Profilbild von Haberleitner

Haberleitner

Lesejury Star
offline

Haberleitner ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Haberleitner über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.03.2022

Was erwartet uns im Alter?

Mein Körper ist so unsozial
0

Dieses Büchlein schrieb Ilse Gräfin von Bredow im Alter von rd. 90 Jahren und ist eine teils amüsante, teils nachdenklich stimmende Lektüre.

Mit ein wenig Augenzwinkern setzt sie sich mit den Problemen ...

Dieses Büchlein schrieb Ilse Gräfin von Bredow im Alter von rd. 90 Jahren und ist eine teils amüsante, teils nachdenklich stimmende Lektüre.

Mit ein wenig Augenzwinkern setzt sie sich mit den Problemen des Alterns auseinander, mit den Wehwehchen, damit, dass eben manches nicht mehr so geht wie früher – nach dem Motto: „Mein Körper ist so unsozial. Ich rede, er bleibt stumm. Ich leb ein Leben lang für ihn. Er bringt mich langsam um.“

In ihren amüsanten Geschichten thematisiert sie die Angewohnheit der älteren Menschen, alles Verwendbare aufzuheben ebenso wie Vergesslichkeit, Schwerhörigkeit oder eingeschränkte Motorik sowie deren Probleme mit der modernen Technik. Überraschenderweise macht sie sich aber auch Gedanken darüber, inwieweit ein Roboter tatsächlich ein verlässlicher Helfer für alte Menschen wäre.

Sie blickt aber auch zurück auf ihre Jugend, auf die damaligen Erziehungsmethoden, stellt sich die Frage, ob tatsächlich früher alles besser war, schildert in launigen Anekdoten die sonderlichen Marotten ihrer Ahnen und Urahnen, führt auch vor Augen, unter welchen Umständen die früheren Generationen mit dem Alter zurechtkommen mussten. Es ist eine wunderbare Mischung aus Aktuellem und Einstigem, ein Querschnitt der Lebensumstände eines Jahrhunderts.

Das rd. 170 Seiten dicke Büchlein habe ich immer wieder kapitelweise so zwischendurch gelesen, vieles hat mich zum Schmunzeln gebracht und die lebensklugen Aussagen haben mich beeindruckt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.03.2022

Schein oder Realität

Mord als Schauspiel
0

„Mord als Schauspiel“ von Luc Winger, bereits der 14. Fall, den Lucie Girard, die Kommissarin in Saint Tropez, zu lösen hat, ist ein wohl einer der packendsten.

Worum geht es?
Bei Dreharbeiten zu einem ...

„Mord als Schauspiel“ von Luc Winger, bereits der 14. Fall, den Lucie Girard, die Kommissarin in Saint Tropez, zu lösen hat, ist ein wohl einer der packendsten.

Worum geht es?
Bei Dreharbeiten zu einem Film wird einer der Schauspieler während einer gestellten Szene tatsächlich getötet. Lucie steht vor einer besonderen Herausforderung, denn es vermengt sich Wirklichkeit mit der fiktiven Handlung des Filmes.

Luc Wingers Schreibstil ist leicht und flüssig, die Kapitel angenehm kurz. In den Text eingeflochtene Floskeln und Worte in französischer Sprache unterstreichen, dass der Krimi in Frankreich spielt. Eine Besonderheit dieser Reihe ist auch der Zeitraum, in dem sich die Verbrechen zutragen, die 70er-Jahre, als man noch keine Internet-Recherchen abrufen konnte, es keine Mobiltelefone gab, Protokolle auf elektrischen Schreibmaschinen getippt wurden und sich analoges filmisches Beweismaterial auf Filmspulen befand, die man erst entwickelt musste. Diese gewissermaßen entschleunigte und nicht so techniklastige Ermittlungsweise finde ich stets sehr angenehm.

Der Fall an sich ist durchaus auch für Neueinsteiger problemlos verständlich, kurze Hinweise auf Lucies privates Umfeld und frühere Fälle sind eingeflochten, verdeutlichen Lucies Kompetenz. Wer die Reihe regelmäßig verfolgt, wird wohlwollend festgestellt haben, dass nahtlos an die Ereignisse des vorigen Bandes angeknüpft wurde und die nach Klärung des letzten Falles noch offenen polizeiinternen Massnahmen bzw. Konsequenzen erwähnt werden.

Das Spannungsniveau war während des gesamten Romans gegeben. Primär durch den stetigen Wechsel von den Ermittlungen in der Gegenwart zu den Rückblenden auf die Ereignisse während der Dreharbeiten. Auf diese Art und Weise kamen in kleinen Dosen unerwartete neue Aspekte und überraschende Wendungen ans Tageslicht. Zudem herrschte innerhalb der Gruppe eine derart geladene Atmosphäre, dass explosive, übergriffige Handlungen stets in der Luft lagen.

Die Charaktere der Schauspieler sind sehr gefühlsstark beschrieben. Die Emotionen prallen nur so aufeinander: Eifersucht, Begehren, Konkurrenzneid, Verletztheit, Verlustängste, Aggressivität. Ein vielschichtiger Nährboden für Mordmotive. Einer ist verdächtiger als der andere. Im Gegensatz dazu die Kommissarin, die sich freundlich, ruhig und doch zielstrebig durchsetzt und sich von falschem Getue nicht irreführen lässt. Lucies Ermittlungsstil erinnerte mich diesmal sehr stark an Hercule Poirots Vorgangsweise: Befragungen, Nachdenken, Schlüsse ziehen und am Ende wird im Kreise aller Beteiligten der Mörder entlarvt.

Wiederum ist Luc Winger ein fesselnder Kriminalroman gelungen, den man kaum aus der Hand legen möchte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.02.2022

Grausamer Mord im beschaulichen Tessin

Mord in Montagnola
3

„Mord in Montagnola“ von Mascha Vassena ist der gelungene Auftakt zu einer neuen Krimi-Serie, die im Tessin spielt.

Worum geht es?
Die Übersetzerin Moira kehrt nach vielen Jahren Auslandsaufenthalt in ...

„Mord in Montagnola“ von Mascha Vassena ist der gelungene Auftakt zu einer neuen Krimi-Serie, die im Tessin spielt.

Worum geht es?
Die Übersetzerin Moira kehrt nach vielen Jahren Auslandsaufenthalt in ihr Heimatdorf zurück, um ihren gesundheitlich angeschlagenen Vater zu besuchen. Sie trifft ihre Jugendliebe, den Rechtsmediziner Luca wieder, der sie um Unterstützung als Dolmetscherin in einem Mordfall ersucht. Durch die Befragungen wird Moira immer mehr in die Ermittlungen involviert und trägt schließlich maßgeblich zur Entlarvung des Mörders bei.

Der Schreibstil liest sich flüssig, die Kapitel haben eine angenehme Länge. Es ist ein typischer Regionalkrimi, der natürlich einen gewissen Fokus auf Land und Leute der Gegend hat, auf Landschaft und Kulinarik, auf Sehenswertes und Besonderes, wie in diesem Fall auf den berühmten Bewohner Montagnolas, Hermann Hesse. Ich empfand die Vermischung der polizeilichen Aktivitäten mit den privaten Szenen gut ausgewogen, passend zu einem Krimi dieses Genres.

Nach dem ziemlich heftigen, thrillermäßigen Prolog bewegt sich die Handlung in punkto Spannung eher im Wohlfühlmodus bis zum dramatischen Showdown. Die Ermittlungen gehen zäh voran, immer wieder führen Spuren in eine Sackgasse, erweisen sich Verdächtige als unschuldig – das ermöglicht es auch der Leserschaft ausgezeichnet, eigene Theorien aufzustellen, mit zu raten. Letztlich löst sich der Fall überraschend, aber schlüssig auf.

Die Charaktere sind überzeugend dargestellt, insbesondere Moira mit ihren sehr menschlichen Eigenschaften, wie Hilfsbereitschaft, Verständnis für die Sorgen anderer und Verantwortungsgefühl, aber auch alle anderen wesentlichen handelnden Personen haben Struktur und strahlen eine gewisse Lebendigkeit aus.

„Mord in Montagnola“ ist ein Kriminalroman mit reichlich Lokalkolorit, einer sympathischen Protagonistin, wo zwar die Mordermittlung im Mittelpunkt steht, dennoch noch Raum für Privates ist. Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich freue mich auf die Fortsetzungen.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 23.02.2022

Mrs Potts' Mordclub - ein unschlagbares Team

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar
0

Robert Thorogood knüpft mit seinem Serienstart „Mrs Potts‘ Mordclub und der tote Nachbar“ an die typisch englischen Krimis à la Agatha Christie oder Ann Granger an.

Worum geht es?
Die 77jährige Judith ...

Robert Thorogood knüpft mit seinem Serienstart „Mrs Potts‘ Mordclub und der tote Nachbar“ an die typisch englischen Krimis à la Agatha Christie oder Ann Granger an.

Worum geht es?
Die 77jährige Judith schwimmt in der Themse, als sie einen Schuss hört. Wie sich herausstellt, wurde ihr Nachbar ermordet. Die Polizei ermittelt ihr zu lax, also beginnt sie selbst nachzuforschen. Sie lernt bei ihren Recherchen die Pfarrersgattin Becks und - nachdem auch ein zweiter Mord passiert – die Hundesitterin Suzie kennen. Zu dritt verfolgen sie unzählige Spuren und sammeln immer mehr Indizien. Sie kommen dem Mörder gefährlich nahe …

Das englische Flair und die tatkräftige, gewitzte Protagonistin haben mich von der ersten Seite an begeistert. Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel haben eine angenehme Länge, die Ereignisse und das Umfeld werden anschaulich, aber nicht zu ausufernd beschrieben.

Was ich besonders geschätzt habe ist, dass man als Leser wunderbar miträtseln kann. Mehrere Morde, etliche Verdächtige, sich widersprechende Indizien. Immer wenn die Lösung greifbar ist, gibt es eine überraschende Wendung. Die daher nie versiegende Spannung wird zudem durch die Aktionen des originellen Trios aufgelockert. Sie geraten in aberwitzige, zum Schmunzeln anregende Situationen. Zu realitätsbezogen darf man manche ihrer Aktivitäten nicht betrachten, es ist schlicht und einfach sehr unterhaltsam.

Die drei Frauen sind ausgezeichnet charakterisiert – die für ihr Alter sehr rege und sportliche Judith, mit den modernen Medien ebenso vertraut wie sie ein Kanu manövriert, die zunächst sehr zurückhaltende und verunsicherte Becks, die sich erstaunlich entwickelt und ungeahnte Fähigkeiten an sich entdeckt, und die bodenständige, praktisch veranlagte Suzie. Alle drei sind liebenswerte, ein wenig schrullige Persönlichkeiten, sie ergänzen einander optimal und bilden ein unschlagbares Team.

Mir hat das Buch äußerst vergnügliche und spannende Lesestunden beschert und große Lust auf weitere Fälle mit Mrs Potts und ihrem Mordclub gemacht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.02.2022

Man ist nie zu alt für einen Neubeginn

Eine Liebe in Regensburg
0

„Eine Liebe in Regensburg“ ist der zweite Teil einer Novellen-Trilogie von Rüdiger Marmulla.

Eine wundervolle Geschichte, mit der man ein bisschen in eine heile Welt versinkt, voller Verständnis und ...

„Eine Liebe in Regensburg“ ist der zweite Teil einer Novellen-Trilogie von Rüdiger Marmulla.

Eine wundervolle Geschichte, mit der man ein bisschen in eine heile Welt versinkt, voller Verständnis und Rücksichtnahme, Liebe und Geborgenheit, wo Schwierigkeiten und Probleme mit Optimismus und Glück gemeistert werden. Was sich auch immer querlegt, letztlich siegt das Gute. Diese Novelle liest sich ein bisschen wie ein Märchen – und gerade das tut gut, in Zeiten wie diesen, wo man tagtäglich mit negativen, bedrohlichen und erschreckenden Meldungen konfrontiert wird.

Worum geht es?
Richard heiratet seine wiedergefundene Jugendliebe Dana. Für die beiden beginnt nicht nur im Hinblick auf ihre Beziehung ein neuer Lebensabschnitt, sondern sie stürzen sich auch in ein gewagtes Projekt: sie eröffnen ein gemeinsames Hotel mit Restaurant. Das läuft natürlich nicht problemlos ab.

Der Schreibstil ist flüssig, klar, kurz und bündig, einige Kapitel sind nur eine Seite lang. Der Text ist vorwiegend in Dialogform gehalten, was sich sehr lebendig anfühlt, als wäre man dabei. Da es so gut wie keine ausführlichen Beschreibungen gibt, weder von Örtlichkeiten noch von Personen, bleibt vieles der Fantasie des Lesers überlassen. Ich persönlich hätte da gerne etwas mehr Ausschmückung gehabt.

Den ersten Teil dieser Trilogie muss man zwar nicht gelesen haben, um in diese Geschichte hineinzukommen, die wichtigsten Fakten werden erwähnt. Trotzdem würde ich raten, zuvor Teil 1 zu lesen. Denn Richards Wesen eröffnet sich einem wesentlich klarer, wenn man seine Vorgeschichte kennt.

Im Mittelpunkt der Handlung stehen Dana und Richard, beide schon in fortgeschrittenem Alter, mit erwachsenen Kindern, sind sympathisch und liebenswert dargestellt, voller Tatkraft und Ideen, großzügig und mit dem Herzen am rechten Fleck. Es gibt keine Misstöne und keine Ecken und Kanten.

Ich habe das rund 80 Seiten umfassende Büchlein in einem Sitz ausgelesen, habe es genossen, zwischen all den blutrünstigen und kniffligen Thrillern und Krimis einmal etwas Harmonisches und Unproblematisches zu lesen. Schade, dass ich nicht gleich den dritten Teil zur Hand hatte – immerhin hat mich der Cliff-Hanger am Ende schon sehr neugierig gemacht!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere