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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.05.2024

Leise und hintergründig

Das Leben meiner Schwester
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Für die sensible Lehrerin Mathilde bricht eine Welt zusammen. Etienne, von dem sie glaubte ihn in nächster Zukunft zu heiraten, verlässt sie, um zu seiner ersten großen Liebe zurückzukehren. Mathilde ist ...

Für die sensible Lehrerin Mathilde bricht eine Welt zusammen. Etienne, von dem sie glaubte ihn in nächster Zukunft zu heiraten, verlässt sie, um zu seiner ersten großen Liebe zurückzukehren. Mathilde ist also nicht nur verlassen worden, sie glaubt auch nur als Lückenbüßer missbraucht worden zu sein.
Sie verliert ihre Arbeit, verliert ihre Wohnung und driftet buchstäblich ab.
Nur ihre Schwester Agathe fängt sie auf, aber mit welchen Konsequenzen?

„David Foenkinos versteht es wie kein anderer, das Seelenporträt einer zurückgewiesenen Frau in einen psychologischen Thriller zu verwandeln. Atemberaubend.“ Version Femina
„Das Leben meiner Schwester“ würde ich nicht als atemberaubenden Psychothriller bezeichnen, dafür baut sich zu wenig Spannung zu langsam auf. Es ist eine sensible Charakterstudie von Mathilde, die von der Liebe ihres Lebens verlassen wurde.
Psychische Probleme hat sie allerdings schon vor der Trennung durch Etienne. Nach der Trennung verfängt sie sich zunehmend in Wahnvorstellungen und nimmt ihre Umgebung nur als Verliererin und Benachteiligte wahr. Der nicht aufzuhaltende Prozess bis zum vollkommenen Realitätsverlust beschreibt David Foenkinos auf beeindruckende Weise.
Hauptsächlich nehmen wir Leser an Mathildes Gedankenwelt teil. In unregelmäßigen Abständen, immer dann, wenn sich in ihrer Wahrnehmung etwas ändert, werden uns die Gedanken von Agathe und Federic zuteil, ihre Zweifel und Schuldeingeständnisse.
Abwechseln möchte man jeden einzelnen der Dreierwohngemeinschaft schütteln und zur Umkehr mahnen.
Der Roman ist einerseits bedrückend und andererseits führt er uns vor Augen, dass man kaum erahnen kann, was sich hinter der Stirn eines Gegenüber wirklich abspielt.

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Veröffentlicht am 08.05.2024

Genussvoller Urlaubskrimi

Was der See birgt
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Am Ufer des Gardasees wird eine männliche Leiche geborgen. Mit Entsetzen stellt Polizeireporterin Gianna Pitti fest, dass sie den jungen Mann kennt. Am vorigen Abend hat sie mit ihm zusammen gegessen und ...

Am Ufer des Gardasees wird eine männliche Leiche geborgen. Mit Entsetzen stellt Polizeireporterin Gianna Pitti fest, dass sie den jungen Mann kennt. Am vorigen Abend hat sie mit ihm zusammen gegessen und getrunken.
War sie die Letzte, die ihn lebend gesehen hat?
Gianna verschweigt ihr Treffen und auch den Namen des jungen Mannes und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Unterstützt wird sie dabei von ihrem Onkel Francesco und ihrer Chefin, der Chefredakteurin Elvira.


Der Beginn der neuen Serie von Lanz Koppelstätter lässt sich ganz gut an. Der Krimi ist unterhaltsam, mitunter auch spannend und mit sehr viel Lokalkolorit. Die ausführliche Beschreibung der Umgebung, des Panoramas und auch des besonderen Menschenschlags könnte auch als Werbung für den Gardasee als Urlaubsparadies durchgehen. Insbesondere im ersten Drittel des Buches fühlt sich die Atmosphäre der Seenlandschaft mediterran und relaxt an und der Leser sieht sich auf der Sonnenseite des Lebens.
Der Kriminalfall ist zuweilen etwas konfus und lässt mich mehr auf den kuriosen Onkel Francesco blicken, in den ich mich sofort verliebt habe. Er ist so herrlich altmodisch, dandyhaft, prinzipientreu und gentlemanlike. Er kümmert sich rührend um seine Nichte, die ernsthaft recherchiert, aber viel zu wenig über ihre eigene Familie weiß.
Die Verdächtigen wechseln von Kapitel zu Kapitel. Es macht die Story abwechslungsreich und spannend.
Das Ende, das kam viel zu plötzlich und war zu kurz.
Hatte der Autor keine Lust mehr, es besser aufzudröseln oder war er mit seinen Gedanken schon im zweiten Band? Wie dem auch sei. Der Schluss war unbefriedigend trotz des Cliffhangers.

