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Veröffentlicht am 20.02.2017

Wenig überzeugende Jugendfantasy

Bannwald
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Robin, 17 Jahre alt, gehört zum Stamm der Leonen. Die kaum mehr als 100 Mitglieder des Stamms leben in einem abgegrenzten Waldgebiet, dass vom Stamm der Tauren überwacht wird. Die Leonen haben den Tauren ...

Robin, 17 Jahre alt, gehört zum Stamm der Leonen. Die kaum mehr als 100 Mitglieder des Stamms leben in einem abgegrenzten Waldgebiet, dass vom Stamm der Tauren überwacht wird. Die Leonen haben den Tauren Abgaben zu leisten und sind von deren Willkür und uneingeschränktem Machtanspruch abhängig. Die Fantasy spielt in der Gegenwart, die Leonen wohnen aber unter mittelalterlichen Bedingungen. Sie verabscheuen es zu töten, besitzen aber Fähigkeiten der Heilkunst. Auch die Tauren verstehen sich auf Magie, die sie grundsätzlich aber nur dazu einsetzen, um ihre Macht zu mehren und alles zu töten was ihren Interessen entgegensteht. Den Menschen gaukeln sie eine ganz normale Alltagswelt vor, so dass Tauren, Leonen und weitere Sternenvölker unbemerkt in deren Gegenwart leben können. Die Tauren beeinflussen sogar die Menschen nach ihrem Willen.

Eines Tages bemerkt Robin das sie anders ist als andere Jugendliche ihren Alters, denn bei ihr machen sich Kräfte bemerkbar, über die eigentlich nur die Tauren verfügen. Der Grund liegt in ihrer Herkunft über die ihre Pflegeeltern sie nun aufklären. Nun muss Robin lernen, ihre Fähigkeiten richtig einzusetzen. Der etwa gleichaltrige Taure Emilian, den sie auf einer Flucht vor den Tauren kennenlernt, möchte ihr dabei helfen, denn er behauptet anders wie seinesgleichen zu sein. Für Robin stellt sich die Frage, ob sie ihm vertrauen kann.

So weit so gut ist der Beginn der Geschichte. Und nun könnte sich eine faszinierende Liebesgeschichte zwischen Robin und Emilian entwickeln, die vom besten Freund Robins, dem Leonen Laurin eifersüchtig gesehen wird. Der Charakter der mutigen Robin, die sich zunächst ihrem Schicksal widerstrebend entgegenstellt, es dann aber annimmt, wurde mir sympathisch. Auch Emilian passte in das Wunschbild eines Manns, den man gerne an seiner Seite für alle Zeiten finden würde, wenn man mal davon absieht, dass er schon so manche Person kurzerhand getötet hat, wie die Tauren es denn so machen. Bei Laurin war ich mir nicht ganz sicher, ob er durch seine Aktionen wirklich immer nur das Beste für Robin erreichen möchte.

Dann aber kommt das große ABER, denn mein Lesefluss wurde ständig unterbrochen durch große und kleine Fragezeichen die sich aus der Gestaltung der Welt der Sternenvölker, zu denen die Tauren und Leonen gehören, ergaben. Beim Lesen ergibt sich durch den Text für mich ein Bild der Umgebung in das sich die Figuren einfügen. Bei diesem Buch wurde das Bild jedoch nicht rund. Dazu einige Beispiele. Der Luchs und nicht der Löwe, wie es sich aus der Herleitung aus dem Lateinischen ergeben würde, ist das Stammessymbol. Allein 15 Mädchen sind im Alter von rund 14 Jahren, bei rund 100 Angehörigen des Stammes eine ungewöhnliche Altersverteilung. Um Kleidung zu kaufen ist kein Geld da, jeder besitzt nur ungefähr zwei Hosen, aber zu einem Jubelfest erscheinen die Leonen in Festkleidung. Vor allem war ich verwundert über das Ansinnen von Emilian, der Robin beweisen möchte, anders zu sein wie die übrigen seines Stamms. Doch nachdem der Stammesführer mit ihm über Robin gesprochen hat, besteht die Beweisführung für ihn nur noch darin, Robin in einer bestimmten Fähigkeit zu unterweisen. Das kann doch nicht sein ursprünglicher Plan gewesen sein.

