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Gisel

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.12.2018

Der Freund des Opfers

Ein Winter in Paris
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Victor hat es geschafft, er ist zum Studium nach Paris gegangen. Einsam ist er bereits im ersten Jahr des Studiums, sein soziales Leben tendiert gegen Null. Erst im zweiten Jahr kann er sich die Freundschaft ...

Victor hat es geschafft, er ist zum Studium nach Paris gegangen. Einsam ist er bereits im ersten Jahr des Studiums, sein soziales Leben tendiert gegen Null. Erst im zweiten Jahr kann er sich die Freundschaft mit einem anderen Jungen vorstellen, Mathieu. Als der überraschend in den Tod springt, verändert sich alles für Victor. Er wird plötzlich als Freund des Opfers wahrgenommen, wird sichtbar für die anderen Schüler, für die Lehrer. Als Mathieus Vater in die Stadt kommt, schließt er sich Victor an. Gemeinsam tragen sie eine Weile das Wissen um Mathieus Tod.

In eher dürren Worten entwirft der Autor Jean-Philippe Blondel die Welt, in der Victor und Mathieu als Außenseiter zu bestehen haben. Während Victor irgendwie versucht, dem Druck etwas entgegenzusetzen, schafft Mathieu das nicht. Doch es ist Victor, der nach dem Tod des Kommilitonen ins Rampenlicht tritt, der nun endlich als Schüler und Mensch wahrgenommen wird. Und es ist gerade die Wortkargheit des Buches, die die Tragödie dieser Geschichte umso mehr herausarbeitet. Der Leser fühlt, dass die Protagonisten aneinander vorbei reden (und dies auch fühlen), und dennoch kann keiner aus seiner Rolle heraus. Obwohl das Buch mit seinen 189 Seiten eher dünn geraten ist, entfacht es sehr schnell eine ganze Welt voller Emotionen, zeigt diese auf, lässt sie den Leser schmecken.

Damit entsteht eine Geschichte, die bis ins Innerste berührt, ja teilweise verstört. Dafür vergebe ich vier von fünf Sternen und empfehle das Buch sehr gerne weiter.

Veröffentlicht am 20.12.2018

Aufrüttelnd

Deutsches Haus
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Frankfurt, 1963. Die junge Dolmetscherin Eva steht kurz vor ihrer Verlobung. Da wird sie gebeten, bei einem Prozess die Zeugenaussagen zu übersetzen. Durch ihre Arbeit beginnt sie, sich mit den Aussagen ...

Frankfurt, 1963. Die junge Dolmetscherin Eva steht kurz vor ihrer Verlobung. Da wird sie gebeten, bei einem Prozess die Zeugenaussagen zu übersetzen. Durch ihre Arbeit beginnt sie, sich mit den Aussagen zum ersten Auschwitz-Prozess auseinanderzusetzen. Doch seltsamerweise sind sowohl ihr Verlobter wie auch ihre Eltern dagegen. Eva widersetzt sich und nimmt die Herausforderung an, nicht ahnend, wie sehr dieser Prozess sowohl das Land wie auch ihr eigenes Leben verändern wird.

Sehr eindringlich und gleichzeitig gut verständlich nimmt sich die Autorin Annette Hess dem Thema Schuld an: die Schuld, die eine ganze Nation auf sich geladen hat. Es ist immer noch ein schwieriges Thema, wobei der Umgang damit zu jener Zeit noch viel ungeübter war als heute. Die Autorin schafft es hervorragend, die Atmosphäre um den Auschwitz-Prozess heraufzubeschwören und dem Grauen dazu einen Namen zu geben. Wie auch für Eva ist es nicht leicht, darüber zu lesen, doch die Protagonisten sind gut getroffen und lassen den Leser die Geschehnisse gut miterleben. Sehr differenziert wird die Problematik von verschiedenen Seiten gezeigt.

Ein historischer Roman, der sich kompetent und einfühlsam mit dem Auschwitz-Prozess um die Verantwortlichen an den Gräueltaten des Holocaust auseinandersetzt. Die Menschen, die selbst in dieser Auseinandersetzung steckten, sind sehr gut dargestellt, ihre Ängste und Hoffnungen erhalten genau den richtigen Raum.

Ein Buch, das zu Recht noch lange nachwirkt. Deshalb empfehle ich es unbedingt weiter und vergebe alle fünf möglichen Sterne.

Veröffentlicht am 19.12.2018

Das faszinierende Leben des Johann Georg Faustus

Der Spielmann (Faustus-Serie 1)
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Im Jahr 1486 sieht der kleine Johann Faustus, wie in seinen Heimatort eine Gauklertruppe Einzug hält. Unter ihnen ist der Spielmann und Magier Tonio del Moravia, und noch ahnt der Junge nicht, welche Rolle ...

