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Veröffentlicht am 18.04.2024

Liebe erst auf den zweiten Blick

Liebe kann doch jedem mal passieren
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„Liebe kann doch jedem mal passieren“ von Anne Sanders ist ein Liebesroman ohne bösartige Schwingungen, ein Roman, bei dem man sich von der ersten bis letzten Seite richtig wohl fühlt.

Worum geht es?
Die ...

„Liebe kann doch jedem mal passieren“ von Anne Sanders ist ein Liebesroman ohne bösartige Schwingungen, ein Roman, bei dem man sich von der ersten bis letzten Seite richtig wohl fühlt.

Worum geht es?
Die Zahnärztin Julie braucht eine Auszeit und mietet in Brighton ein Zimmer, muss aber feststellen, dass es nur ein „halbes“ Zimmer ist, das ihr zusteht. Dass sie es sich mit Anwalt Alex teilen muss. Nach anfänglicher Distanz und Abneigung kommt es aber wie es kommen muss: man lernt sich näher kennen und verliebt sich ineinander, doch die Zukunftspläne der beiden divergieren …

Das Cover ist ansprechend, symbolisiert Julies Ankunft, zeigt das Mehrfamilienhaus mit dem italienischen Lokal. Das Buch erschien 2024 und bildet den Auftakt zur „Das Haus in der Chesternut Road-Reihe“. Die Handlung spielt in der Gegenwart. Erzählt wird abwechselnd in Ich-Form aus der Perspektive von Julie und Alex. Der Schreibstil ist flüssig, locker und humorvoll. Einige Szenen brachten mich zum Schmunzeln, einige Male musste ich sogar hellauf lachen. Die Handlung verläuft eher ruhig, ohne Intrigen, böswilliger Aktionen oder dergleichen. Es passiert nichts Spektakuläres. Das Happy-End ist vorhersehbar. Die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt wird, ist liebenswürdig und amüsant. Aus anfänglicher Distanz und Aversion entwickelt sich im Laufe des näheren Kennenlernens ehrliche und tiefe Zuneigung.

Bevölkert wird der Roman bis auf Nebenfiguren ausschließlich von äußerst liebenswerten, sympathischen Menschen. Insbesondere die Atmosphäre in dem italienischen Restaurant ist heimelig, voller Wärme und Herzlichkeit. Meine Favoritin war natürlich Alex‘ Großmutter, die mit reicher Lebenserfahrung und großer Güte schließlich alles zu einem glücklichen Ende führt. Im Mittelpunkt stehen natürlich Julie und Alex, wobei mir Alex durch seine ruhige, zuvorkommende und rücksichtsvolle Art von Beginn an sympathischer war als Julie, weil sie einerseits mit der unerwarteten Situation des geteilten Zimmers nicht gut zurechtkam, andererseits weil sie generell für ihr Alter so entscheidungsschwach wirkte. Durch die Perspektivenwechsel sind die Gedankengänge und Gefühle der beiden Protagonisten sehr gut nachvollziehbar, zeigen sich deren Wesenszüge sehr deutlich, die Stärken und Schwächen, Zweifel, Ängste, freudige und traurige Stimmungen. Jedoch sind nicht nur Julie und Alex gut charakterisiert, sondern sämtliche agierenden Personen sind ausgezeichnet vorstellbar, verfügen über besondere Merkmale und Eigenschaften.

„Liebe kann doch jedem mal passieren“ ist ein Roman zum Entspannen, zum Ausklinken aus dem Alltag, zum Versinken in ein bisschen heile Welt, wo sich noch so große Probleme ganz leicht in Wohlgefallen auflösen. Mir hat das Buch unterhaltsame Lesestunden beschert und Lust auf weitere Romanzen im Haus in der Chesternut Road gemacht.

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Veröffentlicht am 14.04.2024

Flaco – auf sich allein gestellt

Roter Sand - Mord auf Gran Canaria
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„Roter Sand – Mord auf Cran Canaria“ ist der Auftakt zu einer neuen Serie von Eric Berg, mit Fabio Lozano als Ermittler.

Worum geht es?
Fabio Lozano, genannt Flaco, ein ehemaliger Kriminalinspektor, fungiert ...

„Roter Sand – Mord auf Cran Canaria“ ist der Auftakt zu einer neuen Serie von Eric Berg, mit Fabio Lozano als Ermittler.

