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Hannicake

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.04.2021

Spannende High Fantasy mit leicht düsterer Atmosphäre und zahlreichen expliziten Szenen

Fallen Shadows
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Tauche ein in eine liebevoll und schön erschaffene Welt, über die man schnell einen Überblick hat, die man sich bildlich vorstellen kann und in der man die Zeit dort genießen kann, zumindest wenn man sich ...

Tauche ein in eine liebevoll und schön erschaffene Welt, über die man schnell einen Überblick hat, die man sich bildlich vorstellen kann und in der man die Zeit dort genießen kann, zumindest wenn man sich nicht gerade in spannungsgeladenen kriegerischen Szenen befindet.

In diesem Buch treffen mehrere Charaktere aus unterschiedlichen Stämmen bzw. aus unterschiedlichen Königreichen aufeinander, die verschiedene Fähigkeiten besitzen, die sie zum Teil erst im Laufe der Geschichte entdecken und weiterentwickeln. Wenn auch zunächst aus unterschiedlichen Motiven schließen sie sich zusammen. Die einen, um den eigenen Onkel vom Thron zu stoßen, die anderen, um die Schattenwand wiederherzustellen und weitere wiederum aus anderweitigen Gründen. Zu Beginn herrscht unter den Charakteren Misstrauen, doch schaffen sie es mit der Zeit und den gemeinsamen Erlebnissen Vertrauen aufzubauen und falls ja, bekommt jeder dieser Charaktere dieses Vertrauen zurecht? So viele Fragen, so unterschiedliche Antworte – lies am besten selbst, was die Charaktere durchmachen müssen und ob sie das zusammenschweißt oder eher voneinander trennt bzw. ob sie ihre Ziele erreichen können.

Am Anfang weiß man noch nicht recht, was einen erwartet und in welche Richtung die Geschichte geht. Man kann sich also an der ein oder anderen Stelle überraschen lassen und gespannt das Lesen genießen. Aber keine Angst, man ist schnell in der Geschichte drin und hat einen guten Überblick. Und je weiter man liest, desto besser wird das Zusammenhangsverständnis und man fühlt sich in der Welt der Charaktere beinahe zuhause.

Zu erwähnen ist die schöne Seitengestaltung bei Kapitelanfängen, die einen inhaltlichen Bezug haben.
Zum Teil gibt es längere Kapitel. Dies ist passend, gerade am Anfang, um in die Geschichte reinzukommen und ein erstes grobes Bild von der Welt, in der die Charaktere leben zu bekommen. Von der Länge zu Beginn darf man sich nicht abschrecken lassen, auch wenn man sich zunächst vielleicht ein bisschen erschlagen fühlt oder kürzere Kapitel bevorzugt - diese gibt es auch gelegentlich - , aber wenn man längere Kapitel gar nicht mag, wird es schwierig, einen Zugang zu dieser Geschichte zu bekommen.

Der Schreibstil ist locker gehalten, lässt sich flüssig lesen und führt uns so gut durch die Geschichte. Zudem sorgt er dafür, dass wir gut in der Welt, in der die Handlung spielt, ankommen und eine bildliche Vorstellung von den Geschehnissen haben. An einigen Stellen ist es sehr vulgär, insbesondere in den expliziten Szenen oder wenn die Charaktere über solche sprechen, aber wenn es einem nichts ausmacht, dann lässt sich das Buch vom Schreibstil her gut lesen.

Es gibt mit jedem Kapitel Perspektivwechsel, die an inhaltlich passenden Stellen gesetzt wurden und jeweils einen flüssigen Übergang herstellen. Fast immer müssen wir Leser durch diese nicht in Zeit und Raum umherspringen, sondern die Wechsel sind zumeist dort gesetzt, wo die Charaktere eh aufeinandertreffen oder sogar schon zusammen unterwegs sind.

