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Gisel

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.01.2018

Spannende Mischung aus Fiktion und Fakten

Zona Rossa
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Nach dem Erdbeben in den Abruzzen 2009 ist die Stadt L’Aquila zerstört, die Menschen sind in Notunterkünften untergebracht. Die Versprechungen der Politik sind groß, doch bei den Bewohnern der Stadt herrscht ...

Nach dem Erdbeben in den Abruzzen 2009 ist die Stadt L’Aquila zerstört, die Menschen sind in Notunterkünften untergebracht. Die Versprechungen der Politik sind groß, doch bei den Bewohnern der Stadt herrscht Ungewissheit über die Zukunft vor. Der Wiederaufbau liegt noch in weitester Ferne, an eine Rückkehr ist nicht zu denken. Provisorische Wohnungen sollen erbaut werden, in die die Menschen einziehen können.

Unter diesen Umständen kämpft Viola um das Leben ihres elfjährigen Sohnes, der nach dem Erdbeben im Koma liegt, und trauert gleichzeitig um den Rest ihrer Familie, ihren Ehemann und ihre Tochter. Da erfährt sie, dass ihr Mann einem gefährlichen Geheimnis auf der Spur war. Viola beginnt nachzuforschen, was das sein könnte, und kommt zusammen mit einigen ihrer Bekannten zu der Erkenntnis, dass einige Firmen beim Bau der Häuser minderwertige Baumaterialien verwendet haben und sich dabei eine goldene Nase verdient haben, unterstützt von der Mafia. Bei ihren Recherchen geraten Viola und einige ihrer Freunde in Lebensgefahr…

Die Autorin Sara More beschreibt mit „Zona Rossa – Gefahr für L’Aquila“ eine Geschichte, die sowohl mit erfundenen Protagonisten arbeitet, aber auch viele der zusammengetragenen Fakten einarbeitet. Die Fakten sind kursiv in die Erzählung eingebettet – und ehrlich, wenn diese nicht dabei wären, hätte ich die Geschichte für völlig überzogen gehalten. Doch diese Geschichte baut auf den tatsächlichen Vorkommnissen auf – es ist kaum zu fassen, was alles schief gelaufen ist. Diese Mischung aus Fakten und Fiktion ist jedoch äußerst spannend und macht für mich den besonderen Reiz des Buches auf. Das Ende des Buches ist recht offen gehalten, so dass man auf eine Fortsetzung der Geschichte hoffen darf.

Mit diesem Buch ist es der Autorin gelungen, mein Interesse für die Geschehnisse in L’Aquila erneut zu wecken und zu verfolgen, wie es dort weitergeht. Die Unterlegung der fiktiven Geschichte mit Fakten geht unter die Haut, manchmal musste ich einfach nur noch den Kopf schütteln. Möge das Buch auch weitere Leser betroffen und neugierig machen! Deshalb spreche ich eine unbedingte Leseempfehlung aus und vergebe alle nur möglichen Sterne.

Veröffentlicht am 16.01.2018

Zäh wie Sirup

Das Jesus-Experiment
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Der Hirnforscher Tom Jennings hat ein bahnbrechendes Verfahren erfunden, mit dem vererbte Erinnerungen sichtbar gemacht werden können. Sein beruflicher Erfolg ist ihm sicher – bis ein ehemaliger Kollege ...

Der Hirnforscher Tom Jennings hat ein bahnbrechendes Verfahren erfunden, mit dem vererbte Erinnerungen sichtbar gemacht werden können. Sein beruflicher Erfolg ist ihm sicher – bis ein ehemaliger Kollege ihm diesen streitig machen möchte. Als er das echte Antlitz Jesu sichtbar machen möchte, wird Jennings auch noch von anderer, noch viel mächtigerer Seite verfolgt, und nicht nur er, sondern viele andere aus seinem Umfeld geraten in Lebensgefahr.

