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Gisel

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.11.2017

Eigenwillige Ermittler und eine Region mit einem besonderen Charme

Umkehrschuss
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Welch eine Aufregung, als auf dem kleinen Friedhof in Kehr eine Leiche gefunden wird, zwischen den Gräbern, auf dem Rasen, mit einem Loch in der Brust, und keiner der Bewohner kennt den Toten! Doch die ...

Welch eine Aufregung, als auf dem kleinen Friedhof in Kehr eine Leiche gefunden wird, zwischen den Gräbern, auf dem Rasen, mit einem Loch in der Brust, und keiner der Bewohner kennt den Toten! Doch die Aufregung geht weiter, denn im Magen des Toten finden sich Bestandteile des Menüs aus Katja Kleins Gaststätte. Obwohl niemand den jungen Mann dort gesehen hatte. Neben einigen Familienfeiern im Lokal muss Katja bei den Ermittlungen unbedingt mitmischen.

Dies ist bereits der achte Band um Katja Klein, die als Besitzerin der „Einkehr“ immer auch an den Ermittlungen in Kriminalfällen beteiligt ist. Bisher kannte ich diese Reihe nicht, doch da der Kriminalfall in sich abgeschlossen ist, kann man ihn auch gut einfach so lesen. Sicherlich ist es aber sinnvoll, ihn in der richtigen Reihenfolge der Geschehnisse zu lesen, so wird der Leser vermutlich schneller in die kleine Welt der Kehr finden, diesem Ort in der belgisch-deutschen Grenzregion. Sie bietet sich durch ihre Eigenheiten und ihre wechselhafte Geschichte als interessante Krimi-Örtlichkeit regelrecht an. Diese Eigenheiten hat die Autorin Martina Kempff geschickt in den Kriminalfall mit einbezogen und ergänzt sie durch Erläuterungen zur Region und witzigen Anekdoten der Bewohner. Der Ton der Erzählung ist dabei eher heiter und bringt einige Geschehnisse voller Situationskomik in die Geschichte hinein. Jedes Kapitel endet mit einem Cliffhanger, so dass man sofort weiterlesen möchte. Katjas inspirierende Gerichte in der Einkehr werden als interessante Rezepte dem jeweiligen Kapitel vorgestellt und man kann schon gespannt sein, wie das Thema des Gerichts im Verlauf der nächsten Seiten aufgegriffen wird.

Ein spannender Krimi aus einer besonderen Region mit ausgefeiltem Wortwitz und originellen Ermittlern, das macht das Buch lesenswert. Ich bin gespannt auf die bisherigen Bände und warte voller Vorfreude auf die Fortsetzung.

Veröffentlicht am 06.11.2017

Evan Smoak - Kampfmaschine und Held im Dienste des Guten

Projekt Orphan
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Evan Smoak ist der „Nowhere Man“, der denen hilft, die sonst keine Hilfe erhalten. Doch dann wird er entführt und muss sich selbst befreien, um den nächsten Hilfebedürftigen beistehen zu können.

„Projekt ...

Evan Smoak ist der „Nowhere Man“, der denen hilft, die sonst keine Hilfe erhalten. Doch dann wird er entführt und muss sich selbst befreien, um den nächsten Hilfebedürftigen beistehen zu können.

„Projekt Orphan“ ist der zweite Band um Evan Smoak, der als Waisenkind aufwuchs und unter dem Decknamen Orphan X im geheimen Auftrag der US-Regierung töten musste. Mit diesem Protagonisten hat der Autor Gregg Hurwitz einen Helden geschaffen, der sich aus den schwierigsten Situationen herauswinden kann. Im Dienste des Guten.

Die Leseprobe fand ich noch ansprechend, ich erwartete einen Thriller um die Befreiung von Menschen, die in eine hilflose Lage geraten sind, beim Buch selbst habe ich schnell festgestellt, dass es mir nicht liegt. Auf den meisten Seiten besteht die Geschichte aus Actionszenen, die teils unglaublich aufgebauscht und blutrünstig sind. Und das in gefühlt viel zu vielen Wiederholungen, denn immer wieder macht die Erzählung eine Schleife und Evan muss von vorne anfangen mit seinen Bemühungen, die Freiheit zu erlangen. Wer’s mag… Ich gehöre definitiv nicht dazu und werde auch nicht den Vorgänger dazu lesen.

Veröffentlicht am 01.11.2017

Für mich die Entdeckung des Jahres

Ein Gentleman in Moskau
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Graf Alexander Rostov wird 1922 zum Tode verurteilt, die Strafe jedoch umgewandelt in lebenslangen Hausarrest im Hotel Metropol in Moskau. Äußerst gelassen arrangiert er sich mit den neuen Umständen, bezieht ...

Graf Alexander Rostov wird 1922 zum Tode verurteilt, die Strafe jedoch umgewandelt in lebenslangen Hausarrest im Hotel Metropol in Moskau. Äußerst gelassen arrangiert er sich mit den neuen Umständen, bezieht sein Zimmer im 6. Stock des Hotels. Getreu der Maxime: „Wenn man nicht Herr seiner Umstände war, würde man von den Umständen beherrscht“ (S. 507) bleibt er immer Herr seiner Umstände, in jeder Situation, und sei sie noch so bizarr. Er wird ein glückliches, wenn auch ungewöhnliches Leben führen.

Dieses Buch ist für mich die Entdeckung des Jahres. Diese Gelassenheit, die der Autor Amor Towles seinem Protagonisten gibt, ist unbeschreiblich. Er ist ein Gentleman durch und durch, einer, der für seine Freunde einsteht ohne Wenn und Aber und sich nie von den Umständen beherrschen lässt. Er wird sogar einem Parteibonzen Lehrstunden darin geben, was einen Gentleman ausmacht. Es gelingt ihm, nicht die Demütigung hinter dem Hausarrest zu sehen, er betrachtet die neuen Umstände mit einer Heiterkeit, an der jeglicher Unbill abprallt. Das ist großes Kino vor der Kulisse eines bekannten Moskauer Hotels, das den Ereignissen der Zeit von 1920 bis 1954 huldigt.

Noch stehe ich ganz unter dem Eindruck dieses Buches und bin einfach nur überwältigt. Der Erzählstil ist dem Thema angepasst, fast könnte man meinen, der Graf selbst erzählt die Geschichte, kein unpassendes Wort würde ihm dabei über die Lippen kommen. Hier hat der Autor ein Stück Literatur geschaffen, passend übersetzt von Susanne Höbel. Deshalb eine unbedingte Leseempfehlung von mir und sämtliche Sterne, die ich nur vergeben kann!