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Hannicake

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.02.2022

Kurzweilig, aber mit einigen schwierigen Aspekten

Fuckin Sushi
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Aus einem spontanen Entschluss heraus fahren der Protagonist Niels und sein neuer Freund René in eine Fußgängerzone und machen Musik – improvisiert, laut und aufmerksamkeiterregend. Doch dabei soll es ...

Aus einem spontanen Entschluss heraus fahren der Protagonist Niels und sein neuer Freund René in eine Fußgängerzone und machen Musik – improvisiert, laut und aufmerksamkeiterregend. Doch dabei soll es nicht bleiben. Sie beschließen eine Band zu gründen, bis ihre Band Fuckin Sushi auf vier Personen gewachsen ist. Diese Zeit in der Band hat für Niels einen prägenden Einfluss während, sowohl während seiner Schulzeit als auch danach. Doch nicht immer läuft alles harmonisch und rund und Spannungen erreichen auch mal einen neuen Höhepunkt.

Niels, der Erzähler der Geschichte, ist ein verlorener Jugendlicher, zumindest bis er auf René trifft und sie eine Band gründen. Denn in dieser Zeit blüht er auf. Dies erlebt man als Leser gut mit und sieht seine einzelnen Entwicklungen, was einen freut. Man erhält aber auch Einblicke in seine jugendliche Naivität und erkennt, dass sein Umgang mit Stressreaktionen nicht unbedingt immer die beste und vernünftigste ist. Dieses Auf- und Ab und die Gruppendynamik sind interessant zu verfolgen.

Gut gefallen hat mir auf jeden Fall der Schreibstil. Durch einfache Sätze und sehr kurze Kapitel kam es zu einem guten Lesefluss und die Geschichte hat man dadurch auch sehr schnell durchgelesen.

An einigen Stellen fehlte mir jedoch eine Idee, was die Geschichte mir sagen oder mitgeben wollte. Sie nahm ihren Lauf und wir haben den Protagonisten in seinem Alltag begleitet, aber mehr war da manchmal leider auch nicht. Teilweise gab es jedoch Handlungen, mit denen man etwas anfangen und wo man etwas rauslesen konnte, was den Sinn dieser Geschichte gezeigt hat. Ich hätte mich gefreut, wenn die Geschichte öfter auf den Punkt gekommen wäre oder die Absichten, die der Autor hatte, stärker hervorgekommen wären, aber da es auch einige Stellen gab, in denen dies ersichtlich wurde, sollte dies kein großer Hinderungsgrund am Lesen der Geschichte sein.

Schade finde ich, dass hier beispielsweise eine Mitschülerin nur anhand ihres Körpers dargestellt und auf diesen reduziert wird. Viel mehr als ihren Namen und ihre Kurven erfahren wir nicht und es wird so dargestellt, dass jeder Junge, der ihr begegnet, Körperlichkeiten mit ihr austauscht, und das auch nur, weil sie einen scheinbar so weiblichen, anziehenden Körper hat. Und sie lässt es mit sich machen. Das erschien mir klischeehaft und auch ein bisschen verachtend ihr gegenüber. Solche Andeutungen haben mich beim Lesen stocken lassen und traurig gestimmt. Diese Darstellung kann vielleicht so erklärt werden, dass der Erzähler selber noch ein Jugendlicher ohne wirkliche Erfahrungen ist und auch scheinbar noch hormongesteuert handelt, aber trotzdem finde ich es schade, dass so ein verdrehtes Bild vermittelt wird.

Ebenfalls wenig ansprechend finde ich den hohen Alkohol- und Tabakkonsum der Charaktere. Es ist aus meiner Sicht vollkommen in Ordnung, wenn dargestellt wird, welchen Einfluss das Spielen in der Band und der Umgang mit seinen Bandkollegen auf den Protagonisten hat, aber es muss nicht unbedingt alle paar Sätzen erwähnt werden, dass er sich eine neue Dose Bier aufmacht und sich neue Zigaretten dreht oder diese anzündet. Das war mir einfach zu viel, da hätte ich lieber erfahren, was der Protagonist ansonsten macht oder wie er sich fühlt.