Ein spannendes Thema hat sich Autor Bernd Roßbach hier ausgewählt, die Geschichten um Jesus von Nazareth fesseln die Menschheit seit 2000 Jahren. Ein Wissenschaftsthriller darum herum basteln, mit der Idee, das Antlitz Jesu für die Menschheit sichtbar zu machen, auf diese Idee war ich äußerst gespannt. Und mit mir sicher noch viele, viele andere Leser. Der Einstieg gelang mir auch sehr gut, ich konnte mit Jennings auf seiner Erfolgswelle schwimmen, auch wenn ich mich mit den Erklärungen dazu schon schwer tat – doch dann geriet mein Lesefluss ins Stocken, die Geschichte kam mir so zäh wie Sirup vor. Die Ausdrucksweise des Autors empfand ich zunehmend als äußerst gestelzt, viele Sätze musste ich mehrmals lesen (und wusste auch dann noch nicht, was ich gelesen hatte), ich verlor zunehmend den roten Faden. Zudem wurde die Erzählung immer unglaubwürdiger, und auch der überraschende Show-Down zum Schluss konnte da nichts mehr rausreißen. Zu viele Tote pflastern den Weg zu des Rätsels Lösung, während die meisten Figuren einfach nur farblos blieben, bis hin zu Jennings selbst.

Trotzdem habe ich das Buch beendet, immer auf der Suche nach dem Thrill, den die Geschichte verspricht. Meistens vergebens, bis auf ein paar kurze Momente. So spannend ich die Grundidee zu dem Buch finde, für eine Leseempfehlung reicht es meiner Meinung nach nicht.

Veröffentlicht am 12.01.2018

Die große Liebe für Julias Sekretär

Wie ich dank Shakespeare in Verona die große Liebe fand
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Glenn Dixon ist auf der Suche nach der wahren Liebe, sie scheint ganz nahe zu sein. Seit Jahren unterrichtet er „Romeo und Julia“ an der Abschlussklasse seiner Schule, da entschließt er sich, für zwei ...

Glenn Dixon ist auf der Suche nach der wahren Liebe, sie scheint ganz nahe zu sein. Seit Jahren unterrichtet er „Romeo und Julia“ an der Abschlussklasse seiner Schule, da entschließt er sich, für zwei Wochen nach Verona zu gehen: Dort gibt es den „Club der Julias“, die alle Briefe an Julia beantworten, und er wird für eine Weile als „Julias Sekretär“ dabei mitmachen. Wird er seine wahre Liebe finden?

Humorvoll verbindet der Autor Glenn Dixon seine Suche nach der Liebe seines Lebens mit der großen Liebesgeschichte der Weltliteratur, lässt seine Schüler die Geschichte von Romeo und Julia entdecken und findet sich ein bei der universellen Frage nach der eigenen Liebe. Dabei darf der Leser seine Hoffnungen auf seine große Liebe miterleben und mit ihm mitfiebern, was daraus wird. Keine Sorge, der Buchtitel verspricht ja schon, dass er seine große Liebe findet, doch der Weg dahin ist durchaus lesenswert…Manche Verknüpfung zwischen den Jugendlichen am Anfang ihrer Suche nach der großen Liebe, den Erwachsenen mittendrin in ihrer Suche und den Liebenden Julia und Romeo am Ende ihrer Suche wird dabei wahrlich philosophisch. Ich habe hier zum ersten Mal vom „Club der Julias“ erfahren, eine wahrlich schöne Idee.

Insgesamt eine schöne Liebesgeschichte, mal etwas anders erzählt, der ich vier Sterne vergeben möchte sowie eine Leseempfehlung für alle mit romantischer Veranlagung.

Veröffentlicht am 12.01.2018

Blutrünstig und spannend bis zum Schluss

Wolfswut
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Nach dem Tod ihres geliebten Vaters findet Lotte Soltau fünf Fässer mit Organen zerstückelter Frauen. Doch das passt so gar nicht zu dem allseits beliebten und sozial engagierten Mann. Hauptkommissarin ...