Es tauchen viele Charaktere und Völker auf. Um diese auseinanderhalten und einordnen zu können, gibt es am Ende ein Völker- und ein Personenverzeichnis. Es ist für das Verständnis nicht zwingend notwendig, aber wenn ihr zwischendurch nicht sicher seid, von wem gerade die Rede ist, schaut dort einfach mal nach, gespoilert werdet ihr dadurch nicht.
Durch die Erzählweise, das heißt durch die vielen Perspektivwechsel und daraus resultierend die Erzählung der Geschichte in der Ich-Form aus Sicht vieler verschiedener Charaktere kann es schnell passieren, dass man das Gefühl hat, zwar einen groben Überblick über die Charaktere zu haben bzw. dass man meint, diese oberflächlich zu kennen, aber denkt, dass eine persönliche Bindung kaum möglich ist. So haben wir Leser leider keinen Bezugscharakter, mit dem wir richtig mitleiden können oder bei dem wir das Gefühl haben, an seiner Entwicklung teilhaben zu können. Die Charaktere sind an sich jedoch gut ausgearbeitet und man erfährt sowohl durch ihr Verhalten als auch zwischen den Zeilen etwas über sie, aber durch die gewählte Erzählweise ist dies ein wenig gedämpft. Hoffentlich wird in den Folgebänden noch erreicht, dass wir sie besser kennenlernen und einen noch besseren Zugang zu ihnen erhalten. Bei einigen Charakteren kann man jedoch schon hier in Band Eins eine Charakterentwicklung erkennen - das ist schon einmal ein guter Anfang. Wenn ihr euch wegen der viele Perspektivwechsel nicht sicher seid, probiert es einfach mal aus und gebt dem ganzen eine Chance, es ist mal eine ganz neue Erfahrung.

Es herrscht kein schönes Frauenbild, deswegen waren mir die männlichen Charaktere zumeist nicht so sympathisch, da sich vieles auf Körperlichkeiten beschränkt und die Frauen einen geringeren Wert oder zumindest weniger Sagen zu haben scheinen, als die Männer bzw. sie sich diesen bedingungslos zu unterwerfen haben. Mit den Frauen wird teilweise fast umgegangen wie mit Gegenständen - von Romantik ist häufig keine Spur. Doch keine Angst, auch die männlichen Charaktere haben andere Seiten und einige von ihnen erfüllen schon eher das Rollenbild, das dem unseren nahekommt. Gib ihnen als Leser die Chance, dich von ihnen zu überzeugen.
In dem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass es einige explizite Szenen mit vulgärer Sprache gibt - wenn du damit nicht so gut umgehen kannst, schmälern diese dir den Lesergenuss.
Schade finde ich, dass es in der Geschichte so gut wie keinen Charakter, den wir über einen längeren Zeitraum begleiten, gibt, der sich nicht zu einem anderen hingezogen fühlt. Manchmal war mir das too much, da wäre weniger mehr gewesen. Zum Teil waren es viele Andeutungen auf ein Knistern bzw. auf eine romantische oder körperliche Spannung, aber keine konkretere Ausgestaltung. Da hätte ich mir ein bisschen mehr Detail gewünscht, sodass es ein bisschen authentischer gewirkt hätte. Da wäre es aus meiner Sicht kein Problem gewesen, wenn nicht jeder Charakter Gefühle der Liebe oder des Verlangens verspürt hätte.

Es gibt einige unerwartete Wendungen, die immer wieder Spannung in die Geschichte reinbringen, die Handlung auf ungeahnte Wege leitet und uns Leser mitfiebern lassen.

Ich hätte mir gewünscht, dass die Magie bzw. die Fähigkeiten eine noch größere Rolle spielen würde, aber dafür, dass dies erst der Auftakt war, haben wir schon einige gute Einblicke erhalten, die bestimmt noch weiter ausgebaut werden.

Das Buch enthält einige brutale Beschreibungen, bzw. Kampfszenen, die die Vorstufe eines Kriegsszenarios sind. Wenn ihr zartbesaitet seid, solltet ihr schauen, ob euch das trotzdem zusagt.

Insgesamt ist es ein spannender Auftakt einer Trilogie, den ich euch empfehlen kann und der neugierig auf die weiteren Entwicklungen in den Folgebänden macht.

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  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.04.2021

Tolle Protagonisten, die herzzerreißende Erlebnisse verarbeiten müssen

Durch die kälteste Nacht
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„Wenn jemand dir das Gefühl gibt, schwach zu sein, tu etwas, das dir das Gefühl gibt, stark zu sein.“

Kennedy zieht nach persönlichen Schicksalsschlägen in die Kleinstadt Havenbarrow. Dort trifft sie ...