Insgesamt ist es eine nette Geschichte für zwischendurch, die Niels bei seinem Weg zum Erwachsenwerden und bei altersentsprechenden Problemen begleitet, aber es gibt doch einige Aspekte, die mir rückblickend betrachtet leider nicht ganz gefallen haben. Deshalb nur eine eingeschränkte Leseempfehlung – da es aber relativ kurz ist und der Lesefluss super ist, kann man es gut zwischendurch lesen.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.01.2022

Fake-Dating-Geschichte, die ihr Potential nicht ganz genutzt hat

Aller guten Dinge sind zwei
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Laurie muss mit 36 Jahren erfahren, dass sich ihr Freund Dan, der ihr erster Freund und mit dem sie ihr halbes Leben zusammen war, von ihr trennen möchte. Als wäre das nicht schon ein großer Schock und ...

Laurie muss mit 36 Jahren erfahren, dass sich ihr Freund Dan, der ihr erster Freund und mit dem sie ihr halbes Leben zusammen war, von ihr trennen möchte. Als wäre das nicht schon ein großer Schock und mehr als genug, womit sie zurecht kommen muss, erfährt sie kurz darauf, dass eine andere Frau, seine neue Freundin, von ihm schwanger ist, ausgerechnet, nachdem er ihr zuvor gesagt hat, dass er keine Kinder haben möchte. Als dann ihr Arbeitskollege Jamie vorschlägt, eine Beziehung vorzutäuschen, damit sie Dan eifersüchtig machen kann und er berufliche Vorteile erlangt, stimmt sie zu. So nimmt die Geschichte ihren Lauf.

Die Charaktere verhalten sich altersentsprechend, es gibt kaum überdramatisierte Szenen und zumeist gehen sie vernünftig miteinander um. Die Gedanken der Protagonistin Laurie, die zugleich als Erzählerin fungiert, sind gut einsehbar und zumeist nachvollziehbar, was Nähe aufbaut. Jamie ist mir als Charakter sehr ans Herz gewachsen und hat mir beim Lesen oft ein Lächeln entlockt.

Der Einstieg fiel mir nicht so leicht, ich habe etwas gebraucht, um reinzukommen und mit der Geschichte und den Charakteren warmzuwerden. Die langwierigen Beschreibungen, wie die Trennung mit Dan abgelaufen ist und wie Laurie sich danach gefühlt hat, konnten mich noch nicht ganz catchen.
Nachdem dann Jamie aufgetaucht ist, sie sich mit ihm auf den Deal geeinigt hat und sich die beiden dann näher kennengelernt haben, war ich in der Geschichte drin, was nicht zuletzt daran lag, dass ich Jamie trotz seines verruchten Ansehens als Frauenheld sehr gerne mochte.
Ich habe mit den beiden mitgefühlt und auch, wenn ich an der ein oder anderen Stelle gedacht habe, wie offensichtlich bestimmte Sachen sind und warum die Protagonisten das nicht erkennen, war es unterhaltsam und die sich langsam verändernde Beziehung zwischen den beiden habe ich mitgefühlt. Noch dazu wurden überraschend viele ernste Themen eingebaut, ohne dass es zu gewollt rüberkam. Sie wurden gut in den Kontext der jeweiligen Handlungsstränge und passend zu den Charakteren eingebaut, sodass es authentisch und realistisch wirkte.

Aber das Ende hat mich dann enttäuscht zurückgelassen. Es hätte deutlich an Drama gespart und alles etwas realistischer dargestellt werden können. So wirkte es auf mich zu viel auf einmal und zu schnell gelöst und war so kein runder, zufriedenstellender Abschluss. Schade, ausgerechnet nachdem mir der Zwischenteil gut gefallen hat und ich dort so gut wie die ganze Zeit über wissen wollte, wie es weitergeht.

