Die Trauer, das Leben und das Meer
Rubinrotes Herz, eisblaue SeeFlorine wächst in einem kleinen Fischerdorf an der Küste Maines auf, in einfachen Verhältnisses aber mit zwei liebenden Eltern und einer liebevollen Großmutter. Doch ihre glückliche Kindheit findet ein ...
Florine wächst in einem kleinen Fischerdorf an der Küste Maines auf, in einfachen Verhältnisses aber mit zwei liebenden Eltern und einer liebevollen Großmutter. Doch ihre glückliche Kindheit findet ein jähes Ende, als ihre Mutter Carlie spurlos verschwindet. Ab diesem Tag prägt die Trauer das Leben von Florine.
In anderen Rezensionen habe ich gelesen, das Buch hätte keine wirkliche Handlung und keinen roten Faden und die Protagonistin sei oft nicht nachvollziehbar. Ich behaupte, dass viele das Buch einfach nicht verstanden haben. Hier geht es einzig und allein um Florine - und um das Trauma, das sie davongetragen hat. Auch, wenn das Wort "Trauma" im Buch nicht einmal fällt, wird genau das in all seinen Facetten beschrieben. Handlungen, die sicher oft nicht nachvollziehbar erscheinen mögen auf Leute, die selbst nie mit psychischen Belastungen zu kämpfen hatten, lassen sich hier fast immer darauf zurückführen, dass Florine sich nach Liebe sehnt, Angst vor Verlust hat, die Realität oft nicht akzeptieren kann. Sie ist verstört und daraus resultierend sicher auch gestört.
Auch schildert das Buch ziemlich plastisch die körperlichen Veränderungen während der Pubertät und später gibt es auch Sexszenen. Sicher wollen das viele nicht lesen, aber ich denke, dass es zu Florine passt und auch zu der Zeit, in der es spielt (1960er Jahre). Hierzu hat mir aber gefallen, wie unterschiedlich diese Phase bei Florine und ihren Freunden jeweils ausfällt. Allgemein sind alle Nebencharaktere gut ausgestaltet und haben ein Leben, eine Seele. Lediglich die Eltern von ihren Freunden konnte ich manchmal nicht auseinanderhalten, die sind aber für die Handlung auch nicht wichtig. Und dieses Buch bildet nicht nur das Leben von Florine ab, sondern auch das von vielen anderen Menschen. Es zeigt uns, dass oft viel mehr hinter der Fassade eines Menschen steckt, als wir auf den ersten Blick erkennen können.
Man sollte zum Lesen dieses Buches Spaß an Psychoanalytik mitbringen und kritisch alles reflektieren und hinterfragen, was so geschieht. Meistens haben die Szenen eine tiefere Bedeutung, als sich vielen auf den ersten Blick zu erschließen scheint. Man sollte keine rasante Handlung erwarten, sondern sich einfach einlassen auf das, was das Buch einem zeigen will. Es vermittelt ein glaubwürdiges Bild eines traumatisierten jungen Mädchens, das nach dem Verlust der Mutter nicht mehr so recht Fuß im Leben fassen kann.