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Veröffentlicht am 28.01.2023

Spannender, aber nicht so sympathische Protagonistin

Jäger der Schatten
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„Eine Geschichte muss von Anfang bis zum Ende erzählt werden. Wenn man den Beginn nicht kennt, kann man das Ende nicht verstehen.“ (S. 254)

„Louise. Das Schattenmädchen. Weißes Haar und weiße Haut; so ...

„Eine Geschichte muss von Anfang bis zum Ende erzählt werden. Wenn man den Beginn nicht kennt, kann man das Ende nicht verstehen.“ (S. 254)

„Louise. Das Schattenmädchen. Weißes Haar und weiße Haut; so bleich, dass jede einzelne rote Ader wirkt wie die erhabene Narbe einer schrecklichen Verletzung. […]
Dort, wo normale Menschen Pupillen haben und eine Iris in jedem Auge, habe ich nichts davon.
Meine Augen sind einfach nur pechschwarz. Durch und durch.“ (S. 29) Im Zirkus Ora ist Louise eine gefürchtete Attraktion, die in einem goldenen Käfig knurrend zur Schau gestellt wird und Frauen in Ohnmacht fallen läßt. Doch in Wirklichkeit ist sie ein ungefähr 17jähriges Mädchen, das einfach nur im Wind tanzen möchte.
Im Zirkus Ora gibt es auch noch die Zwergin Dorothea, die wie eine Mutter für Louise ist, den etwa elfjährigen Jungen Maku, der ein Wilder mit Tattoos im Gesicht und spitzen Zähnen sein soll, Madame Rosa, eine Wahrsagerin, Eli, den Windtänzer, und einige mehr. Abends verzaubern sie die Gäste des Zirkus, und nachts steigen sie bei reichen Menschen in die Häuser ein und rauben sie aus. Doch eines Abends geht etwas schief und Eli wird entführt.

Louise kennt kein anderes Leben als den Zirkus, zu dem sie als Findelkind schon in jungen Jahren kam. Als Eli entführt wird, nimmt sie sich vor, ihn zu retten. Ihr erster Anhaltspunkt sind die Geschichten von der Wahrsagerin Madame Rosa, die sie auf die Spuren der Achai führt.
Die Achai wandelten einst auf Erden und haben die Welt mit Furcht und Schrecken überzogen, bis sie von den Menschen in die Schatten gedrängt wurden. Dort warten sie auf die Rückkehr ihrer Macht, und den Untergang der Menschheit.
Auf ihrer Suche nach Eli trifft Louise auf die Wächter, die endlich Lichts ins Dunkle bringen.

Jäger der Schatten handelt nicht nur von Louise, wie sie auszog, Eli zu retten, sondern ist auch ein Buch voller Geschichten, die erzählt werden wollen. Die Charakterbeschreibungen integrieren sich in den Zirkusalltag und sind sehr detailliert. Die Welt und ihre Politik runden das Gesamtbild ab. Dabei entspinnt sich die Entführung und Suche wie ein roter Faden, der alles miteinander verbindet.
Trotzdem ist Louise eine Träumerin, ohne Sinn und Verstand. Das könnte an ihrem Leben im Zirkus liegen, der fern von jeder Realität existiert, oder von ihren Büchern. Obwohl sie an die Wissenschaft glaubt, scheint sie an die Wirkung von Drogen auf den Körper nicht so sehr zu glauben. Ungeachtet all der Warnungen, und ohne Rücksicht auf (körperliche) Verluste, setzt sie ihren Willen durch. Naiv wirft sie mit Versprechungen um sich, auch wenn die Gründe nobel sind.
Man kann dieses Buch als Liebesgeschichte beschreiben, doch mit ungeahnten Wendungen und völlig ohne Romantik. Es ist auch ein Abenteuerroman, und voller Phantasie und Schatten. Wer über Louises Naivität hinweg schauen kann und ausführlichen Charakterentwicklungen angetan ist, dem kann ich Jäger der Schatten nur empfehlen.

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Veröffentlicht am 24.01.2023

Spoannend, unterhaltsam und auf jedne Fall zu empfehlen

Das Lied der Krähen
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„Sechs Menschen, aber eintausend Möglichkeiten, wie dieser wahnwitzige Plan schiefgehen konnte.“ (S. 452)

„Ein Spieler, ein Sträfling, ein missratener Sohn, eine verlorene Grisha, ein Suli-Mädchen, das ...

„Sechs Menschen, aber eintausend Möglichkeiten, wie dieser wahnwitzige Plan schiefgehen konnte.“ (S. 452)

„Ein Spieler, ein Sträfling, ein missratener Sohn, eine verlorene Grisha, ein Suli-Mädchen, das zu einer Mörderin geworden war, und ein Junge aus dem Barrel, der noch Schlimmeres geworden war.“ (S. 423) Diese sechs haben einen kaum durchführbaren Auftrag: Sie sollen einen Gefangenen aus dem Eistribunal, der Hochburg der Fjerdal und das best gesicherte Gefängnis der Welt, befreien und zurück nach Ketterdam bringen.
Doch Kaz Brekker wäre nicht er selbst, wenn er diese Herausforderung nicht annehmen würde. Er ist nicht ohne Grund mit seinen 17 Jahren der meist gefürchtete Kriminelle in den Barrels und wird Dirtyhands genannt. Zahlreiche Gerüchte ranken sich um ihn, doch eines ist klar: es gab bisher kein Schloß, was nicht von ihm geöffnet werden konnte.

Dieses Buch hat mich in 2022 verfolgt und ich konnte seinen Ruf nicht ignorieren. Darüber bin ich sehr froh, denn die Geschichte hat es in sich. Die Welt von Kaz ist dreckig, voller Diebe und Manipulationen. Aber sie ist auch voller interessanter Charaktere, allen voran Dirtyhands selbst, und voller Schicksale, die es zu entdecken gibt.
Dieser Auftrag scheint nicht durchführbar, doch Kaz ist mit seinen Ideen einzigartig. Seine Mannschaft ist vielschichtig, und jeder hat seinen Platz. Auch wenn es bei einigen so wirkt, als wären sie völlig nutzlos, schütteln sie geheime Talente aus der Hosentasche und retten den Tag. Bis zum Ende hat mich das Buch gefesselt und ich würde am liebsten nicht nur den Folgeband sofort lesen, sondern auch die anderen Bücher aus diesem ominösen Grishaverse.

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Veröffentlicht am 21.01.2023

unterhaltsam

Die Wallflowers - Lillian & Marcus
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„Ich werfe keine heimlichen Blicke, Livia. Entweder sehe ich mir etwas genau an, oder ich lasse es. Heimliche Blicke zu riskieren ist etwas für Kinder oder Perverslinge.“ (S. 25)

Nachdem Annabelle Mr. ...

„Ich werfe keine heimlichen Blicke, Livia. Entweder sehe ich mir etwas genau an, oder ich lasse es. Heimliche Blicke zu riskieren ist etwas für Kinder oder Perverslinge.“ (S. 25)

Nachdem Annabelle Mr. Hunt geheiratet hat, haben die Mauerblümchen vereinbart, Lillian als nächstes unter die Haube zu bringen. Und etrneut finden die vier Freundinnen sich in Westcliff wieder und bereiten sich auf die nächste Saison vor. Lillian verabscheut den Earl von Westcliff für seine steife und kaltherzige Art. Er ist der begehrteste adlige Junggeselle und verabscheut Lillian ebenfalls. Doch obwohl sie immer wieder aneinander geraten, scheinen sie sich doch anzuziehen.

Schade an dieser Reihe sind die Titel, die das Ende schon verraten. Doch auf der anderen Seite ist der Prozess spannend und man kann sich viel mehr auf die Charaktere und ihre Entwicklungen konzentrieren, statt auf das Ergebnis der sich entfaltende Liebesgeschichte.
Daß Lillian als Amerikanerin mit ihrer Art bei den versteiften britischen Aristokraten aneckt, ist keine Überraschung. Doch Marcus, der Earl von Westcliff, ist selbst manchmal recht unkonventionell und kann Lillian nicht widerstehen. Wie im ersten Teil kommt es zu einem Konflikt, der das Ende rasant und spannend macht, sodaß das Buch sich wunderbar an den ersten Teil anschließt und vom Aufbau her passt.

Es gibt Sexszenen, die recht explizit und realistisch sind, aber weder schmutzig noch übertrieben. Einige Formulierungen sind mehr als seltsam, aber sehr bildgewaltig. „Ihr Körper verkrampfte sich […] und molk einen Höhepunkt aus ihm heraus[…]“ (S. 418) ist dabei vermutlich die merkwürdigste Bemerkung.
Dafür, daß die Aristokraten so um Ehre und Jungfräulichkeit bemüht sind, zeigen sich die beiden Protagonisten erstaunlich freizügig, was mich doch sehr überrascht hat.