Das Buch ist größtenteils aus der Sicht von Robin in der Ich-Form geschrieben. Grundsätzlich lässt diese Schreibform den Leser tiefer in die Gefühlswelt des Charakters eintauchen, so auch hier .Bei Sachen, über die Robin jedoch sagt, dass die Leonen sie nicht kennen, ist mir allerdings rätselhaft, wie sie an Dinge denken kann, die sie gar nicht kennt.

Spannung ist, auch dank einiger unerwarteter Wendungen, durchgehend vorhanden. Vom Schreibstil her hat die Autorin meist kurze Sätze genutzt, die die Situation stets treffend beschreiben und spannungssteigernd wirken, da so die Handlung zügig voranschreitet.

Leider konnte mich die Fantasy, wie oben ausgeführt, nicht überzeugen. Stirnrunzeln und hier und da ein amüsiertes Lächeln konnte ich mir beim Lesen nicht verkneifen und das durchbrach immer wieder die spannenden Elemente des Textflußes. Dadurch vergebe ich für dieses Buch knappe drei Sterne. Ich weiß noch nicht, ob ich die Trilogie weiterlesen werde, ob die Neugier auf die Fortsetzung den Unmut über die Umsetzung überwiegen wird.

Veröffentlicht am 20.02.2017

Konnte mich nicht überzeugen

Italienische Nächte
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„Italienische Nächte“ von Katherine Webb führt den Leser zurück in das Jahr 1921. Das Cover wirkt einladend. Der Blick schweift von einem Balkon über die hügelige Landschaft Apuliens, der Blick fängt sich ...

„Italienische Nächte“ von Katherine Webb führt den Leser zurück in das Jahr 1921. Das Cover wirkt einladend. Der Blick schweift von einem Balkon über die hügelige Landschaft Apuliens, der Blick fängt sich am kräftigen Rosa des Oleanders der die Aussicht umrahmt. Doch so heiter und friedvoll ist die Geschichte leider nicht, die den Leser in diesem Buch erwartet. Bereits im Prolog wird deutlich, dass sich gewisse Dinge für die Protagonistin Clare, die sich auf der Heimreise von Italien nach England befindet, geändert haben und sie selbst an den Ereignissen der zurückliegenden Wochen gereift zu sein scheint.

Gioia del Colle ist eine Kleinstadt in Apulien. Der englische Architekt Boyd Kingsley, Ende 30, wurde von dem italienischen Grundbesitzer Leandro Cardetta, den er vor einigen Jahren in New York kennengelernt hat, damit beauftragt, Pläne für die Renovierung seines Landguts zu machen. Die 29jährige Clare wird gegen ihren Willen in den Sommerferien zu ihm zitiert, begleitet von ihrem 15jährigen Stiefsohn Pip. In der Stadt kommt es immer wieder zu Aufständen der einfachen Arbeiter gegen die Landbesitzer. Clare fühlt sich hier gar nicht wohl und Cardetta bietet ihr an, dass sie, Pip und seine Frau die nächsten Wochen auf seinem nahen Landgut verbringen können.

Parallel zu diesem Handlungsablauf lernt der Leser mit dem Arbeiter Ettore einen weiteren Protagonisten kennen. Ettore wohnt gemeinsam mit seinem kranken Vater und seiner Schwester, die ein kleines Kind hat, in Gioia del Colle in einer ärmlich eingerichteten Wohnung. Die Familie lebt hauptsächlich von seinen Einkünften als Tagelöhner. Seine Liebste ist vor ungefähr einem halben Jahr verstorben. Obwohl sein Onkel Leandro Cardetta der Arbeiterschicht entstammt, gehört er nun zur oberen Schicht und hat Ettore bereits mehrfach Arbeit angeboten, die dieser jedoch aus Stolz abgelehnt hat. Eines Tages wird Ettore schwer verletzt, ein Freund bringt ihn zum Landgut seines Onkels. Clare ist Ettore bereits in der Stadt begegnet, doch jetzt ist sie verwirrt ihn auf dem Gutshof zu sehen. Bei einem Blick in seine Augen verliebt sie sich in ihn. Doch werden ihre Gefühle überhaupt erwidert? Empfindet sie für ihren Ehemann keine Liebe mehr? Ein dunkler Schatten aus der Vergangenheit liegt seit Jahren auf ihrer Ehe. Im Laufe der Geschehnisse deckt Clare ein unfassbares Geheimnis auf.

