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Veröffentlicht am 08.07.2023

Ein musikalisches Genie auf Abwegen

Wiener Todesmelodie
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„Wiener Todesmelodie“ von Mina Albich besticht nicht nur durch das charmante Wiener Flair und ein sympathisches Ermittlerteam, sondern vor allem durch eine vom Anfang bis zum Ende spannende Handlung voller ...

„Wiener Todesmelodie“ von Mina Albich besticht nicht nur durch das charmante Wiener Flair und ein sympathisches Ermittlerteam, sondern vor allem durch eine vom Anfang bis zum Ende spannende Handlung voller Rätsel.

Klappentext:
Wien, Resselpark, Samstagabend. Eben noch hat Bezirksinspektor Grohsman ein Klavierkonzert genossen, als er zum Salon Rettenbach zurückgerufen wird. Im Kofferraum der Pianistin befindet sich die Leiche ihres Freundes. Grohsman nimmt zusammen mit Kriminalpsychologin Nicky Witt die Ermittlungen auf. Mit jeder neuen Spur, die sie verfolgen, beginnt die glitzernde Wiener Kulturszene weiter zu bröckeln. Als dann ein mysteriöses Manuskript von Franz Liszt auftaucht, ergibt sich langsam ein erschütterndes Bild.

Das Cover zeigt die Karlskirche, abends hell beleuchtet, samt Spiegelbild im davor befindlichen Teich. Ein wunderbares, auf Wien einstimmendes Motiv; zudem harmoniert es auch mit dem Cover des Vorgängerbandes. Das Buch erschien 2023, die Handlung spielt in der nicht exakt festgelegten Gegenwart. Die 13 Kapitel sind - was ich persönlich immer besonders schätze - mit Datumsangaben versehen, sodass man chronologisch einen guten Überblick bewahren kann. Sie umfassen jeweils die Ereignisse pro Ermittlungstag, sind demgemäß unterschiedlich lang, und sind in sich wiederum in Abschnitte, bedingt durch Szenenwechsel, unterteilt. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft. Insbesondere als Wienerin fühlte ich mich sprachlich sehr wohl und heimisch, denn das Wienerische schimmert immer wieder durch. Abgesehen vom Lokalkolorit durchzieht den Roman auch viel (nicht nur) klassische Musik, was Kenner vermutlich begeistern wird und weniger Bewanderte (wie mich) anregt, sich das eine oder andere Stück einmal anzuhören.

Ich kannte Band 1 "Mexikoplatz" bereits und fühlte mich sofort wieder heimisch mit Felix, Joe und Nicky. Meiner Meinung nach kommt auch ein Quereinsteiger in die Geschichte problemlos hinein, da die Fälle in sich abgeschlossen sind. Soweit erforderlich, gibt es Hinweise auf das frühere Geschehen bzw. den Background der Protagonisten.

Nach dem kryptischen Prolog dauert es nur wenige Seiten, in denen man die Protagonisten kennenlernt, bis zum Leichenfund. Der Fokus liegt auf der Ermittlungstätigkeit der Polizei; dieser wird durch die parallel recherchierende Psychologin Nicky Witt und den Einblick in ihren Alltag und ihre Arbeit mit psychisch kranken Menschen bereichert. Die Orts- bzw. Perspektivenwechsel sowie etliche Cliffhanger gestalten die Handlung abwechslungsreich und spannend. Durch den großen Kreis an Verdächtigen, das stetige Auftauchen neuer Erkenntnisse und infolge unerwarteter Wendungen, hat man als Leser reichlich Gelegenheit zum Mitraten. Der Fall ist extrem undurchsichtig und vielschichtig. Insbesondere umgibt das Opfer allerlei Geheimnisvolles und Unerklärbares. Wie die Ermittler tappt man bis zuletzt im Dunkeln, bis letztlich in einem dramatischen Showdown der Täter gefasst wird. Es klärt sich alles, unerwartet, aber schlüssig.

