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Veröffentlicht am 27.10.2020

Wo selbst Gedanken gefährlich sein können

Im Land des Flüsterns
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Barbara Demick hat für eine Zeitung in Los Angeles lange Zeit in Korea gelebt und darüber geschrieben. In dieser Zeit lernte sie viele Flüchtlinge aus der nordkoreanischen Stadt Chongjin kennen und hat ...

Barbara Demick hat für eine Zeitung in Los Angeles lange Zeit in Korea gelebt und darüber geschrieben. In dieser Zeit lernte sie viele Flüchtlinge aus der nordkoreanischen Stadt Chongjin kennen und hat einige dieser Geschichten in diesem Buch zusammengefasst. Dabei lesen wir einige sehr verschiedene Biografien, die sich gegenseitig gut ergänzen.

Die Geschichten sind denkbar unterschiedlich: Da gibt es das junge Liebespaar Mi-ran und Jun-sang, ihr Vater stammt aus Südkorea, seine Familie aus Japan, beide haben einen entsprechend niedrigen Status. Frau Song ist überzeugte Anhängerin des Regimes - bis zur Hungersnot. Ihre älteste Tochter hingegen hat schon immer dagegen rebelliert. Dr. Kim ist eine junge Ärztin, deren Vater in den 1960er Jahren als ethnischer Koreaner aus China nach Nordkorea kam, um der dortigen Hungersnot zu entfliehen. Hyuck wurde früh zum Straßenkind und schlug sich irgendwie so durch. Sie alle verbindet am eines: Die Flucht.

Die Geschichten sind gut zusammengestellt und beleuchten verschiedene Gruppen, die es innherhalb der nordkoreanischen Gesellschaft gibt.

Insgesamt verläuft das Buch chronologisch. Es beginnt mit den 1960er Jahren, als Nordkorea zunächst besser dastand als Südkorea und durch die Hilfe von kommunistischen Bruderstaaten eine funktionierende Wirtschaft aufzubauen. Später kommt es zum unvermeidlichen Kollaps der Planwirtschaft und zur großen Hungersnot. Fabriken werden geschlossen, die Menschen verlieren ihre Existenzen, Schwarzmärkte und eine zweite, geheime Wirtschaft entstehen. Immer mehr Menschen entwickeln Zweifel am Regime - oder gar ernsthafte Kritik. Das Buch versorgt einen außerhalb der persönlichen Schicksale auch mit Hintergrundinformationen. Dadurch eignet sich dieses Buch auch sehr für alle, die sich noch nie vorher mit Nordkorea beschäftigt haben.

Die Flucht gestaltet sich dann ebenso unterschiedlich, außer dass alle über China fliehen (müssen). Aber von China nach Südkorea finden sie wiederum ganz verschiedene Wege. Hier war mir die Informationslage teilweise zu dünn, da haben mir einige Aspekte gefehlt, die ich schon von anderswo kenne.

Auch über die erste Zeit in Südkorea erfahren wir zu jedem Protagonisten seine Geschichte.

Die Schicksale der Menschen waren wirklich spannend zu lesen und haben mich teilweise sehr berührt. Für unsereins ist das Leben dort schwer vorstellbar. Dennoch war dieses Buch nicht ganz so eindringlich, wie es eine Autobiografie sein kann, dafür aber vielseitiger.

Informatives Buch für alle, die sich für dieses Land interessieren. Die gewählten Geschichten ergänzen sich gegenseitig sehr gut und vermitteln umfassende Eindrücke über dieses Land. Trotzdem berührt es mich nicht so sehr, wie es eine Autobiografie kann und wirkt zum Teil etwas zu nüchtern. Insgesamt empfehlenswert, ich rate bei diesem Thema aber grundsätzlich immer dazu, noch andere Bücher darüber zu lesen.

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Veröffentlicht am 27.10.2020

Mehr Intrigen, mehr Wüste, mehr Djinns

AMANI - Heldin des Morgenrots
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Nachdem die Rebellion fast vollständig zerschlagen wurde, sind nur noch Amani und eine Handvoll ihrer Begleiter übrig geblieben. Doch noch denkt niemand daran, aufzugeben. Um ihre Freunde zu retten, muss ...

Nachdem die Rebellion fast vollständig zerschlagen wurde, sind nur noch Amani und eine Handvoll ihrer Begleiter übrig geblieben. Doch noch denkt niemand daran, aufzugeben. Um ihre Freunde zu retten, muss sie einigen alten Legenden auf den Grund gehen, doch auch das Land wird nicht nur vom herrschenden Sultan bedroht, sondern auch von Feinden aus der Fremde.


Nachdem mich der zweite Band nicht so sehr überzeugen konnte, war ich auf den dritten sehr gespannt und er ist so gut gewesen!

