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Veröffentlicht am 12.10.2016

Der Zauber der Jugend

Brüder für immer
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Die Brüder Quentin und Julian leben auf einem kleinen Hof in England. Sie wachsen frei und ungezwungen auf und akzeptieren ihre Familie wie sie ist: der Vater wohnt in London und besucht die Familie ab ...

Die Brüder Quentin und Julian leben auf einem kleinen Hof in England. Sie wachsen frei und ungezwungen auf und akzeptieren ihre Familie wie sie ist: der Vater wohnt in London und besucht die Familie ab und zu mit einer Freundin, die Mutter lebt mit einem befreundeten Maler mit auf dem Hof. Sie bemerken nicht, dass ihre Familie „anders“ ist und dass sie von ihren Mitmenschen eher zurückhaltend, wenn nicht ablehnend behandelt werden.
Das Buch handelt von den 12 schönen Jahren, die die Brüder miteinander genießen können. Denn eines Tages zieht Julian in den Krieg und Quentin verspricht ihm, ein Buch über ihn zu schreiben, wenn er nicht mehr wieder käme.
Dieses Buch hält der Leser jetzt in den Händen. Es ist autobiografisch, erhebt aber keinen Anspruch, genauso gewesen zu sein, wie der Autor am Ende selber betont. Ihm habe der Gedanke gefallen, wie die Menschen damals auf dem kleinen Anwesen Charleston gelebt haben. Dabei beginnt der Autor quasi am Ende und rollt die Handlung dann von vorne auf. Der Umzug nach Charleston, das Haus, das keinen Konventionen entspricht, geschweige denn die Familie. Freunde, die nicht mehr mit den Jungs spielen dürfen als die Eltern davon erfahren, dass einer der Bewohner „in einem Bett mit einem anderen Mann schläft“. Doch die Jungen nehmen das nicht krumm, sind mit sich und ihren Abenteuern beschäftigt. Dem Abenteuer des Kind-Seins, dem Abenteuer der ersten Liebe und der Liebe zueinander, die aus vielen Abschnitten spricht.
Das Buch ist für Jugendlich ab 12. Aber auch ich als Erwachsene konnte mich gut in die Handlung einfühlen. Dazu kommt, dass in der Gruppe Gespräche geführt werden über so Dinge wie: was ist Kommunismus? Was Anarchismus? und gar Faschismus? Diese Gespräche wurden absolut verständlich geschrieben, so dass auch jüngere Leser den etwas schweren Stoff verstehen können.
Fazit. Ein lebendiges Buch, das den Zauber der Jugend transportiert.

Veröffentlicht am 05.10.2016

ruhiger Krimi, mehr Kriegsschauplatz

Der Angstmann
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Dresden, in den letzten Kriegsmonaten. Der Angstmann geht um: und zwar immer dann, wenn Fliegeralarm ist. Er keucht und kriecht durch die Stadt und holt sich seine Opfer. Die Angst geht um nach zwei Morden ...

Dresden, in den letzten Kriegsmonaten. Der Angstmann geht um: und zwar immer dann, wenn Fliegeralarm ist. Er keucht und kriecht durch die Stadt und holt sich seine Opfer. Die Angst geht um nach zwei Morden an zwei Frauen. Polizeiinspektor Max Heller soll den Fall lösen. Doch das ist gar nicht so einfach in den Kriegswirren. Zudem hat er das Gefühl, dass ihm immer wieder Steine in den Weg gelegt werden. Nach Kriegsende, als die Russen die Stadt besetzen, gibt es den nächsten Mord und Max lässt die Sache keine Ruhe – er beginnt weiter zu ermitteln.