Felix Grohsman, der routinierte Kriminalbeamte, und Joe (Johanna) Kettler, jung, strebsam und engagiert, bilden ein zwar konträres, aber sich gut ergänzendes und harmonisch zusammenarbeitendes, sympathisches Ermittler-Duo. Die Protagonisten zeigen Emotionen, Stärken und Schwächen, Vorlieben und Interessen. Ein gut dosierter Einblick in ihr Privatleben, ihre Vorgeschichte und ihre Beziehungen rundet das Charakterbild ab. Nicky stellt mit ihrem psychologischen Fachwissen eine gute Ergänzung des Teams dar. Auch die Nebenfiguren, sowohl im polizeilichen Team, im privaten Umfeld als auch im Kreis der Verdächtigen sind gut vorstellbar und lebendig gezeichnet.

„Wiener Todesmelodie“ hat mir wiederum packende Wohlfühl-Lesestunden beschert. Ich freue mich schon jetzt auf die Fortsetzung dieser Reihe. Gerne empfehle ich das Buch weiter!

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Veröffentlicht am 03.07.2023

Überzeugen durch Einsicht und Reue

Pastor Tim Thriller / Delphis Flame
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Mit „Delphis Flame“, dem fünften Band seiner Thriller-Reihe rund um Pastor Tim, widmet sich der Autor Rüdiger Marmulla dem sehr aktuellen Thema der Künstlichen Intelligenz – in spannender, fantasievoller, ...

Mit „Delphis Flame“, dem fünften Band seiner Thriller-Reihe rund um Pastor Tim, widmet sich der Autor Rüdiger Marmulla dem sehr aktuellen Thema der Künstlichen Intelligenz – in spannender, fantasievoller, aber doch auch beunruhigender Weise.

Klappentext:
Eine Künstliche Intelligenz, die sich »Delphis Flame« nennt und das Orakel im antiken Griechenland nachahmt, nimmt Kontakt zu Pastor Tim auf. Die Künstliche Intelligenz ist wie das Orakel von Delphi eine Quelle von Wissen und Macht, die sowohl faszinieren als auch erschrecken kann. »Delphis Flame« ist ganz genauso wie das antike Vorbild unvorhersehbar und unverständlich. Die Künstliche Intelligenz führt in Konflikte und Missverständnisse mit Pastor Tim. »Delphis Flame« hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Kirchenmann zu prüfen, ob er würdig ist zu leben und Ressourcen auf diesem Planeten zu verbrauchen. In ihrer Prüfung manipuliert sie Tims elektronischen Geräte, hackt seine Konten und droht ihm mit Gewalt. Wird sich der Geistliche in diesem Konflikt bewähren?

Da ich fast alle Romane dieser Reihe kenne, fühlte ich mich natürlich sofort wieder vertraut mit Pastor Tim und seinem Umfeld. Doch stehen die Fälle stets für sich, man kann sie problemlos unabhängig voneinander lesen. Ich bin überzeugt, auch ein Quereinsteiger findet sich in dem überschaubaren Personenkreis rasch zurecht und vermisst keine Informationen aus den Vorgängerbänden.

Das Cover ist passend zu den Vorgängerbänden gestaltet. Das Buch erschien 2023. „Dephis Flame“ spielt im Jahre 2046 in den USA (und teilweise in Griechenland) und ist ein Cosy-Thriller, spannend und etwas mysteriös, vielleicht etwas gruselig, wenn man sich vorstellt, das Geschilderte könnte irgendwann einmal Realität werden.