„Wenn jemand dir das Gefühl gibt, schwach zu sein, tu etwas, das dir das Gefühl gibt, stark zu sein.“

Kennedy zieht nach persönlichen Schicksalsschlägen in die Kleinstadt Havenbarrow. Dort trifft sie auf Jax, der den Ruf des Bad Boys der Stadt, aber auch verschiedene Lasten zu tragen hat. Beide scheinen kein einfaches Leben zu führen, sondern schon zu viel erlebt zu haben und zu oft verletzt worden zu sein. Irgendwie scheinen Kennedy und Jax sich zu kennen. Doch woher und können sich die beiden gegenseitig stützen und füreinander da sein?

Die Geschichte über Kennedy und Jax geht nicht nur stumpf vorüber, sondern nimmt einen emotional gefangen und zieht uns Leser in seinen Bann. Sie berührt sehr und ist manchmal so authentisch und intensiv, dass ich das Buch kurz zur Seite legen musste, um einmal durchzuatmen. Es sind so gut wie alle Gefühle vertreten, denn durch ernste Themen und Ängste ist es an vielen Stellen traurig und man möchte die beiden Protagonisten einfach nur in den Arm nehmen. Durch den Handlungsort in der Kleinstadt gibt es viele neugierige Nachbarn, die eine Grenze überschreiten und auf die man zwischenzeitlich echt wütend ist, aber durch viele humorvolle Szenen wird die Stimmung wieder aufgelockert, das Gefühl der Schwermut wird geringer und manchmal kann man als Leser gar nicht anders als anfangen loszulachen.

Wieder ist es ein schöner, fast schon poetischer Schreibstil, der sehr viele Naturbeschreibungen und Metaphern aus diesem Bereich nennt und die Atmosphäre sowie das Setting gut und eindrucksvoll an uns Leser transportiert. Lediglich an ein oder zwei Stelle im Buch wurde von dem berührenden Schreibstil abgewichen und passte nicht, aber darüber kann ich gut hinwegsehen, da er ansonsten wundervoll war.
Es gibt immer wieder Perspektivwechsel, sodass wir die Geschehnisse sowohl aus der Sicht von Kennedy als auch von Jax erleben können und gute Einblicke in deren Gedanken und Gefühlswelt erhalten. Das bringt uns Lesern die beiden näher und wir können beinahe hautnah miterleben, was sie prägt und beschäftigt.

Der Fokus liegt hier weniger auf der Handlung, sondern mehr auf den Gefühlen und den Entwicklungen der Protagonisten. Lediglich am Ende gibt es einen großen Plottwist, den ich während des Lesens nie erwartet hätte. Er kommt zwar überraschend, aber ist keineswegs unglaubwürdig, sondern passt gut in die Geschichte hinein. Seid also gespannt auf diese Wendung und nehmt davor die Emotionen der Protagonisten in euch auf bzw. begleitet diese.

Es gibt viele schön ausgestaltete liebevolle Nebencharaktere unterschiedlichen Alters, die Kennedy und Jax begleiten und ihnen durch schwere Zeiten helfen. Einige von ihnen sorgen für humorvolle Szenen und lockern die Stimmung auf, andere Sorgen für Wut, Ärger, Trauer und Verzweiflung bzw. für eine negative Grundstimmung.
Das heißt, es gibt natürlich auch unsympathische Nebencharaktere, die man am liebsten schütteln und zu einem besseren Verhalten besinnen würde, aber genau dies ist in meinem Augen das Schöne, dass man so sehr in der Geschichte drin ist, dass man in sie eingreifen möchte, um die Protagonisten, die einem im Laufe des Buches ans Herz wachsen, zu schützen.
Von manchen hätte ich mir gewünscht, dass sie noch eine größere Rolle für den Handlungsverlauf oder allgemein für die Protagonisten gespielt hätten und nicht nur ab und zu aufgetaucht wären, wenn es sich gerade passte. Aber das ist nur ein kleiner Kritikpunkt der berührenden Geschichte.