Worum geht es?
Fabio Lozano, genannt Flaco, ein ehemaliger Kriminalinspektor, fungiert in einem Nobelhotel auf Gran Canaria als eine Art Bodyguard bzw. Assistent der Hotelbesitzerin. Ausgerechnet er findet die Leiche eines Hotelmitarbeiters und gerät bei den Ex-Polizeikollegen, die ihn seinerzeit aus nicht wirklich fundierten Gründen loswerden wollten, in Verdacht. Flaco sieht sich gezwungen, auf eigene Faust zu ermitteln – je mehr er sich in den Mordfall vertieft, desto gefährlicher wird es für ihn.

Bereits das Cover mit dem rötlichen Sand, den nahe dem Meer liegenden Hotels und den Bergen im Hintergrund stimmt auf Gran Canaria ein. Das Buch erschien 2024. Der Schreibstil ist flüssig, besticht vor allem durch schlagfertige Dialoge und lockere Sprüche. Die Kapitel sind kurz, ohne Orts- oder Zeitangaben. Die Handlung spielt in der Gegenwart. Sehr anschaulich ist die Atmosphäre auf dieser Insel mit der Handlung verwoben, und zwar nicht nur landschaftlich Markantes, sondern auch kulinarische Besonderheiten und die Lebensart der Bevölkerung. Immer wieder eingestreute spanische Begriffe unterstreichen das Lokalkolorit. Diesbezüglich habe ich das Glossar sehr geschätzt. Die Landkarte von Gran Canaria hat mir sehr geholfen, die im Buch erwähnten Schauplätze zu überblicken.

Die Story wird aus Sicht von Flaco in Ich-Form erzählt, was einerseits das Wesen und die Gedanken des im Mittelpunkt stehenden Protagonisten gut offenbart, andererseits fehlten jene Abwechslung bzw. jene Spannungsmomente, die durch Perspektivenwechsel erzeugt werden. Flacos Konversationsstil lockert die Handlung auf. Seine Schlagfertigkeit, seine ironischen Bemerkungen sind unterhaltsam. Je mehr er recherchiert, desto komplizierter wird der Fall, mehren sich Verdächtige. Um das Mordopfer ranken sich so allerlei Geheimnisse und rätselhafte Aktionen. All die Spuren verwirren mehr als sie klären. Ich tappte bis zum dramatischen Finale im Dunkeln. Letztlich war die Auflösung für mich schlüssig und gut nachvollziehbar, Flaco bewies seine Ermittlerqualität – für mich war die Entlarvung des Täters eine Überraschung.

Die verschiedenen Charaktere, ob Haupt- oder Nebenfiguren, sind gut gezeichnet, nicht nur äußerlich, sondern mit markanten Wesenszügen und lebendig. Flaco hat im Laufe der Handlung bei mir immer mehr an Sympathiepunkten gewonnen, durch seinen speziellen Humor, seine Selbstironie, seine Loyalität und letztlich damit, wie er sich charakterlich weiterentwickelt, an seinen Ecken und Kanten arbeitet, sich schließlich dem Einfluss seines mächtigen Vaters entziehen kann, unter dessen Bedeutung er sei frühester Jugend gelitten hat. Last but not least sei der Streuner Vagabundo erwähnt, den nicht nur Flaco ins Herz geschlossen hat.

„Roter Sand – Mord auf Gran Canaria“ bietet einen komplexen Fall, einige spezielle Charaktere und stimmiges Gran Canaria-Feeling, ich hätte gerne noch ein bisschen mehr prickelnde Spannung gehabt. Von mir gibt es 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 10.04.2024

Den Rätseln um Hinnerk Petersens Tod und dessen Leben auf der Spur

Mord unterm Reetdach
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„Mord unterm Reetdach“ ist Eric Weissmanns schriftstellerisches Debut, ein typischer Sylt-Krimi mit Lokalkolorit, ein gelungener Auftakt zu einer Reihe.

Worum geht es?
Kurz nachdem der sterbenskranke ...

„Mord unterm Reetdach“ ist Eric Weissmanns schriftstellerisches Debut, ein typischer Sylt-Krimi mit Lokalkolorit, ein gelungener Auftakt zu einer Reihe.