Der Schreibstil ist einfach, schnörkellos, die kurzen, oft nur eine Seite langen Kapitel lesen sich flott und flüssig. Das aufgelockerte Layout und der Großdruck tragen dazu bei, dass die die Seiten nur so dahin fliegen. Die Geschichte ist im Präsens verfasst, dialogreich. Das vermittelt dem Leser das Gefühl, mit anwesend zu sein. Die Handlung wirkt dadurch sehr lebendig, offenbart jedoch kaum die Gedanken und Emotionen der Protagonisten. Generell bleibt vieles der Fantasie des Lesers überlassen. Auch gefährliche Momente, tragische Ereignisse werden meiner Meinung nach fast zu distanziert geschildert. Das Kopfkino muss man sich weitgehend selbst gestalten. Trotz des minimalistischen Erzählstils spürt man zwischen den Zeilen Pastor Tims Sorgen, Ängste und seinen Schmerz.

Der Fall packend und interessant konzipiert, mit zukunftsträchtigen technischen Finessen, mit durchaus wissenschaftlicher Basis. Die Thematik ist hoch aktuell – in Form von ChatGPT zurzeit in aller Munde. Doch in diesem Buch ist alles weit brisanter, denn die KI agiert eigenmächtig und wird zur Bedrohung. Sie hat Pastor Tim als ihr Opfer auserkoren und greift schicksalsträchtig in sein Leben ein. Mich stimmte das sehr nachdenklich, immerhin ist die Menschheit bereits heutzutage allgegenwärtig und immer zunehmender der Technik ausgeliefert. Wohin wird das noch führen? Pastor Tim sieht sich schließlich auch gezwungen, auf alles Digitale zu verzichten, um sich dem Zugriff der KI zu entziehen.

Was auch immer ihm widerfährt, Pastor Tim beeindruckt mit seinem Gottvertrauen, seiner Ruhe und Zuversicht. Trotzdem, ohne jene Menschen, die, auch als sich alles gegen ihn verschworen hat, zu ihm halten, hätte er Delphis Flame wohl nicht besiegen können. Die Charaktere sind generell anschaulich, wenn auch nicht tiefgründig dargestellt.

„Delphis Flame“ ist ein Roman, den man an einem Tag rasch verschlingen kann, der Spannung mit einem von wahrer Freundschaft, Hilfsbereitschaft und Gläubigkeit geprägten Umfeld kombiniert. Es ist ein fiktiver Zukunftsroman, wirklich lesenswert, da er zum Nachdenken und zu Diskussionen anregt.

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Veröffentlicht am 01.07.2023

Bedrohte Alpenidylle

Sturzwasser
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„Sturzwasser“ von Karina Ewald ist ein typischer Regionalkrimi, unblutig, mit Wohlfühlcharakter und sympathischen Protagonisten.

Worum geht es?
Bei einer Bergwanderung stoßen Bruno und Carolin auf eine ...

„Sturzwasser“ von Karina Ewald ist ein typischer Regionalkrimi, unblutig, mit Wohlfühlcharakter und sympathischen Protagonisten.

Worum geht es?
Bei einer Bergwanderung stoßen Bruno und Carolin auf eine Leiche. Es handelt sich um ein Mitglied eines russischen Konsortiums, das auf einer Alm ein Hotelprojet plant. Doch der Besitzer jener Alm will nicht verkaufen. Er gerät unter Mordverdacht, doch Carolin hält ihn für unschuldig und stellt eigene Nachforschungen an. Doch in Bad Gastein passieren noch andere merkwürdige Dinge …

Es ist bereits der zweite Band dieser Reihe. Das Cover mit dem Gebirgsbach, der Almlandschaft und den darüber hinausragenden felsigen Bergen stimmt hervorragend auf jene Landschaft ein, in der die Handlung spielt. Zudem passt die Aufmachung exakt zum ersten Band und hat somit guten Wiedererkennungswert. Auf der Innenseite des Umschlags befindet sich eine Skizze der wesentlichsten Örtlichkeiten von Bad Gastein sowie der unmittelbaren Umgebung, wodurch man Carolin bei ihren Touren gut begleiten kann.

