Profilbild von Haberleitner

Haberleitner

Lesejury Star
offline

Haberleitner ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Haberleitner über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.03.2023

Vom Glücksgefühl über eine neue Heimat

Danke
0

In „Danke! Wie Österreich meine Heimat wurde“ gibt Omar Khir Alanam kurze Einblicke in sein Leben in Damaskus, schildert seine Flucht, die Gründe dafür und schließlich, wie es kam, dass er in Österreich ...

In „Danke! Wie Österreich meine Heimat wurde“ gibt Omar Khir Alanam kurze Einblicke in sein Leben in Damaskus, schildert seine Flucht, die Gründe dafür und schließlich, wie es kam, dass er in Österreich gelandet ist und wie es ihm hier anfangs ergangen ist.

Omar Khir Alanam wurde 1991 in Syrien geboren und flüchtete zunächst in den Libanon und dann nach Österreich. Nach Auftritten bei Poetry-Slams absolvierte er eine Ausbildung zum Fachsozialbetreuer mit Schwerpunkt Kulturvermittlung. Er lebt in Graz. „Danke“ ist sein erstes Buch.

In diesem Buch beschreibt er sein Leben in Damaskus, die schwierige Situation in Syrien und den Weg seiner 2jährigen Flucht. Es war ein entbehrungsreicher Weg, der ihn letztlich nach Österreich führte. Man erfährt von seinen Empfindungen, Ängsten wie auch von beglückenden Erlebnissen und Begegnungen.

Schon das Cover vermittelt Omars positive Einstellung zum Leben und seine sympathische Ausstrahlung. Der Schreibstil ist einfach und liest sich flüssig. Die Kapitel sind kurz, jeweils mit Überschriften versehen, die sich auf das Thema des jeweiligen Kapitels beziehen.

Omar Khir Alanam verkörpert in gewisser Weise ein Musterbeispiel eines Flüchtlings. Mit enormer Willenskraft und Disziplin, aber auch einem besonderen Sprachentalent erlernt er in Rekordzeit die deutsche Sprache. Er hatte bereits in Syrien Gedichte geschrieben. Sich sprachlich ausdrücken zu können, ist für ihn essentiell. Doch alle Eigeninitiative allein wäre zu wenig gewesen. Ohne Hilfe wäre es ihm schwerlich gelungen, sich in der Fremde so rasch zu integrieren. Zudem erweist Omar sich als sehr anpassungsfähig und anpassungswillig, und das ohne seine Religion, seine Kultur zu verleugnen. Man erfährt, wie viel Kraft, Einsatzwillen und Durchhaltevermögen Menschen abverlangt wird, die sich auf so eine Flucht begeben, aber auch mit welchen Schwierigkeiten sie bei ihrer Ankunft in der fremden Kultur zu kämpfen haben, mit Behörden und in Bezug auf Vorurteile.

Was mir an dem Buch besonders gefiel, war seine Sicht auf die Dinge. Einerseits klingt seine Liebe und Sehnsucht nach seiner ursprünglichen Heimat immer wieder durch. Nach den Schönheiten des Landes. Andererseits spürt man, wie glücklich er ist, nun in Österreich leben zu dürfen.

In einzelnen Kapiteln hebt er jene Menschen hervor, die ihm in Österreich geholfen haben, Fuß zu fassen, die Sprache zu erlernen, Anerkennung und Liebe zu erfahren, wieder Selbstbewusstsein zu erlangen. Er hatte Glück, an Menschen zu gelangen, die ihn akzeptierten, ihn unterstützten und förderten.

Die Geschichte hat mich berührt, mir auch Einblick in das Leben in Syrien gegeben, zum Verständnis beigetragen, warum die Menschen dieses Land verlassen (müssen). Als ich das Buch schloss, wünschte ich mir, dass es einerseits mehr Menschen gäbe, die so unvoreingenommen Flüchtlinge akzeptieren und ihnen über die Hürden in einer total anderen Weltanschauung hinweg helfen, und andererseits, dass auch mehr geflüchtete Menschen dieselbe Kraft, Ausdauer und Anpassungsfähigkeit hätten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.03.2023

In der Kürze liegt die Würze

Eddies Coup
0

„Eddies Coup“ von J.H. Willem ist ein spannender Kurzkrimi, ein gelungener Auftakt zu einer neuen Krimiserie.