Nichtsdestotrotz ist diese Reihe leichte Unterhaltung für zwischendurch, mit durchsetzungsfähigen Frauen, sturen Männern, und sehr viel Humor. Ich freue mich schon auf den dritten Teil, der im Februar erscheinen soll.

„Meine Liebe […], wenn du das nächste Mal vor einem Raum voller Fremder stehst, könntest du dir sagen, dass einige von ihnen nur Freunde sind, die noch darauf warten, gefunden zu werden.“ (S. 148)

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Veröffentlicht am 16.01.2023

deprimierend, aber spannend

Hanne. Die Leute gucken schon
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„Aber weißt du, wenigstens in Büchern, Liedern und Filmen will ich einen blauen Himmel, schöne Gegenden und glückliche Menschen haben.“ (S. 196)

Hanne ist der zweite Teil der Mütter-Trilogie und schließt ...

„Aber weißt du, wenigstens in Büchern, Liedern und Filmen will ich einen blauen Himmel, schöne Gegenden und glückliche Menschen haben.“ (S. 196)

Hanne ist der zweite Teil der Mütter-Trilogie und schließt unmittelbar an den ersten an. Minnas Geschichte fing 1920 in Düsseldorf an und der erste Band endete in den 50er Jahren in Minden. 1952 ist Hanne elf Jahre alt und Minnas einzige Tochter. Sie leben zusammen in einer kleinen Wohnung in Minden; der Vater von Hanne hat Minna für eine andere Frau verlaßen. Der zweite Teil endet im Jahre 1978, nicht lange nach dem Epilog des ersten Teils.
Hannes Geschichte ist keine sehr schöne. Sie ist ein Kriegskind, wächst ohne Vater auf und obwohl ihre Mutter Minna recht modern ist, sind es die anderen Menschen meistens nicht. Doch die schwierige Schulzeit ist nicht ihr einziges Problem, denn sie steckt sich bei Minna mit Tuberkulose an und muß ständig für mehrere Monate in Heilanstalten verbringen. Die Tuberkulosekrankheiten von beiden haben ihre Leben nachhaltig verändert. „Die Leute gehen nicht zu einer, die TB hatte, weil sie Angst haben, sich anzustecken. Dabei hätten sie mich in Bad Lippspringe gar nicht entlassen, wenn ich noch ansteckend gewesen wäre[…].“ (S. 99)

Obwohl Hanne die Größe und Schlankheit von Minna geerbt hat, ist sie längst nicht so durchsetzungsfähig wie sie. Sie gibt nie Widerworte, ist sehr ergeben und ein stilles Kind, das zu einer naiven jungen Frau heranwächst. Weil Minna ihre Tochter beschützen will, trichtert sie ihr ein, ja nicht mit einem Kind nach Hause zu kommen. Wie diese entstehen, das erzählt sie ihr allerdings nicht.

Während Minna meistens fröhlich war, trotz Krieg, Armut und treulosen Männern, ist Hanne vor allem still. Sie nimmt vieles irgendwie hin und ist hauptsächlich unglücklich, geradezu verbittert. Diese Reihe strotzt nur so vor unangenehmen Männern, die geheiratet werden, und von Schicksalsschlägen, die einen nahezu in den Keller ziehen. Minna hatte genug Kraft, sich aus allem herauszuziehen und immer das Beste aus den Situationen zu machen, während Hanne wie eine Blume eingeht. „Sie hatte nie gelernt, glücklich zu sein, den Moment zu genießen, den Augenblick zu leben. Ihre ganze Kraft hatte sie immer darauf verwendet, sich nicht anmerken zu lassen, wie sie sich fühlte.“ (S. 527)

Obwohl ich bei diesem Buch lange, deprimierende Strecken hatte, hat mich die Geschichte um Hanne ebenso fasziniert wie die von Minna. Im ersten Buch wurde ein großes Familiengeheimnis erwähnt und ich hatte schon die wildesten Vermutungen. Nach diesem Buch ist ein großer Teil dieses Mysteriums (dem Leser) bekannt, jedoch noch nicht ausgesprochen. Der Epilog legt nahe, daß es genau darum im dritten Teil Romy – Mädchen, die pfeifen gehen wird. Dieses Buch erscheint in diesem Sommer und ich bin schon sehr gespannt, wie die Trilogie zu Ende geht.

