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Veröffentlicht am 15.09.2016

Fiktive Geschichte über eine wahre Begebenheit

Im unwahrscheinlichen Fall
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Das Buchcover deutet es bereits an, was im Buch „Im unwahrscheinlichen Fall“ von Judy Blume so Unglaubliches geschehen könnte: ein Flugzeug rast über Hausdächer hinweg und im Anschluss daran, hier nicht ...

Das Buchcover deutet es bereits an, was im Buch „Im unwahrscheinlichen Fall“ von Judy Blume so Unglaubliches geschehen könnte: ein Flugzeug rast über Hausdächer hinweg und im Anschluss daran, hier nicht im Bild, stürzt es ab. Der Roman basiert auf einer wahren Begebenheit am Beginn der 1950er Jahren als innerhalb von wenigen Wochen drei Flugzeuge auf die Kleinstadt Elizabeth (New Jersey, USA) stürzten und dabei auch Häuserzeilen getroffen wurden. Die Autorin ist in ebendieser Stadt aufgewachsen und hat die Tragödien dort als Jugendliche selbst erlebt.

Miri Ammerman ist 14 Jahre alt als das erste Flugzeug über Elizabeth abstürzt. Obwohl sie ohne Vater aufwächst ist sie von der Liebe ihrer Familie, die aus ihrer Mutter Rusty, ihrer Großmutter Irene und ihrem Onkel Henry besteht, umgeben. Auch bei der Familie ihrer allerbesten Freundin Natalie ist sie gern gesehener Gast. Auf einer Party lernt sie den ungefähr zwei Jahre älteren Mason kennen, der im örtlichen Waisenheim aufwächst. Für ihn stellen sich bei Miri Gefühle ein, die sie bisher noch nicht kannte.

Doch der Absturz der Flugzeuge verändert alles. Bereits das erste Unglück bringt Kummer und Leid über die Bewohner, aber vor allem die Angst davor, dass ein weiterer Absturz geschehen könnte, was dann auch tatsächlich passiert. Die zweite Katastrophe vergrößert die Angst und bringt Tote und Verletzte unter den Einwohnern Elizabeths mit sich. Auch Miri kennt Freunde und Bekannte, die jemand Nahestehenden verloren haben. Der Gedanke eines Umzugs wächst in den Köpfen vieler Bewohner. Das Umfeld in dem Miri lebt ändert sich innerhalb kurzer Zeit dramatisch. Miris Erwartungen an die Zukunft werden in Frage gestellt.

Der Roman ist die Geschichte einer Kleinstadt. Dementsprechend gibt es neben der Protagonistin sehr viele fiktive Charaktere. Damit der Leser den Überblick nicht verliert, liegt dem Buch eine Karte mit den wichtigsten Personen bei. Die nummerierten Kapitel sind unterteilt in Abschnitte, die verschiedene Figuren in den Fokus setzen. Die Perspektivenwechsel erfolgen in kurzen Abständen. Der Name der jeweiligen Figur, die dann im Mittelpunkt steht, betitelt den folgenden Text. Diese ständigen Wechsel steigern die unterschwellig beim Lesen empfundene Angst der Einwohner von Elizabeth. Am Ende der Kapitel findet sich jeweils ein kurzer Zeitungsausschnitt. Die Autorin hat darin den damals üblichen Schreibstil aufgegriffen und die Abstürze, aber auch einige überregional interessante Themen von 1951/52 verarbeitet.

Judy Blume greift in ihrem Roman ein Stück Zeitgeschichte auf, das längst in Vergessenheit geraten ist, für die Bewohner der kleinen US-amerikanischen Stadt aber in den 1950er Jahren eine große Veränderung brachte. Die Autorin hat die Details sehr gut recherchiert und rund um die realen Fakten eine sehr interessante fiktive Geschichte geschaffen. Sie baut Verbindungsbrücken zwischen ihren Charakteren, so dass deutlich wird, wie sehr die Unglücke die gewachsene Gemeinschaft der Bewohner verändert. Als Jugendliche war sie selber Teil davon und sie schafft es, ihre eigenen Gefühle zur damaligen Zeit in ihre Geschichte einfließen zu lassen und dem Leser zu vermitteln. Ihre Figuren agieren authentisch. Sie erweckt den Alltag der damaligen Zeit gekonnt zum Leben.

Neben den Flugzeugabstürzen und der daraus resultierenden Angst und Trauer schreibt Judy Blume aber auch im Fall Ihrer Protagonistin Miri über das Heranwachsen in einer Gemeinschaft mit Regeln und Werten und der ersten Liebe. Für die Familie war es wichtig, dass der zukünftige Schwiegersohn oder die zukünftige Schwiegertochter in Religion und Herkunft den Erwartungen entspricht. Demzufolge wurde darauf bereits bei der Auswahl der Freunde geachtet, die der Sohn oder die Tochter trafen. Die Autorin stellt Miri in Form ihres Onkels Henry einen Charakter zur Seite, der sie lehrt für ihre Meinung und Ansichten einzustehen, auch wenn dabei negative Konsequenzen zu erwarten sind.

Der Roman ist das erste Buch, das ich von der Autorin gelesen habe. Die reale Geschichte der Tragödie kombiniert mit der fiktiven Handlung zog mich in ihren Bann. In der ersten Hälfte des Buchs verfolgte ich verstört die Abstürze, bevor ich dann in der zweiten Hälfte mit Teilnahme darüber gelesen habe, welche Konsequenzen die einzelnen Personen aus diesen Unglücken gezogen haben. Gerne empfehle ich dieses Buch weiter.