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Veröffentlicht am 12.08.2021

Kniffelig, spannend und ziemlich realistisch

Enna Andersen und der trauernde Enkel
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Ben, Enkel eines ehemals durchsetzungsstarken Baulöwen, wendet sich über Pia an das Team um Enna Andersen, da er den Verdacht hat, dass der Tod seines Großvaters vor drei Jahren keine natürlicher war. ...

Ben, Enkel eines ehemals durchsetzungsstarken Baulöwen, wendet sich über Pia an das Team um Enna Andersen, da er den Verdacht hat, dass der Tod seines Großvaters vor drei Jahren keine natürlicher war. Sein Großvater starb an Herzversagen, dabei war er kerngesund.
Er hatte noch große Pläne. Haben diese ihm vielleicht das Leben gekostet?


Was mir bei diesem Krimi besonders aufgefallen ist, dass Anna Johannsen die mühsame Polizeiarbeit realistisch darstellt. Es ist kein gebrochener Held, der mit Intuition und Gedankenspiele den Täter ermittelt, sondern ein Team arbeitet zusammen an einem Fall. Manchmal müssen andere Teams oder Institutionen um Hilfe gebeten werden, aber niemand trifft einsame Entscheidungen.
Als Leser kann man Schritt für Schritt die Ermittlungsarbeit nachvollziehen und dabei ein bisschen mitermitteln.
Die einzelnen Charaktere wurden gut herausgearbeitet, so dass man sie einschätzen konnte und ihre Reaktion oder auch Aktionen vorausahnen oder zumindest nachvollziehen konnte.
Nur bei einem Protagonisten hatte ich Schwierigkeiten. Ihm habe ich bis zum Schluss nicht getraut und seine Liebesbeteuerungen argwöhnisch beobachtet.
War das von der Autorin so beabsichtigt?
Ich fühlte mich von der ersten bis zu letzten Seite gut unterhalten und werde nach Krimis von Anna Johannsen Ausschau halten.

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Veröffentlicht am 11.08.2021

Spannend und originell

Das Buch des Totengräbers (Die Totengräber-Serie 1)
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„Wenn in Wien der Tod umgeht, gibt es einen, der ihm alle Geheimnisse entlocken kann!“
Der kauzige Totengräber des berühmten Wiener Zentralfriedhofs, Augustin Rothmayer, kennt sich aus mit dem Tod und ...

„Wenn in Wien der Tod umgeht, gibt es einen, der ihm alle Geheimnisse entlocken kann!“
Der kauzige Totengräber des berühmten Wiener Zentralfriedhofs, Augustin Rothmayer, kennt sich aus mit dem Tod und den Leichen. Er mag schrullig sein, aber auch hoch gebildet und schreibt mit Hilfe eines angesehenen Rechtsmediziners seine Erfahrungen in einen Almanach für Totengräber nieder.
Als der junge Inspektor Leopold von Herzfeldt einen Experten für die Ermittlung in einer Serien-Mordsache benötigt, lernen die Beiden sich kennen und schätzen.


Einen besser passenden Sprecher als Hans Jürgen Stockerl hätte man für dieses Buch nicht finden können. Die sonore Bariton Stimme ergänzt die wunderbare Beschreibung des Wiener Gesellschaftslebens um 1893. Beim Zuhören fühlt man sich in diese Zeit versetzt, riecht den zarten Kaffeeduft der Kaffeehäuser, die Pomade der jungen Herrn und glaubt das Getuschel der höheren Gesellschaft zu hören.
Das Hören des Hörbuchs war ein Genuss und ließ die Zeit einfach stillstehen.

Der historische Krimi hat mich schnell gepackt. Oliver Pötzsch schildert brillant die Hilflosigkeit des jungen Inspektors. Sein dringender Wunsch Neuerungen einzuführen, trifft auf seine Unbeholfenheit mit Menschen beziehungsweise mit Vorgesetzten umzugehen.
Die Blasiertheit der leitenden Inspektoren und ihre Ablehnung jeder Neuerung gegenüber hat er genauso kritisch beleuchtet wie die Hoffart der adeligen, alten Männer.

Die Serienmorde waren brutal und blutig. Die Verbrechen, die zum Vorschein kamen, waren verabscheuungswürdig, aber Oliver Pötzsch lässt den Krimi ein bisschen in den wienerischen Schmäh abgleiten und Hans Jürgen Stockerl erwischt immer die richtige Tonart dazu.

Das macht diesen historischen Krimi zum Hörgenuss.

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Veröffentlicht am 08.08.2021

Rätselhaft

Das Nest
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Gerade aus dem Mutterschutz gekommen muss sich Anette Werner gemeinsam mit ihrem Kollegen Jeppe Korner auf die Suche nach einem 15-jährigen Jungen machen. Entführt oder weggelaufen ist zu Beginn nicht ...

Gerade aus dem Mutterschutz gekommen muss sich Anette Werner gemeinsam mit ihrem Kollegen Jeppe Korner auf die Suche nach einem 15-jährigen Jungen machen. Entführt oder weggelaufen ist zu Beginn nicht klar, aber als in der Müllverbrennungsanlage eine männliche Leiche gefunden wird, werden alle Kräfte mobilisiert.
Bizarre Familienverhältnisse, helfende und einsame Menschen begegnen dem Team bei seinen Ermittlungen.

Das ist das vierte Buch der Reihe um das Kopenhagener Ermittlerteam Anette Werner und Jeppe Korner und der Schriftstellerin Esther de Laurenti. Ich habe sie alle gelesen, bin also mit den Protagonisten bestens vertraut. Die ersten drei Bände haben mich begeistert und ich habe die weitererzählte Hintergrundstory genossen.

So weit so gut. Mit dem vierten Fall habe ich allerdings Schwierigkeiten.

Die Story erscheint mir von Anfang an nicht lebendig und logisch. Die Eltern des vermissten Oscar, Malin und Henrik Dreyer-Hoff, und seine Tante hätten um einiges mehr beleuchtet werden müssen. Nicht nur, dass man mit diesen Figuren nicht warm werden kann, sie wirken einfach blass und oberflächlich gezeichnet. Das Ende erscheint dadurch konstruiert und unecht.

Esther vermittelte einen stark abgelenkten und mit sich selbst beschäftigten Eindruck und hat die Ermittler eher unbewusst in die richtige Richtung gelenkt. Und Sara und Jeppe hatten so viele Konflikte um sich herum, dass die Ermittlungsarbeit nebensächlich war.
Verstanden habe ich auch nicht die Sache zwischen Anette und Mads Teigen. Ich habe immer noch auf einen Zusammenhang zum Fall gehofft, aber vergebens.
Es wurde einfach zu viel um den Fall herumerzählt, so dass die Lösung bzw. Lösungen hölzern und konstruiert anmuten.

Bleibt zu hoffen, dass der nächste Kopenhagener Krimi Frau Engberg besser gelingt.

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Veröffentlicht am 08.08.2021

Mutig angedacht, aber mutlos beendet

Die Kandidatin
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Sabah Hussein, Muslimin, Feministin, integriertes Flüchtlingskind und Kanzlerkandidatin der Ökologischen Partei, steht vor ihrem größten Triumpf in der neuen diversen Gesellschaft der Bundesrepublik.
Rechte ...

Sabah Hussein, Muslimin, Feministin, integriertes Flüchtlingskind und Kanzlerkandidatin der Ökologischen Partei, steht vor ihrem größten Triumpf in der neuen diversen Gesellschaft der Bundesrepublik.
Rechte Gruppierungen und Parteien versuchen diese diverse Gesellschaft mit allen Mitteln zu verhindern. Unterstützt werden sie von Existenzängsten, Neid und Fremdenhass vieler Deutschen.