Dadurch, dass mir der Einstieg etwas schwer fiel und das Ende mich enttäuscht hat, überwiegt der negative Eindruck. Schade, ich war zwischenzeitlich so optimistisch, dass es mir gut gefällt und der schwierige Teil überwunden war.
Wenn euch unrealistische Wendungen und Drama am Ende nichts ausmachen, könnte euch das Buch vielleicht gefallen. Abraten möchte ich niemanden, denn der Zwischenteil war schön zu lesen und die sich wandelnde Beziehungen zwischen den beiden Protagonisten war gut zu fühlen.

  • Einzelne Kategorien
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Veröffentlicht am 26.12.2021

Ein Thriller, der sein Potenzial bei jungen Jugendlichen entfalten kann

Forever, Ida - Wir oder ihr
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Adi ist neu in Sonderberg. Da sie anscheinend einen Kriminalfall mit aufgedeckt hat, ist sie an der Schule beliebt und hat einen Auftritt in den Sozialen Medien ihrer Mitschüler. Das kommt ihr nicht gelegen, ...

Adi ist neu in Sonderberg. Da sie anscheinend einen Kriminalfall mit aufgedeckt hat, ist sie an der Schule beliebt und hat einen Auftritt in den Sozialen Medien ihrer Mitschüler. Das kommt ihr nicht gelegen, da sie aufgrund eines Stalkers ihre alte Heimat verlassen hat. Denn bietet sie mit den Fotos dem Stalker nicht einen neuen Anhaltspunkt, wo sie sich befindet? Und was ist mit ihrem Freund Kris, der sich merkwürdig benimmt und beschuldigt wird, Straftaten begangen zu haben?

Vorab: Dies ist der zweite Teil einer Jugendthriller-Reihe, lässt sich aber gut unabhängig von dem ersten Teil lesen. Alles Wesentliche zu Adi und ihren Freunden wird im Verlauf dieser Geschichte geklärt, sodass keine Verständnisschwierigkeiten auftreten. Und: Vom Klappentext darf man sich nicht täuschen lassen. Es wird zwar durchaus erwähnt, dass Adi einen Stalker hat und sich zunehmend unwohl damit fühlt, aber dieser Handlungsstrang ist weitgehend auf den nächsten Band ausgelagert. Hier geht es eher darum, was es mit den Sachbeschädigungen, die in Sonderberg verübt werden, und Kris merkwürdigem Verhalten auf sich hat.

Der Schreibstil ist sehr ansprechend. Verwendet wird Alltagssprache und ist der Zielgruppe angepasst. Es werden nicht durchgängig Jugendwörter verwendet, was das Lesen angenehm macht. Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven, zumeist in der Ich-Form, was das Geschehen aus mehreren Sichtweisen beleuchtet und immer wieder neue Aspekte zum Rätseln einwirft, die sich langsam zu einem Gesamtbild fügen. Dazu kommen immer wieder eingeschobene Briefe, Interviewmitschnitte oder Rückblicke, die für Abwechslung sorgen. Gemeinsam mit den sehr kurzen Kapiteln sorgt dies für einen sehr guten Lesefluss.

Es werden wichtige Themen angesprochen, die Jugendliche gut sensibilisieren können. Beispielsweise finden in diesem Buch der Umgang mit (Cyber) Mobbing, Alkohol und Vorurteilen Raum. Es wirkt nicht wie ein erhobener Zeigefinger, sondern ist zwischen den Zeilen zu lesen und gut in die Handlung integriert.

Mich konnte die Geschichte zwar unterhalten und angenehme Lesestunden bereiten, aber nicht vollends überzeugen, da es doch vom Spannungslevel und der Hintergrundgeschichte eher auf junge Leser ausgerichtet ist.
Für junge Jugendliche ist diese Geschichte aber vermutlich sehr spannend, durch den abwechslungsreichen Aufbau leicht zu lesen und gut identifizieren können sie sich mit den Charakteren vermutlich auch.

Veröffentlicht am 12.05.2021

Emotionaler Auftakt, der einige ernste Aspekte thematisiert

Dear Sister
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Eine Geschwisterbeziehung, die sich mit der Zeit zu weitaus mehr entwickelt. Genau bei dieser Entwicklung begleiteten wir den 17-jährigen Joe, der sich zu seiner Zwillingsschwester Jenna hingezogen fühlt. ...

