Profilbild von Girdin

Girdin

Lesejury Star
online

Girdin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Girdin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.04.2017

Ungewöhnliche Geschichte und einzigartige Charaktere

Die Entführung des Optimisten Sydney Seapunk
0

Im Roman „Die Entführung des Optimisten Sydney Seapunk“ lässt Andreas Stichmann in Hamburg-Osdorf frischen Wind und neue Ideen in die beschauliche und seit Jahren existierende Wohnsiedlung Sonnenhof durch ...

Im Roman „Die Entführung des Optimisten Sydney Seapunk“ lässt Andreas Stichmann in Hamburg-Osdorf frischen Wind und neue Ideen in die beschauliche und seit Jahren existierende Wohnsiedlung Sonnenhof durch zwei Charaktere einkehren. Früher als alternatives Wohnprojekt gegründet dient sie heute dem betreuten Wohnen unter der Leitung von Ramafelene Meisner, dem Sohn der Gründerin und passenderweise so wie sie von Beruf Sozialarbeiter. Einerseits erscheint dort die 17-jährige Bianca, genannt Bibi, vom Äußeren her schon durch ihre blauen Haare auffallend. Sie soll dort ihre Sozialstunden ableisten und sinnt dabei über einen Ausweg der ihr drohenden Unterbringung in einem Heim nach. Andererseits hat sich David van Geelen, Miterbe eines Unternehmens und Focusing-Trainer den Sonnenhof und seine Bewohner bewusst dazu ausgesucht mit ihm gemeinsam vom Projekt der Entführung eines Millionärs zu profitieren. Er möchte die Welt verändern, ist sich aber bewusst, dass er das nicht alleine schafft.

David setzt auf das Schwarmverhalten so wie bei Fischen. In Bezug darauf bezeichnet er sich selbst als Seapunk, also als jemand der wie alles vom Meer beeinflusst wird. Entsprechend ist das Cover in aquablau gestaltet mit dem Bildelement eines Wals. Die im Buch enthaltenen bunten Seapunk-Collagen zeigen Beispiele für die gleichnamige Stilrichtung. Das sieht gut aus, hat aber auf den Handlungsablauf keine Einwirkung.

Jeder Charakter dieses Romans scheint auf der Suche zu sein. Ramafelene sucht nach neuen Konzepten, um mehr Geld zur Erhaltung und Renovierung der Wohnanlage einzunehmen. Seine Mutter sucht nach einer Möglichkeit selbstbestimmt im Alter zu leben, der Bewohner Küwi sucht mittels Detektor nach realen Schätzen, Bibi sucht nach einer dauerhaften Bleibe und David van Geelen nach Mitstreitern für seine Idee.

So kurios und komisch wie das Aufeinandertreffen dieser Figuren auch sein mag, so nachdenklich stimmen die Sorgen der Personen, die hier versammelt sind. Der Autor bildet dadurch einige Themen unserer Gesellschaft ab. Bibi steht als Vertreterin der Jugendlichen, die eine dunkle Zukunftsperspektive für sich sehen und aus Langeweile unüberlegt und eher beiläufig straffällig werden. Ingrid, auch dunkle Inge genannt, hat viel erreicht in ihrem Leben und vertritt die ältere Generation die umsorgt altern möchten. Ihrem Sohn ist es noch nicht gelungen eine Lebensgefährtin zu finden. Seine große Zuneigung zu Bibi ist nicht zu übersehen, aber der Altersunterschied ist groß. Die behinderten Bewohner möchten entsprechend ihrer Fähigkeiten aktiv am Alltag beteiligt werden und nicht nur nutzlos beschäftigt sein. Die Idee von David übersteigt schließlich alles. Erscheint sie auf den ersten Blick als wahnwitzig aber genial, so ist sie auf den zweiten zu hinterfragen.