Das Erzähltempo war wieder sehr hoch mit einigen Zeitsprüngen, in diesem Fall hat sich das aber hier hat sich das sehr gut in die Geschichte eingefügt.

Amani als Charakter war deutlich emotionaler als in den Vorbänden und war mir wieder sehr sympathisch. Auch kamen einige Charaktere wieder vor, die ich schon schmerzlich vermisst hatte, allerdings sind mir einige etwas zu sehr untergegangen, wie z.B. Rahim. Den habe ich im zweiten Band so gern gemocht, dass ich den gerne viel präsenter gehabt hätte. Insgesamt war aber alles stimmig.

Auch war mal dieses Mal wieder sehr viel in dem Land Miraji und in der Wüste unterwegs, das hatte ich im zweiten Teil vermisst und dadurch kam hier wieder viel mehr richtiges "Amani-Feeling" auf.

Das Ende war richtig gut und glaubhaft. Und es gibt noch eine Art Abspann, also die Geschichte hört nicht einfach plötzlich auf und überlässt es dem Leser, sich die Zukunft vorzustellen, sondern es gibt noch eine längere Episode, in der die nächsten Jahrzehnte beleuchtet werden und was aus all den Leuten wurde. Das hat mir sehr gefallen!

Auch das Element, manches als Heldensage wiederzugeben, war wieder vertreten und hat mir wieder sehr gefallen.

Einige Schwachstellen muss ich aber doch anmerken.
Einerseits technische: Es finden sich auffällig viele Tippfehler, meist fehlende Buchstaben am Wortende. Das kam jetzt nicht auf jeder Seite vor, vielleicht auch nicht in jedem Kapitel, aber doch oft genug um als definitiv überdurchschnittlich aufzufallen. Außerdem verstehe ich nicht, warum mitten in der Reihe der Verlag gewechselt wurde: Teil 1 und 2 erschienen noch im CBT Verlag, Teil 3 im CBJ Verlag. Das sieht im Regal schon störend aus, wenn man pedantisch ist (und ich bin es wohl leider).
Im Buch selbst gab es wieder einige Szenen, die sehr gestellt wirkten und irgendwie viel zu leicht gingen, vor allem am Anfang, die Gefangennahme einer bestimmten Person, aber auch später gibt es solche. Beispielsweise gibt es an einer Stelle eine Lücke, wo Amani gerade so durchpasst, aber es ist logisch überhaupt nicht erklärbar, warum dort diese Lücke sein sollte. Inzwischen habe ich mich wohl dran gewöhnt und teilweise gehen diese Logikfehler auch einfach in dem rasanten Erzähltempo unter, aber dennoch sind sie da.

Fulminanter Abschluss der Reihe mit einigen Schwächen, die für mich persönlich aber kaum ins Gewicht fallen. Spannend, actionreich und mitreißend - ich bin sehr begeistert!

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Veröffentlicht am 27.10.2020

Drachen, Wölfe, Katzen und andere Kuriositäten

Blue Scales
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Christie war als uneheliches Kind bisher immer die Außenseiterin in ihrer Familie und spielte keinerlei Rolle für deren Position in der Hexade, die über die Stadt wacht. Doch unversehens wird sie in einen ...

Christie war als uneheliches Kind bisher immer die Außenseiterin in ihrer Familie und spielte keinerlei Rolle für deren Position in der Hexade, die über die Stadt wacht. Doch unversehens wird sie in einen Machtkampf um diesen Posten hineingezogen, als ein Rudel Wolfswandler in ihre Stadt einfällt. Und dann sind da noch die blauen Schuppen auf ihrer Haut, die sie bisher gut versteckt hält und die Auskunft über ihre Abstammung geben könnten.

Christie war mir als Charakter sehr sympathisch, auch wenn sie mir vom Verhalten her nicht wie 18 erschien, sondern eher wie 16. Von jemandem, der sich teilnahmslos in sein Schicksal fügt, entwickelt sie sich zu einer jungen Frau, die weiß, was sie will und die die Gelegenheit ergreift, als sie die Möglichkeit bekommt in Aktion zu treten.

Wieder ein sehr spannendes Buch der Autorin mit interessanter Kultur, glaubhaften Charakteren und spannendem, Bilder erzeugendem Schreibstil. Ich werde definitiv auch die Folgebände lesen.

Insgesamt waren alle Charaktere wieder sehr lebendig, teilweise etwas karikiert, aber immer noch stimmig und überaus passend. Besonders gut gefallen haben mir auch Long und Zhang.

Die Wölfe waren unglaublich gut geschildert, sehr plastisch und animalisch, sehr echt wirkend. Ich konnte mir ihr Verhalten richtig gut vorstellen und habe sie vor mir gesehen wie echt.



Die Handlung war ab einem bestimmten Punkt wieder sehr spannend. Eine Sache, auf die ich die ganze Zeit gewartet habe, ist leider nicht passiert, aber dies ist ja erst Teil 1 der Trilogie, also kommt das sicher in einem der Folgebände.

Auch schön gelungen war die Darstellung der talanidischen Kultur. Sie erinnert stark an China, mit Magie durchsetzt. Lediglich einmal war ich irritiert, weil von einem Kimono gesprochen wurde. Das kann man jetzt als Irrtum sehen oder das als künstlerische Freiheit zugestehen (denn es ist ja nicht China, sondern Talanis), das muss jeder für sich entscheiden. Ansonsten war alles sehr stimmig und hat mir gut gefallen.

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Veröffentlicht am 27.10.2020

Märchen, wie man sie noch nie gesehen hat

Von Fuchsgeistern und Wunderlampen
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In dieser Anthologie haben verschiedenste Autoren sich Märchen aus aller Welt geschnappt und daraus neue Geschichten gestrickt. Es gibt Prequels, Sequels, alternative Enden, Crossover und vieles mehr. ...

In dieser Anthologie haben verschiedenste Autoren sich Märchen aus aller Welt geschnappt und daraus neue Geschichten gestrickt. Es gibt Prequels, Sequels, alternative Enden, Crossover und vieles mehr. Es gibt Tragödien, Satiren und Liebe. Einfach eine bunte Mischung.


Das Buch gliedert sich in drei Abschnitte, die jeweils Märchen aus Ostasien, aus dem Orient und aus Europa als Vorlage haben. Die Geschichten stehen jeweils einzeln, ohne Verbindungen zueinander und sind auch individuell sehr verschieden.

Mir haben vor allem die Folgenden Geschichten sehr gefallen:

"Pfirsichblüten im Schnee" liest sich wie ein Märchen aus Fernost und handelt von einem Waisen, der die Hexe zur Strecke bringen will, die einst seine Eltern tötete. Wirklich gruselige Hexe, wirklich wundervolle Welt und wirklich bildreiche, zarte Sprache!

"Krieg der Tauben" ist eine überspitzte Satire, die sich die Ausgangssituation von Dornröschen zur Brust nimmt. Zum Schreien komisch und zeigt dabei, wie verrückt die Menschen oft wirklich sind und wie sie den Fokus für das Wesentliche verlieren.

"Im letzten Licht" behandelt das russische Märchen um Baba Jaga und hat mich am Ende wirklich erschüttert und kam so sehr unerwartet!

"Schicksalsfäden" ist ein Crossover, in dem es um eine lesbische Liebe geht und darum, was man bereit ist zu tun für Menschen, die man liebt.

Sehr gelungene Anthologie, bei der für jeden was dabei ist. Nicht alles hat meinen persönlichen Geschmack getroffen, dafür hat mir manches sehr gefallen, was andere nicht mochten. Insgesamt haben mir die allermeisten Geschichten sehr gefallen und gerade die Vielfältigkeit dabei ist wundervoll!

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Veröffentlicht am 27.10.2020

Der Butterfly-Effekt, das Universum und das Leben

The Sun Is Also a Star
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Natasha ist die Tochter von jamaikanischen Einwanderern. Es ist ihr letzter Tag in New York, am Abend soll die Familie abgeschoben werden - da begegnet sie Daniel, der wiederum Sohn koreanischer Einwanderer ...

Natasha ist die Tochter von jamaikanischen Einwanderern. Es ist ihr letzter Tag in New York, am Abend soll die Familie abgeschoben werden - da begegnet sie Daniel, der wiederum Sohn koreanischer Einwanderer ist. Sie begegnen sich im Wirrwarr von New York und ihnen bleibt nur dieser eine Tag, um sich kennen (und lieben?) zu lernen.

Ich dachte, dieses Buch ist eine kleine Liebesgeschichte und was Lockeres für Zwischendurch. Doch dieses Buch ist viel tiefgründiger, als man ihm zutraut!

Hautpaspekt dieses Buches ist der Butterfly-Effekt. Es geht darum, wie viele kleine Zufälle uns Menschen unbemerkt vernetzten und wie diese Kleinigkeiten etwas Großes auslösen können. Jeder Nebencharakter hat seine eigene Geschichte und es gibt viele außergewöhnliche Zufälle in diesem Buch, was hier aber sehr passend ist - und solche großen Zufälle gibt es ja nun mal wirklich!

Die Charaktere waren mir sehr sympatisch und sehr echt gestaltet, jeder hat seine eigenen Probleme, seine Beweggründe, seine Geschichte.

Das Ende ist sehr passend gewählt, es fügt sich gut in die Geschichte und ist gut gelöst.

Sehr gelungenes Buch, das man einfach als kleines Kunstwerk bezeichnen muss! :)

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