Eine Geschwisterbeziehung, die sich mit der Zeit zu weitaus mehr entwickelt. Genau bei dieser Entwicklung begleiteten wir den 17-jährigen Joe, der sich zu seiner Zwillingsschwester Jenna hingezogen fühlt. Wie genau er sich dabei fühlt und welche Wirkung dies auf die Außenwelt hat, das dürfen wir Leser miterleben.

Der Einstieg fiel mir nicht so leicht. Ich war zunächst etwas verwirrt und konnte, auch nachdem ich ein bisschen weitergelesen habe, nicht ganz verstehen, warum diese Szene als Anfangsszene gewählt wurde. Aber letztendlich konnte ich da gut drüber hinwegsehen und hatte auch schnell die Orientierung über das Geschehen und die Charaktere. Falls es euch mit dem Anfang genauso geht, Weiterlesen lohnt sich auf jeden Fall – es wird besser verständlich und leichter zu lesen.
Zudem hatte ich kleine Schwierigkeiten mit der Erzählperspektive - erzählt wird die Geschichte in der dritten Person. Aber auch daran habe ich mich schnell gewöhnt und den Schreibstil später als fesselnd und sehr flüssig empfunden, wozu auch die kurzen Kapitel beigetragen haben.

Jenna und Joe sind 17-jährige Zwillinge. Sie haben eine sehr enge Bindung zueinander und stehen immer füreinander ein, egal in welchen Situationen. Diese Geschwisterbeziehung ist wünschenswert und kann fast als Idealbild gesehen werden, jedoch kamen mir die beiden an verschiedenen Stellen sehr viel jünger vor, da ihr Verhalten teilweise sehr kindlich war. Das hat mich zunächst ein bisschen irritiert und überrascht, aber letztendlich ist es auch egal, ob sie 17 oder doch einige Jahre jünger sind, da es hier um die Grundproblematik, der Entwicklung von Liebesgefühlen zwischen Geschwistern geht. Zudem konnte man im Verlauf eine Entwicklung der beiden sehen.
Die beiden Protagonisten hatten schon zu Beginn eine Bindung zueinander, die meiner Ansicht nach schon über eine gute Geschwisterbeziehung hinausgeht - ein Küsschen auf die Wange in der Öffentlichkeit, ein zärtliches Streicheln der Hand und viele ähnliche Situationen, die für mich einfach zu viel waren. Aber für die beiden scheint es wohl normal zu sein und da es gefühlsmäßig noch eine Stufe höher gehen kann, war es auch gar nicht so dramatisch.

Schön finde ich, dass neben den Protagonisten Jenna und Joe auch deren beide Freunde Julia und Jack als Nebencharaktere eine wichtige Rolle spielen und diese ebenso gut ausgestaltet worden sind und ihren Raum in der Geschichte finden. Und mehr als einmal wird deutlich, was für gute Freunde die beiden sind und wie sie eine entscheidende Rolle für den weiteren Handlungsverlauf einnehmen.

Inhaltlich passiert nicht so viel in dieser Geschichte. Der Fokus liegt eher auf emotionaler Ebene. Uns Lesern werden die Gefühle von Jenna und Joe in den unterschiedlichen Lebenslagen vermittelt, ebenso wie die inneren Konflikte und die Zerrissenheit, die durch die "verbotenen" Gefühle entstehen. Diesen Fokus auf die Gefühle finde ich gut, aber manchmal hätte ich mir gewünscht, dass es noch mehr thematisiert wird, das heißt, dass wir noch mehr die Verwirrung der beiden und ähnliche Gefühle lesen können. Dass der inhaltliche Verlauf eher nachrangig abgehandelt wird, finde ich nicht störend, jedoch wären manchmal noch einige weiterführende Hintergrundinformationen für das Verständnis und die Nachvollziehbarkeit gewisser Gefühle und Handlungen hilfreich gewesen. Zudem tauchen an einigen Stellen Personen auf oder es geschehen Ereignisse, wo ich dachte, dass dort noch etwas kommt und diese eine entscheidende Rolle einnehmen, allerdings wird ihnen nur für den Moment eine höhere Bedeutung zugemessen und schüren mehr Erwartungen, als sie letztendlich für den weiteren Handlungsverlauf relevant sind – schade, da hätte man mehr draus machen können oder aber diese Szenen und Personen nicht in dem Ausmaße erwähnen können.