David wurde durch das Verhalten seiner Eltern ihm gegenüber geprägt. Das was er heute ist, hat er zum größten Teil seiner Umwelt zu verdanken. Seine Idee spricht für ihn, doch die Umsetzung richtet er gegen die Schatten seiner Vergangenheit. Über die Konsequenzen hat er sich wenig Gedanken gemacht. An dieser Stelle treibt denn auch der Ernst der Sache an die Oberfläche.

Andreas Stichmann schreibt schlicht und auf wesentliche Details beschränkt aus unterschiedlichen Erzählperspektiven. „Die Entführung des Optimisten Sydney Seapunk“ ist ein Abenteuer, das auf den Prüfstand zu stellen ist. Der Autor brachte mich dazu, darüber zu rätseln wie weit man gehen muss um, eine gewachsene Gemeinschaft aufzubrechen und die Zugehörigen zu instrumentalisieren. Wenn auch das Verbrechen am Beginn einer Weltveränderung bei mir ein Störgefühl hervorrief, so war das Lesen doch verbunden mit Einzigartigkeit der Charaktere und einer ungewöhnlichen Geschichte. Das Ende war vielversprechend, ließ aber Raum zum Weiterdenken. Kein Buch für jedermann, eher für Denker die Situationskomik mögen.

Veröffentlicht am 24.03.2017

Über Entscheidungen im Leben und deren Konsequenzen

Der Mann, der zu träumen wagte
0

„Der Mann, der zu träumen wagte“ im gleichnamigen Buch von Graeme Simsion heißt Adam Sharp, ist Jahrgang 1963 und wohnt als IT-Berater in London. Vor 22 Jahren war er in Melbourne/Australien eine Zeit ...

„Der Mann, der zu träumen wagte“ im gleichnamigen Buch von Graeme Simsion heißt Adam Sharp, ist Jahrgang 1963 und wohnt als IT-Berater in London. Vor 22 Jahren war er in Melbourne/Australien eine Zeit mit der Schauspielerin Angelina Brown liiert, während er für seinen Arbeitgeber einen Auftrag dort vor Ort zu erledigen hatte. Doch Bedenken auf beiden Seiten für eine feste Bindung führten zum Ende der Beziehung. Vergessen hat er sie nie.

Eines Tages sitzt er zu Recherchezwecken vor seinem Computer als er eine E-Mail erhält. Es ist nur ein schlichter einsilbiger Gruß, aber er ist von Angelina. Inzwischen lebt Adam seit vielen Jahren mit seiner Freundin Claire zusammen. Beide sind durch ihre Berufe stark eingebunden und haben unter anderem dadurch ihre Differenzen. Die E-Mail gibt Adam jetzt die Möglichkeit den Kontakt wieder aufleben zu lassen. Er zögert mit einer Antwort, macht sich Gedanken darüber, warum sie ihm geschrieben hat. Schließlich antwortet er ihr. Erinnerungen werden wach bei ihm und eine gewisse Melancholie über die damalige Trennung. Dann schreibt Angelina ihm von ihrem bevorstehenden Urlaub, den sie gemeinsam mit ihrem Ehemann im eigenen Ferienhaus in Frankreich verbringen wird und lädt ihn dazu ein! Wie wird Angelina nach so langer Zeit auf ihn reagieren? Wäre es möglich ihre Liebe von damals nicht nur auf- sondern auch weiterleben zu lassen? Träumen darf man, aber wie viel ist Adam bereit, für seinen Traum aufzugeben?