Besonders schön finde ich, dass wir zwischendurch immer wieder zurück in die Kindheit von Kennedy und Jax reisen und die beiden so von einer ganz anderen Seite kennenlernen. Wir können sehen, wie die Zeit und die Personen, mit denen sie Umgang hatten, die beiden verändert haben und woher sie sich kannten bzw. in welcher Beziehung sie zueinander stehen. Wir können die beiden auch bei ihrer Entwicklung in der Gegenwart begleiten und sehen, ob sie sich gegenseitig stützen können. In ungefähr der ersten Hälfte der Geschichte steht Kennedy im Fokus, während wir in der zweiten Hälfte eher sehen, was Jax alles erleiden musste und ob er es schafft, sich von seiner Vergangenheit zu lösen bzw. nach vorne zu schauen.

Das Buch beinhaltet ernste und wichtige Themen wie beispielsweise Trauer, Schuldgefühle und toxische Beziehungen, um ein paar zu nennen ohne zu spoilern. Diese wurden gut und glaubwürdig umgesetzt und manchmal waren sie so präsent und intensiv, dass ich das Buch kurz zur Seite legen und mich erst wieder sammeln musste. Aber Brittainy C. Cherry schafft einen guten Ausgleich zwischen den intensiven Gefühlen bzw. ernsten Themen und humorvollen, herzergreifenden Szenen, sodass eine gute Balance herrscht.

Diese Geschichte zeigt schön, dass die Vergangenheit immer ein Teil von einem bleibt. Die schönen Momente vergisst man nicht und trägt sie in seinem Herzen und aus den nicht so schönen lernt man. Und manchmal kann man einen Teil der schönen Vergangenheit in die Zukunft holen. Finde heraus, inwiefern das auf Kennedy und Jax zutrifft.

Insgesamt ist dieses Buch eine klare Leseempfehlung. Es ist in meinen Augen nicht Brittainy C. Cherry's bestes Werk, aber es lohnt sich definitiv, es zu lesen. Der Schreibstil ist wunderschön und es wird kein Halt vor ernsten Themen gemacht, die gut aufgearbeitet werden.

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Veröffentlicht am 04.04.2021

Spannung, Nervenkitzel und großes Gefühlschaos

Matching Night, Band 1: Küsst du den Feind? (Gewinner des Lovelybooks-Leserpreises 2021)
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Mache nicht den Fehler und schenke den Menschen um dich herum zu viel Vertrauen, wenn du dir nicht sicher sein kannst, auf wessen Seite sie stehen.

Cara ist in ihrem ersten Studienjahr an einer englischen ...

Mache nicht den Fehler und schenke den Menschen um dich herum zu viel Vertrauen, wenn du dir nicht sicher sein kannst, auf wessen Seite sie stehen.

Cara ist in ihrem ersten Studienjahr an einer englischen Universität. Ihre Wohnung konnte sie nicht beziehen und auf dem ganzen Campus scheint keine einzige Wohnung mehr frei zu sein, sodass sie in einem Zimmer weit entfernt unterkommt. Schnell merkt sie, dass dies aus mehreren Gründen keine dauerhafte Lösung ist. In ihrer Verzweiflung kommt ihr das Angebot der Ravens - eine geheimnisvolle Studentenverbindung - gerade Recht, eine von ihnen, zunächst als Anwärterin zu sein und in deren Haus einzuziehen. Alle ihre Sorgen und Probleme scheinen sich zu lösen, doch noch ahnt sie nicht, in was sie hineingerät, wenn sie sich der Verbindung anschließt. Hinzukommt, dass ihre beste Freundin über eine vor einem Jahr verschwundene Studentin recherchiert und sie vor den Ravens warnt - was hat es damit auf sich? Steigert sie sich da in etwas hinein oder stimmt wirklich etwas nicht mit den Ravens?

Zu Beginn und auch im Klappentext erscheint alles vergleichsweise harmlos, aber je mehr man liest, desto schneller wird klar, dass mit der Verbindung nicht zu Spaßen ist. Man sollte sich gut überlegen, ob man ein Teil dieser sein möchte, doch was, wenn es wie bei Cara zu spät für einen Rückzieher ist, wenn man die Details erfährt?

Zuerst ist für Cara alles neu, aufregend und die Ravens scheinen der Schlüssel für ein besseres Durchstehen der Unizeit bzw. für ein besseres Leben zu sein, aber nach und nach werden auch die Schattenseite der Verbindung aufgezeigt und welche Aufgaben sie auf sich nehmen muss, um ein vollwertiges Raven-Mitglied zu werden.