Das Thema wird sensibel behandelt. Neben der Hauptthematik - den Liebesgefühlen zwischen den Geschwistern - gibt es noch zahlreiche andere ernste Themen, die passend in die Handlung mit eingebracht worden sind, beispielsweise eine ungesunde Ausgestaltung einer Beziehung, auf die der Spruch "Liebe macht blind" perfekt zutrifft.

Das Ende war noch einmal sehr überraschend und spannungsgeladen. Damit habe ich bis zuletzt nicht mit gerechnet. Es weckt definitiv Interesse auf den zweiten Band der Dilogie, denn es sind noch einige Fragen ungeklärt und mit der mit Spannung und Dramatik gesäumten letzten Szene kann noch so gut wie alles passieren.

Auch, wenn es noch etwas Verbesserungspotenzial gibt, hat mir dieses Buch schöne Lesestunden geschenkt und ich habe Jenna und Joe bei ihrer emotionalen Reise gerne begleitet. Wenn ihr ein Buch über das Thema Geschwisterliebe sucht und für euch eine spannungsgeladene Geschichte nachrangig ist, kann ich euch dieses Buch empfehlen, denn auf emotionaler Ebene ist es sehr schön zu lesen.

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Veröffentlicht am 03.02.2021

Verbotene, kritisch anzusehende und zum Teil verstörende Liebesgeschichte, die erst im Verlauf lesenswert wird

Seelensplitter
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Die erfolgreiche Schauspielerin Helene hat sich lange Zeit nach einem älteren Mann gesehnt. Als sie jedoch nach einer Affäre vor einigen Jahren endlich mit ihm zusammen ist, fühlt sie sich in den Armen ...

Die erfolgreiche Schauspielerin Helene hat sich lange Zeit nach einem älteren Mann gesehnt. Als sie jedoch nach einer Affäre vor einigen Jahren endlich mit ihm zusammen ist, fühlt sie sich in den Armen einer jungen Frau geborgen, auch wenn es eine verbotene Liebschaft ist. Wer diese Frau ist und warum Helene ausgerechnet mit ihr nicht zusammen sein darf – finde es selber heraus.

In diesem Buch werden Tabuthemen angesprochen, von denen zumindest eins etwas neues ist bzw. über das wenigstens ich so in noch keinem anderen Buch gelesen habe. Das Beschriebene ist moralisch zum Teil sehr verwerflich, zumindest gemessen an den allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen, aber dies macht die Autorin auch an vielen Stellen deutlich, indem sie den Gewissenskonflikt der Protagonistin Helene ausreichend herausarbeitet, sodass dieser nachvollzogen werden kann und als authentisch empfunden wird.

Zu Beginn hatte dieses Buch viele Zeitsprünge. Wir begleiten Helene auf weniger als hundert Seiten über mehrere Jahre. Dadurch hatte ich zum Teil das Gefühl, dass die Geschichte in Rekordtempo an mir vorbeigezogen ist und ich kaum etwas über die Protagonisten weiß, abgesehen von äußeren Fakten – ihr Inneres und auch ihre Gefühle blieben an einigen Stellen auf der Strecke, aber nach ungefähr dem ersten Drittel ist deutlich geworden, dass diese Zeitsprünge zu Beginn notwendig waren, um uns Lesern zunächst einen Überblick über die Erlebnisse von Helene und ihrer Beziehung zu ihrer Tochter zu verschaffen, um nachher die weiteren Entwicklungen besser verstehen zu können. So konnte ich auch die beiden besser verstehen und nachvollziehen, welche Einschnitte es im Leben von Katja, Helene´s Tochter, gab und welche Auswirkungen dies auf ihr Leben hatte. Das heißt konkret, im Verlauf nahm das Erzähltempo dann ab und die Geschichte ging mehr in die Tiefe – also Dranbleiben lohnt sich!