Worum geht es?
Adam Starck ist ein ehemaliger, zwangspensionierter Kriminalbeamter. Eines ...

„Eddies Coup“ von J.H. Willem ist ein spannender Kurzkrimi, ein gelungener Auftakt zu einer neuen Krimiserie.

Worum geht es?
Adam Starck ist ein ehemaliger, zwangspensionierter Kriminalbeamter. Eines Tages finden er und seine Nachbarin Lizzie, eine Computerexpertin, die Leiche ihres Nachbarn Eddie. Da die Polizei den Fall nicht mit dem nötigen Nachdruck bearbeitet, beginnen Adam und Lizzie selbst zu ermitteln und kommen dahinter, dass Eddie nicht das war, was er zu sein schien, sondern in zwielichtigen Kreisen verkehrte.

Der Schreibstil liest sich flüssig. Die Kapitel sind kurz gehalten, ohne Zeit- oder Ortsangaben. Das Buch erschien 2022 und spielt im Frühjahr 2021, Corona wird nicht erwähnt. Das Büchlein umfasst nur rund 130 Seiten, entpuppte sich aber trotz der Kürze als ausgezeichnet konzipierter Krimi mit zahlreichen Spannungsmomenten, Cliffhangern und Action. Die Handlungsorte, das Umfeld und die Charaktere sind gut vorstellbar beschrieben. Die Symbolik des Covers durchschaut man allerdings erst, sobald man die entsprechende Szene im Buch gelesen hat.

Die Handlung verläuft geradlinig und übersichtlich. Man ist auch sofort mitten in der Geschichte. In einem Kurzkrimi gibt es nicht genug Raum für mehrere ineinander verschlungene Handlungsstränge und langwierige Verfolgung in die Irre führender Spuren. Trotzdem hält sich die Spannung durchgehend auf gutem Niveau. Dazu tragen wesentlich die Perspektivenwechsel bei. Zeitweise ermitteln Adam und Lizzie getrennt, zudem erfährt man auch die Gedanken und Aktionen von Opfer und Täter. Dadurch gestaltet sich die Handlung abwechslungsreich. Einige Cliffhanger, gefahrvolle Situationen und eine Portion Action steigern die Spannung zusätzlich.

Es ist in gewissem Sinne kein üblicher Whodunit-Krimi, da man (als Wissensvorsprung zu den Ermittlern) den Täter bereits kennt, das Miträtseln, wer der Mörder sein könnte, somit wegfällt. Das Rätsel besteht in diesem Fall in der Motivsuche und die Spannung kreiert sich aus den die Hintergründe so nach und nach aufdeckenden Aktionen des Ermittler-Duos.

Das Duo Adam und Lizzie wirkt sympathisch, lebendig und vielversprechend für zukünftige Fälle. Für einen erfahrenen, schon etwas älteren Kriminalbeamten agiert Adam allerdings sehr spontan und leichtsinnig, was ihn immer wieder in prekäre Situationen bringt.

„Eddies Coup“ hat mir ausgezeichnet gefallen. Aufgrund seiner Kürze eignet sich der Krimi ideal für zwischendurch, man kann das Buch locker in einem Rutsch auslesen. Es hat mir spannende Lesestunden bereitet und große Lust auf weitere Fälle der beiden gemacht.

Eine 5-Sterne-Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.02.2023

Geschmiedete Mordpläne

Mostviertler Grafen
0

Mit „Mostviertler Grafen“ ist Helmut Scharner wiederum ein spannender Krimi mit viel Lokalkolorit gelungen; es ist mittlerweile der 5. Fall dieser Reihe.

Worum geht es?
Ein angesehener Mostviertler Schmied ...

Mit „Mostviertler Grafen“ ist Helmut Scharner wiederum ein spannender Krimi mit viel Lokalkolorit gelungen; es ist mittlerweile der 5. Fall dieser Reihe.