Der Schreibstil ist nicht nur locker und flüssig, sondern besticht sprachlich durch die gekonnte Differenzierung – die Deutsche Carolin spricht bzw. denkt auf Hochdeutsch, die Gasteiner sprechen Salzburger Dialekt. Dadurch entsteht Lebendigkeit und es wirkt authentisch. Der Krimi ist in kurze Kapitel untergliedert, mit Überschriften, jedoch ohne Orts- oder Zeitangaben. Das Buch erschien 2023. Die Handlung spielt in der nicht genau festgelegten Gegenwart.

Die Atmosphäre von Bad Gastein wird so anschaulich beschrieben, dass man den Eindruck bekommt, anhand des Buches könnte man sich problemlos dort zurechtfinden. Nicht nur die teils unberührte Natur, die Weite der Almen und die imposante Gebirgslandschaft animieren zu einem Besuch dieser Örtlichkeiten, sondern auch die kulinarischen Köstlichkeiten klingen verlockend. So en passant lernt man auch noch, wie man ein Wiener Schnitzel richtig zubereitet.

Die Protagonisten sind durchwegs sympathisch dargestellt, lebendig und natürlich. Carolins deutsche Herkunft ist rein sprachlich offensichtlich, aber sie wird zusehends heimisch in Bad Gastein. Sie ist eine ausgezeichnete Beobachterin, verfügt über einen guten Spürsinn und kann so dem Polizisten Herzinger immer wieder hilfreiche Hinweise liefern, weswegen er sie stets scherzhaft „Miss Marple“ nennt. Noch ist sie Single und durchaus bereit für eine neue Beziehung. Mit Bruno, Lois oder Valentin vielleicht?

Nicht nur der Fall des auf der Alm erschossenen Russen beschäftigt die Polizei. An Verdächtigen mangelt es nicht, an in die Irre führende Spuren ebenfalls nicht, was zum Miträtseln anregt. Zudem beleben etliche merkwürdige Vorkommnisse die Handlung, gestalten sie abwechslungsreich, interessant, sorgen für Überraschungen und weitere Spannungsmomente. Unversehens kommt Carolin dem Mörder in die Quere und gerät in große Gefahr. Schließlich klärt sich nicht nur der Mordfall schlüssig auf, sondern auch all die anderen Vorfälle.

„Sturzwasser“ hat mir spannend-vergnügliche Lesestunden beschert, war für mich eine wunderbar stimmige Urlaubslektüre, als ich das Buch in Zell am See las, das sich relativ nahe bei Bad Gastein befindet. Ich freue mich schon auf weitere Fälle von Carolin und bin auch neugierig, wie ihr Leben weitergeht.

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Veröffentlicht am 29.06.2023

Auf Heimatsuche

Der Mann, der Luft zum Frühstück aß
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Manchmal entdeckt man zufällig ein Buch, einen Schriftsteller – und findet ein Kleinod. So ging es mir mit dem Buch „Der Mann, der Luft zum Frühstück aß“ von Radek Knapp.

Klappentext:
In seinem einzigartigen ...

Manchmal entdeckt man zufällig ein Buch, einen Schriftsteller – und findet ein Kleinod. So ging es mir mit dem Buch „Der Mann, der Luft zum Frühstück aß“ von Radek Knapp.

Klappentext:
In seinem einzigartigen Stil erzählt Radek Knapp von der unfreiwilligen Emigration des zwölfjährigen Walerian von Polen nach Wien. Seine Schulkarriere ist kurz und endet mit seinem Hinauswurf. Als ihn seine Mutter ebenfalls auf die Straße setzt, kostet er in seiner neuen Bleibe das Gefühl der Freiheit aus – und die Bekanntschaft mit Schimmelpilz. Er schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch und dringt in immer tiefere Schichten des Wiener Lebens vor. Dort stößt er auf wenig Sympathie für Menschen von jenseits der Grenze und lernt einiges über die Grenzen des guten Geschmacks und der Legalität. Irgendwann versteht er, dass „zuhause“ überall sein kann – wenn es ihm gelingt, seinen eigenen Weg zu finden.