Adam stammt aus einer zerrütteten Ehe, daher hat er Bindungsängste. Er selbst spielt leidenschaftlich gern Klavier, obwohl sein strenger Vater ihn früher zum Üben anhalten musste. Ich vermute, dass der Graeme Simsion ein großer Musikfan ist, denn der ganze Roman ist mit Musik durchzogen. Für jede Situation kennt der Protagonist einen Song. Bedeutsam dafür ist auch, dass er Angelina in einer Bar kennengelernt hat, während er dort Klavier spielte. Adam erscheint manchmal unsicher, aber in der Musik kann er seine Gefühle ausdrücken. Die Idee der Einbindung von Musik in eine Geschichte finde ich grundsätzlich interessant. Am Ende des Buchs hat der Autor eine Playlist zusammengestellt. Einige der Lieder kenne ich, leider aber nicht alle. Und so konnte ich manchmal die damit verbundenen Empfindungen leider nicht nachvollziehen.

An den beiden vorigen Romanen von Graeme Simsion habe ich vor allem die amüsanten Situationen geschätzt, die durch die Auslegung bestimmten Verhaltens durch den Protagonisten entstanden. Diese vergnüglichen Szenen habe ich hier vermisst. Adam Sharp ist ein durch sein Elternhaus geprägter Charakter, der betrübt darüber ist den Möglichkeiten die das Leben ihm bisher geboten hat, nicht nachgekommen zu sein. Dabei zweifelt er, ob sie die bessere Wahl gewesen wären. Bei der ihm nun dargebotenen Chance lebt er seine Gefühle auf eine solche Weise aus, die moralisch anzuzweifeln ist. Mir ist die Figur dadurch auch nicht nahe gekommen genauso wenig wie Angelina. Dennoch muss ich dem Roman eine geschickte Konstruktion zuschreiben, verbunden mit einem leicht und gut lesbaren Schreibstil. Durch die Erzählung in der Ich-Form des Protagonisten verbleibt der Leser an der Seite von Adam, erfährt dessen Gedanken und kann sich so selbst ein Urteil über sein Verhalten bilden.

„Der Mann, der zu träumen wagte“ ist ein romantisch geschriebener Roman über zwei Menschen, die sich nach Jahren wiedersehen und sich über das Ausleben ihrer Gefühle und den Konsequenzen daraus klar werden müssen.

Veröffentlicht am 14.03.2017

Vielfalt einer Großstadt

Truggestalten
0

Im Buch „Truggestalten“ von Rudolph Herzog sind sieben sagenhafte Erzählungen versammelt. Wie der Titel bereits andeutet, beinhalten die unterschiedlichen Geschichten Figuren, die unrealistisch sind, teils ...

Im Buch „Truggestalten“ von Rudolph Herzog sind sieben sagenhafte Erzählungen versammelt. Wie der Titel bereits andeutet, beinhalten die unterschiedlichen Geschichten Figuren, die unrealistisch sind, teils weil sie ausschließlich unserer Fantasie entspringen, teils weil sie durch Sagen in unsere Köpfe gekommen sind. Keine von ihnen hält einer realen Betrachtung stand. Das Titelbild des Buchs zeigt das East Side Hotel in Berlin, so wie wir es heute besuchen können. Die Kinder auf der Kaimauer passen mit ihrer Kleidung nicht ins Bild, stehen aber für vergangene Zeiten in der Stadt. In jeder Story wird eine Episode aus der Vergangenheit angeschnitten, die mich als Leser dazu veranlasste, mir diese ins Gedächtnis zu rufen und nach weiteren Informationen darüber im Netz zu suchen.

Die Erzählungen basieren manchmal auf genau jenen Erinnerungen, die auf unerklärbare Weise sich ihren Weg in das Bewusstsein der Berliner Bewohner, gleich welchen Alters drängen. Da sind beispielsweise polnische Zwangsarbeiter im zweiten Weltkrieg oder auch eine als verrückt erklärte Näherin aus dem 19. Jahrhundert. Erinnerungen an den Hungerwinter nach dem Krieg, aber auch an dem Mauerfall werden wach. Und wer bisher noch nicht wusste, woran es liegt, dass der neue Berliner Flughafen noch nicht fertig ist, wird hier eine Erklärung finden. Doch nicht nur die Vergangenheit dient der Erklärung der trügerischen Gestalten. Hierhinter verbergen sich auch Wiedergänger, Aufsitzer und Dschinn. Immer wieder finden sich Begebenheiten, die zwar weder zur Begründung noch zum Ablauf der jeweiligen Geschichte beitragen, aber interessant und abwechslungsreich sind.