Worum geht es?
Kurz nachdem der sterbenskranke Hinnerk Petersen den Immobilienmakler Kristan Dennermann mit dem Verkauf seines Anwesens betraut hat, wird er ermordet. Kristan fühlt sich binnen kurzen von etlichen Kaufinteressenten bedrängt, auch wollen die Söhne des Verstorbenen rasch zu Geld kommen. Doch Kristian ist misstrauisch geworden. Sind die Söhne überhaupt die Erben? Er beginnt zu recherchieren und gerät immer mehr in Gefahr.

Bereits das Cover stimmt auf Sylt ein: ein typisches Sylter Anwesen, der Leuchtturm. Das Buch erschien 2024. Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel sind kurz, ohne Orts- oder Zeitangaben. Die Handlung spielt in der Gegenwart. Lokalkolorit ist unaufdringlich aber spürbar in die Handlung verwoben. Ich fand die Landkarte von Sylt sehr hilfreich, auch die virtuelle Inseltour gefiel mir, hat mein visuelles Vorstellungsvermögen sehr bereichert. So en passant gewinnt man auch Einblick in die Aufgaben und die Arbeitsweise von Immobilienmaklern und die Sylter Bauvorschriften.

Das Buch zog mich von der ersten Seite an in seinen Bann, mysteriös, unheimlich. Zudem sorgt die Kürze der Kapitel dafür, dass die Seiten nur so dahin fliegen; ich wollte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Erzählt wird in Ich-Form, aus Sicht von Kristan, dessen Gedankengänge ich gut nachvollziehen konnte. Je weiter die Handlung fortschreitet, je mehr Kristan recherchiert, desto rätselhafter wird es, wer bzw. welches Motiv dahinter steckt, auch wenn immer mehr Geheimnisse gelüftet werden, sich die Zahl der Verdächtigen zusehends vergrößert. Das gab mir genug Raum zum Miträtseln, dennoch bleiben die Zusammenhänge weitgehend im Dunkeln. Dass Kristan von einem Gefahrenmoment in den nächsten stolpert, immer intensiver bedroht wird, heizt die Spannung von Kapitel zu Kapitel mehr an. Bis zum dramatischen Showdown, in dem sich alles bis ins kleinste Detail aufklärt, die Geschichte eine unerwartete Wendung nimmt und sich ein für mich ungeahnter Täter offenbart.

Ob Haupt- oder Nebenfiguren, alle Charaktere sind sehr gut vorstellbar und lebendig gezeichnet. Im Mittelpunkt steht Kristan, ein sympathischer Protagonist. Ein Typ, der mehr Schwächen als Stärken zu haben scheint, durch ein Unfallerlebnis traumatisiert ist. Trotz allem gelingt es ihm, sich immer wieder mit manchmal mehr Glück als Verstand aus jeder Bredouille wieder hinaus zu lavieren. Er ist feinfühlig, verfügt über gute Menschenkenntnis und Spürsinn. Dennoch schwächelt seine Beobachtungsgabe, als ihm entgeht, dass man ihn laufend beschattet. Er ist hilfsbereit, engagiert und empathisch und liebt vor allem seinen Hund sehr. Auch die Frauen in seinem Umfeld mochte ich sehr. Insbesondere Hella und Lilo, zwei starke sympathische Frauen mit dem Herz am rechten Fleck, die sich mütterlich/schwesterlich um Kristan kümmern. Mit Cheyenne und Marlene bringt der Autor zwei weitere Frauen ins Spiel, die vielleicht in Kristans künftigem Leben Bedeutung gewinnen könnten. Bin gespannt.

„Mord unterm Reetdach“ hat mir ausnehmend gut gefallen und große Lust auf weitere Sylter Mordfälle mit Kristan Dennermann als Ermittler gemacht. Ich empfehle dieses vom Anfang bis zum Ende spannende Buch gerne weiter und vergebe 5 Sterne.,

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Veröffentlicht am 05.04.2024

Spurlos verschwunden

Orkantief
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„Orkantief“ von Susanne Bergstedt ist bereits der zweite Band der unterhaltsamen Ostsee-Krimi-Reihe mit den Ermittlerinnen Telse Himmel und Wanda Holle.

Worum geht es?
Seit drei Jahren sind Kalli und ...