Die Autorin hat für ihren historischen Roman die eher ungewöhnliche Zeitform des Präsens gewählt. Der Leser hat dadurch den Eindruck, die Ereignisse unmittelbar miterleben zu können. Im Stil eines allwissenden Erzählers befindet sich der Lesende nicht nur an der Seite der Handelnden, sondern erfährt auch deren Gefühle und hält mit ihnen Rückblick auf vergangene Erlebnisse.

Während Ettore immer in ärmlichen Verhältnissen gelebt hat, ist Clare als Einzelkind schon älterer Eltern wohlbehütet und umsorgt aufgewachsen. Mit 19 Jahren wurde sie die Frau von Boyd, der nach dem Tod seiner ersten Frau eine Mutter für seinen Sohn suchte und sich in sie verliebte. Clare glaubte damals, seine Liebe zu erwidern. Aber Boyd ist anscheinend nie über den Verlust seiner ersten Frau wirklich hinweg gekommen, was die Beziehung belastet. Den Wunsch nach einem eigenen Kind hat ihr Ehemann ihr bisher verweigert.

Der Leser ahnt bereits von Beginn an, dass es ein Geheimnis im Leben von Boyd gibt. Dieses Geheimnis hat mich weiterlesen lassen, weil es zumindest ein wenig Spannung in den Roman hineinbrachte. Katherine Webb hat für ihren Roman sehr gut recherchiert und die Arbeiteraufstände gegen die Landbesitzer realistisch in ihre Erzählung eingewoben. Allerdings nehmen die Kämpfe einen sehr breiten Raum in ihren Schilderungen ein.

Die spontane Liebe zwischen der biederen Mittelklassefrau Clare und dem trotzigen unbelehrbaren Ettore wirkte auf mich eher unglaubwürdig. Beide verschwenden keinen Gedanken an die möglichen Auswirkungen und handeln einzig triebgebunden, obwohl Clare mit jedem Tag die Mühen des Alltags der Landarbeiter beobachten kann und von den Kämpfen sogar angewidert ist. Clare konnte mir im Laufe der Geschichte nicht sympathisch werden. Einerseits gewinnt sie an Selbstvertrauen, gehorcht aber den Befehlen ihres Mannes und Cardettas ohne auf einer ausführlichen Erklärung für deren Handeln zu bestehen. Auch die Agitationsweise von Ettore konnte ich nicht immer nachvollziehen. Sein Stolz bringt seine Familienangehörigen, für die er verantwortlich ist, in Gefahr und seine Rachegefühle für diverse Geschehnisse in der Vergangenheit stehen, ohne die Konsequenzen zu bedenken, an erster Stelle.

Leider konnte mich der Roman nicht begeistern. Für meinen Lesegeschmack war die zwar wirklichkeitsnahe Darstellung des Klassenkampfes zu langatmig und die Liebesgeschichte zwischen Clare und Ettore nicht überzeugend genug. Den Hintergrund des Geheimnisses das am Ende der Geschichte aufgedeckt wird fand ich jedoch überraschend. Daher gebe ich dem Buch 3 Sterne. Man kann das Buch lesen, muss es aber nicht.

Veröffentlicht am 20.02.2017

Junge Protagonistin geht förmlich über Leichen um ihren Vater zu finden

Cruelty: Ab jetzt kämpfst du allein
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Beim Thriller „Cruelty“ von Scott Bergstrom ist der Titel Programm, denn die Geschichte beinhaltet einige grausam anmutende Szenen. Wer also Gewaltanwendung bei kriminellen Handlungen nicht mag, für den ...