Nach dem Tod ihres geliebten Vaters findet Lotte Soltau fünf Fässer mit Organen zerstückelter Frauen. Doch das passt so gar nicht zu dem allseits beliebten und sozial engagierten Mann. Hauptkommissarin Kira Hallstein vom LKA Berlin und ihr Kollege Max Lohmeyer ermitteln – und stoßen dabei auf eine schier unglaubliche Geschichte.

Autor Andreas Gößling baut seinen Einstieg in den Bereich True-Crime-Thriller weiter aus. Nun hat er sich der Aufarbeitung eines Falles angenommen, der die Republik erschütterte. Dabei geht er nicht zimperlich vor, die Bilder, die er heraufbeschwört, sind starker Tobak: Man mag sich nicht wirklich vorstellen, welche Qualen die Opfer ertragen mussten. Geschickt verwebt er verschiedene Handlungsfäden miteinander, wobei erst nach und nach die Tätermotivation aufgedeckt wird sowie die Geschichten, die zu diesen Taten geführt haben. Der Spannungsbogen ist von Anfang an sehr hoch gesetzt, schon auf den ersten Seiten wird der Leser schonungslos in die Geschichte geworfen. Die wahren Ausmaße bleiben bis fast zum Schluss offen. Obwohl der Autor immer wieder Hinweise in die Erzählung streut, ist die Auflösung eine Überraschung, die erst kurz vor Schluss alle Puzzleteile an ihre Stelle fallen lässt. Sowohl Täter wie auch Ermittler sind glaubwürdig angelegt, der Leser kann von Anfang bis Ende mitfiebern.

Reißerisch kommt das Buch daher, doch es befriedigt jeden Thriller-Süchtigen auf der Suche nach dem kalten Schauer über den Rücken. Dass hinter der Geschichte tatsächlich echte Ereignisse stehen, lassen die Schauer nochmal einen Tick kälter werden. Von mir erhält das Buch überzeugte vier von fünf Sternen und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 12.01.2018

Bilder mit einer gewaltigen Symbolkraft

Lied der Weite
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Als die siebzehnjährige Victoria schwanger wird, setzt ihre Mutter sie auf die Straße. Die Lehrerin des Mädchens findet ihr eine Unterkunft bei zwei alten Viehzüchtern, zwei Brüder, die seit langer Zeit ...

Als die siebzehnjährige Victoria schwanger wird, setzt ihre Mutter sie auf die Straße. Die Lehrerin des Mädchens findet ihr eine Unterkunft bei zwei alten Viehzüchtern, zwei Brüder, die seit langer Zeit allein in ihrem Haus leben. – Der Lehrer Guthrie weigert sich, einen Schüler versetzen zu lassen, der zu faul zum Lernen ist und auch sonst negativ an der Schule auffällt.

Kent Haruf lässt erneut eine leise, unaufgeregte Geschichte in seiner fiktiven Kleinstadt Holt spielen, wie schon in der Erzählung „Unsere Seelen bei Nacht“. Die Bilder, die er mit seinen Worten entstehen lässt, geraten scheinbar zu einem Stillleben, mit wenigen kargen Mitteln auf das Wesentliche reduziert, jedoch mit einer gewaltigen Symbolkraft. Seine Protagonisten leben notgedrungen Ideen, die erst einen zweiten Blick brauchen, um die Kraft dahinter zu entdecken. Eindringlich ist seine Neuerfindung von Familie, wenn es denn die Kälte der Zeit nicht zulässt, in einer traditionellen Familie aufzuwachsen.

Wie schon beim Bestseller „Unsere Seelen bei Nacht“ lässt die vorliegende Geschichte eine ganz besondere Wärme entstehen, die man dem Buch zunächst gar nicht ansieht. Mich hat auch diese Erzählung sehr berührt, sie klingt nach und weitet den Blick für neue, kreative Ideen, wenn das Traditionelle versagt. Deshalb gibt es von mir eine eindeutige Leseempfehlung und volle fünf Sterne.