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Veröffentlicht am 01.07.2021

Verhängnisvolle Lebensversicherung

Utkiekermord auf Spiekeroog. Ostfrieslandkrimi
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„Utkiekermord auf Spiekeroog“ ist bereits Band 13 einer Reihe von Rolf Uliczka, kann jedoch problemlos ohne Kenntnis der vorhergehenden Bände gelesen werden.
Im Zuge einer Wattwanderung auf Spiekeroog ...

„Utkiekermord auf Spiekeroog“ ist bereits Band 13 einer Reihe von Rolf Uliczka, kann jedoch problemlos ohne Kenntnis der vorhergehenden Bände gelesen werden.
Im Zuge einer Wattwanderung auf Spiekeroog sucht sich ein junges Liebespaar ein einsames Plätzchen zum Kuscheln. Da wird es aus heiterem Himmel überfallen, der junge Mann bewusstlos geschlagen und als er aus seiner Ohnmacht erwacht, findet er seine Freundin ermordet vor. Als Leser hat man gegenüber den Ermittlern zwar einen Wissensvorsprung, doch wer diese Frau getötet hat und warum, da kann man ausgiebig miträtseln, stellt Mutmaßungen an und erlebt dennoch am Ende eine Überraschung.
Obwohl sich die Polizeiarbeit für das Ermittler-Duo Nina und Bert und ihr Team als mühsam erweist und man nur in kleinen Schritten vorankommt, ist diese jedoch so lebendig geschildert und deckt immer wieder Unerwartetes auf, sodass die Spannung nie abreißt. Dass in diesem Fall zur Unterstützung von Nina und Bert auch das Ermittlerteam einer anderen Krimireihe tätig wird, fand ich personell gesehen etwas unüberschaubar, da ich einerseits die andere Reihe gar nicht kenne und von dieser Reihe auch erst zwei Bände.
In die Mordsache mit hinein verwoben sind recht aktuelle Themen, wie das Fotografieren von Unfallopfern, der private Einsatz von Drohnen, die Veröffentlichung von allem und jedem in den sozialen Medien und die Wahrung von Persönlichkeitsrechten.
Durch den flüssigen Schreibstil und die übersichtliche Kapiteleinteilung liest sich das Buch leicht und zügig. Das ostfriesische Umfeld wird anschaulich geschildert. Jemandem wie mir, der Ostfriesland noch nie besucht hat, wird unaufdringlich so nebenbei so einiges über Bräuche und Eigenarten vermittelt, ob es sich nun ums Teetrinken handelt oder um Boßeln. Auch die hie und da eingestreuten plattdeutschen Wörter machen die Lektüre sehr authentisch und lebendig. Mir gefiel insbesondere auch das Cover, wodurch ich mir nicht nur die Landschaft besser vorstellen konnte, sondern vor allem auch die Skulptur des Utkiekers.
Die Protagonisten sind sympathisch und effizient, auch Nebencharaktere sind prägnant dargestellt, ob es sich um überhebliche und aufsässige Blogger handelt oder bodenständige Ostfriesen.
Für mich war es wieder ein spannendes Lesevergnügen, gepaart mit einem Eintauchen in eine mir fremde Landschaft, die mir von Buch zu Buch vertrauter wird.

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Veröffentlicht am 01.07.2021

Wenn Träume sich erfüllen

Die Insel der Wünsche - Stürme des Lebens
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Anna Jessen versteht es blendend, Stimmungen und Ereignisse anschaulich zu schildern, ob einen Sonnenaufgang oder die Vorweihnachtszeit, das Treiben am Hafen oder Festlichkeiten.
Die Milieuschilderungen, ...

