Platzhalter für Profilbild

Gisel

Lesejury Star
offline

Gisel ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Gisel über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.11.2018

Rabenschwarzer Humor und viel Wortwitz

Man muss auch mal loslassen können
0

Charlotte, Wilma und Jessy sind fest entschlossen, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Als sie sich in einer Beratungsstelle treffen, beschließen sie, diese Aktion gemeinsam durchzuführen. Doch irgendwie will ...

Charlotte, Wilma und Jessy sind fest entschlossen, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Als sie sich in einer Beratungsstelle treffen, beschließen sie, diese Aktion gemeinsam durchzuführen. Doch irgendwie will es nicht klappen. An einer Tankstelle geraten sie an Ralle und Moritz, die einen Raubüberfall planen. Ob es mit ihnen zusammen besser klappt? Fünf „Loser der Nation“ treffen mit Wucht aufeinander…

So ergibt sich eine vergnügliche Geschichte, die mal mehr, mal weniger ernst bleibt. Denn die drei Frauen hätten sich sonst nie getroffen, und auch mit den beiden Männern hätte es keine Gemeinsamkeiten gegeben. So ergeben sich viele Ereignisse voller Situationskomik, die vom Wortwitz der Autorin unterstrichen werden. Dabei nimmt die Geschichte zunehmend an Fahrt auf. Mehrmals musste ich schmunzeln oder gar lauthals loslachen über den rabenschwarzen Humor der Autorin.

Man sollte nicht glauben, wie witzig ein Buch geraten kann, das sich als Thema den Selbstmord der Protagonisten aussucht! Nicht immer konnte ich die Handlungen der Geschichte nachvollziehen, vor allem in der ersten Hälfte des Buches fiel mir das eher schwer. Doch danach gewinnt die Handlung an Leichtigkeit, es gibt unerwartete Veränderungen, die auch die Geschichte positiv beeinflussen, frei nach dem Motto: „Leben ist das, was passiert, während du es planst.“ (S. 147) Da konnte ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen.

Eine Geschichte, die anfangs mit ihrem Potenzial zurückhält, aber dann doch noch gut in Fahrt kommt, deshalb möchte ich sie gerne weiter empfehlen.

Veröffentlicht am 26.11.2018

New Yorks erster Mafia-Jäger

Black Hand
0

1903 droht New York City in den Anschlägen der ersten Mafia in der Stadt zu versinken: Entführungen, Erpressungen, Bombenanschläge beherrschen den Alltag der italienischen Einwanderer. Da beginnt ein junger ...

1903 droht New York City in den Anschlägen der ersten Mafia in der Stadt zu versinken: Entführungen, Erpressungen, Bombenanschläge beherrschen den Alltag der italienischen Einwanderer. Da beginnt ein junger Mann italienischer Abstammung eine Ausbildung bei der Polizei – er wird eine entscheidende Figur im Kampf gegen die Mafia werden.

Der Autor Stephan Talty erzählt das Leben des ersten italienischen Detectives in New York, der sich dem Kampf gegen die Machenschaften der Mafia verschrieben hatte und dabei sehr erfolgreich war. Das Buch orientiert sich dabei an den historischen Gegebenheiten über Joseph Petrosino und stützt sich auf vielerlei Quellen, die es zu diesem Thema gibt. So entsteht ein Sachbuch, das die Fakten mit vielerlei belegten Anekdoten um diesen genialen Polizisten würzt. Petrosino arbeitet sich von ganz unten hoch, er muss sich aber auch immer wieder der Vorurteile seiner Mitmenschen gegenüber den italienischen Einwanderern erwehren.

Das Buch bleibt eng an den tatsächlichen Ereignissen, es wird nichts dazu erfunden, was nicht belegt ist, schließlich ist das Buch ja als Sachbuch konzipiert. Das allerdings bedeutet auch immer wieder Sprünge in der Erzählung, andererseits gibt es mehrfach Wiederholungen. Ein bisschen fehlte mir der rote Faden, so dass ich mich beim Lesen zunehmend schwer tat dabeizubleiben. Gut gelungen und äußerst informativ ist allerdings, wie der Autor die Situation der italienischen Einwanderer darstellt, die in der amerikanischen Gesellschaft keinen guten Stand hatten.