Den Geschehnissen kann man gut folgen, nicht zuletzt durch die Angabe des Datums am Anfang eines jeden Kapitels. Zeitlich gesehen begleiten wir Cara nur knapp einen Monat, aber die Ereignisse und die vielen neuen Erkenntnisse sowie die Erfahrungen kommen einem viel länger vor. Der Schreibstil ist fesselnd und man möchte immer weiter lesen, um endlich ein bisschen Klarheit zu bekommen und mit Cara als Ich-Erzählerin eine aufregende und geheimnisvolle Anwärterzeit erleben. Wir lernen Cara gut kennen und erfahren auch etwas über einige Ihrer Mitstreiterinnen und die Personen, die ihr scheinbar nahestehen. Doch immer wieder wird deutlich, dass wir genauso wie Cara nur meinen, diese zu kennen und sie uns nicht nur auf positive Weise überraschen. Dies trifft auch auf Tyler, ihren Kumpel und auf ihren Matchpartner (wer das ist, möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, denn das würde euch den Lesespaß nehmen) zu. Man mag zwischenzeitlich das Gefühl haben, ich bin Team Tyler oder Team..., aber wirklich sicher kann man sich nie sein, ob sie nicht etwas verbergen oder ob sich Cara in ihnen täuscht. Wir Leser sollten aber auf keinen Fall zu misstrauisch an die ganze Sache herangehen, sondern durchaus das Lesen genießen, jedoch immer im Hinterkopf behalten, dass bei jeder Person, egal wie gut Cara sie kennen mag und in welcher Beziehung sie zueinander stehen, mehr dahinterstecken könnte.

Das mag jetzt alles negativ klingen, aber für Cara gibt es auch positive Momente. So kann sie vorerst einige ihrer Sorgen begraben und sogar neue Freundschaften knüpfen. Diese Lichtblicke habe ich ihr beim Lesen gegönnt und mich mit ihr gefreut, wenn es mal wieder bergauf geht. Sie hat eine tolle Familie, die sie unter anderem finanziell sehr unterstützt und hat eine zunächst aufregende Zeit an einer renommierten Universität.

Cara ist eine schlagfertige Protagonistin, die für ihre Ziele kämpft, manchmal ein bisschen stur ist und sich nicht leicht unterkriegen lässt, aber schon bald befindet sie sich in einem Gefühlschaos, an dem Tyler und ihr Matchpartner nicht ganz unbeteiligt sind. Vor allem die zu bewältigenden Aufgaben und die gemeinsame Zeit, die sie mit ihrem Matchpartner verbringen muss, bringen die beiden verständlicherweise näher bzw. sorgen für ein besseres Kennenlernen, wie aufrichtig auch immer es sein mag.

Zwischendurch definiert Cara für sich immer wieder, was Glück für sie bedeutet und kommt dabei zu ganz unterschiedlichen Ansätzen. Vielleicht nimmt der ein oder andere Leser hier etwas draus mit oder führt sich noch einmal vor Augen, wie auch alltägliche Situationen glücklich machen können. „Glück ist … einen Menschen zu haben, mit dem man durch dick und dünn gehen kann, den man an miesen Tagen oder in schlechten Momenten vielleicht von sich schiebt, der aber dennoch immer zurückkehrt.“

Am Ende hatte ich das Gefühl, zwar einen ersten Eindruck von den Ravens zu erhalten, aber inhaltlich nicht viel weiter gekommen, sondern fast genauso ratlos wie zu Beginn zu sein, vor allem weil es immer wieder neue Erkenntnisse gibt, die von uns Lesern aufgestellte Theorien verwerfen und revidieren lassen, aber genau das erhöht die Spannung auf Band 2.

Das Ende ist ein fieser Cliffhanger, deshalb legt euch am besten auch schon Band 2 bereit, damit ihr ohne große Wartezeit sofort weiterlesen könnt.

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Veröffentlicht am 25.03.2021

Gewagtes, in der Gesellschaft nicht häufig thematisiertes Thema, das sehr berührend umgesetzt worden ist

Immer noch wach
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Mit 30 Jahren die Nachricht zu bekommen, nur noch ein paar Monate zum Leben zu haben, ist schockierend und zieht einem den Boden unter den Füßen weg, wie der Protagonist Alex uns zeigt. Aber dabei auch ...