Ich muss zugeben die Gedankenspiele des Herrn Schreiber, Deutschlands Gesellschaftliche Zukunft in ca. 30 Jahren, haben mich anfangs schon etwas erschreckt. Diversität in allen Lebensbereichen ist auch in meinen Augen erstrebenswert, aber die Figur Sabah Hussein entwickelt in ihren Forderungen und Plänen eine furchtbare deutsche Gründlichkeit, die Widerstand geradeso herausfordert.

Trotzdem hat mich dieses Buch überzeugt. Herr Schreiber schildert ohne großen Pathos, was passieren könnte, wenn Sabah Husseins Vorstellungen politisch durchgesetzt werden.
Interessant daran war, dass nicht nur die Rechten reagierten und Gegenmaßnahmen durchführten, sondern auch die eigentlich auf gleicher Ebene kämpfenden.

Die verschieden Blickwinkel machen das Buch besonders lesenswert, denn es regt zum Nachdenken an.

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Veröffentlicht am 26.07.2021

Krimi-Spannung auf höchstem Niveau

Der Bruder
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Der 6-jährige Fabio Della Fortuna ist verschwunden. Die Berner Polizei ist in höchster Alarmbereitschaft. Nach einer weitgehend ungeklärten Entführungsserie in den 90er Jahren ist Fabio das erste neue ...

Der 6-jährige Fabio Della Fortuna ist verschwunden. Die Berner Polizei ist in höchster Alarmbereitschaft. Nach einer weitgehend ungeklärten Entführungsserie in den 90er Jahren ist Fabio das erste neue Opfer. Während der sofort eingeleiteten Suchaktion werden zwei männliche Leichen gefunden, vermutlich ein Mord und ein Selbstmord.

Zur gleichen Zeit kehrt die Rechtsmedizinerin Irene Jundt in ihr Elternhaus zurück, um den Hausstand nach dem Tod ihres Vaters aufzulösen. Die aufkommenden Gefühle und Erinnerung treffen sie schmerzlich. Hier verschwand ihr Bruder Beni mit 11 Jahren. Die Ungewissheit trieb ihre Mutter kurze Zeit später in den Selbstmord.

Ist es möglich noch irgendwelche Hinweise zu finden?


„Krimispannung auf höchstem Niveau.“ Romy Fölck textet diese Einschätzung auf dem Cover, dem ist eigentlich kaum etwas hinzuzufügen. Leider gibt es immer seltener Bücher, die so stark sind und so überzeugen. Bisher gab es drei Krimis um Nathaniel Brenner, Milla Nova und Sandro Bandini. Ich habe sie alle gelesen. Das erste Buch „Blind“ begann auf sehr hohem Niveau, spannend, interessante Protagonisten und mit einer etwas anderen Story. Obwohl ich das damals nicht für möglich gehalten hätte, wurde jedes folgende Buch noch besser. Dieses 533-seitenstarke Buch muss man fast in einem Rutsch lesen, weil man es nicht aus der Hand legen kann.

Die Story habe ich in der Inhaltsangabe bereits angerissen und ich möchte da eigentlich nicht mehr verraten. Nur so weit, alle bekannten Protagonisten entwickeln sich weiter und verhalten sich ihrem Wesen entsprechend. Für den unkundigen Leser werden immer wieder kleine Hinweise eingestreut, warum z.Bsp. Milla sich nur so und nicht anders verhalten kann.

Viele verschiedene verabscheuenswürdige Verbrechen werden aufgedeckt und doch hat man nicht den Eindruck, dass hier einfach nur viele verschiedene Verbrechen angeprangert werden.

In „Erinnerung und Dank“ wird über den fiktionalen Krimi der Realitätsbezug hergestellt. Das macht mich als Leser betroffen und nachdenklich. Mit ihrem genial geschriebenem Krimi hat Christine Brand an die zwölf ungeklärten Verbrechen und der sieben bis heute nicht gefundenen Kinder erinnert.

Chapeau!

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