Dem Autor ist ein beeindruckendes und informatives Sachbuch über eine einzigartige Persönlichkeit im New York des angehenden 20. Jahrhunderts gelungen, das allerdings manchmal etwas langatmig daherkommt.

Veröffentlicht am 20.11.2018

Aufrüttelnd

Die verlorene Schwester
0

Nach dem Tod ihres Vaters werden die Schwestern Lena und Marie der kranken Mutter von der Fürsorge entrissen und kurz darauf voneinander getrennt. Während Lena auf einem Bauernhof als Verdingkind schwer ...

Nach dem Tod ihres Vaters werden die Schwestern Lena und Marie der kranken Mutter von der Fürsorge entrissen und kurz darauf voneinander getrennt. Während Lena auf einem Bauernhof als Verdingkind schwer arbeiten muss und dabei auch Prügel bezieht, trifft Marie es besser, denn sie kommt bei Menschen unter, die sie als Pflegekind aufziehen. Doch es scheint, als ob sich die beiden Schwestern nie wiedersehen werden. – Viele Jahre später erfährt Anna, dass sie adoptiert wurde. Sie macht sich auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter.

Die Autorin Linda Winterberg nimmt sich in diesem Buch dem schweren Thema der Verdingkinder an, die zum größten Teil ein schweres Leben hatten. Es waren Kinder, die in die Fürsorge gerieten und zur Arbeit weiter vermittelt wurden, meistens an Bauernhöfe, wo sie oft kein freundliches Schicksal erwartete. Die Autorin fügt in ihrem Nachwort einige Worte zu diesen Kindern bei und zu der Ungerechtigkeit, die ihnen zugefügt wurden. So ist es nicht verwunderlich, dass die hier geschilderten Schicksale der beiden Mädchen beim Lesen tief berühren. Ich habe mir daraufhin weitere Informationen dazu gesucht, denn es scheint nicht glaubhaft, dass es solche Lebensläufe bis in die 1980er Jahre gegeben hat – und ja, das hat es.

Weniger gelungen ist der Autorin der zweite Erzählstrang um Anna, die ohne Vorbereitung von ihrem Schicksal als Adoptivkind erfährt. Hier herrscht mir zu viel Schwarz-Weiß-Malerei vor, hier die leibliche Mutter, die sich nach ihrem Kind sehnt, dort die kaltherzige Pflegemutter, die nie ein enges Verhältnis zu ihrem Pflegekind aufnehmen kann. Die Thematik der Adoptiv- und Pflegekinder mit ihren Familien geraten zur Schablone und geht überhaupt nicht in die Tiefe. Selbstverständlich beginnen Kinder, die nicht in der leiblichen Familie aufgewachsen sind, nach ihren Wurzeln zu suchen, und das ist ein schmerzhafter Prozess, der hier auf das Wiederfinden der leiblichen Mutter reduziert wird. In dieser Hinsicht kann ich von diesem Buch nur abraten. Der schlechte Ruf, den viele Pflegefamilien haben, wird unbedacht weiter vertieft.

Meiner Ansicht nach wäre es sinnvoller gewesen, sich bei diesem Buch nur auf die Thematik der Verdingkinder zu stützen, zwei große Themen in einem Roman sind zu viel.

So hinterlässt mich das Buch sehr zwiegespalten. Es rüttelt auf durch die Thematik der Verdingkinder, hier ist es eindeutig und unbedingt weiter zu empfehlen. Ich vergebe nur aus diesem Grund 3,5 Sterne, die ich auf vier erhöhe, mit der Empfehlung, das Thema Pflegekinder in diesem Buch nicht ernst zu nehmen.

Veröffentlicht am 20.11.2018

Leben ist...

Ich komme mit
0

Durch Zufall beginnt die 72jährige Vita Maier, sich um den jungen Studenten Lazy zu kümmern, der mit der Diagnose Leukämie aus dem Krankenhaus entlassen wird. Lazys junge Liebe zu Elsie unterbricht die ...

Durch Zufall beginnt die 72jährige Vita Maier, sich um den jungen Studenten Lazy zu kümmern, der mit der Diagnose Leukämie aus dem Krankenhaus entlassen wird. Lazys junge Liebe zu Elsie unterbricht die Krankheit jäh und unwiderruflich, seine Pläne lösen sich in Rauch auf. Da ist es Vita, die ihn unter ihre Fittiche nimmt, und es beginnt eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen diesen beiden Menschen, die sich vorher nie richtig wahrgenommen haben, sich nun aber wiederfinden in ihrer Lebensmüdigkeit.

Es ist ein trauriger, humorvoller, schräger Roman, den die Autorin Angelika Waldis zu dieser Thematik geschrieben hat. Die beiden Menschen, die sich nun in einer Schicksalsgemeinschaft zusammen gefunden haben, machen es sich zur Aufgabe, ganz viele Überlegungen zum Thema „Leben ist…“ zu machen. Hier gerät das Buch ins Philosophische, so gut wie jeden dieser Sätze könnte man sich hier herausfischen und als Bonmot festhalten. Überhaupt gelingt es der Autorin, das Schwere des Buches mit vielen skurrilen Einfällen wieder wettzumachen, die sie ihren Protagonisten auf den Leib schreibt. Ihr fesselnder und humorvoller Schreibstil tut ein Übriges, dass man das Buch trotz der zugrundeliegenden Trauer nicht aus der Hand legen mag.

Dieses Buch möchte ich deshalb unbedingt weiter empfehlen. Taschentücher bereithalten und sich verzaubern lassen von einer unglaublichen und tief berührenden Geschichte, sie wird immer wieder für ein Lächeln im Gesicht sorgen!

Veröffentlicht am 19.11.2018

Paranoia oder begründete Angst?

Vier.Zwei.Eins.
0

Laura und Kit sind jung und verliebt, als sie 1999 eine totale Sonnenfinsternis in Cornwall erleben. Es scheint für beide die Liebe ihres Lebens zu sein, dies ist die erste Sonnenfinsternis, die sie zusammen ...

Laura und Kit sind jung und verliebt, als sie 1999 eine totale Sonnenfinsternis in Cornwall erleben. Es scheint für beide die Liebe ihres Lebens zu sein, dies ist die erste Sonnenfinsternis, die sie zusammen erleben. Doch im fahlen Dämmerlicht danach wird Laura Zeugin einer Vergewaltigung, Kit kommt erst später hinzu. Vor Gericht bestreitet der Vergewaltiger alles, es steht Wort gegen Wort, so dass nicht klar ist, ob er seine Strafe je erhalten wird. Währenddessen sucht die junge Frau Kontakt zu Laura, schleicht sich unmerklich in das Leben der beiden Verliebten. Laura und Kit müssen untertauchen, doch Beth ist immer auf der Suche nach ihnen…

Diese rasante Geschichte wird aus der Perspektive von Kit und Laura erzählt, abwechselnd erfährt der Leser die Sichtweise der beiden Protagonisten. So kann man sehr schnell die Handlung nachvollziehen und die Motive des jeweils Erzählenden erkennen. Schon gleich zu Beginn ist die Gefahr unterschwellig vorhanden, selbst wenn noch nicht alle Einzelheiten aufgedeckt sind. Dabei geben überraschende Wendungen immer wieder neue Einblicke frei, manches wird fraglich, was bisher so sicher erschien. Das ist hervorragend gemacht, es erhöht die Spannung von Seite zu Seite und treibt die Handlung unaufhaltsam voran. Mit allen ungeahnten Konsequenzen, die sich aus vielerlei Geheimnissen heraus bilden. Doch jedes Geheimnis wird seinen Träger irgendwann einholen, den einen früher, den anderen später… Als Leser merkt man, dass da immer noch mehr dahinterstecken muss, und so fragt man sich immer wieder, was denn nun Paranoia und was begründete Angst ist.

Ein Buch, das wahrlich zum Pageturner geworden ist und das ich sehr gerne weiter empfehle.