Die Schilderungen spielen in unterschiedlichen Teilen der Hauptstadt Berlins, als Leser begegnete ich dort verschiedenen Kulturen. Nicht nur den Zeitgeist, sondern auch die aktuelle gesellschaftliche Lage versteht der Autor einzufangen. Rudolph Herzog schreibt in der allwissenden Erzählperspektive ebenso wie in der Ich-Form aus Sicht einer Frau und eines Manns. Die Gestaltung der Storys in der Verbindung zu historischen Geschehnissen verbunden mit Mystik hat mich sehr angesprochen. Gefehlt hat mir ein wenig die Verbindung zwischen den Geschichten, denn neben dem Handlungsort Berlin findet man nur gelegentlich eine Figur, die einem vage aus einer anderen Erzählung bekannt vorkommt und die vergleichbar mit einem Wimpernschlag auch schon wieder entschwunden ist.

Das Buch hat bei mir wohlige Schauer des Gruselns ausgelöst. Es zeigt die Vielfalt einer Großstadt, die Bedeutung des Einzelnen und Flüchtigkeit des Moments. Gerne kann es mehr solcher Geschichten geben.

Veröffentlicht am 07.03.2017

Emotional mitnehmender Roman, der die Herzen der Leser berührt

Der Klang deines Lächelns
0

Das Buch „Der Klang deines Lächelns“ von Dani Atins erzählt die Geschichte zweier Frauen, die zufällig in einer ungewöhnlichen, beide extrem belastenden Situation aufeinander treffen. Sie haben sich vor ...

Das Buch „Der Klang deines Lächelns“ von Dani Atins erzählt die Geschichte zweier Frauen, die zufällig in einer ungewöhnlichen, beide extrem belastenden Situation aufeinander treffen. Sie haben sich vor einigen Jahren kennengelernt, als ein Mann sich zwischen ihnen entschieden hat. Aber nun begegnen Ally und Charlotte sich als Besucher auf der Intensivstation eines Krankenhauses in London wieder und bangen um die Gesundheit ihrer Ehemänner.

Die einzelnen Abschnitte des Buchs nehmen die wunderschöne Gestaltung des Covers auf und zeigen als Übertitel neben der Kapitelanzeige Notenlinien mit Noten. Bezug nimmt die Aufmachung auf Ally, deren Leben von Musik durchzogen ist und durch die sie David, der inzwischen Charlottes Mann ist, kennengelernt hat. Hier deutet sich schon an, dass es für die beiden einen Grund gibt, warum sie keinen Kontakt gehalten haben. Doch das ist eine Geschichte, die sich erst aus den zahlreichen Rückblenden im Roman ergibt.

Zu Beginn des ersten Kapitels erzählt die Autorin wie es zum Aufeinandertreffen von Ally und Charlotte in der Klinik gekommen ist. Allys Ehemann Joe ist bei einer Rettungsaktion auf dem Eis eines Teichs eingebrochen und wird unterkühlt und im Koma liegend eingeliefert, während fast gleichzeitig David mit akuten Herzproblemen in der Klinik aufgenommen wird. Sowohl Ally wie auch Charlotte eilen besorgt ins Krankenhaus. Während die Ärzte alles erdenklich Mögliche zur Rettung der beiden Männer veranlassen, erinnern die beiden Frauen sich daran, wie sie ihre Ehemänner und einander kennengelernt haben.