Beim Thriller „Cruelty“ von Scott Bergstrom ist der Titel Programm, denn die Geschichte beinhaltet einige grausam anmutende Szenen. Wer also Gewaltanwendung bei kriminellen Handlungen nicht mag, für den ist dieses Buch nicht geeignet. In kräftigem Orange macht nicht nur der Titel auf dem Cover, sondern auch der in gleicher Farbe eingefärbte Buchschnitt auf sich Thriller aufmerksam. Diese Farbe habe ich direkt mit Gefahr in Verbindung gebracht vor der ich gewarnt werden sollte. Auch der düstere Untertitel „Ab jetzt kämpfst du allein“ erzeugte in mir bereits bei der Betrachtung des Buchs ein beklemmendes Gefühl.

Gwendolyn Bloom ist 17 Jahre alt und lebt momentan in New York. Ihre Mutter ist vor zehn Jahren gestorben. Mit ihrem Stiefvater, der als Politoffizier bei der UN beschäftigt ist, lebt sie irgendwo auf der Welt jeweils über einen längeren Zeitraum dort, wo er gerade beschäftigt ist. Am Tag nach seinem Geburtstag fliegt er aus beruflichen Gründen zu einem Kurzaufenthalt nach Paris. Noch am gleichen Abend stehen plötzlich zwei Special Agents des Diplomatischen Sicherheitsdienstes vor ihrer Haustür und teilen ihr das Verschwinden ihres Vaters mit. Erst auf diese Weise erfährt sie, dass er ein Spion der CIA ist. Weitere Tage vergehen und die rechtschaffene Schwester ihrer Mutter reist an, um sich um sie zu kümmern. Doch je mehr Zeit vergeht, desto weniger traut Gwendolyn dem Geheimdienst zu, ihren Vater zu finden. Der einzige Anhaltspunkt von dem aus sie ihre eigene Suche aufnehmen kann ist ein altes Taschenbuch, das ihr Vater bei einem Nachbarn kurz vor seiner Abreise deponiert hat. Doch mit unglaublichem Spürsinn gelingt es ihr, die Fährte aufzunehmen. Ihr Nachbar, früher selber für einen Geheimdienst tätig, vermittelt ihr einen Kontakt in Paris, der versucht sie physisch und psychisch auf potentielle Gefahren bei ihrer Suche vorzubereiten. Doch das was dann folgt hat Gwendolyn nicht in ihren schlimmsten Träumen vorausgesehen. Es ist eine Welt voller Gewalt zur Durchsetzung eigener Interessen die aus dem Handel mit Drogen, Menschen und Waffen bestehen.

Das Buch ist im Präsens geschrieben und so kamen mir die Gefahren in die die Protagonisten gerät noch gegenwärtiger vor. Gwendolyn verändert sich als recht junger Charakter in der feindlichen Welt der Geheimdienste sehr schnell. Auch in der Presse erfahre ich immer wieder von Radikalisierungen Jugendlicher bei denen ich staune, wie rasch das möglich ist. Scott Bergstrom beschreibt seine Hauptfigur als groß und kräftig. Eher untypisch für diesen Körperbau trainiert Gwen mehrmals wöchentlich an Sportgeräten auf hohem Niveau. Es ist also annähernd realistisch, wenn sie sich nach ihrer Vorbereitung in Paris erwachsenen Männern kämpferisch entgegenstellt. Sie spricht mehrere Sprachen und steht durch ihre Auslandsaufenthalte an der Seite ihres Vaters anderen Kulturen sensibel und offen gegenüber. Auch das Glück und der Zufall kommen ihr bei ihrer Mission häufiger entgegen. Allerdings fand ich es weniger glaubwürdig, dass sie die mentale Kraft besitzt den Level der Gewaltanwendung so anhaltend hoch zu halten und wörtlich über Leichen zu gehen um ihren Vater zu retten, der sie lebenslang über seine Tätigkeit belogen und immer wieder zu alleinigen Reisen aufgebrochen ist, ohne für ihre Sicherheit zu sorgen.

Nach einer eher ruhigen Einführung in die Welt von Gwendolyn beginnt die Spannung mit der Entführung des Vaters. Auch wenn die Protagonistin im Mittelteil auf der Stelle zu treten scheint konnte ich eine gewisse Erwartung weiteren Nervenkitzels nicht leugnen und ich wurde nicht enttäuscht. Zum Schluss bereitete der Autor mir ein furioses Finale. Das Ende deutet auf eine Fortsetzung hin. Wer mit Gewalt in Thrillern klar kommt und sich die Reife einer noch jungen Frau vorstellen kann, wird dieses Buch mögen und sich von der anhaltenden Spannung mitreißen lassen.

Veröffentlicht am 20.02.2017

Von Beginn an fesselnd

Elias & Laia - Die Herrschaft der Masken
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Der Fantasyroman „Elias & Laia – Die Herrschaft der Masken“ ist der Debütroman der Amerikanerin Sabaa Tahir, die asiatische Wurzeln hat. Ihre Erzählung hat sie in einem mittelalterlich anmutenden Setting ...

Der Fantasyroman „Elias & Laia – Die Herrschaft der Masken“ ist der Debütroman der Amerikanerin Sabaa Tahir, die asiatische Wurzeln hat. Ihre Erzählung hat sie in einem mittelalterlich anmutenden Setting angesiedelt. Die Stadt Serra ist der Haupthandlungsort und von Wüste umgeben. Die Widrigkeiten dieser Gegend bringt die Autorin, die in der Mojave-Wüste aufgewachsen ist, also aus eigener Erfahrung spricht, mit in ihre Erzählung ein. Doch dies ist nur ein kleiner Beitrag zum Eindruck den das Buch bei mir hinterlassen hat. Zu meinem persönlichen Gefallen hat noch einiges andere beigetragen.

Den oberen Teil des Covers zieren Augen, die von einer Maske nur unvollendet eingerahmt werden. Einer der Protagonisten dieses Buches, der 20 jährige Elias, wurde 14 Jahre in der Militärakademie Schwarzkliff ausgebildet. Er hasst die Maske, die den älteren, die harte Schule überlebenden Schülern zum ständigen Tragen verliehen wird. Daher nimmt er die Maske ab, wann immer es ihm möglich ist und verhindert so deren Verwachsen mit der Gesichtshaut. Er könnte derjenige sein, der den Leser vom Titel her anschaut. Wie die Auguren mit ihren übersinnlichen Fähigkeiten in der Geschichte vorhersehen, ist einer der Absolventen seines Jahrgangs zu Großem berufen und wenige Auserwählte sollen sich dazu ganz besonderen Prüfungen unterziehen. Doch die Zukunft, die Elias für sich selber plant, steht denen des Imperiums entgegen.

Einer der erfahrenen Maskenkämpfer war es, der die Familie der 17 jährigen Laia überfallen und ihre Großeltern, bei denen sie lebt, getötet hat. Ihr Bruder Darin hat wichtige Informationen zusammengetragen, die dem Widerstand gegen die Herrschaft von Nutzen sein könnten. Er wird gefangengenommen und Laias einziges Ziel ist es, ihn zu befreien. Sie sucht dazu den Widerstand auf, zu dem schon ihre verstorbenen Eltern gehört haben. Doch deren Einsatz hat einen hohen Preis für sie.

Das Buch lebt von dem Wechsel der insgesamt 50 Kapitel zwischen den beiden Ich-Erzählern Elias und Laia. Die Kapitel sind eingeteilt in drei Teile, von denen der erste Teil seinen Fokus legt auf den Überfall auf Laias Familie, während Elias kurz vor seinem Abschluss seiner militärischen Ausbildung steht. Im zweiten Teil stehen die Prüfungen, an denen Elias teilzunehmen hat, im Mittelpunkt. Und schließlich widmet sich der dritte Teil dem Erreichen von eigenen Zielen durch Einsatz von Geist und Stärke der beiden Protagonisten.

Elias und Laia sind zwei grundsätzlich verschiedene Charaktere, die sich im Laufe der Handlung weiterentwickeln. Elias verabscheut die Gewalt, die er anzuwenden gezwungen ist und versucht ihr zu entkommen. Ein Augur zeigt ihm einen Weg auf, den er sich bisher nicht vorstellen konnte, auf den er sich aber nach reiflicher Überlegung einlässt. Zunächst sieht es nach einer falschen Entscheidung aus, doch es gibt einige unerwarteten Wendungen. Aus der unbeschwerten Laia wird durch den Überfall die Hoffnungsträgerin ihres Bruders, die eine große Verantwortung zu tragen hat und dadurch viel Leid auf sich nimmt. In dem sie sich immer wieder ihre Vorbilder und Ziele ins Gedächtnis ruft, gelingt es ihr, ihre Angst und Schwäche zu überwinden.

Sabaa Tahir setzt die Gewalt und den Kampf in ihrer Fantasy bewusst ein, damit ihre Protagonisten ihren Mut und ihre Tapferkeit zeigen können. Blutige Handlungen und schmerzhafte Bestrafungen, grausame Geisterwesen und brutale Krieger sind an der Tagesordnung. Doch in ihren Beschreibungen geht die Autorin nicht ins Detail. Für Elias und Laia ist es wichtig, dabei die Hoffnung nicht aufzugeben. Denn die Anwendung von Gewalt erzeugt meist Widerstand, der nicht immer mit Waffen ausgetragen wird. So ist es auch möglich mit List und Tücke gegen scheinbar unüberwindbare Gegner vorzugehen und siegreich zu sein. Der Originaltitel des Buchs lautet „An ember in the ashes“ und so wie aus der noch glühenden Asche wieder ein Feuer entstehen kann, so kann sich alles aus kleinsten Anfängen eine große Kraft, ein innerer Antrieb entwickeln.

Der Roman lässt sich locker und leicht lesen, dank einer schnellen Handlung mit überraschenden Momenten und einer überschaubaren Anzahl handelnder Personen, die für den Ablauf wichtig sind. Neben Ängsten und Hass, Mut und Tapferkeit, zeigen die Protagonisten auch Liebe und Leidenschaft. Doch auch hier müssen sich Laia und Elias ihrer Gefühle erst bewusst werden, denn in dem Spiel zwischen Macht und Zielerreichung ist es schwierig, die wahren Absichten derjenigen zu erkennen, zu denen man sich hingezogen fühlt.

Das Programm des Verlags One richtet sich gleichermaßen an junge Erwachsene und ältere Leser und dieses Buch erfüllt diese Anforderungen. Die Geschichten von Elias & Laia, die zunächst parallel laufen, sich dann kreuzen und schließlich zu einer werden, haben mich von Beginn an gefesselt. Das Buch ist ein glühender Stern am Fantasyhimmel. Nun scheint es auch eine Fortsetzung zu geben, auf die ich mich schon freue.

Veröffentlicht am 16.02.2017

Gelungener Debütroman

Tierchen unlimited
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„Tierchen Unlimited“ heißt der Debütroman von Tijan Sila. Doch Tierchen Unlimited sieht der Protagonist der Geschichte nur im Traum, wenn er sich eine wohlige Umgebung mit pelzigen Mitbewohnern wünscht. ...

„Tierchen Unlimited“ heißt der Debütroman von Tijan Sila. Doch Tierchen Unlimited sieht der Protagonist der Geschichte nur im Traum, wenn er sich eine wohlige Umgebung mit pelzigen Mitbewohnern wünscht. Aber die Gegenwart sieht anders aus. Er lebt in Sarajevo während des bosnischen Bürgerkriegs der 1990er, in dem Sentimentalität bei heranwachsenden Jungen nicht gefragt ist. Im Traum des unbenannten Ich-Erzählers, der autobiographisch einige Gemeinsamkeit mit dem Autor aufweist, blitzt der Wunsch nach Frieden auf. Das Cover des Buchs zeigt eine Unterteilung in schwarz und weiß. Dadurch ergibt sich deutlich eine fiktive Abgrenzung, durch Regeln und Normen gezogen, die der Hauptfigur des Romans dazu dienen, sie zu übertreten.

