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Gisel

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.08.2019

Beklemmend und verstörend

Harz
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Liv Haarder lebt mit ihren Eltern sehr abgeschieden. Offiziell gilt sie als tot, ertrunken in der Brandung. Das ist der Angst ihres Vaters zu verdanken, sie zu verlieren. Ihre Mutter ist unförmig dick ...

Liv Haarder lebt mit ihren Eltern sehr abgeschieden. Offiziell gilt sie als tot, ertrunken in der Brandung. Das ist der Angst ihres Vaters zu verdanken, sie zu verlieren. Ihre Mutter ist unförmig dick und kommt seit langem nicht mehr aus dem Bett heraus, sie kann auch nicht mehr sprechen. Ihr Vater schottet sich und seine Familie völlig von der Umwelt ab. So lebt Liv ein sorgsam abgeschirmtes Leben, nur in der Begleitung ihres Vaters und ihrer Mutter sowie der vielen angesammelten Dinge in Haus und Hof sowie einiger in Harz konservierter Tiere.

Es ist eine beklemmend verkehrte Welt, die vorwiegend aus Livs Sichtweise erzählt wird, eines Kindes, das diese verkehrte Welt als völlig normal erlebt. Aber auch die Erwachsenen dieser kleinen, begrenzten Welt dürfen zu Wort kommen – und trotz leichter Zweifel der Mutter gilt diese Sichtweise für die gesamte Kleinfamilie Haarder. Dies wird so meisterhaft und konsequent beschrieben, dass diese Beklemmung mit jeder Seite, die der Leser umblättert, noch mehr spürbar wird. Aber gleichzeitig sind die Innenansichten der Protagonisten völlig nachvollziehbar. Ganz zu Recht hat die Autorin Ane Riel für dieses Buch mehrere Literaturpreise gewonnen. Am Schluss dieser Geschichte musste ich erstmal tief durchatmen, um wieder aus der Beklemmung dieses Buches aufzutauchen.

Dieses Buch als Thriller einzuordnen fällt schwer. Es ist eher das Psychogramm eines gestörten Familienverbundes, und mit diesem Etikett wird jeder Leser genau das erhalten, was er sich von dieser Geschichte erwartet. Für dieses Buch vergebe ich sehr gerne 4 von 5 Sternen und empfehle es unbedingt weiter.

Veröffentlicht am 10.08.2019

Mobbing in seiner brutalen Form

R.I.P.
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Eine Jugendliche wird ermordet, Szenen davon werden über ihr Handy an ihre Freunde weitergeleitet. Das Polizei-Team um Kommissar Huldar zieht die Psychologin Freyja zu den Ermittlungen hinzu. Freyja stößt ...

Eine Jugendliche wird ermordet, Szenen davon werden über ihr Handy an ihre Freunde weitergeleitet. Das Polizei-Team um Kommissar Huldar zieht die Psychologin Freyja zu den Ermittlungen hinzu. Freyja stößt schnell darauf, dass die Tote eine andere Schülerin gemobbt hat. Doch als ein weiterer Jugendlicher ermordet aufgefunden wird und sein Tod über Snapchat an die Freunde verschickt wird, scheint es keine Berührungspunkte zwischen den beiden toten Jugendlichen zu geben. Der Fall scheint sehr verworren zu sein.

Die Autorin Yrsa Sigurdardóttir vertieft sich in diesem Buch in das Thema Mobbing, das sie zudem mit dem Thema Soziale Medien verknüpft. Es sind bittere Geschichten, die sie hier schildert, und dennoch sind sie völlig realistisch dargestellt. Um diese Themen rankt sie einen Kriminalfall, der sehr knifflig zu sein scheint. Die Wendungen, die sie in diese Ermittlungen einbaut, geben zusätzliche Rätsel auf, damit bleibt die Spannung konstant hoch. Als Meisterstück empfand ich die Auflösung des Kriminalfalls, denn bis kurz davor war ich unentwegt am Rätseln, doch immer passte etwas nicht. Etwas weniger gelungen fand ich die privaten Probleme der Ermittler, eigentlich sollte man sich wundern, dass bei all dem Rumgezicke überhaupt ehrliche Polizeiarbeit geschehen kann.

Obwohl das Buch der dritte Band der Reihe um den Kommissar Huldar und die Psychologin Freyja sind, kann man auch mit diesem Kriminalfall gut in das Geschehen einsteigen, denn die Geschichten sind in sich abgeschlossen, wichtige Informationen zu den handelnden Personen werden in das Geschehen eingestreut. Auch diesmal wieder gelang es der Autorin, mich sehr schnell mit dieser Geschichte zu fesseln, ich habe das Buch innerhalb kürzester Zeit verschlungen. Sehr gerne empfehle ich dieses Buch und überhaupt die Reihe weiter. Beim nächsten Fall bin ich unbedingt wieder dabei!

Veröffentlicht am 10.08.2019

Düstere Verzweiflung

Dunkelsommer
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Seit drei Jahren sucht Lelle nach seiner Tochter, jede Nacht fährt er systematisch mit seinem Auto durch die Gegend. Als ein weiteres Mädchen verschwindet, ahnt er Parallelen zu Linas Verschwinden. Doch ...

Seit drei Jahren sucht Lelle nach seiner Tochter, jede Nacht fährt er systematisch mit seinem Auto durch die Gegend. Als ein weiteres Mädchen verschwindet, ahnt er Parallelen zu Linas Verschwinden. Doch auch Hannah ist nicht aufzufinden. Derweil schlüpft die 17jährige Meja in der Familie ihres neuen Freundes unter. Zwar sind alle Familienmitglieder etwas seltsam und schotten sich ab, doch hier erlebt sie endlich den ersehnten familiären Zusammenhalt.

Düster ist die Grundstimmung in diesem Buch, man spürt in jeder Zeile Lelles Verzweiflung auf der erfolglosen Suche nach Lina. Düsternis herrscht auch in Mejas Leben, die bereits mit ihren knapp 18 Jahren dreißigmal mit ihrer Mutter umgezogen ist. Dieser dunkle Grundton der Erzählung ist schwierig zu ertragen beim Lesen, mehrere Male wollte ich das Buch weglegen und überhaupt nicht weiter lesen, vor allem weil diese Düsternis schier kein Ende nehmen möchte und sich ziemlich in die Länge zieht. Erst mit der Auflösung gelang es dem Buch, mich richtig zu fesseln, obwohl (oder vielleicht auch weil?) ich bereits ahnte, wer der Täter ist und welches Motiv ihn animierte. Vor allem Lelles Handeln konnte ich nicht immer nachvollziehen: Trotz seiner Verzweiflung ist er mir letztendlich zu sehr überzeichnet in seiner an Wahnsinn grenzenden Trauer mit dem gleichzeitigen Auftrag, seine Tochter wiederzufinden.

Wirklich überzeugen konnte mich das Buch nicht. Man kann es lesen, muss aber nicht.

Veröffentlicht am 07.08.2019

Ziemlich ausgefallen

So schöne Lügen
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Louise ist Ende 20 und hat sich das Leben in New York ganz anders vorgestellt. Mit Mühe und Not und mehreren Jobs kann sie sich halbwegs über Wasser halten. Als sie Lavinia kennenlernt, ist sie von deren ...

Louise ist Ende 20 und hat sich das Leben in New York ganz anders vorgestellt. Mit Mühe und Not und mehreren Jobs kann sie sich halbwegs über Wasser halten. Als sie Lavinia kennenlernt, ist sie von deren Leben völlig fasziniert: Sie ist wild, frei, wunderschön und vor allem unglaublich reich. Ihre Unternehmungen postet sie auf allen nur möglichen sozialen Netzwerken. Die beiden Frauen freunden sich an, ja Louise ist fasziniert von Lavinias Welt und hält sich nur zu gerne dort mit ihr auf. Doch wie kann diese ungleiche Freundschaft überhaupt bestehen bleiben?

Die Autorin Tara Isabella Burton lässt den Leser sehr genau die gegensätzlichen Lebenswelten von Louise und Lavinia kennenlernen. Kein Wunder wird Louise von dieser faszinierenden Welt geschluckt, um dann irgendwann zu merken, dass nicht alles so einfach ist, wie sie es sich vorgestellt hat. Doch einen simplen Weg zurück in ihre alte Welt gibt es nicht mehr, und an diesem Punkt der Erkenntnis steigt die Spannung gewaltig: Hier stellt sich die Frage, wohin kann das Ganze gehen und wie lange hält es sich noch? Andeutungen lässt die Autorin bereits ziemlich am Anfang fallen, doch die Erklärungen dazu kommen erst später und ziehen sich bis zum Schluss hin, der zu dieser Geschichte einfach nur passend ist. Allerdings fiel mir das Lesen nicht immer so einfach, weil die Protagonisten nicht wirklich sympathisch herüberkommen, sie sind als Antihelden konzipiert. Die teilweise sehr verschachtelten Sätze machten das Lesen zusätzlich schwer.

Ich finde es gar nicht so einfach, etwas über dieses Buch zu schreiben ohne zu spoilern. Es ist ziemlich ausgefallen geraten und hat mich dadurch etwas überrascht. Leider war mir der Spannungsbogen anfangs zu flach geraten, doch wer dies durchhält, wird mit einer recht unüblichen Geschichte belohnt. Dafür vergebe vier von fünf Sternen.

Veröffentlicht am 07.08.2019

Bezaubernd

An Nachteule von Sternhai
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Bett und Avery lernen sich per Mail kennen, weil ihre beiden schwulen alleinerziehenden Väter sich gefunden haben und möchten, dass die Mädchen sich unauffällig in einem Feriencamp kennenlernen sollen. ...

Bett und Avery lernen sich per Mail kennen, weil ihre beiden schwulen alleinerziehenden Väter sich gefunden haben und möchten, dass die Mädchen sich unauffällig in einem Feriencamp kennenlernen sollen. Doch Bett und Avery finden diese Idee gar nicht gut und beschließen, sich nicht darauf einzulassen. Dabei lernen sie sich in ihrem Austausch von Mails nach und nach immer besser kennen…

Welch eine bezaubernde Geschichte aus diesem Anfang entstanden ist! Nur durch die Mail- und Briefbeiträge der Beteiligten erfährt der Leser die Geschichte, die durch diese Entscheidung der Väter in Gang gesetzt wird. Erfrischend ist dabei, wie selbstverständlich der Familienentwurf dieser beiden Väter als Vorlage genommen wird und dabei eine Lanze für viel Toleranz in unserer Gesellschaft bricht. Überhaupt sind die Personen recht einzigartig gelungen, das lockert die Geschichte mit viel Humor auf.

Die beiden Mädchen, so völlig unterschiedlich in ihrem Temperament und in ihren Vorlieben, schildern dabei ihre Eindrücke aus der Sicht ihrer zwölf Jahre, was die Geschichte völlig authentisch wirken lässt. Aber auch andere Familienmitglieder dürfen zu Wort kommen, und aus diesen verschiedenen Sichtweisen kann sich der Leser die Geschichte herauslesen. Dabei greifen die beiden Autorinnen Holly Goldberg Sloan und Meg Wolitzer in die Vollen und bauen einige unerwartete Wendungen in die Erzählung ein, so dass der Leser gerne die Nase im Buch behält.

Diese völlig bezaubernde Geschichte hat mich schon auf den ersten Seiten überzeugt, so dass ich das Buch sehr gerne weiter empfehle, und ich vergebe eindeutige 5 von 5 Sternen.