Wobei man von „ermitteln“ im weitesten Sinne gar nicht reden kann. Zumindest nicht zu heutigen Maßstäben. Max geht etwas ziel- und planlos durch die Stadt, Anwohner befragen ist schwer, wenn keine mehr da sind, weil alles zerbombt ist. Einziger Orientierungspunkt: die Trinitatiskirche. Diese Stellen fand ich sehr eindringlich geschrieben. Auch die Szenen als die letzte Offensive Dresden in Schutt und Asche legte. Hier lag der Fokus auf Max Heller, wie er im Keller beinahe eingeschlossen worden wäre und wie er sich dann durch die zerstörte Stadt schleppt. Hier lief prächtiges Kopfkino mit, so lebhaft und anschaulich wurde das Ganze beschrieben.
Mit einem „herkömmlichen“ Krimi aus heutiger Sicht hat das Buch nicht viel gemeinsam. Besonders zu Zeiten des Krieges als die Mordschauplätze mehr oder weniger kaum besichtigt und ausgewertet werden konnten, weil es an Licht und Material fehlte. Hier gehört schon einiges an Vorstellungsvermögen in den Kopf des Autors, dieses Szenario so glaubhaft zu schildern ohne dass er sich verzettelt .
Ein eher ruhigerer Krimi, der mehr von den Geschichten im Hintergrund und den Kriegserlebnissen lebt.

Veröffentlicht am 04.10.2016

neues Duo

DNA
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Eine Frau stirbt unter mysteriösen Umständen und ihre kleine Tochter musste den Mord mit ansehen. Kommissar Huldar beginnt zu ermitteln, doch das ist gar nicht einfach, denn der Täter hat zwar Hinweise ...

Eine Frau stirbt unter mysteriösen Umständen und ihre kleine Tochter musste den Mord mit ansehen. Kommissar Huldar beginnt zu ermitteln, doch das ist gar nicht einfach, denn der Täter hat zwar Hinweise hinterlassen, aber schwer verschlüsselt. Als ein zweiter Mord passiert gerät Haldur in Zugzwang, doch der Mörder ist ihm weiterhin einen Schritt voraus. Und dann kennt er die psychologische Betreuerin des Mädchens auch noch von einer gemeinsam verbrachten Nacht, was den Umgang mit ihr nicht einfacher macht. Dann scheint der Täter gefunden – und mit ihm noch eine dritte Leiche. Doch Haldur ist nicht überzeugt, dass der wahre Mörder gefunden ist und sucht weiter. Dabei gerät er selbst in Gefahr.

Ungewöhnliche Mordmethoden, die die Autorin hier entwirft. Aber sehr originell für den versierten Thrillerleser und einfach auch mal etwas anderes. Schon allein deshalb war der Spannungsbogen von Anfang an hoch. Leider flachte er zwischendurch etwas ab und die Autorin verlor sich zu sehr in den Privatleben der Ermittler und in dem von Funker Karl.
Obschon der Prolog einiges verraten hatte kam ich nicht auf den Täter. Zu verschlungen waren die Wege, die Sigurdardottir hier ging und somit den Leser gehörig in die Irre führte.
Haldur blieb mir als Person etwas zu oberflächlich, Freya hingegen mochte ich gleich sehr gern. Wenn auch gewisse Individuen im Buch das anders sahen, was die Handlung gut auflockerte und einen auch teilweise zum Schmunzeln brachte. Etwas ermüdend fand ich aber die ständigen Verhöre der kleinen Tochter, auch wenn die Vorgehensweise sicher der Realität entspricht. Aber hier wiederholte sich in meinen Augen sehr viel und brachte die Handlung somit nur häppchenweise voran.
Fazit: Eigentlich wird ja in Island nicht gemordet, aber wenn, dann richtig!

Veröffentlicht am 03.10.2016

fast tot

Playground – Leben oder Sterben
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Jasmin Pascal-Anderson hat einen Autounfall und ist ein paar Minuten lang tot. Diese Zeit verbringt sie in einem Zwischenreich, das dem alten China ähnelt. Doch niemand glaubt ihr. Als ihr kleiner Sohn ...

Jasmin Pascal-Anderson hat einen Autounfall und ist ein paar Minuten lang tot. Diese Zeit verbringt sie in einem Zwischenreich, das dem alten China ähnelt. Doch niemand glaubt ihr. Als ihr kleiner Sohn in Lebensgefahr ist, will sie ihn nicht allein in dieses Zwischenreich lassen und spritzt sich ein Mittel, um ihn durch die Prozedur zu begleiten. Doch ihnen wird eine Falle gestellt und Dante, ihr Sohn, soll nicht nach Hause kehren dürfen. Jasmin kämpft mit allen Mitteln, doch sie gerät mitten in eine Verschwörung…

Der Klappentext ist etwas zahm gehalten, vielleicht, um nicht zu viel zu verraten. Aber ich fand gerade den Teil in der Zwischenwelt interessant, die Vorgeschichte von Jasmin, im Kosovo und in der Psychiatrie hat mich nicht so angesprochen. Doch von der chinesischen Unterwelt war ich einfach nur geflasht! So rasant, so spannend, auch liebenswert und stellenweise auch undurchsichtig – einfach klasse gemacht. Erst dachte ich ja noch, bitte keine mystische Handlung, und so war es dann ja auch eigentlich nicht. Denn wer weiß schon, was nach dem Tod tatsächlich geschieht? Und Kepler hat das wirklich sehr gut gelöst, so dass man sich die Handlung sehr gut vorstellen konnte.
Ich kannte das Autorenduo bisher nur von ihrer Reihe um Joona Linna. Hier gehen sie andere Wege und ich muss sagen, dass mir diese Handlung fast noch besser gefällt. Es ist neu und anders, erfrischend, tiefgründig und macht nachdenklich. Dennoch ist es in keiner Weise traurig, außer vielleicht, wenn lieb gewonnene Charaktere getroffen werden. Denn die Handlung ist stellenweise doch ganz schön heftig! Die Kämpfe im Untergrund sind nichts für schwache Nerven.
Natürlich ist alles frei erfunden und natürlich ist alles nicht wirklich glaubwürdig. Dennoch ist es spannend geschrieben und lesenswert.

Veröffentlicht am 02.10.2016

Endlich wieder da

Die Toten, die dich suchen
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Judith Krieger ist zurück! Endlich. Nach einer mehrjährigen Auszeit in Kolumbien kehrt Krieger nach Köln zurück und übernimmt die Leitung des Vermisstendezernats. Keine Toten mehr – das war auch der Grund ...

Judith Krieger ist zurück! Endlich. Nach einer mehrjährigen Auszeit in Kolumbien kehrt Krieger nach Köln zurück und übernimmt die Leitung des Vermisstendezernats. Keine Toten mehr – das war auch der Grund für ihre Flucht ins Ausland. Doch gleich ihr erster Fall führt sie zu einem Vermissten, der qualvoll verdurstet ist. Nun muss sie also auch noch mit ihrem ehemaligen Bezirk zusammenarbeiten, was sich als gar nicht so einfach herausstellt, da manche ihrer Kollegen sie nicht (mehr) zu akzeptieren scheinen.


Auch der neue Fall scheint auf der Stelle zu treten und erst als eine junge Frau vermisst wird kommt langsam Licht ins Dunkle. Aber ist es dafür nicht vielleicht schon zu spät?





Ohne große Gemetzel oder Blutvergießen schafft es Klönne einmal mehr, Spannung zu erzeugen, die den Leser von der ersten bis zur letzten Seite fesselt. Dabei ist der Krimi etwas anders aufgebaut als herkömmliche Krimis, die oft erst das Leben der Opfer beleuchten und diese noch extra leiden lassen. Hier wird das Opfer gleich auf den ersten Seiten gefunden und die Ermittler beginnen mit der Ausleuchtung des Hintergrundes. Warum musste der junge Kolumbianer so grausam sterben? Und wie konnte er so ungesehen verschwinden? Judith und ihr Team arbeiten fieberhaft und tappen doch weitgehend im Dunklen. Und gerade das macht den Krimi so authentisch. Hier gibt es keinen, der intuitiv weiß, wer der Täter ist oder der errät, was vorgefallen ist. Mühsam müssen sich die Ermittler Puzzleteil für Puzzleteil vorankämpfen und gegen eine Mauer aus Schweigen anrennen.



Häppchenweise wird der Leser mit Einzelheiten zu Judiths Auszeit gefüttert und erfährt so einiges aus ihrem Privatleben. Mit Judith Krieger ist Gisa Klönne eine tolle Figur gelungen. Eine Frau, die man einfach mögen muss und der man ihr kleines Glück mit dem neuen Lover mehr als gönnt. Ich hoffe, Krieger reist nicht demnächst nach Brasilien oder Australien und wir dürfen bald wieder Neues von ihr lesen!