„Orkantief“ von Susanne Bergstedt ist bereits der zweite Band der unterhaltsamen Ostsee-Krimi-Reihe mit den Ermittlerinnen Telse Himmel und Wanda Holle.

Worum geht es?
Seit drei Jahren sind Kalli und seine Mutter Anne verschwunden. Ein Sturm lüftet das Geheimnis um Kallis Verbleib. Doch von seiner Mutter fehlt nach wie vor jegliche Spur. Die Polizei sieht keinen Grund für Nachforschungen, also ermitteln die beiden Freundinnen Telse und Wanda auf eigene Faust.

Das strahlende Blau des Covers sticht positiv ins Auge, hat mich sofort angesprochen. Das Buch erschien 2024. Die Handlung spielt in der Gegenwart. Die Kapitel sind angenehm kurz, ohne Zeit- oder Ortsangaben. Der Schreibstil ist locker und flüssig. Die Autorin fängt detailliert und gut beschreibend sowohl Stimmungen als auch das Lokalkolorit ein, thematisiert gut in die Handlung verwoben sowohl Klimawandel bzw. Naturschutz, als auch häusliche Gewalt. Sehr geschätzt habe ich die Landkarte der Kieler Bucht, wodurch ich mich als Ortsunkundige sehr gut zurechtgefunden habe. Besonders originell fand ich die Schnitzeljagd, durch die man en passant Sehenswertes vor Ort kennenlernt.

Auch wenn man, wie ich, den ersten Band „Quallenplage“ nicht kennt, kommt man problemlos in die Geschichte hinein. Jedes Buch steht für sich alleine. Auch den Personenkreis überblickt man problemlos. Es ist ein ruhiger, unblutiger Krimi mit kaum prickelnden Spannungsmomenten. Auch wenn man von Anfang an ahnt, dass Anne nicht mehr lebend gefunden wird, ist es dennoch spannend zu verfolgen, wie in kleinen Schritten der Verdacht von Tesla und Wanda immer mehr untermauert wird, sich die Hinweise auf einen Mord verdichten und auf den Täter. Besonders fesselnd empfand ich die Suche nach der Leiche, auf die die beiden schließlich in einem schaurig anmutenden Showdown stoßen.

Die beiden sympathischen Protagonistinnen sind nicht mehr die Jüngsten, aber sehr agil und engagiert; sie verfolgen hartnäckig ihre Ziele, verlassen auch schon mal ihre Komfortzone, scheuen auch vor anstrengenden Aktionen nicht zurück und verfügen über gute Spürnasen. Sie wirken authentisch, zeigen Stärken und Schwächen und Emotionen. Auch die übrigen handelnden Personen wirken lebendig und sind gut vorstellbar gezeichnet.

„Orkantief“ ist ein Cosy-Regional-Krimi, der mit der liebenswürdigen Atmosphäre rund um die Ermittlerinnen und landschaftliche Schönheiten punktet, und durch das Einflechten ernsthafter Themen auch eine gewisse Tiefe gewinnt.

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Veröffentlicht am 05.04.2024

Die Psyche des Täters

Himmelgeist
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„Himmelgeist“ von Frank Wilmes ist nach „Ein letzter Frühling am Rhein“ der zweite Band der Reihe, in der der Düsseldorfer Kriminalhauptkommissar Kilian Stockinger und sein Team ermitteln.

Worum geht ...

„Himmelgeist“ von Frank Wilmes ist nach „Ein letzter Frühling am Rhein“ der zweite Band der Reihe, in der der Düsseldorfer Kriminalhauptkommissar Kilian Stockinger und sein Team ermitteln.

Worum geht es?
Ein Immobilienmakler wurde mitten auf der Straße erschlagen. Wie sich bald herausstellt, war er kein liebenswerter Mensch, sondern einer, der seine Ziele ohne Rücksicht auf andere Menschen verfolgte, macht- und geldgierig. Der Kreis jener, die ihn verabscheuten oder gar hassten, ist groß. Die Suche nach dem Motiv und dem Täter erweist sich als mühsam und schwierig.

Das Cover in den dunklen Tönungen ist mir zu dezent, die Hardcover-Ausführung wirkt dafür edel. Das Buch erschien 2024, die Handlung spielt in der Gegenwart. Die Kapitel sind angenehm kurz, der Schreibstil flüssig, besticht sprachlich durch malende Wortschöpfungen und launige Dialoge der Ermittler. Der Roman kann im Übrigen problemlos ohne Kenntnis des Vorgängerbandes gelesen werden.

