Platzhalter für Profilbild

Gisel

Lesejury Star
offline

Gisel ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Gisel über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.07.2018

Katrinas ganz besonderer Weg

Hyde
0

Katrina ist mit ihrer Schwester in Hyde aufgewachsen, in einem Haus im Wald, unter der liebevollen Betreuung ihres Vaters. Nach einem Unfall ist sie nun plötzlich allein auf sich gestellt. Voller Wut möchte ...

Katrina ist mit ihrer Schwester in Hyde aufgewachsen, in einem Haus im Wald, unter der liebevollen Betreuung ihres Vaters. Nach einem Unfall ist sie nun plötzlich allein auf sich gestellt. Voller Wut möchte sie sich an allen rächen, die ihr dies angetan haben. Als sie in einem verlassenen Haus landet, beginnt sich ihr Leben nach und nach zu ändern – zunächst unbemerkt von ihr. Und sie kommt so langsam einem großen Geheimnis auf die Spur.

Vielseitig aufgebaut ist diese Protagonistin, wie die Autorin Antje Wagner sie schildert. Viele Facetten ihrer Emotionen werden dargestellt, die Wut, die Rachegedanken, das Entsetzen darüber, was mit ihr und ihrer Schwester geschehen ist, bis hin zu den Zweifeln an allem, was ihr in ihrem bisherigen Leben wichtig war. Aber auch ihre positiven Gefühle erhalten ihren Platz in der Geschichte. Mysteriöse Elemente bringen einen Hauch des Andersartigen in die Erzählung hinein. Das Seltsame, das aus dem Alltäglichen heraus erwächst, erhält eine in mehrfacher Hinsicht besondere Bedeutung – welche überhaupt, das erschließt sich dem Leser erst ganz zum Schluss der Geschichte.

Vielerlei Symbole hat die Autorin in die Erzählung eingebaut. Die verschiedenen Erzählebenen werden auf eine unerwartete Weise miteinander verbunden, so dass die Erzählung eine verblüffende Wendung erhält.

Diese äußerst spannende Verquickung des Alltäglichen und des Mysteriösen lässt einen Roman entstehen, der die Spannung bis zum Schluss hoch hält. Dieses Leseerlebnis möchte ich gerne mit vier von fünf Sternen honorieren sowie einer unbedingten Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 23.07.2018

Über die kleinen Wehwehchen in der Meereswelt

Ein Pflaster für den Zackenbarsch
0

Der Doktorfisch und sein Assistent, der Kofferfisch, haben ganz schön viel zu tun im Meer: Da müssen beim Familienfest der Kraken die verknoteten Tentakel wieder auseinander gefieselt werden, dort klagt ...

Der Doktorfisch und sein Assistent, der Kofferfisch, haben ganz schön viel zu tun im Meer: Da müssen beim Familienfest der Kraken die verknoteten Tentakel wieder auseinander gefieselt werden, dort klagt der Wal über Bauchschmerzen, und sogar die Forelle möchte Hilfe von den beiden. Mit viel Lebensweisheit meistert der Doktorfisch die Anfragen und beantwortet souverän nebenher noch die neugierigen Fragen des Kofferfischs.

Neun kleine Geschichten versammelt der Autor Jens Rasmuss in diesem Buch über die Welt im Meer und über die kleineren und größeren Wehwehchen, die die Fische im Wasser plagen. Dabei spart er nicht mit humorvollen Einlagen, auch Erwachsene können sich freuen an der Idee, wie sich die vielen Krakenarme miteinander verknoten, wie geschickt der Kofferfisch den Hai in seine Grenzen zurückweisen kann oder wie es sich anfühlt, als Fisch die Nässe zu spüren. Die Zeichnungen zu den Geschichten ergänzen die Erzählung sehr gut. Lediglich die Geschichte mit dem Pflaster für den Zackenbarsch dürfte für Kinder nicht ganz nachvollziehbar sein, sie erscheint mir eher für die Erwachsenen geschrieben. Die Kinder finden sich wieder in einer Welt, die ihrer eigenen doch gar nicht so verschieden ist. Und das ist auch ganz gut so, denn so sind die Lösungen gut in den eigenen Alltag zu übertragen. Die Spannung ist genau dosiert für kleine Leseeinheiten, die sich anbieten für weitergehende Fragen der Kleinen.