Mit 30 Jahren die Nachricht zu bekommen, nur noch ein paar Monate zum Leben zu haben, ist schockierend und zieht einem den Boden unter den Füßen weg, wie der Protagonist Alex uns zeigt. Aber dabei auch noch Erinnerungen aus der Kindheit zu haben, wie er diesen Weg schon bei einem ihm nahestehenden Menschen erlebt hat und die Vorstellung, dass dieser Kampf bei ihm genauso sein wird, machen es noch schlimmer. Da kann man fast schon verstehen, dass Alex sich gegen eine Behandlung und für ein Hospiz entscheidet. Doch was macht man, wenn man das Hospiz wieder lebend verlassen muss, wieder anfangen soll zu leben, unter den Menschen, bei denen das Leben zwischenzeitlich nicht stillgestanden hat? Sei an Alex Seite, wenn er genau diesen Weg gehen muss und erlebe eine berührende Geschichte, die den Wert des Lebens und der kleinen Augenblicke verdeutlicht.

Wir begleiten Alex mehr als ein halbes Jahr lang durch Höhen und Tiefen, doch wir lernen ihn noch weit mehr kennen und erfahren durch diverse Zeitsprünge, was für ein Mensch er vor seiner Diagnose, das heißt in seiner Kindheit, seiner Jugend und als Erwachsener war. Diese sind als Erinnerungen eingebaut und kommen ungefiltert und nicht chronologisch, was authentisch ist, denn Gedanken und Erinnerungen kommen im echten Leben auch wild durcheinander, ohne sich an eine chronologische Reihenfolge oder an einen korrekten Zeitablauf zu halten. Ohne, dass Jahreszahlen oder sonstige konkrete Zeitangaben dabei stehen, kann man die dargestellten Situationen trotzdem grob einordnen und klar zwischen Gegenwart und Vergangenheit unterscheiden. Die Zeitsprünge sind meiner Meinung nach als ein stimmiges und inhaltsbezogenes Stilmitteln passend gesetzt worden.

Die sehr kurzen Kapitel sorgen für einen guten Lesefluss und passen auch stilistisch zum Inhalt, denn Alex' Erinnerungen kommen und gehen, immer zwischendurch und springen auch in der Zeit zum Teil weit umher. Seine Gedanken sind schnellebig und finden manchmal einfach keine Ruhe.

Es ist ein eindrücklicher Schreibstil gewählt worden, sodass ich beim Lesen das Gefühl hatte, mir alles bildlich vorstellen zu können. Die Atmosphäre wurde gut eingefangen, insbesondere in der Zeit, in der Alex im Hospiz war. Gut gefällt mir, dass nicht alles romantisiert, das heißt nicht alles als positiv dargestellt wird, sondern auch die Konsequenzen der Entscheidungen und der Verlauf einer solchen Krankheit sowie der Ablauf in einem Hospiz unbeschönigt aufgezeigt werden. Es waren sehr traurige Szenen dabei, die wir durch die Ich-Perspektive beinahe hautnah miterleben durften, doch durch die Rückblicke wurde die Atmosphäre immer wieder aufgelockert und es wurden auch schöne Gedanken, Erinnerungen und Szenen eingebaut, die oftmals trotzdem sehr berührend waren.

Wir Leser erkennen durch Alex' Augen den Wert der Freundschaft und was eine solche ausmacht - es ist nicht nur, dass wahre Freunde die eigenen Entscheidungen akzeptieren und einen bei der Umsetzung unterstützen, sondern sie sind immer für einen da und wenden sich nicht von einem ab, nur weil man schlecht gelaunt ist oder Mist gebaut hat. Alex hat das Glück, genau dies zu erfahren und wir Leser haben das Glück, dabei sein zu dürfen.

Mit der Situation, in der sich Alex befindet, möchte ich an keiner Stelle im Buch tauschen. Es stellt sich die Frage, was man alles noch in den letzten Monaten machen möchte, was einem wichtig ist und mit welchen Menschen man nicht im Frieden auseinander gegangen ist, dies aber vielleicht ändern möchte. In einer "normalen" Situation ist es schon keine leichte Aufgabe, sich darüber im Klaren zu sein, aber wenn einem dann zusätzlich noch die Zeit im Nacken sitzt, ist es noch schwieriger. Der Leitspruch des Hospizes, „den letzten Tagen mehr Leben geben“, ist treffend, jedoch stellt sich die Frage, was die Tage lebenswert macht und was in der Situation noch wirklich wichtig ist. Alex zeigt uns, dass es manchmal nicht die großen Dinge sind, die man unbedingt noch erleben muss, sondern kleine, scheinbar alltägliche Dinge, deren Wert wir durch diese Geschichte wieder besser verstehen können.

Alex' Gefühlskonflikt und Unsicherheit wird sehr gut herausgearbeitet. Nicht selten schwankt er zwischen seinen eigenen Wünschen/Plänen und zwischen der Erfüllung der Erwartungen anderer. Doch es wird immer wieder deutlich, dass jeder seine eigenen Träume und sein eigenes Leben leben darf und sollte, und dass andere zwar Vorschläge und Anregungen machen bzw. über die Entscheidung auch mal nicht so glücklich sein dürfen, aber sie diese letztendlich akzeptieren müssen.

Als es dann so weit ist und Alex doch noch viel mehr Zeit als ursprünglich gedacht zur Verfügung steht, ist es für ihn keine leichte Situation, denn er merkt schnell, dass sich die Welt weiter dreht, auch wenn er aus seinem vorherigen Leben "ausgestiegen" ist. Wie er sich dann verhält und welche Wege er einschlägt, mag man als Leser nicht immer für gut befinden, aber gerade diese Missverständnisse und Fehltritte machen ihn in meinen Augen authentisch, denn in einer solchen Situation gibt es kein richtig oder falsch und auch, wenn er weiser damit hätte umgehen können und sich nicht so von seiner Vergangenheit hätte leiten lassen sollen, so darf man nicht vergessen, dass es für ihn eine Ausnahmesituation war und er auch zum ersten Mal lebt - Fehler machen bzw. nicht die rational weisesten Entscheidungen zu treffen, ist menschlich.

Die Idee der Geschichte ist nicht neu, aber die Umsetzung finde ich sehr schön.
Ich konnte einiges aus diesem Buch mitnehmen bzw. mich in manchen Punkten noch einmal bestärken. Und auch, wenn es keine großen überraschenden inhaltlichen Wendungen gibt, machen diese kleinen Anregungen zum Nachdenken das Buch so wertvoll.
Ich kann dieses Buch nur empfehlen, wenn ihr etwas mit tiefgründigen Gedanken sowie mit emotionalen Szenen lesen möchtet, aber nicht vor einer traurigen Grundstimmung zurückschreckt - es lohnt sich!

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Veröffentlicht am 07.03.2021

Neuer Körper = Neues, besseres Leben? Jugendbuch, aus dem jeder etwas mitnehmen kann.

Seelenfall
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Wie traurig und verzweifelt muss jemand sein, um mithilfe eines alten, okkulten Rituals einen Seelentausch durchführen zu wollen?
Mina ist ein gutes Beispiel für eine solche Person, denn als ihr Chatpartner ...

Wie traurig und verzweifelt muss jemand sein, um mithilfe eines alten, okkulten Rituals einen Seelentausch durchführen zu wollen?
Mina ist ein gutes Beispiel für eine solche Person, denn als ihr Chatpartner Nightmare ihr ein Buch zu genau diesem Thema empfiehlt, ist sie fest entschlossen, einen solchen Seelentausch durchzuführen, um ihrem grauen Leben zu entkommen. Über mögliche Folgen macht sie sich jedoch keinerlei Gedanken – wird ihr dies irgendwann möglicherweise zum Verhängnis? Denn gelingt es ihr, falls das Ritual tatsächlich funktioniert, in einem anderen Körper, im Kreis einer ihr unbekannten Familie mit neuen Freunden endlich glücklich und zufrieden zu werden? Reicht ein solcher Seelentausch, um die eigenen Probleme zu vergessen bzw. diese unwichtig erscheinen zu lassen? Finde es heraus und folge Mina auf ihrer Reise, die sie auch viel über sich selbst lernen lässt.

Mina ist 15 Jahre alt – und genau diese Altersgruppe würde ich auch als Zielgruppe dieses Buches einschätzen, da sie sich ihrem Alter entsprechend verhält und erst noch ihren eigenen Weg finden muss. Aber auch für andere Altersgruppen enthält diese Geschichte Anregungen. Wir können sehr viel aus diesem Buch mitnehmen, da zwar im Vordergrund die Geschichte von Mina steht, aber beinahe nebenbei noch viel anderes vermittelt wird, dass uns Leser zum Nachdenken anregt. Beim Lesen hat sich teilweise meine Sichtweise auf das Leben bzw. auf einzelne Aspekte geschärft und ich finde man denkt noch einmal intensiver über das eigene Leben und die eigenen Gefühle nach.

Die Geschichte ist sehr emotional, da wir durch die gewählte Ich-Perspektive aus der Sicht von Mina einen guten Einblick in ihre Gedanken und ihre Gefühlslage erhalten und sehen, was ihre Art ist, nachzugrübeln und mit ihren Erlebnissen umzugehen. Wir dürfen sie bei ihrer Entwicklung begleiten, bei der sie etwas darüber lernt, was das Leben lebenswert macht, wie es einem gelingt, manche Dinge mehr wertzuschätzen, und dass jeder mal schlechte Zeiten hat und auch, wenn das Leben von anderen perfekt und problemlos erscheint, so hat jeder sein eigenes Päckchen zu tragen und das Leben anderer ist nicht so einfach wie es scheint.

Mina ist als Protagonistin ein interessanter Charakter. Ab und zu ist sie mir zwar ein bisschen auf die Nerven gegangen, weil sie über manche Dinge sehr viel nachgegrübelt hat, sich manche Gedanken gedoppelt haben und sie für ihre Mitmenschen nicht so einfach ist, aber dies ist wahrscheinlich ihrem Alter geschuldet. Mit der Zeit wurde dies deutlich besser und ich konnte mich einfacher in sie hineinversetzen.
Nightmare war mir hingegen schon von Beginn an sympathisch, auch wenn wir nicht so viel über ihn erfahren, weil er sich über sein Privatleben verdeckt hält, außer dass er liebevoll für Mina da ist. Meine Meinung zu ihm hat sich auch nicht, höchstens zum Positiven hin, geändert, als wir mit Sicherheit wussten, wer er wirklich ist.
Es gibt einige weitere Charaktere, die sympathisch sind und die Atmosphäre auflockern, auch wenn das Kennenlernen nicht immer einfach und unkompliziert war. Sie haben zusammen humorvolle Szenen hervorgebracht und die Geschichte belebt. Zudem haben sie dafür gesorgt, dass neben der Haupthandlung – dem Seelentausch – auch noch andere Handlungsstränge eingebaut wurden und und die Geschichte vielschichtiger gemacht haben.
An manchen Stellen hätte ich mir jedoch gewünscht, noch etwas mehr über Mina´s Leben zu erfahren, das heißt zu lesen, wer ihre Freundinnen sind und was sie mit diesen erlebt hat. Das hätte in meinen Augen das Buch noch ein bisschen runder gemacht, als es ohnehin schon ist, aber andererseits hätte es vielleicht auch den Rahmen gesprengt, sodass es nur ein kleiner Kritikpunkt ist, der nicht ausschlaggebend ist.

In diesem Buch wird viel mit Spannungselementen gespielt. Man möchte unter anderem wissen, wer Mina´s Chatpartner Nightmare ist. Wir erhalten zwar einige Hinweise, sodass der ein oder andere unter Umständen schon vor Mina darauf kommt, wer hinter diesem Chatnamen stecken könnte, aber sicher sein kann man sich erst ziemlich spät. Zudem gibt es immer wieder unerwartete Wendungen, die die Spannung aufrechterhalten.

Ich finde dieses Buch aufgrund der interessanten Idee, dem lockeren Schreibstil, der den Leser über das Buch hinaus zum Nachdenken über das eigene Leben anregt, den kurzen Kapitel, den vielen Dialoge sowie aufgrund den abgedruckten Chatverläufe zwischen Mina und Nightmare sehr lesenswert und habe es innerhalb kurzer Zeit durchgelesen, während der ich mit den Charakteren mitgefiebert habe. Es wird nichts viel in die Länge gezogen, sondern in gutem Tempo auf den Punkt gebracht.

Das Buch verdient meiner Meinung nach auf jeden Fall mehr Aufmerksamkeit und größere Bekanntheit – ich kann es jedem, der gerne Jugendbücher liest, ans Herz legen.

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