Der Schwerpunkt des Krimis liegt auf der Polizeiarbeit, auf Befragungen, dem Zusammentragen von Informationen. Das Ermittlerteam ist überschaubar, besteht aus drei Personen: Kilian Stockinger, Cosima Wagner und Miko Reichenhall. Im Prinzip ist es ein Whodunit-Krimi, basierend auf der Suche nach dem Motiv, nach dem Täter. Was dieses Buch für mich aber so spannend machte, dass ich es kaum aus der Hand legen wollte, waren keine Actionszenen, Cliffhanger oder beängstigenden Gefahrenmomente, sondern die Art und Weise, wie die Kommissare agierten.

Anfangs wissen sie nichts über den Ermordeten, nur seinen Namen. Er erscheint wie ein weißes Blatt, das sie durch Recherchen seines geschäftlichen und privaten Umfelds füllen müssen, in akribischer polizeilicher Kleinstarbeit. Was herauskommt, ist ein Mensch mit facettenreichen Wesenszügen. Ein rücksichtslos agierender, menschenverachtend seinen eigenen Visionen folgender, mit krimineller Energie behafteter Mann mit privaten Macken und undurchsichtigen Geschäftskontakten. Er hat sich eher Feinde als Freunde gemacht. Es sollte somit weder an Motiven noch an Verdächtigen mangeln, aber es ergibt sich nichts Offensichtliches. Was mich aber so faszinierte, waren die Gedankenspiele, die sich in den Köpfen der Kommissare/in formierten, die verschiedenartigsten Theorien, die sie aufstellten und wieder verwarfen und wieder neue kreierten. Auch die Ausdauer ihrer Nachforschungen, dieses unermüdliche Suchen nach weiteren Ermittlungsansätzen, nach Zusammenhängen, Verbindungen. Zudem gibt ein weiterer Todesfall Rätsel auf. Und stets ist Psychologie mit im Spiel: nicht nur bei ihrem Bestreben, das Wesen des Ermordeten zu ergründen und das Motiv des Täters aufzuspüren, sondern ich genoss auch die Befragungen, wenn sie ihr Gegenüber beobachten, jede Mimik, jede Geste interpretieren, Menschen aufgrund des Äußeren einschätzen und ihre Taktik darauf einstellen. Man fühlt sich stets als stiller Teilnehmer. Bis fast zur letzten Seite erahnt man den Täter nicht, die Lösung ist tragisch aber schlüssig.

Mit hinein verwoben ist sehr anschaulich der städtebauliche Wandel, der Erneuerungstrend, der alte Viertel, das Dörfliche, das Gemütliche zerstört, ärmere Menschen aus ihrer vertrauten Umgebung vertreibt, weil Immobilienhaie alte Gebäude erwerben, um sie in Luxuswohnungen umzugestalten. In diesem Zusammenhang spielt auch Lokalkolorit mit hinein – man erfährt einiges über die Düsseldorfs Stadteile Himmelgeist und Oberbilk.

Die Charaktere, sowohl der Ermittler als auch jene der Befragten, sind nicht nur äußerlich gut vorstellbar beschrieben, sondern sie wirken generell lebendig, zeigen markante Wesenszüge, Reaktionen und Emotionen. Kilian, Cosima und Miko bilden ein sympathisches Team, insbesondere durch deren Umgang miteinander, wo man sich durchaus auch mal aufzieht und auch nach Dienstschluss noch freundschaftlich Kontakt miteinander pflegt.

„Himmelgeist“ gefiel mir noch besser als der erste Band. Die Art und Weise, wie man in diesem Roman den Mordfall aufklärt, fesselte mich, weil die Auflösung primär auf den „grauen Zellen“ basiert, auf den Rückschlüssen der Ermittler, ihrer Fantasie und psychologischen Überlegungen. Für mich war es ein sprachlicher und inhaltlicher Lesegenuss. Es ist dies ein nicht alltäglicher Krimi, den ich gerne jenen weiterempfehle, für die zu einem guten Krimi nicht unbedingt Action, Blut und prickelnde Spannung gehören muss.

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