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Veröffentlicht am 28.12.2022

Langer beginn, aber Hintergrundgeschichte fesselnd

DAS BRENNEN DER STILLE - Goldenes Schweigen (Band 1)
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„Strafen sind da, um daraus zu lernen. Nicht zu sprechen ist, als würde ich einen Ladendieb damit bestrafen, indem ich alle Lebensmittel verbrenne.“ (S. 238)

In einer Welt, in der die Wüste die Erde beherrscht ...

„Strafen sind da, um daraus zu lernen. Nicht zu sprechen ist, als würde ich einen Ladendieb damit bestrafen, indem ich alle Lebensmittel verbrenne.“ (S. 238)

In einer Welt, in der die Wüste die Erde beherrscht und die Menschen ihre gesprochenen Worte als Strafe auf der Haut tragen, wird der Glaube an das Heilige Wort vor allem von der Oberschicht exzessiv ausgelebt. Sie können es sich leisten, nicht zu reden. Denn nur wer spricht, wird auch lügen können. Stille ist die Wahrheit.
In dieser Welt wächst Olive auf, mit reiner Haut und einer arrangierten Ehe. Doch genau an ihrem Hochzeitstag, nach dem Eheversprechen, bricht ein Tumult auf dem Kirchenvorplatz aus und Olive findet sich Stunden später in einer dunklen Zelle wieder. Neben ihr ein Mann mit schwarzen Haaren, breiten Schultern und Worte auf der Haut. In Olives Augen ist er ein Sünder, und ihre Familie wird sie sicherlich bald befreien.
Kyle ist Schmied und mit seinem besten Freund Lonny in Tudor unterwegs, als er plötzlich einen Schlag auf den Hinterkopf spürt und sich Stunden später in einer Zelle mit der berühmten Olive wiederfindet.

Mal von den offensichtlichen Handlungen abgesehen, ist das Rundherum dieses Buches sehr spannend. Der Gedanke, daß Gott sich an der Menschheit rächt, indem jedes gesprochene Wort ab einem bestimmten Alter auf der Haut erscheint wie hinein geritzt und die neue Religion sich in eine stumme Richtung entwickelt hat, ist sehr interessant. Konfliktpotential lauert an jeder Ecke, denn nur die Reichen können sich reine Haut leisten, doch diese ist auch nötig, um Arbeit oder eine Wohnung zu bekommen. Alle anderen, die Sprechen müßen, sind in ewiger Armut verdammt. Die Kirche ist der Staat, also bestimmt die Kirche das ganze Leben.
Umso erstaunlicher ist es, daß Olive, nachdem sie einmal angefangen hat wieder zu sprechen, sich ziemlich schnell daran gewöhnt hat und fast gar nicht mehr aufhört zu reden. Auf der anderen Seite ist positiv anzumerken, daß sie vor Entscheidungen alles überdenkt und neu gelerntes einbezieht, weil ihr bewußt wird, wie isoliert ihr Leben war.
Kyle dagegen ist viel zu leicht zu manipulieren, was nach dem zweiten Mal schon langweilig wird.

Obwohl die Hintergrundgeschichte um die Religion spannend ist, zieht sich die Entführung ziemlich in die Länge. Nach der Hälfte des Buches hatte ich überlegt, es einfach sein zu laßen. Sie sind einfach nicht aus dieser verdammten Wüste herausgekommen und es zog sich wie Gummi. Ab Kapitel 26 wird es wieder sehr viel spannender, das ist das letzte Drittel.

Trotzdem hat mir das Buch gut gefallen, vor allem wegen der Konflikte, weniger wegen der beiden Protagonisten. Die Aufmachung des Buches ist auch sehr ansprechend. Da es mit wechselnder Perspektive zwischen Olive und Kyle erzählt wird, gibt es zu Beginn eines Kapitels Auszüge entweder aus dem Heiligen Wort oder einem Rebellen-Tagebuch.
Goldenes Schweigen ist innen wie außen von der Aufmachung her ansprechend und ich hoffe, die Folgebände ziehen sich zu Beginn nicht so in die Länge, denn ich möchte sie wirklich gerne in meinem Regal stehen haben.


Spoiler: Sie sind Feinde, lernen sich beßer kennen, doch dürfen sie am Ende nicht zusammen sein, weil es einen größeren Plan gibt. Sie geht zurück als Spionin, um ihm das Leben zu retten, man kennt’s.

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