Worum geht es?
Ein angesehener Mostviertler Schmied wurde ermordet. Als Täter kommen zahlreiche Personen in Frage – Konkurrenten ebenso wie eifersüchtige Ehemänner, denn er war nicht nur tonangebend unter den Schmieden und nicht allseits beliebt, sondern auch ein Frauenheld. Dann geschieht ein weiterer Mord …

Das Cover vermittelt sehr eindrucksvoll das Umfeld, in dem dieser Krimi spielt, nämlich das Schmiedehandwerk. Das Buch erschien 2023. Die Handlung spielt in Niederösterreich, und zwar im Mostviertel, im Oktober 2022, mit Rückblenden auf Juni desselben Jahres. Die Kapitel sind sehr kurz gehalten, jeweils mit Orts- und Zeitangaben versehen, was ich immer besonders schätze, weil man den Ermittlungsablauf chronologisch optimal nachvollziehen kann.

Der Schreibstil lässt sich flüssig lesen, ist bildhaft und dialogreich. Obwohl es eine Reihe ist, steht der Fall für sich alleine, man muss also die Vorgängerbände nicht kennen. Für mich war dies das zweite Buch mit dem sympathischen Major Brandner, dem nunmehr eine junge, noch unerfahrene, charakterlich interessante Kollegin an die Seite gestellt wurde. Durch die neue Konstellation ergibt sich auch im Teamwork so manch knifflige Situation, die der erfahrene Brandner exzellent meistert.

Ein Merkmal dieser Krimis ist auch (was ich als sehr angenehm empfinde), dass es keine grausig-detaillierten Beschreibungen der Mordopfer gibt. Der Schwerpunkt liegt auf der zeitaufwendigen Ermittlungstätigkeit, den Befragungen, Beobachtungen; kombiniert mit kurzen Einblicken ins Privatleben der Kriminalbeamten, wodurch diese authentisch und lebendig werden. Zur Abrundung der Charaktere tragen auch die in Kursivschrift zwischengeschobenen Gedanken der Ermittler bei.

Es ist ein typischer Regionalkrimi mit viel Lokalkolorit, anschaulichen Schilderungen der Landschaft und in diesem Fall auch interessanten Informationen über Ybbsitz, das man die Schmiedehauptstadt Mitteleuropas nennt. Selbst ich als Österreicherin habe davon nur ansatzweise gehört und kenne diese Region meines Heimatlandes noch nicht. Bin aber jetzt neugierig geworden, einmal hinzufahren.

Die Handlung entwickelt sich so nach und nach. Die Spannung bleibt stets am Köcheln, nicht zuletzt auch durch die Perspektivenwechsel – Brandner und seine Kollegin Lindner ermitteln meist getrennt. Durch den großen Kreis an Verdächtigen, das stetige Auftauchen neuer Erkenntnisse und infolge unerwarteter Wendungen, hat man als Leser reichlich Gelegenheit zum Mitraten. Doch wie die Ermittler, so verfolgt man lange Zeit über die falschen Spuren und wird letztlich – nach einem packenden Showdown – von der schlüssigen Lösung des Falles überrascht.

„Mostviertler Grafen“ hat mir nicht nur spannende Lesestunden beschert, sondern mir auch einen Teil meines Heimatlandes nähergebracht, den ich bislang nicht kannte. Brandner und Lindner bilden ein vielversprechendes Team – ich freue mich schon auf deren nächsten Fall!

Ich empfehle das Buch gerne weiter und vergebe 5 Punkte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.02.2023

Unterhaltsam, bayrisch, aber noch zu wenig Krimi

Männer, Mord und Remmidemmi
0

„Männer, Mord und Remmidemmi“ von Alexandra Stiglmeier ist ein Cosy-Krimi, bei dem typisch bayrischer Humor und Situationskomik im Vordergrund stehen.

Klappentext:
Elli Fuchs wäre gerne Kriminalerin geworden. ...

„Männer, Mord und Remmidemmi“ von Alexandra Stiglmeier ist ein Cosy-Krimi, bei dem typisch bayrischer Humor und Situationskomik im Vordergrund stehen.