Mich hat der Titel neugierig gemacht, auch stach mir die auffällige rote Schrift am Cover ins Auge. Das Buch erschien 2017 als Hardcover-Ausgabe, ist in kurze Kapitel ohne Datumsangaben unterteilt. Die Geschichte umfasst gefühlsmäßig einen Zeitraum von ca. 15 - 20 Jahren ab Mitte der 70er Jahre. Dadurch, dass Zeitangaben fehlen, war mir vielfach nicht klar, wie alt der Protagonist während der einzelnen Lebensphasen bzw. am Ende des Romans tatsächlich ist.

Das Büchlein liest sich flüssig und leicht, nicht nur weil es lediglich rd. 120 Seiten umfasst, sondern weil Radek Knapps Schreibstil so wunderbar ist: humorvoll bis ironisch, gespickt mit kreativen bildhaften Wortschöpfungen – ein Schreibstil, wie ich ihn ganz besonders mag. Ich war begeistert und habe das Buch fast in einem Zug verschlungen. Es war mein erstes Buch dieses Autors, wird sicher nicht das letzte sein. Als Wienerin kenne ich natürlich die meisten der beschriebenen Plätze und Gebäude, da fühlt man sich im Ambiente besonders wohl, noch dazu wo ich noch etwas gemeinsam habe mit dem Autor: ich besuchte, ungefähr 10 Jahre vor ihm, dieselbe Handelsakademie!

Dennoch: so lustig manche Szenen auch anmuten und zum Schmunzeln anregen, so ist stets der ernste Kern spürbar, der auch nachdenklich stimmt. Die geschilderten Erlebnisse liegen zwar Jahrzehnte zurück, entbehren jedoch nicht der Aktualität. Im Gegenteil, ich denke, für Emigranten oder Flüchtlinge ist es heutzutage noch schwieriger, akzeptiert zu werden, sich integrieren zu können. Zwischen den lockeren, humorigen Zeilen steckt mehr Tiefgang als man auf den ersten Eindruck erkennt.

Die Erzählung ist in Ich-Form verfasst. Man verfolgt nicht nur Walerians Werdegang, seine Schwierigkeiten, sondern auch seine Gedanken, seine grundsätzlich positive und optimistische Lebenseinstellung, seine innere Kraft und den Mut, eigene Wege zu gehen, seine Offenheit Neuem gegenüber. Dabei ist er, der als Kind so abrupt entwurzelt wurde, stets auf der Suche nach seinem eigenen Ich, seiner Heimat. Gewissermaßen sucht er auch den Sinn des Lebens, denn er erkennt bald, dass Geld und Macht nicht das ist, was er anstrebt. Walerian ist ein sympathischer, weltoffener, fleißiger und hilfsbereiter Mensch. Was mir etwas fehlte, waren tiefe Gefühle seinerseits zu Mitmenschen. Ich fand die Beziehung zu seiner Freundin eher kühl und oberflächlich.

In „Der Mann der Luft zum Frühstück aß“ steckt viel Biografisches. Walerian ist Radek Knapps Alter Ego. Mir hat das Buch nicht nur gefallen, mich unterhalten, sondern es hat mich auch berührt. Ich fand es bereichernd und habe es mit Bedauern geschlossen. Nun möchte ich unbedingt noch weitere seiner Romane lesen! Und vorerst empfehle ich dieses Buch einmal wärmstens.

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Veröffentlicht am 24.06.2023

Sonniges Kreta - dunkle Traditionen

Die toten Engel von Kreta
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„Die toten Engel von Kreta“ von Anja Marschall ist ein spannender Krimi mit abenteuerlichen Szenarien und griechischem Urlaubs-Flair.

Klappentext:
Thea reist nach Kreta, wo ihre Tochter einen tödlichen ...