Anna Jessen versteht es blendend, Stimmungen und Ereignisse anschaulich zu schildern, ob einen Sonnenaufgang oder die Vorweihnachtszeit, das Treiben am Hafen oder Festlichkeiten.
Die Milieuschilderungen, ob Gängeviertel oder das Leben auf Helgoland sind derart anschaulich, dass man buchstäblich hineingesogen wird in die Atmosphäre, in diese Zeit gegen Ende des 19. Jahrhunderts, in Tines Leben. Mit Begeisterung habe ich den Werdegang des armen Blumenmädchens zur Hotelchefin mit verfolgt, wie sie ihren Traum in Wirklichkeit umsetzt, habe dieses fleißige, willensstarke Mädchen bewundert, wie es allen Widrigkeiten zum Trotz schwierige Zeiten und Schicksalsschläge bewältigt und sich empor kämpft. Infolge der wechselhaften Geschehnisse bleibt das Buch durchgehend spannend. Tine ist mir richtig ans Herz gewachsen und mit ihr so manche Person aus ihrem Umkreis. Ich habe mit ihr letzten Endes mit getrauert, aber auch Hoffnung geschöpft – denn immerhin war dies ja erst der Auftakt zu einer Triologie.
Es ist einerseits ein gefühlvoller, romantischer Roman, mit viel Menschlichkeit, Herzlichkeit, aber auch menschlichen Schwächen, andererseits bietet er historisch gesehen viel Interessantes und Wissenswertes für jemanden wie mich, der zuvor keinerlei Kenntnisse über Helgoland und dessen wechselhafte Geschichte hatte
Nicht unerwähnt möchte ich die am Beginn des Buches befindliche Skizze von Helgoland lassen, mit deren Hilfe man sich wunderbar auf dieser Insel zurecht findet.
Mir hat das Buch erquickliche Lesestunden beschert und ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 23.06.2021

Schatten der Vergangenheit

Leopoldstadt
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„Leopoldstadt“ spielt im Jahr 1966 in Wien. Der Krimi hat mir Schlagzeilen und Geschehnisse in Erinnerung gerufen, die ich als damals 12jährige nicht wirklich verinnerlicht habe. Vor allem die Nachwirkungen ...

„Leopoldstadt“ spielt im Jahr 1966 in Wien. Der Krimi hat mir Schlagzeilen und Geschehnisse in Erinnerung gerufen, die ich als damals 12jährige nicht wirklich verinnerlicht habe. Vor allem die Nachwirkungen des 2. Weltkriegs und der Nazizeit bekam ich nicht bewusst zu spüren. Das alles war weder in meinem Elternhaus, noch in der Schule ein Thema, auch in den Folgejahren nicht, was letztlich ein ziemliches Wissensvakuum bei mir hinterlassen hat. Die Lektüre hat mich jedenfalls angeregt, mich bei Gelegenheit etwas tiefer mit dieser Materie zu beschäftigen.
Sabina Naber hat exzellent recherchiert und das Leben und die Stimmung jener Zeit anschaulich dargestellt, vom politischen Geschehen über die vom Weltkrieg und nationalsozialistischem Gedankengut beeinflussten Menschen, bis hin zur Stellung der Frau, diversen neuen Strömungen, wie Minimode, Fernsehen oder dem Modetanz Letkiss. Damals durfte noch überall geraucht werden und von Political Correctness war bei weitem keine Rede, daher hatten damals auch Worte wie z.B. Neger noch nicht diesen negativen Beigeschmack.
Vor dem Hintergrund dieser Zeit ermitteln Chefinspektor Wilhelm Fodor und sein Team. Ein Afroamerikaner wird ermordet aufgefunden. Offensichtlich ein amerikanischer Besatzungssoldat, angeblich bei der Botschaft unbekannt. Wie sich bald herausstellt, war der Ermordete nicht nur auf der Suche nach seinem unehelichen Kind, sondern auch noch einem 20 Jahre zurückliegenden Vorfall auf der Spur. Ein verzwickter, laufend Überraschungen offenbarender Fall hält nicht nur das Ermittlerteam auf Trab, sondern nimmt auch den Leser gefangen. Alles klärt sich, logisch und nachvollziehbar, der Täter wird entlarvt.
Die Charaktere sind lebendig, geprägt von Herkunft und Erlebnissen, die Protagonisten sind vielfach mit sich selbst nicht im Reinen und auch ihre zwischenmenschlichen Beziehungen sind problematisch, auf ihren Seelen lasten die Erlebnisse der Vergangenheit.
Vor allem als Wienerin fühlte ich mich wohl, nicht nur sprachlich, sondern auch örtlich, auf vielen Plätzen und Strassen war auch ich schon unterwegs.
Ein beeindruckender Kriminalroman mit Niveau, der nicht nur spannende Lesestunden beschert, sondern der den Zeitgeist authentisch widerspiegelt, auch die Problematik jener Zeit und die psychischen Nachwirkungen des Krieges aufzeigt. Der Schreibstil ist flüssig, sprachlich der Zeit und durch den Wiener Dialekt dem Ort angepasst, doch neben charmanter Lockerheit und der Zuwendung zu Neuem, Modernen verspürt man auch die Schatten der Vergangenheit.