Im Jahr 1486 sieht der kleine Johann Faustus, wie in seinen Heimatort eine Gauklertruppe Einzug hält. Unter ihnen ist der Spielmann und Magier Tonio del Moravia, und noch ahnt der Junge nicht, welche Rolle dieser in seinem Leben spielen wird. Denn Johann wird sich dem Magier nach dem Tod seiner Mutter anschließen, wird bei ihm in die Lehre gehen. Wissbegierig saugt Johann alles auf, was er von Tonio lernen kann. Doch es gibt auch eine unheimliche Seite an Tonio, und bald kann sich Johann des Gedankens nicht mehr erwehren, dass von den Lehren seines Lehrers große Gefahr ausgeht…

Das Leben des Johann Georg Faust, der mit dem Teufel einen Pakt abgeschlossen habe – eine faszinierende Geschichte aus dem Mittelalter, die nicht nur Goethe, sondern auch viele andere in ihren Bann gezogen hat. Auch Oliver Pötzsch, bekannt für seine Romane um die „Henkerstochter“, hat sich von dieser Faszination anziehen lassen. Mit viel Hintergrundwissen lässt er die Zeit im 15. Jahrhundert auferstehen, lässt den Leser teilhaben am Leben der fahrenden Gaukler, der Studierenden, überhaupt der Menschen der damaligen Zeit. Sehr schnell kann der Leser in diese uns Heutigen unbekannte Welt abtauchen, lernt hier Margarethe kennen, Johanns Freundin noch aus Kinderzeiten, dort den Studienfreund Valentin, und zieht mit Johann durch die Lande. Mit Johann bangt er um seine geliebte Margarethe und wegen der Gefahren am Wegesrand, macht sich Sorgen um die Zukunft oder sogar schon um die nächste Mahlzeit. Der Autor versteht es, seine Leser zu umschmeicheln wie es die Gaukler der Geschichte nicht besser könnten.

Man merkt dem Autor an, wie sehr ihn der Stoff fasziniert hat, und in einem Nachwort gibt er einige Erklärungen dazu ab. Alles in allem ist dieser historische Roman allen zu empfehlen, die sich für die Geschichte des Johann Faust sowie überhaupt für Romane mit einem fundierten historischen Hintergrund interessieren. Da schmelzen auch die knapp 800 Seiten recht schnell dahin. Von mir gibt es alle fünf möglichen Sterne!

Veröffentlicht am 19.12.2018

Mehr erwartet

Berührung
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Berührungen – sie sind für uns wichtig unser ganzes Leben lang, ein Grundbedürfnis, das sogar noch vor der Geburt beginnt. Ohne Berührung können Menschen erkranken. Andererseits können Berührungen auch ...

Berührungen – sie sind für uns wichtig unser ganzes Leben lang, ein Grundbedürfnis, das sogar noch vor der Geburt beginnt. Ohne Berührung können Menschen erkranken. Andererseits können Berührungen auch therapeutisch eingesetzt werden.

Die Autoren Prof. Dr.med. Bruno Müller Oerlinghausen und Gabriele Mariell Kiebgis stützen sich auf ihre Forschungen zum Thema Berührungen und bieten neben fundierten Informationen zum Thema mit vielen Fallbeispielen auch praktische Übungen zur Entwicklung eines neuen Körperbewusstseins. Das fiktive Pärchen allerdings, dessen Geschichte die Fakten anschaulich werden lassen sollen, wirkt zu hölzern, um glaubwürdig zu sein. Der Sprachstil ist teilweise sehr gut zu lesen, andere Passagen sind mit medizinischen Begriffen überfrachtet.

Das Buch hat mich etwas enttäuscht hinterlassen. Vieles aus dem Inhalt kannte ich schon, stattdessen hatte ich mir mehr erwartet, was ich für den Alltag umsetzen kann. Deshalb kann ich leider nur 3 von 5 Sternen vergeben.

Veröffentlicht am 14.12.2018

Voller Spannung und guter Ideen

Lukas und die Meckerschweinchen
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Lukas hat eine ganz besondere Begabung: Wenn er sein Hörgerät ausschaltet, kann er die Sprache der Tiere verstehen. Im Tierpark erfährt er so, dass das Meerschweinchen Lilli verschwunden ist. Zusammen ...

Lukas hat eine ganz besondere Begabung: Wenn er sein Hörgerät ausschaltet, kann er die Sprache der Tiere verstehen. Im Tierpark erfährt er so, dass das Meerschweinchen Lilli verschwunden ist. Zusammen mit seinem Kater Millicent, seiner Freundin Marie und deren Riesendogge Horst will er das Meerschweinchen wieder nach Hause bringen. Was macht wohl der Tierpfleger Willi nachts im Tierpark - hat er Lilli entführt?

Eine spannende Geschichte für Kinder ab 8 Jahren! Die beiden Kinderfiguren sind sehr liebevoll angelegt und gehen mit ihren Handicaps sehr konstruktiv um: Lukas kann die Tiere verstehen, wenn er sein Hörgerät abschaltet, und Marie ist so klein, dass sie oft übersehen wird. Aber dafür kann sie manches erledigen, was nur geht, wenn man unbeachtet bleibt. Auch die beiden Haustiere sind originelle Figuren, der brave Hund Horst und der eigenwillige Kater Millicent, sie haben auch ihren Anteil an den Ermittlungen. Selbst die Tiere im Tierpark, die Meerschweinchen und die Kaninchen, die im gemeinsamen Gehege gehalten werden und sich gar nicht so gut verstehen, aber auch die anderen Tiere sind sehr individuell gestaltet. Die farbigen Illustrationen ergänzen auf allerbeste Weise den Text und helfen kleinen Erstlesern beim Selberlesen.

Insgesamt ein Buch voller Spannung und guter Ideen, das sowohl Mädels als auch Jungs (und vorlesende Erwachsene) gut anspricht. Das Problem des verschwundenen Meerschweinchens wird mit einer originellen Idee zu einem guten Ende geführt und zeigt einen äußerst konstruktiven Lösungsvorschlag, bei dem alle letztendlich zum Gewinner werden.

Deshalb empfehle ich das Buch sehr gerne weiter und vergebe alle fünf möglichen Sterne.