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Veröffentlicht am 28.04.2024

Bedrohlicher Sarek

Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück
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Anna, ihr Verlobter Henrik und ihre Freundin Milena machen gemeinsam jeden Sommer eine Trekkingtour durch den Fjäll, um in der Abgeschiedenheit Nordschwedens dem Alltagsstress zu entfliehen. Die Drei kennen ...

Anna, ihr Verlobter Henrik und ihre Freundin Milena machen gemeinsam jeden Sommer eine Trekkingtour durch den Fjäll, um in der Abgeschiedenheit Nordschwedens dem Alltagsstress zu entfliehen. Die Drei kennen und mögen sich seit Jahren.
In diesem Jahr stößt kurzfristig Jakob, Milenas neuer Freund, dazu. Ohne Jakob vorher kennengelernt zu haben, bricht die Gruppe zu ihrer einwöchigen Tour auf. Spannungen, Fehleinschätzungen und Missverständnisse sind vorprogrammiert, insbesondere als Jacob kurz nach Antritt der Bahnfahrt, die Gruppe zu einer Routenänderung animiert.


Das Cover und schon direkt die ersten Seiten dokumentieren eine Ausnahmesituation.
Wenn man das Buch mit dem Signalgrünen Cover in die Hand nimmt und direkt in den ersten Zeilen liest, dass eine Überlebende zurückkehrt, hat man die Gänsehaut schon im Nacken.
Die Erzählung, immer wieder unterbrochen von der Zeugenbefragung von Anna, treibt den Spannungsbogen gleich zu Anfang in ungeahnte Höhen. Bis zum Schluss ist kein Spannungsabfall zu erkennen. Obwohl das Ende … naja… Ich denke noch darüber nach.
Alle Protagonisten, außer Jakob, lernen wir sehr gut kennen. Aus zwei Perspektiven ergibt sich ein differenziertes Bild.
Der Überlebenskampf jedes Einzelnen im Sarek wird realistisch beleuchtet. Man kann sich ein Bild von der rauen Landschaft machen, ohne ausschweifende Landschaftsbeschreibungen.
Das Ende hätte ich mir ausführlicher gewünscht.
Trotzdem habe ich das Buch mit Begeisterung gelesen und kann eine uneingeschränkte Leseempfehlung geben.

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Veröffentlicht am 19.04.2024

Reflexionen über die Pandemie, das Leben und die Familie

Am Meer
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Lucy Barton, erfolgreiche Schriftstellerin und Mutter zweier erwachsener Töchter, hat sie, im Gegensatz zu ihrem Ex-Mann William, nicht kommen sehen, die Pandemie.
Die gesamte Welt wurde von ihr überrascht, ...

Lucy Barton, erfolgreiche Schriftstellerin und Mutter zweier erwachsener Töchter, hat sie, im Gegensatz zu ihrem Ex-Mann William, nicht kommen sehen, die Pandemie.
Die gesamte Welt wurde von ihr überrascht, aber William übernahm sofort die Initiative. Die gemeinsamen Töchter beschwor er, New York sofort zu verlassen und vorrübergehend auf dem Land zu leben, bis die Pandemie abgeklungen ist. Seine Ex-Frau Lucy nahm er kurzerhand mit nach Main, um sie beide in Sicherheit vor dem Virus zu bringen.
Die Zeit im einsamen Haus am Meer wird Lucy lang. Auf langen Spaziergängen beschäftigen sich ihre Gedanken mit ihrem bisherigen Leben, mit der Trauer um ihren zweiten Mann David, der vor einem Jahr verstorben ist, mit ihren erwachsenen Töchtern, die sie sehr vermisst, mit der Einsamkeit und auch mit neuen Bekanntschaften.