Ein klares Vorlesevergnügen sowohl für die Großen wie auch für die Kleinen ab dem Kindergartenalter. Von mir gibt es dafür 4,5 von 5 Sternen sowie eine klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 23.07.2018

Der bisher persönlichste Fall für Klufti

Kluftinger
0

Klufti ist stolzer Opa – und plötzlich erscheint ein Holzkreuz mit seinem Namen auf dem Friedhof, in der Zeitung taucht eine Todesanzeige auf. Kluftinger mag das alles gar nicht so ernst nehmen, doch bald ...

Klufti ist stolzer Opa – und plötzlich erscheint ein Holzkreuz mit seinem Namen auf dem Friedhof, in der Zeitung taucht eine Todesanzeige auf. Kluftinger mag das alles gar nicht so ernst nehmen, doch bald wird klar, dass das nicht einfach ein Dummer-Junge-Streich ist. Wer nur kann dahinterstecken, wer hat noch eine alte Rechnung mit ihm offen, so sehr, dass es um Leben und Tod geht? Kluftinger fallen dann doch noch ein paar Erinnerungen ein, die zu dieser Jagd auf ihn führen könnte.

Der zehnte Fall für den grantelnden Kommissar aus dem Allgäu wird zum persönlichsten seiner ganzen Laufbahn. Sie reicht auch am weitesten in seine Vergangenheit hinein. Und dabei wird endlich das große Geheimnis um seinen Namen gelüftet! Die Fallbearbeitung mit seinem Team, die Rückblicke in seine Vergangenheit lassen den Leser nicht daran zweifeln: Er gehört noch lange nicht zum alten Eisen, er ist noch genauso gut im Ermitteln wie bisher auch. Aber auch die andere Seite ist wieder gut dargestellt, wenn er einfach nur kauzig dargestellt wird, dass einem beim Lesen ein Dauergrinsen im Gesicht erscheint. Köstlich zum Beispiel der Autokauf für die junge Familie Kluftinger!

Trotz seinem dicken Umfang liest sich das Buch also weg wie alle bisherigen Bände um den Kult-Ermittler aus dem Allgäu. Zwischendrin habe ich tatsächlich überlegt, ob dies der letzte der Reihe sein sollte, ob es ihm diesmal wirklich an den Kragen geht. Doch sehr enttäuscht hat mich dann das Ende, das mich einfach nur verwirrt hinterlassen hat. Das soll es für den Jubiläumsband gewesen sein? Echt jetzt? Aber auch sonst habe ich die Leichtigkeit vermisst, mit der Kluftis Eigenheiten und seine besondere Ermittlungsgabe verbunden wurden, diesmal kommt vieles sehr bemüht daher.

Manches war dennoch spannend zu lesen, der beste Klufti der Reihe war es für mich definitiv nicht. Selbst Klufti-Fans dürften leise Enttäuschung bei diesem Band zeigen. Es reicht bei mir gerade mal noch für vier Sterne und (gemessen an den bisherigen Bänden der Reihe) eine nicht ganz so überzeugte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 23.07.2018

Der Wert eines Menschenlebens

Das Meer löscht alle Spuren
0

Bei ihrer Flucht aus dem Iran werden der Dichter Manash Ismail und seine Frau Amina getrennt: Während er in einem Auffanglager in Dänemark landet, verschwinden ihre Spuren auf dem Weg nach London. Ismail ...

Bei ihrer Flucht aus dem Iran werden der Dichter Manash Ismail und seine Frau Amina getrennt: Während er in einem Auffanglager in Dänemark landet, verschwinden ihre Spuren auf dem Weg nach London. Ismail ist sehr gefragt für ein Interview, doch er möchte nur Nora Sand dafür haben, wenn sie ihn im Gegenzug dafür hilft, seine Amina zu finden. Damit beginnt für Nora eine abenteuerliche und schwierige Suche, die sie mehr als einmal in eine gefährliche Situation bringt.

Der Thriller von Autorin Lone Theils greift ein aktuelles Thema auf und lässt eine brisante Story daraus entstehen. In ihrem Buch sind die Flüchtlinge, wenn sie denn endlich in einem „sicheren“ Land ankommen, noch lange nicht aus all ihren Ängsten heraus. Im Gegenteil, es gibt einige skrupellose Menschen, die sich die ungeklärten Verhältnisse der Flüchtenden zunutze machen, um selbst einen bedeutenden materiellen Vorteil daraus zu schöpfen. Zimperlich sind sie dabei überhaupt nicht, dafür ist es umso schwerer, ihnen auf die Schliche zu kommen. Deshalb hat auch Nora sehr viele Schwierigkeiten, Aminas Spuren zu finden. Es dauert eine Weile, bis ihre Bemühungen endlich Früchte tragen. Wer jedoch diese Durststrecke beim Lesen überwindet, wird mit einer solchen Spannung belohnt, dass
man immer weiterlesen will.

Nachdenklich hinterlässt einen das Schicksal des Ehepaares, das auf der Flucht getrennt wurde und dabei schwersten Schaden nimmt: Kann es wirklich sein, dass wir in unseren ach so reichen Ländern so unverantwortlich umgehen mit Menschen in Not? Diese Frage hat bei mir noch lange nachgeklungen, einfach so herunterlesen konnte ich das Buch nicht.

Nora ist sehr überzeugend dargestellt, sie ist sehr sympathisch in ihrem beruflichen Engagement, das von viel Menschlichkeit zeugt, während ihr Privatleben eher etwas unschlüssig umherschlingert. Sehr gerne möchte ich noch weitere Recherchen mit ihr erleben. Den ersten Band der Reihe kenne ich noch nicht, den muss ich unbedingt noch lesen.

Für die spannenden Lesestunden und das nachdenkliche Moment dieses Thrillers vergebe ich gern 4 von 5 Sternen sowie eine überzeugte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 19.07.2018

Wenn die Zeit nicht alle Wunden verheilt...

Wie man die Zeit anhält
0

Tom Hazard hat ein großes Geheimnis: Er sieht aus wie vierzig, ist aber in Wirklichkeit schon über 400 Jahre alt. Die Liebe seines Lebens starb schon im 17. Jahrhundert. Seine Tochter hat seine Veranlagung ...

Tom Hazard hat ein großes Geheimnis: Er sieht aus wie vierzig, ist aber in Wirklichkeit schon über 400 Jahre alt. Die Liebe seines Lebens starb schon im 17. Jahrhundert. Seine Tochter hat seine Veranlagung übernommen, ist aber verschwunden, und seit Jahrhunderten sucht er nach ihr. Seither ist er einsam, denn bis auf Menschen, die ähnlich verzögert altern wie er, kann er keine Kontakte knüpfen, viel zu gefährlich sind diese Bekanntschaften. Er weiß genau, dass er sich nicht verlieben darf. Doch nun tritt Camille in sein Leben. Mit ihr verändert sich alles.

Mit viel Einfühlungsvermögen erzählt der Autor Matt Haig von diesem Menschen, der sich nach Jahrhunderten der Einsamkeit so unendlich nach menschlicher Nähe sehnt. Die Geschichte verläuft in zwei Ebenen, so dass der Leser sowohl Toms Gegenwart kennenlernt wie auch seine Vergangenheit in den letzten Jahrhunderten. Man merkt sehr schnell, dass für Tom eine Veränderung ansteht, auch wenn lange unklar ist, wie eine solche denn aussehen könnte, denn seine Situation scheint ausweglos zu sein. Umso überraschender sind die Wendungen, die der Autor eingebaut hat, wie auch das Ende des Buches.

Die Frage nach den Folgen, die es hätte, wenn man jahrhundertelang leben könnte, als einer der wenigen in der Menschheit, und deshalb untertauchen müsste, fließt sehr überzeugend in die Geschichte hinein. Es entbehrt deshalb auch nicht der Komik, wenn Tom sich mit der Frage herumschlägt, wie er in der Menge untergehen könnte, obwohl er doch nach einiger Zeit eindeutig auffallen muss. Und es bleibt nachhaltig ein Nachdenken darüber, was Menschlichkeit bedeutet, wie wir diesen Begriff, jeder für sich, füllen möchte, und nach dem Sinn des Lebens.

Mich hat das Buch schnell in seinen Bann ziehen können. Die Mischung an Spannung und hintergründigem Humor finde ich sehr gelungen, so dass ich sehr gerne starke vier Sterne sowie eine unbedingte Leseempfehlung hinterlasse.