Wie in ihren vorigen Büchern konfrontiert Dani Atkins den Leser zu Beginn des Romans wieder mit Fragen, was geschehen wäre, wenn man an einer bestimmten Stelle seines Lebens anders entschieden hätte. Mir zeigt das jedes Mal wie wichtig es ist, die richtige Entscheidung in bestimmten Situationen zu treffen. Aber zu wählen erscheint aufgrund der Umstände oft leicht und stellt sich später doch als so falsch heraus.

Die Charaktere, die die Autorin schafft wirken alle sympathisch. Sie gehören zu unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Ally kommt aus einfachen Verhältnissen, ihre Eltern sind schon älter und stehen in allen ihren Entscheidungen hinter ihr. Die Mütter von Charlotte und David möchten ihre Kinder bestmöglich in der Gesellschaft platzieren, damit ihr Status gesichert ist. Ihre Familien besitzen genügend Geld, damit sie sich jeden Wunsch erfüllen können, außer dem nach Gesundheit, was auch Charlotte bei ihrer Familienplanung erfahren muss. Statt also ein eher eifersüchtig darüber zu sein, was die beiden sich leisten können, habe ich sie vielmehr bedauert. Von David hätte ich mir mehr Selbstbewusstsein gewünscht sich, für seine Freundinnen einzusetzen. Jeder Figur habe ich das Glück gegönnt, weiterhin eine schöne Zukunft zu haben. Doch wer Dani Atkins schon einmal gelesen hat weiß, dass sie ihren Protagonisten tragische Schicksale nicht erspart. Obwohl mir bewusst war, dass die Autorin gerne aufwühlend und mitreißend, konnte ich mich auch diesmal der Wirkung nicht gänzlich entziehen und so habe ich mit den Charakteren mit gelitten und gehofft.

Ally und Charlotte erzählen ihren Part jeweils in der Ich-Form, was mir ermöglichte ihren Gedanken und Gefühlen zu folgen. War der Beginn des Buchs spannend, weil man noch nicht genau wusste, ob die beiden Hauptfiguren überleben würden, flachte der Spannungsbogen im mittleren Teil etwas ab, weil hier die Vergangenheit erzählt wurde und teilweise voraussehbar war. Doch dann kam eine unerwartete Wendung und bis zum Ende ließ die Autorin eine Sache offen und brachte die Erzählung zu einem überraschenden Schluss.

Auch mit ihrem dritten Roman gelingt es der Autorin die Herzen der Leser anzusprechen. Die Geschichte ist sehr gut konstruiert und durchaus realistisch. Wer gerne emotional mitnehmende Bücher liest ist hier richtig und denjenigen empfehle ich das Buch gerne weiter.

Veröffentlicht am 27.02.2017

Mit Eigensinn zum Ziel

Lotusblut
0

„Lotusblut“ von Judith Winter ist der zweite Fall für die Frankfurter Ermittlerinnen der Abteilung für Kapitaldelikte Emilia Capelli und Mai Zhou, die zunächst auf der Suche nach der 10-jährigen, aus Tibet ...

„Lotusblut“ von Judith Winter ist der zweite Fall für die Frankfurter Ermittlerinnen der Abteilung für Kapitaldelikte Emilia Capelli und Mai Zhou, die zunächst auf der Suche nach der 10-jährigen, aus Tibet stammenden Kaylin sind. Diesmal wurde für das Cover eine Libelle gewählt, die im Englischen „Dragonfly“ heißt. Dieses Insekt steht für Beharrlichkeit, den die beiden Ermittlerinnen im vorliegenden Fall benötigen. Hierin findet sich aber auch der Bezug zum aufzuklärenden Verbrechen dieses Thrillers, denn der Mörder ist in der Gedankenwelt von Kaylin ein Drache. Der Titel dagegen deutet an, aus welchem Bereich der Welt einige Personen wie beispielsweise Kaylin gebürtig sind. Ihre Herkunft führt den Leser nach Asien, dort wird der weiße Lotus in verschiedenen Ländern als Symbol der Reinheit angesehen. Wird Blut dieses Bild, wie auf dem Titel, beflecken?

