit zu schreiben.

Das Leben hat es nicht immer gut mit ihrer Familie gemeint, aber Christa war hilfsbereit und hat häufig ihre eigenen Wünsche hintenangestellt. Die Ehe, die sie eingegangen ist, war ein gutes Arrangement., doch sie ist immer noch in den Lyriker Jago verliebt, dem sie nach mehreren Jahren wieder begegnet. Aber die Beziehung ist belastet durch die Vergangenheit von Jagos Vater. Durch ihn wird sie weiterhin mit den Gräueln des Zweiten Weltkriegs konfrontiert. Sie vermeidet den Kontakt, möchte damit gleichzeitig aber auch Jago nicht brüskieren. Währenddessen kehrt der leibliche Vater ihres adoptierten Sohns Heinz aus der Kriegsgefangenschaft zurück und erhebt Ansprüche auf seinen Nachwuchs.

Es ist für Christa keine leichte Zeit bis 1968, dem Jahr in dem der Roman endet. Zwischenzeitlich ergeben sich mögliche Freiräume für sie, in denen sie endlich ihren eigenen Wünschen folgen könnte, doch dann werden ihr wieder aus ihrem Umfeld heraus andere Aufgaben angetragen. Von ihrer Mutter wurde sie auf eine spätere Heirat und den damit verbundenen Pflichten als Ehefrau vorbereitet. Christa hat sich gegen diese Rollenzuordnung aufgelehnt. Jetzt fechtet sie einen inneren Kampf mit sich. Einerseits möchte sie den Anforderungen als Hausfrau und Mutter entsprechen, andererseits wünscht sie sich, ihren Beruf auszuüben und zu promovieren. Es ist allgemein schwierig, sich in einer immer noch von Männern dominierten Gesellschaft zu behaupten.

Nach einem Beginn, der fließend an den ersten Teil anschließt und für Christa manche Überraschung bereithält, gelegentlich unangenehm, aber auch mal schön, ließ das mich ansprechende Geschehen im mittleren Teil etwas nach. Statt selbstbewusst ihren Weg zu gehen, lässt die Protagonistin von ihren Zielen ab. Dadurch konnte ich ihr Handeln teils nicht mehr nachvollziehen. Nachdem sie dann allerdings ihrem Herzen folgt, wird die Geschichte wieder facettenreicher.

Durch die Freundin von Heinz erfährt sie die Einstellung einer neuen Generation, die aktiv ihre Meinungen zum Ausdruck bringt beispielsweise in den Studentenunruhen der 1968er. Durch die Auseinandersetzung mit den ungewohnten Ansichten wird Christa deutlich, was sie im Leben nicht verwirklicht hat. Aber noch ist es nicht zu spät für sie, einen Teil ihrer Träume umzusetzen.

Auch diesmal spielt die Geschichte vor dem Hintergrund der Literaturlandschaft. Über die Jahre hinweg bindet Ines Thorn wichtige Entwicklungen auf dem Buchmarkt mit ein. Ein Thema, das breiten Raum einnimmt, bilden antiquarische Bücher über deren Chancen und Risiken beim Handel ich auf diese Weise mehr erfahren konnte. Aber auch weitere kulturelle Begebenheiten lässt die Autorin einfließen genauso wie Ereignisse politischer Art.

Mit dem Roman „Die Buchhändlerin – Die Macht der Worte“ zeigt Ines Thorn, welche Bedeutung dem geschriebenen und gesprochenen Wort in Deutschland in den 1950ern und 1960er Jahren zukam. Ihre Protagonistin Christa durchläuft dabei verschiedene Phasen der Selbstfindung, die sich an den Konventionen der Zeit orientieren. Die Autorin ummantelt ihre Geschichte mit wichtigen gesellschaftsrelevanten Themen. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

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Veröffentlicht am 22.02.2022

Ansteigende Spannung nach einem zunächst ruhigen Anfang

The Maid
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Molly Gray ist 25 Jahre alt und lebt in London, wo sie im Regency Grand Hotel zum Dienstpersonal gehört. Als Protagonistin und Ich-Erzählerin im Roman „The Maid“ von Nita Prose sucht sie entsprechend des ...

Molly Gray ist 25 Jahre alt und lebt in London, wo sie im Regency Grand Hotel zum Dienstpersonal gehört. Als Protagonistin und Ich-Erzählerin im Roman „The Maid“ von Nita Prose sucht sie entsprechend des Untertitels „Ein Zimmermädchen ermittelt“ nach dem Mörder oder der Mörderin eines Hotelgasts, nachdem sie selbst verdächtigt wird, die Tat begangen zu haben.

Im quirligen Hotel ist Molly gerne ein Teil des Reinigungspersonals. Sie liebt es, in ihrer sauberen Uniform die ihr zugewiesenen Zimmer einwandfrei zu reinigen. Eigentlich hätte sie sich gerne weitergebildet, aber weil ihr Vertrauen missbraucht wurde, verfügt sie nicht mehr über das dafür benötigte Geld. Eines Tages findet sie einen gutbetuchten Gast, der mit seiner Frau sehr oft ein Zimmer im Hotel mietet, tot auf. Obwohl es danach aussieht, dass er eines natürlichen Todes gestorben ist, beginnt die Kriminalpolizei mit Ermittlungen und bald ist Molly nicht nur Zeugin, sondern steht unter Mordanklage. Da hilft es ihr nur, dass sie auf alle ihr zu Verfügung stehenden Mittel zurückgreift, um ihre Schuldlosigkeit zu beweisen und den wahren Täter zu finden.

Molly wurde von ihrer Großmutter aufgezogen, an ihre Eltern kann sie sich nicht erinnern. Ihre Oma hat zwar nicht im Hotel gearbeitet, aber ebenfalls einen großen Haushalt geführt. Viele ihrer Ratschläge lässt Molly in ihre Arbeit einfließen. Ich kannte einige der Sinnsprüche, sie erinnerten mich an früher als sie noch häufiger zur Anwendung kamen. Bereits zu Beginn verdeutlicht Nita Prose, dass ihre Protagonistin einmalig ist, so wie jeder Mensch, sich aber durch ihr besonderes Verhalten von vielen anderen abhebt.

Bei ihrer Arbeit stellt Molly hohe Ansprüche an sich selbst und weiß, dass sie bei ihren Erledigungen sehr gut ist. Ihre Sprache wirkt aufgesetzt, was auf ihre wenigen sozialen Kontakte und den ständigen Umgang mit ihrer Großmutter zurückzuführen ist. Es fällt Molly schwer, Gesichtsausdrücke zu deuten und Ironie zu erkennen. Es gelingt ihr aber zunehmend, ihr Verhalten bewusst anzupassen, denn sie mag es, unauffällig zu sein. Ihr bescheidener Lohn, aufgewertet durch Trinkgelder, reicht ihr zum Leben aus, denn sie stellt keine hohen Ansprüche. Bei ihren Überlegungen darüber, wie der Hotelgast gestorben ist, erfährt sie mehr Zuwendung aus ihrem Umfeld als sie je geahnt hätte. Sie war mir sympathisch und ich hoffte für sie, dass es ihr möglich sein wird, ihre Unschuld zu beweisen.

Nach einem ruhigen Einstieg gelingt es Nita Prose im Roman „The Maid“ dank einiger unerwarteter Wendungen mit der Zeit Spannung aufzubauen, die dann durch eine überraschende Entwicklung im letzten Drittel nochmal gesteigert wird. Aufgrund der einzigartigen Protagonistin, die durch ihre Charaktereigenschaften die Herzen der Lesenden gewinnt, ist die Geschichte äußerst unterhaltsam. Daher empfehle ich sie gerne weiter.

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Veröffentlicht am 17.02.2022

Thriller mit steigender Spannung, unvorhersehbarem Geschehen und einem überzogenen Schluss

Vogelgrab
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„Vogelgrab“ heißt der erste Band einer Dilogie von Anne Frasier, einem „Reni-Fisher-Thriller“. Reni Fisher ist eine von zwei Protagonisten der Geschichte. Sie ist eine FBI-Profilerin, die aber vor drei ...

„Vogelgrab“ heißt der erste Band einer Dilogie von Anne Frasier, einem „Reni-Fisher-Thriller“. Reni Fisher ist eine von zwei Protagonisten der Geschichte. Sie ist eine FBI-Profilerin, die aber vor drei Jahren ihren Job quittiert hat und nun zurückgezogen am Rand der Mojave-Wüste lebt. Ihren Lebensunterhalt verdient sie sich inzwischen mit der Herstellung und dem Verkauf von Töpfereien.
Noch wichtiger für die Handlung ist allerdings die Tatsache, dass Reni die Tochter des Serienmörders Benjamin Fisher ist, der vor etwa dreißig Jahren gefasst wurde und seitdem im Gefängnis sitzt. In der Bevölkerung ist Benjamin unter dem Namen „Inland-Empire-Killer“ bekannt, weil er seine Taten in dem gleichnamigen Gebiet östlich von Los Angeles in Kalifornien begangen hat. Seine Opfer hat er in der Wüste vergraben, kaum eines der Gräber konnte aufgefunden werden.
Als Benjamin nach langen Jahren und mehreren Aufforderungen endlich bereit ist, mit der Kriminalpolizei zu kooperieren, ist es Detective Daniel Ellis von der Mordkommission San Bernardino der Kontakt aufnimmt, um sich von ihm zu den Grabstellen führen zu lassen. Der Titel spielt auf eine Markierung in Bezug auf einen dieser Orte an. Aber Benjamin stellt die Bedingung, dass seine Tochter Reni dabei sein soll.
Reni kämpft seit ihrer Kindheit mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung, denn ihr Vater hat sie immer zum „Spiel“ mit den Frauen mitgenommen und sie diente ihm in ihrer Rolle als arglos wirkendes Mädchen als Köder. Sie leidet darunter, dass ihre Erinnerungen verschwommen sind. Nachdem sie sich auf Anfrage von Daniel dazu bereit erklärt hat, dem Wunsch ihres Vaters zu folgen, beginnt für sie die von ihr bereits erwartete Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit. Sie weiß bis dahin noch nicht, dass Daniel nicht uneigennützig an der Aufklärung der Morde handelt.
Die Inhaltsangabe spiegelt nur in Ansätzen wieder, was mich als Leserin im Thriller erwartete. Schon nach etwa einem Drittel der Geschichte kommt es zu einem vermeintlichen Abschluss, der sich dann aber als Beginn einer Suche herausstellte, die für die beiden Protagonisten eine entscheidende Wende im Fall darstellt. Immer wieder blendet Anne Frasier in Kapiteln auf die Vergangenheit von Reni und Daniel. Auf diese Weise wurde mir mehr und mehr bewusst gemacht, welche Motive die beiden in der Gegenwart bei ihren Ermittlungen antreiben.
Reni setzt sich mit Schuldgefühlen auseinander. Der Autorin gelingt es, ihren inneren Zwiespalt darzustellen, denn einerseits kann Reni ihre Mitwirkung an den Verbrechen nicht verwinden und andererseits hat sie als Kind ihren Vater sehr gern gehabt. Auch zu ihrer Mutter hat sie bis in die Gegenwart ein konfliktreiches Verhältnis. Während sie ihre Erinnerungen reflektiert und an das bisher Bewährte festhalten möchte, bekommt ihre Lebenswelt, die ihr in einem gewissen Rahmen Stabilität gegeben hat, mehr und mehr Risse.
Die Beschreibungen von Anne Frasier lassen das beklemmende Umfeld der Wüste aufleben. Durch die wandelbare Gestaltung ihrer Figuren ist es der Autorin möglich, der Erzählung immer wieder neue Wendungen zu geben. Die Spannung wurde von Beginn an gesteigert und konnte den Spannungsbogen halten. Mehrmals wurde ich überrascht durch die Richtungsänderungen der Handlung. Jedoch empfand ich den Schluss als überzogen und zu aufgesetzt. Hier wäre nach meiner Meinung, weniger mehr gewesen.
Anne Frasier hat mit „Vogelgrab“ einen Thriller mit steigender Spannung aufgrund interessanter Charaktere und unvorhersehbaren Geschehens geschrieben, wobei mir das Ende zu übertrieben war. Es bleiben einige Fragen offen, die vermutlich im zweiten Band der Dilogie geklärt werden. Gerne empfehle ich das Buch an Lesende von Thrillern weiter.

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