Klappentext:
Elli Fuchs wäre gerne Kriminalerin geworden. Hat nicht geklappt, Fünfer im Turnen und überhaupt. Jetzt verkauft sie Klodeckel – bis sie unter einem Wannensockel einen Toten entdeckt, eingetütet in einen Futtermittelsack. Ein mysteriöser Fall um tragische Familiengeheimnisse drängt sich der Elli auf, in dem sie unbedingt ermitteln muss. Wenn da nur nicht der Fasching, die Kinder und diese verdammte Männersuche wären, die die Sache unnötig kompliziert gestalten …

Das Cover stimmt schon auf das Umfeld ein: gestandene bayrische Männer und Volksfeststimmung. Denn eines der Kernthemen für Elli ist ja die Suche nach dem richtigen Mann! Das Buch erschien 2022. Die Kapitel sind angenehm kurz und mit keinen Zeitangaben versehen. Die Handlung spielt zu einem nicht näher beschriebenen Zeitpunkt in der Gegenwart. Nachdem es keinerlei coronabedingten Einschränkungen bei all den Faschingsveranstaltungen gibt, nehme ich an, vor der Pandemie. Ja, so heftiges Remmidemmi kann schon einiges durcheinander bringen, auch für die Autorin. So begehen die Protagonisten den Valentinstag über zwei Wochen nach dem Aschermittwoch – das passt zwar harmonisch in den Handlungsablauf, ist aber kalendermäßig unmöglich, also dichterische Freiheit.

Ich mag bayrische Regionalkrimis sehr, den Dialekt und die meist urigen Typen, die sich in diesem Genre tummeln. Deshalb gefiel mir auch der Schreibstil der Autorin. Nicht nur des Dialekts wegen, sondern auch wegen der vielen humorvollen Szenen, wegen der Situationskomik. Die Geschehnisse werden aus Sicht von Elli geschildert. Somit sind nicht nur ihre Gespräche mit den anderen Dorfbewohnern im Dialekt verfasst, sondern auch ihre Gedanken. Als Österreicherin hatte ich sprachlich keine Verständnisprobleme. Notfalls hilft das Glossar am Ende des Buches weiter.
Das Lokalkolorit kommt sehr lebendig und authentisch, teils auch sehr deftig zum Ausdruck. Das Leben in einem so kleinen Ort, wo jeder jeden kennt, der Tratsch nur so blüht, aber auch das Gemeinschaftsleben und die Feierlaune. Mir hätte ein bisschen weniger Remmidemmi besser gefallen. Während dieser feuchtfröhlichen Passagen ging mir etwas die Spannung verloren.

Elli steht im Mittelpunkt der Handlung. Ihr Alltag, ihr Umfeld, ihre Beziehungen, ihr Hoppalas. Der Schwerpunkt des Romans liegt auf der Unterhaltung. Dass die Autorin aus der Kabarettszene kommt, ist offensichtlich. Man wird eher zum Schmunzeln oder Lachen animiert als zum Miträtseln, wer nun der Mörder gewesen sein könnte. Der kriminelle Teil bzw. die Ermittlungstätigkeit von Elli läuft nur so nebenbei. Erst im dramatischen Showdown fühlt es sich wie ein Krimi an. Dann wird auch alles schlüssig gelöst.

Die Charaktere sind ziemlich überzeichnet dargestellt, schräg-komisch, gut vorstellbar, urwüchsig, wie es sie irgendwo im bayrischen Hinterland durchaus geben könnte, nicht immer sonderlich sympathisch. Doch letztlich schloss ich das Buch mit dem Gefühl, dass das Team Elli und Lenz in den Folgebänden ein ausgezeichnetes Ermittler-Duo bilden werden, und dass ich mir in Zukunft intensivere kriminalistische Aktivitäten erwarten kann.

„Männer, Mord und Remmidemmi“ stellt ein amüsantes Romandebut der Autorin dar, schwächelt jedoch noch bezüglich der Krimispannung. Daher vergebe ich nur 3 von 5 Sternen. Dennoch: Wenn jemand Urbayrisches mag und gerne Unterhaltsames liest, dem empfehle ich dieses Buch gerne weiter.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.02.2023

Gelungener Debutroman

Reise ins Ungewisse
0

„Reise ins Ungewisse: Gefährliche Liebe“ von Andrea Faraguna ist ein spannender Roman, mit ein wenig von allem – leicht thrillermäßig, aber auch romantisch bis erotisch.

Klappentext:
Deutschland, Ostern ...

„Reise ins Ungewisse: Gefährliche Liebe“ von Andrea Faraguna ist ein spannender Roman, mit ein wenig von allem – leicht thrillermäßig, aber auch romantisch bis erotisch.