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Veröffentlicht am 22.06.2021

Auch Täter werden ermordet

Tod in der Waschmaschine
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Der Krimi beginnt vielversprechend gleich mit zwei Leichen und sogar recht humorvoll, die Spannung lässt zwar etwas nach, bedingt durch die weniger spektakuläre Ermittlungsarbeit, steigert sich jedoch ...

Der Krimi beginnt vielversprechend gleich mit zwei Leichen und sogar recht humorvoll, die Spannung lässt zwar etwas nach, bedingt durch die weniger spektakuläre Ermittlungsarbeit, steigert sich jedoch bei der finalen Täterjagd wieder. Tempo kommt in die Handlung durch den laufenden Wechsel zwischen Ermittler- zur Täterseite, wodurch man schrittweise die Vorgeschichte der Morde erfährt. Der Reiz für den Leser liegt somit weniger im Miträtseln als im Miterleben, wie man den Verbrechern auf die Schliche kommt. Das Thema Kindermissbrauch drückt leider etwas aufs Gemüt.
Der Schreibstil ist einfach und flach, eher objektiv erzählend, vermittelt so gut wie keine Emotionen oder Stimmungen, auch nicht das Flair der Insel. Dadurch ist es auch schwierig, mit den Charakteren richtig warm zu werden, sie sind sympathisch, werden aber nicht richtig lebendig, selbst die Sexszenen wirken zu kühl, zu wenig leidenschaftlich. Kennt man Band 1 nicht, vermisst man Informationen über die Vorgeschichte der Protagonisten, z.B. wie sich Harry und Kommissar Carlos kennenlernten, wieso Harry Frührentner ist, was er früher gearbeitet hat und wieso es möglich ist, dass er als Zivilist so intensiv in die polizeiliche Ermittlungsarbeit eingebunden werden kann.
Mir persönlich gefällt das Layout nicht. Dadurch, dass die Dialoge in den Absatzblöcken ineinander übergehen, weiß man manchmal nicht mehr, wer was gesagt hat. Das irritiert und hemmt den Lesefluss.

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Veröffentlicht am 18.06.2021

Versicherte leben gefährlich

Das Phantom von Baden
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„Das Phantom von Baden“ behandelt nicht nur eine mysteriöse Mordserie, die den Leser bis zum überraschenden Ende am Raten hält, sondern ist auch eine menschlich wunderbare Geschichte, in deren Mittelpunkt ...

„Das Phantom von Baden“ behandelt nicht nur eine mysteriöse Mordserie, die den Leser bis zum überraschenden Ende am Raten hält, sondern ist auch eine menschlich wunderbare Geschichte, in deren Mittelpunkt einerseits der etwas schrullige Versicherungs-Außendienstmitarbeiter Alfred Eder steht, der in Verdacht gerät, eine Bekannte und Kundin ermordet zu haben, und andererseits die polizeiliche Ermittlerin Ilse Strasser und ihr Team sowie deren mühsame, langwierige Polizeiarbeit. Mich faszinierte vor allem die Entwicklung der Story. Weitere Morde passieren, kombiniert mit Diebstählen. Neue Verdächtige werden vernommen, weitere Spuren verfolgt. Man kommt nicht recht vom Fleck. Doch immer wieder führen die Ermittlungen zu Alfred Eder – denn es sind jeweils seine Kundinnen, die ermordet bzw. bestohlen werden!
Abgesehen von der rätselhaften Handlung, genoss ich als Wienerin, der mir die Stadt Baden ja vertraut ist, auch das geschilderte Ambiente der Kurstadt, fand ich mich doch an Plätzen und Orten wieder, wo auch ich schon war.
Der Schreibstil liest sich flüssig, ist sprachlich niveauvoll, bot auch etwas Humor, und die Charaktere sind bildhaft geschildert. Insbesondere Alfred war mir sofort sympathisch in seiner etwas eigenwilligen Art, und er gewann von Kapitel zu Kapitel weitere Sympathiepunkte, denn er entwickelt sich vom anfänglichen Muttersöhnchen zu einem liebenswerten, weltgewandten Mann, der schließlich auch die Frau fürs Leben findet. Ja, ein Schuss Liebe bildet das Tüpfelchen am „i“.
Ich habe diesen ganz besonderen Krimi ausgesprochen genossen!

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