Der Unternehmer Peter Klatt und seine Frau werden in einem Hotelzimmer erschossen. In ihrem Zimmer anwesend ist Kaylin, die Tochter eines asiatischen Geschäftspartners. Sie bleibt unbehelligt, weil sie vor dem Mörder fliehen konnte. Nachdem Emilia und Mai sie gefunden haben, können sie ihre Identität zunächst nicht ermitteln, da sie bei der Befragung schweigt. Als die Kriminalabteilung schließlich ihre Eltern ermittelt hat, flieht sie erneut, auf der Suche nach einer Bezugsperson, der sie sich anvertrauen kann. Davon können natürlich die Ermittlerinnen nichts wissen und suchen nicht nur nach dem Mörder des Ehepaars, sondern auch danach, warum Kaylin im Hotelzimmer anwesend war und sie nicht zu ihren Eltern zurück möchte.

Für das Verständnis des vorliegenden beschriebenen Falls ist es nicht unbedingt nötig den ersten Band „Siebenschön“ gelesen zu haben, doch es ergänzt das Gesamtbild, das man als Leser vom Verhältnis zwischen Emilia und Mai erhält, in passender Weise. Es scheint fast, als ob die beiden ein gewisses Vertrauen zueinander gefunden haben, doch allein die Tatsachen, dass sie sich nach einem halben Jahr Zusammenarbeit immer noch siezen, erhält eine imaginäre Grenze aufrecht, die nicht so leicht zu überwinden scheint. Gleichzeitig zeugt sie aber auch vom gegenseitigen Respekt der beiden voreinander. Zu den weiteren Kollegen der Abteilung hat vor allem Emilia ein eher kumpelhaftes Verhältnis, auch weil sie schon länger in der Abteilung arbeitet als Mai, die ebenfalls mit ihren Arbeitskameraden lockerer umgeht als mit Emilia. Hier bleibt noch Raum für weitere Annäherungen in weiteren Fällen, die die beiden zu lösen haben werden. Und wer weiß, vielleicht werden sie dann noch zu Freundinnen.

Dem eigentlichen aufzuklärenden Fall hat die Autorin einen Prolog vorausgeschickt, bei dem sie beschreibt, wie Emilia und ihre Freundin als Kinder eine im Wasser treibende Leiche finden. Dieses Kapitel hat mit den Ermittlungen wenig zu tun, führt den Leser aber zu den bis heute noch vorhandenen Ängsten der Kommissarin. Vor allem aufgrund des Alters von Kaylin fühlt sie sich an dieses Ereignis in ihrem eigenen Leben nachdrücklich erinnert. Im folgenden Verlauf der Geschichte ist jedes Kapitel mit Zeit und Ort versehen, so dass der Leser stets den Überblick behält. Grundsätzlich erzählt Judith Winter im Perfekt, wechselt aber zwischendurch immer mal zu den Geschehnissen die Kaylin gerade erlebt und in Folge dessen sind diese Abschnitte im Präsens geschrieben. Hierbei lässt die Autorin das Mädchen sich auch an ihre Vergangenheit zurückerinnern. Ihre Kindheit bleibt dabei aber etwas nebulös.

Wie beim ersten Band kommen die beiden Ermittlerinnen bei ihrer Arbeit nur dadurch weiter, indem jede ihren eigenen Ideen nachgeht und dadurch auch riskiert, ihren Vorgesetzten zu verärgern. Der Thriller ist fein konstruiert, mit einigen unvorhersehbaren Wendungen. Da sowohl Emilia und Mai wie auch der Leser sehr lange nicht wissen, wer der Mörder ist und warum er gemordet hat, ist in dieser Zeit nicht auszuschließen, dass ein weiterer Mord geschehen könnte. Das erhält den Spannungsbogen. Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen und ich empfehle es gerne an Thrillerfans weiter.