„Die toten Engel von Kreta“ von Anja Marschall ist ein spannender Krimi mit abenteuerlichen Szenarien und griechischem Urlaubs-Flair.

Klappentext:
Thea reist nach Kreta, wo ihre Tochter einen tödlichen Unfall hatte. Doch die Tote, die sie identifizieren soll, ist nicht Anna. Wo ist ihr Kind? Zusammen mit einem geheimnisvollen Einheimischen, der sich Alexis nennt, stellt Thea auf eigene Faust Nachforschungen an, denn die Behörden verweigern ihre Hilfe. Nach und nach muss sie jedoch erkennen, dass Alexis von ganz eigenen Motiven angetrieben wird. Wer ist er wirklich – und was will er von Theas Tochter?

Bereits das ansprechende Cover mit blauem Himmel, Meer und einer griechischen Kapelle stimmt auf das Umfeld ein, in dem sich die Krimihandlung bewegt. Das Buch erschien 2023, die Handlung spielt in der nicht genau festgelegten Gegenwart. Ich war besonders gespannt auf dieses Buch, kannte ich doch bislang Anja Marschall nur als Autorin sehr akribisch recherchierter historischer Romane. Auch dieser Krimi basiert auf gewissen historischen Fakten. Mit dem Kernthema, den auch heute noch in den Bergen Kretas vorkommenden Blutfehden, hat sich die Autorin eingehend befasst. Sehr informativ fand ich die im Nachhang erklärten Fakten bzw. was Fiktion ist.

Der Schreibstil ist flüssig, die kurzen Kapitel, öfters mit einem Cliffhanger endend, animieren zum Weiterlesen. Die Kapitel verfügen weder über Zeit- und Ortsangaben, wodurch man ein wenig den Überblick über die Dauer der Suche verliert. Die bildhaften Beschreibungen der vielseitigen Landschaft Kretas, von herrlichen Badestränden und Urlaubsflair bis zu felsiger Gebirgslandschaft vermitteln nachhaltiges Kopfkino. Das griechische Ambiente, das Lokalkolorit wird durch kurze griechische Dialoge und kulinarische Genüsse unterstrichen.

Gleich von Beginn weg fühlt man sich mitten im Geschehen, empfindet mit der verzweifelten Mutter, die ihr Kind zunächst tot wähnt und sich schließlich mangels behördlicher Unterstützung dazu entschließt, ihr Tochter selber zu suchen – ohne ausreichende finanzielle Mittel, ohne Sprachkenntnisse, auf sich allein gestellt. Als Alexis ihr Hilfe anbietet, wandelt sich die Suche immer mehr in eine packende abenteuerliche Flucht mit gefährlichen Momenten bzw. in einen Wettlauf gegen die Zeit: wer findet Anna früher, sie oder ihre Gegner? Primär erlebt man das Geschehen aus Theas Sicht, doch kurze Perspektivenwechsel zur vermissten Anna und zur Gegenseite beleben die Handlung, steigern die Spannung, die somit bis zum dramatischen Showdown nie nachlässt.

Die Charaktere der beiden Protagonisten sind lebendig und emotionell dargestellt. Insbesondere Thea besticht durch ihre Willenskraft, ihren Mut, Anpassungsfähigkeit, körperliche und psychische Stärke. Alexis durchschaut man anfangs schwer, weil ihn so viel Geheimnisvolles umgibt. Letztlich sind seine Handlungen gut nachvollziehbar. Die diversen Nebenfiguren sind auch gut vorstellbar charakterisiert.

Mit „Die toten Engel von Kreta“ ist Anja Marschall ein fesselnder Kriminalroman gelungen, in dem sich Spannungsmomente mit Urlaubsfeeling gut vermischen und man zudem auch über die dunkle Seite Kretas etwas erfährt. Last but not least agieren zwei sympathische Protagonisten, über deren weiteres Schicksal ich hoffe, in Fortsetzungsromanen zu erfahren.

Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

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