Das Fahrrad, das mühelos dort balanciert wo die Farben des Titels aufeinandertreffen, ist ein wichtiges Requisit des Erzählers zu Beginn der Geschichte, denn es bringt ihn aus einer Gefahrenzone. Wer jetzt denkt, das Buch beginnt während der Zeit des Bürgerkriegs, liegt falsch.

Zum ersten Mal begegnete ich dem Protagonisten im Buch in einer Situation, in der er wieder einmal eine ihm gesetzte Grenze überschritten hat. Nackt und verwundet wird er bei seiner Flucht mit dem Rad von mitleidigen Menschen ins nächstgelegene Krankenhaus gebracht und dort verarztet. Dort begegnet er einer guten Freundin wieder, die inzwischen Polizistin ist. Er hat sie kennengelernt, nachdem er bereits einige Monate mit seinen Eltern in Deutschland lebte. Sie ringt gerne und ständig und (be-)nutzt ihn als Partner. Der Erzähler fühlt sich zu ihr hingezogen und ist von ihren Lebensumständen und ihrer Kraft fasziniert. Das ist für ihn neu, denn die Anforderungen und Erwartungen seiner bisherigen Freundschaften konnte er besser einordnen. Seine Überlegungen führen ihn und damit den Leser Jahre zurück zu seiner Jugend während der Kriegsjahre.

Bei seinen anschaulichen Schilderungen des Alltags im Krieg habe ich manches Mal erschreckt verharrt, wenn sich das Ende einer Waffenruhe ankündigte und der Protagonist immer noch auf den Straßen unterwegs war. Für die im Kriegsgebiet Wohnenden musste das Leben weitergehen, auch wenn es an Nahrungsmitteln oft fehlte. Es ist beängstigend zu lesen und macht betroffen. Aber Tijan Sila erzählt die Erlebnisse des Jungen mit einer großen Selbstverständlichkeit, die nicht in Wehmut an bessere Zeiten endet, sondern das Beste aus den Gegebenheiten macht. Und dazu gehören für einen Heranwachsenden Raufereien und Lügen. Es ist eine gefährliche und turbulente Zeit. Auch nach seiner Ankunft in Deutschland frönt der Ich-Erzähler keinem ereignislosen Alltag, was hauptsächlich an seiner erwachenden Liebe und einigen Bekannten mit nationalsozialistische Einstellung liegt.

Die Sprache des Autors ist schnörkellos und gerade, er scheut sich nicht die Dinge beim Namen zu nennen. Seine Erzählung ist realistisch und ich habe mich beim Lesen oft gefragt, welche Situationen der Autor selbst erlebt hat. In den Abschnitten über sein Leben in Deutschland fliegt er dann hier und da über die Realität hinaus, was dem Roman ein gehörige Portion Würze verleiht. Hatte der Protagonist in Bosnien noch mein Mitgefühl so war ich zunehmend amüsiert und es schlich sich eine Menge Häme bei seinen weiteren Schilderungen ein in denen er von unangenehmen Situationen erzählt, die sich durch sein grenzwertiges beziehungsweise normenüberschreitendes Verhalten ergeben. Hier kommt zwar zum Ausdruck, dass er nun mehr Möglichkeiten und die Freiheit hat, seine Zukunft zu gestalten, jedoch entbehrt das Ganze nicht einer gewissen Härte und Durchsetzungsfähigkeit.

Der Roman zeigt, dass jede Zeit, jede Umgebung, jede persönliche Einstellung und jedes Alter seine Tücken und Probleme mit sich bringt. Es ist nicht nur eine Gegebenheit die unser Leben gestaltet, sondern viele Dinge tragen dazu bei. Nicht aufzugeben, sein Vertrauen nicht verlieren und auf die Zukunft hoffen, ist die Essenz davon. „Tierchen Unlimited“ ist ein gelungenes Debüt, das ich gerne weiterempfehle.