Elizabeth Strout und ich sind im gleichen Jahr geboren. Ihre Gedanken und Grübeleien während der Pandemie, konnte ich sehr gut nachvollziehen. Wie jede Mutter erwachsener Kinder, habe ich mir Sorgen und viele Gedanken über mein Leben, unsere Kinder und Enkelkinder gemacht.
Dieses Gefühl in einer Blase zu stecken und von der Umwelt ausgeschlossen zu sein, hatten während der Pandemie sicher viele Menschen. Ich glaube auch, dass sich zumindest ältere Menschen viele Gedanken über ihr Leben, ihre Familie und auch über ihre Zukunft gemacht haben.
Elizabeth Strout hat die Gabe, diesen Gedanken einen Raum zu geben und sie in ihren Büchern niederzuschreiben. Auch wenn mein Leben ganz anders verlaufen ist und das von Freunden, Nachbarn, Nachbarländern und so weiter noch anders, sind die Gedanken und Ängste von Lucy real und nachvollziehbar beschrieben worden. Man kann sie mitfühlen und verstehen, auch wenn Lucy, ähnlich wie ich, in ihren Gedanken „von Höcksken auf Stöcksken“ kommt.
Elizabeth Strouts erzählt so nachhaltig, dass mich das Buch noch einige Zeit beschäftigt.
Das ist gut und tut gut.

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Veröffentlicht am 17.04.2024

Für mich war es "drüber"

Der Konzern
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Im dritten Teil der Laura-Jacobs-Thriller-Reihe geht es um noch mehr Geld und noch dunklere Geschäfte.
Laura Jacobs muss dringend den möglichen Konsequenzen eines drohenden katastrophalen Skandals, indem ...

Im dritten Teil der Laura-Jacobs-Thriller-Reihe geht es um noch mehr Geld und noch dunklere Geschäfte.
Laura Jacobs muss dringend den möglichen Konsequenzen eines drohenden katastrophalen Skandals, indem auch ihr Arbeitgeber verwickelt ist, nachgehen. Es geht um die Altersversorgung von Millionen Deutschen. Bei der Recherche wird ihr klar, dass auch ihr Leben bedroht ist.



Ich habe „Die Filiale“ und „Die Zentrale“ gelesen und war begeistert.
Veit Etzold enormes Hintergrundwissen hat ihn in die Lage versetzt, aufzuzeigen zu welchen miesen Geldgeschäften, hinterhältigen Verbrechen und sogar Morden sich die Finanzwelt in Zusammenarbeit mit mafiösen Strukturen hinreißen lassen könnte, wenn man ihre Möglichkeiten fiktiv in diese Richtung weiterspinnt.
Ich denke, dass wahrscheinlich nicht alles, was ich in den beiden Büchern gelesen habe, rein fiktiv und unrealistisch war. Egal, ich wartete auf jeden Fall mit Spannung auf „Der Konzern“.
Mir war klar, dass vieles der Spannung wegen, übertrieben, zugespitzt und teilweise realitätsfern war, aber es war spannend und interessant, sich die möglichen Machenschaften aufzeigen zu lassen.
Sorry, aber mit dem dritten Buch kam ich überhaupt nicht klar. Entweder war für mich die Pause zwischen Buch 2 und 3 zu lang, was mich aus dem „Flow“ gerissen hat oder, was ich eher vermute, für meinen Geschmack ist das Buch einfach „drüber“. Ich habe keinen Bezug zu Laura finden können. Ich hatte das Gefühl, sie hängt irgendwo zwischen Bankberaterin und Geheimagentin der Finanzaufsicht, BKA und LKA. Es wurde kein Spannungsbogen mehr aufgebaut. In den mafiösen Strukturen galt nur noch „friss oder stirb“ und „jeder gegen jeden“. Dunkle Mächte steuerten BKA Beamte und Bankvorstände nach Gutdünken.
Das war leider nicht mehr der raffinierte Finanz-Thriller. Schade

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