Die Charaktere gehen unterschiedlich mit der dargestellten Situation um – während die Liebschaft für Helene einige Gewissensbisse ausgelöst hat und sie zwischen Schuld und Begehren hin und hergerissen war, war die Lage für ihren Freund, als dieser davon erfuhr, relativ eindeutig und nicht zu diskutieren, was man ihm nicht verübeln kann. So hat jeder Charakter seine individuellen Eigenschaften und seine eigene Art und Weise, mit den Geschehnissen umzugehen. Dadurch wurde die Geschichte ein wenig abwechslungsreicher und man konnte verschiedene Sichtweisen zu dem kontroversen Themen lesen und sich ausgehend von diesen seine eigene Meinung bilden.

Der Schreibstil ist im großen und ganzen gut zu lesen. Die Geschichte ist in der dritten Person geschrieben, sodass die Sichten mehrerer Protagonisten aufgezeigt werden und auch die Gefühle mehrerer dargestellt wurden. Es dauerte ein bisschen, bis ich mit der Schreibweise und dem verwendeten Stil warm wurde, aber nach ungefähr dem ersten Drittel, als die Geschehnisse bzw. das Erzähltempo langsamer wurden und ich diese nicht mehr als so gehetzt wahrgenommen habe, ist mir dies gelungen, sodass sich die Geschichte für mich flüssig und gut lesen ließ.
Die Kapitel sind nicht zu lange, sondern habe eine gute Länge und fördern somit den Lesefluss. Die Kapitelüberschrift gibt immer einen groben Überblick, was uns Leser in dem jeweiligen Kapitel erwartet. An wenigen Stellen nimmt dies die Spannung vorweg, indem schon bestimmte Entwicklungen angedeutet werden, aber das stellte für mich insgesamt kein großes Problem dar.

Das Buch enthält unerwartete Wendungen, denn das eigentlich „skandalöse“ ist nicht die Tatsache an sich, dass Helene sich in die Arme einer jüngeren Frau flüchtet, sondern vielmehr um wen es sich bei dieser Frau handelt.
Die Entwicklungen sind vielfach überraschend. Immer, wenn ich gedacht habe, ich hätte einen groben Überblick und wüsste, worin der Schwerpunkt bzw. der Fokus dieser Geschichte liegt und was alles passiert, musste ich feststellen, dass ich mich geirrt habe, denn bis zum Schluss kamen immer mehr Aspekte hinzu, die vielfach als gesellschaftskritisch angesehen werden. Die Geschichte wird immer wieder aufs Neue um diese ergänzt, sodass es nicht langweilig wird.

Es handelt sich um einen Auftakt einer Reihe, der jedoch an sich als eigenständig gelesen werden könnte, aber trotzdem viel Potential für die beiden geplanten Folgebände enthält. Die wichtigsten Fragen werden jedoch geklärt.

Man muss sich bewusst machen, dass es, anders als zu Beginn vielleicht vermuten lässt, einige explizite Szenen gibt. Diese drängen sich jedoch nicht zu sehr in den Vordergrund, sodass das Buch auch gut gelesen werden könnte, wenn solche Szenen nicht unbedingt gerne gelesen werden.

Zunächst wirken die Entwicklungen ein bisschen verstörend, und haben mich geschockt, aber trotzdem möchte man irgendwie erfahren, wie es weiter geht. Die Entwicklungen und der Ausgang der Geschichte haben mich gefesselt, auch wenn es ein ständiger Verarbeitungsprozess war.
Ich kann dieses Buch jedem empfehlen, der sich auf moralisch diskussionswürdige Entwicklungen und ungewöhnliche Liebesbeziehungen einlassen kann und möchte und auch an einer Geschichte dranbleibt – denn auch, wenn es nicht jedem leichtfällt, gut in die Geschichte reinzufinden, es lohnt sich wirklich.

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