Klappentext:
Deutschland, Ostern 1998
Karen wird von ihrer lange verschollenen Freundin Natalie zu einer spontanen Reise in ein abgelegenes Ferienhaus überredet. Doch die beiden Frauen bleiben nicht allein, alles verläuft anders als erwartet und Karen muss Entscheidungen treffen, die ihr Leben verändern werden.

Das Buch erschien 2022 und ist der Debutroman der Autorin. Das Cover, das eine verkehrsarme Straße, die im Licht der untergehenden Sonne ins Nirgendwo führt, zeigt, stimmt ausgezeichnet auf die Story ein. Der Schreibstil ist flüssig, sehr dialogreich. Beschreibungen des Umfelds beschränken sich auf das Notwendigste, mehr ist auch nicht erforderlich. Das rund 240 Seiten umfassende Buch gliedert sich in fünf Kapitel, also eines pro Handlungstag, nämlich Gründonnerstag bis Ostermontag des Jahres 1998. Man muss sich auch gedanklich in jene Zeit zurückversetzen, was die technischen Möglichkeiten anbelangt. Mobiltelefone gab es zwar, aber noch kein Internet in der heutigen Form.

Das Buch ist in Ich-Form verfasst, schildert somit die Ereignisse lediglich aus Karens Perspektive. Es offenbaren sich somit ausnahmslos Karens Gedanken, Erinnerungen, Vermutungen, Empfindungen und Beobachtungen. Was ungesagt in den Köpfen der anderen – teils ziemlich zwielichtigen Gestalten - vorgeht, bleibt verborgen. Möglicherweise hätten Perspektivenwechsel, zwischengeschaltete anonymisierte Gedankengänge oder der eine oder andere Cliffhanger stilistisch die Spannung noch etwas angeheizt, die Handlung etwas abwechslungsreicher gestaltet.

Die spannungsgeladene Atmosphäre ergibt sich bereits nach wenigen Seiten. Zwischen den Zeilen ist die Bedrohung zu spüren, noch nicht greifbar, aber lauernd. Von Kapitel zu Kapitel verstärken sich die Anzeichen, wird aus der Vermutung Gewissheit. Und es erscheint ausweglos, der Gefahr zu entrinnen. Als Gegenpol zu diesem beängstigenden Umfeld entwickelt sich eine riskante Liebschaft, wodurch auch etwas Romantik und Erotik ins Spiel kommt. Im Prinzip passiert in diesen fünf Tagen, vom dramatischen Showdown abgesehen, nicht viel Aktion. Die Guten und die Bösen hocken auf engstem Raum, verfolgen ihre (mehr oder weniger geheimen) Ziele und versuchen, die Zeit totzuschlagen. Es ist die knisternde Stimmung, die über all ihrem Tun liegt, die einen an das Buch fesselt. Und das Hoffen auf ein gutes Ende.

Der Schwerpunkt der Handlung liegt in Karens charakterlicher Entwicklung. Karen ist 33 Jahre alt und sehr vermögend. Erstaunlicherweise ist die junge Frau zu Beginn der Geschichte reichlich naiv für ihr Alter, agiert sehr fremdbestimmt, verfügt über kein Selbstbewusstsein und leidet unter Minderwertigkeitskomplexen. Sie kann offensichtlich nicht „nein“ sagen, sich nicht durchsetzen, sich nicht wehren. Ängstlich wirkt sie allerdings auch nicht. Eher apathisch. Allfällige Bedenken oder negative Gefühle ertränkt sie mit Alkohol. Die Beziehung mit ihrem Freund besteht aus Gewohnheit, bar jeglicher Leidenschaft. Im Laufe der Geschehnisse reift sie heran, beginnt eigenständig zu handeln und wagt einen Neuanfang. Auch die Charaktere der anderen Protagonisten sind gut vorstellbar, wenn auch eher nur oberflächlich und klischeehaft gezeichnet. Man kann sich die verschiedenen Typen gut vorstellen.

„Reise ins Ungewisse“ hat mir packende Lesestunden beschert und Lust auf weitere Romane der Autorin gemacht. Da stilistisch, z.B. bezüglich spannungshebender Effekte, noch etwas Luft nach oben besteht, vergebe ich 4 von 5 Punkten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere