Wahre Kriminalfälle, eingebettet in viel Zeitgeschichte
FantomDen roten Faden und die Basis bilden wahre Kriminalfälle, eine Serie von Banküberfällen und der Fall eines Erpressers, der Anschläge auf die Bundesbahnen ausübt.
Ich hatte etwas Mühe, in die Geschichte ...
Den roten Faden und die Basis bilden wahre Kriminalfälle, eine Serie von Banküberfällen und der Fall eines Erpressers, der Anschläge auf die Bundesbahnen ausübt.
Ich hatte etwas Mühe, in die Geschichte hineinzukommen. Die vielen Personen. Die vielen, scheinbar nicht mit dem Fall zusammenhängenden Geschichten.
Abgesehen von einigen Kapiteln aus der Täterperspektive, wo man vor allem einiges über das Leben und die Vorgangsweise des Erpressers und Bombenlegers erfährt und somit stets mehr weiß als die Polizei, steht die realitätsnah geschilderte Polizeiarbeit im Mittelpunkt, die nur schleppend vorangeht und von zahlreichen Misserfolgen geprägt ist – einerseits, weil die Täter immer wieder Pausen einlegen, andererseits weil auch das Kompetenzgerangel innerhalb des Polizeiapparats sich hemmend auswirkt. Obwohl dieser Wechsel zwischen Täter- und Ermittlerperspektive die Handlung belebt, bleibt die Spannung dennoch etwas auf der Strecke, vielleicht auch, weil man ja den Täter kennt, das Miträtseln entfällt.
Mit hinein verwoben sind etliche zeitgeschichtlich relevante Ereignisse während des Ermittlungszeitraums, wie der Schahbesuch in Deutschland, das geteilte Deutschland, Studentenunruhen, der Vietnamkrieg. Auch die fiktive Familiengeschichte des Kommissars, der die Ermittlungen leitet, spielt facettenreich in die Handlung hinein, wie dessen Kindheit oder der Selbstmord der jüdischen Mutter, sowie die Verschickung seiner jüdischstämmigen Schwester in die USA.
Die Handlung spielt Ende der 60er Jahre – da gab es keine Recherchen im Internet, kein Mobiltelefon, keine ständigen DNA-Analysen, da telefonieren die Kriminalbeamten noch von Telefonzellen mit dem Präsidium. Ich empfinde es auch immer wieder wohltuend, in ein Leben ohne überflutende Technik katapultiert zu werden.
Positiv anmerken möchte ich, dass ich die Landkarte sehr hilfreich fand, um nachzuverfolgen, wo der Erpresser seine Anschläge verübte bzw. die Polizei bei den missglückten Lösegeldübergaben durch die Gegend schickte. Etwas schwierig empfand ich die Vielzahl an involvierten Polizeibeamten: Ich denke, ein Personenregister hätte mir geholfen, die Übersicht zu bewahren.
Obwohl ich vieles informativ fand und der ermittelnde Kommissar durchwegs meine Sympathie hatte, hat mich das Buch leider nicht so richtig gepackt, vielleicht auch, weil ich als Österreicherin zu wenig Bezug zu den historischen Ereignissen in Deutschland habe.