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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.04.2023

Die Spannung hält sich nicht durchgehend

Going Zero
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Anthony McCarten schreibt in seinem neuen Roman "Going Zero" über ein wichtiges Thema, das uns alle betrifft, das wir meist akzeptieren oder ignorieren und worüber wir vermutlich viel zu wenig wissen. ...

Anthony McCarten schreibt in seinem neuen Roman "Going Zero" über ein wichtiges Thema, das uns alle betrifft, das wir meist akzeptieren oder ignorieren und worüber wir vermutlich viel zu wenig wissen. Denn der Roman bespricht die Überwachung durch elektronische Geräte und soziale Medien, den gläsernen Menschen, zu dem wir geworden sind, bei dem jeder Schritt vorhersagbar ist, und die ständige Überwachung nahezu aller öffentlichen Plätze durch Kameras.
"Going Zero" wird abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven erzählt, wobei die zwei Hauptstränge, Kaitlyn Day und Cy Baxter, nicht unterschiedlicher sein können. Cy Baxter ist das Superhirn hinter Fusion, dessen Betatest die Leser:innen verfolgen - brillantes Superhirn, der seine Emotionen nicht unter Kontrolle hat und dem andere Menschen egal sind - ein perfekter Antagonist, denn es gibt nichts an ihm, das man mögen könnte. Kaitlyn Day, auch Zero 10, ist dafür die typische graue Maus, die Bibliothekarin, die keine negativen Eigenschaften hat und nur gegen den bösen großen Wolf ankommen möchte. Die Charaktere sind also eine Schwarz-Weiß-Zeichnung von Feinsten, es soll kein Zweifel aufkommen, wer gut und wer böse ist und zum wem die Leser:innen halten sollen.
Ganz so einfach wollte es sich der Autor dann doch nicht machen, denn zu diesen handlungstragenden Figuren kommt eine hochkomplexe Handlung, die ein paar Mal zu oft abbiegt, um schließlich am Ziel anzukommen.
Insgesamt also ein Roman, der seine Stärken hat (das wichtige Thema) und auch mitreißen kann (die meiste Zeit), der aber auch in der "Verteilung der Komplexität" etwas daneben gegriffen hat. Charaktere können ruhig grau sein, überlasst es den Leser:innen diese einzuschätzen! Vor allem bei diesem Thema gibt es so unterschiedliche Meinungen, dass es noch wichtiger ist, dass sie nicht durch Sympathien und Antipathien bereits vorgebeben ist! Dafür kann die Handlung durchaus geradliniger sein. Es braucht nicht immer eine Handlung, die ich erst nach dem dritten Mal lesen komplett verstehen kann!
"Going Zero" ist eine durchaus gelungene Unterhaltung, die auch Mehrwert hat. Leider wird einem kritische Denken erspart, dafür muss man eben bei der Handlung mitdenken, damit man diese verstehen kann.

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Veröffentlicht am 19.04.2023

Ruhig aber auch aufwühlend

Es war einmal in Brooklyn
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"Es war einmal in Brooklyn" beginnt sehr stark und hält dieses Niveau eigentlich das gesamte Buch hindurch, nur manchmal schwächelt es ein klein wenig. Die große Stärke des Romans sind eindeutig die realitätsnahen ...

"Es war einmal in Brooklyn" beginnt sehr stark und hält dieses Niveau eigentlich das gesamte Buch hindurch, nur manchmal schwächelt es ein klein wenig. Die große Stärke des Romans sind eindeutig die realitätsnahen Protagonist:innen, die im guten Sinne "nichts besonderes" sind. Sie sind eigentlich durchschnittliche Menschen, die Schicksale erleben, die jeder und jedem passieren können und leider viel zu oft auftreten.
Ich habe schnell mit Juliette und David sympathisiert, auch wenn im Laufe des Buches meine Sympathien eindeutig stärker zu Juliette gewandert sind. Besonders prägend war für mich der Teil, bei dem sich beinahe alle jungen Männer im Roman unsympathisch gemacht haben, als es um die Entjungferung Juliettes ging, als Rico damit prallte, dass sie noch Jungfrau sei (da sie enger ist), als David ausflippt, weil er dachte, er hätte Anspruch auf Juliette und ihre Jungfräulichkeit und Mister Du-must-mir-so-unsympathisch-dass-ich-deinen-Namen-verdrängt-habe, der JuliettesTraurigkeit und Verwirrung nutzt, um sie dann schließlich zu entjungfern... Keiner der Männer ist hier im Recht und ihr Denken ist einfach altmodisch und frauenverachtend... Ich hätte mir hier bessere Aufarbeitung gewünscht, aber das ist auch der einzige Kritikpunkt an diesem Buch.

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Veröffentlicht am 29.03.2023

Ein Plädoyer an Geschichten

Die Bibliothek der Hoffnung
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Die Bibliothek der Hoffnung ist ein Plädoyer für Geschichten! Der Roman zeigt wie wichtig Bücher, Bibliotheken, das (Vor-)Lesen und das Zuhören sind und das auf so vielen Ebenen.
Es geht um die Bethnal ...

Die Bibliothek der Hoffnung ist ein Plädoyer für Geschichten! Der Roman zeigt wie wichtig Bücher, Bibliotheken, das (Vor-)Lesen und das Zuhören sind und das auf so vielen Ebenen.
Es geht um die Bethnal Green Library in London, die zu Beginn der Blitzkriegs in die noch nicht eröffnete U-Bahnstation umziehen musste, in der auch viele Bewohner des Londoner Stadtteils Zuflucht suchten. Die leitende Bibliothekarin, aus Ermangelung eines anwesenden Mannes, macht es sich zur Aufgabe, den Menschen zu helfen und ihnen Ablenkung, Trost und Hoffnung zu schenken. Sie liest Kindern vor, gründet einen Lesezirkel und hat ein offenes Ohr und eine Buchempfehlung für alle Menschen die zu ihr kommen.
Eine wunderschöne Idee war für mich die Rahmenhandlung, bei der eine alte Mutter in der Coronapandemie durch Schilder in der U-Bahnstation an diese Zeit erinnert wurde und sie ihren Kindern davon erzählt. Zu einer Zeit in der das "Ende der Zeitzeugenschaft" eingeläutet wird, zeigt diese Rahmenhandlung, wie wichtig es ist, den wenigen Verbliebenen zuzuhören und daraus zu lernen. Aber auch die Geschichte rund um die Bibliothek in er U-Bahnstation, die auf wahren Begebenheiten beruht, ist schön zu lesen und trotz der düsteren Thematik oft erheiternd und hoffnungsspendend. Gegen Ende hin, wurde es mir jedoch zu sehr in die Länge gezogen und der Fokus war teilweise zu sehr auf den zwei großen Liebesgeschichten.

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Veröffentlicht am 20.03.2023

Herzzerreißend gut

Unsichtbar
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Unsichtbar ist ein wunderschönes und gleichzeitig grausames Kinderbuch und gleichzeitig ein absolutes Highlight meiner ganzen Lesehistorie.
Ein Junge, der gemobbt wird, flüchtet in seine Fantasie und denkt ...

Unsichtbar ist ein wunderschönes und gleichzeitig grausames Kinderbuch und gleichzeitig ein absolutes Highlight meiner ganzen Lesehistorie.
Ein Junge, der gemobbt wird, flüchtet in seine Fantasie und denkt er entwickelt die Superkraft unsichtbar zu sein. Denn wieso sollte ihm sonst niemand helfen? Wieso sagt niemand etwas? Wieso greift niemand ein, wenn andere ihn ärgern? Fragen, die sich vermutlich jeder einmal gestellt hat, der gemobbt wurde, der dringend Hilfe benötigt hätte und alle haben einfach weggesehen... Ein Umstand, der in unserer Gesellschaft leider schon zur Gewohnheit wurden. Viel zu oft ignorieren wir Menschen, denen wir eigentlich helfen sollten.
Eloy Moreno schafft durch einen Kunstgriff noch etwas ganz Besonderes, denn sein Protagonist und sein Antagonist hat keinen Namen. Sowohl der leidende Junge, als auch der Junge, der ihn mobbt, sind namenlos und so können die Leser:innen besser ihre eigenen Erfahrungen und Gefühle auf die Charaktere legen. Für jemanden, der selbst Mobbingerfahrung gemacht hat, wekt das Buch dadurch schmerzhafte Erinnerung und zeigt einem aber auch gleichzeitig, wie stark man dadurch geworden ist. Was andere Bücher auch oft ignorieren, Moreno aber bewusst eingebaut hat, sind die verschiedenen Perspektiven. Was passiert im Privatleben des Mobbers? Wieso greift der beste Freund des Gemobbten nicht ein und wie fühlt er sich danach? Wieso ignoriert der Lehrer, der alles mitbekommt, die Vorfälle einfach?
Ein rundum gelungenes Buch, das Jede:r lesen sollte und das einem wieder vor Augen führt, wie egoistisch und kalt unsere Welt geworden ist.

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Veröffentlicht am 06.03.2023

Nostalgie pur

Morgen, morgen und wieder morgen
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Mit "Morgen, morgen und wieder morgen" präsentiert und Gabrielle Zevin einen ganz besonderen Roman. Die Geschichte rund um die Freundschaft zwischen den beiden Spieleentwickler:innen Sadie und Sam ist ...

Mit "Morgen, morgen und wieder morgen" präsentiert und Gabrielle Zevin einen ganz besonderen Roman. Die Geschichte rund um die Freundschaft zwischen den beiden Spieleentwickler:innen Sadie und Sam ist so stimmig und gefühlvoll erzählt, dass sie nicht nur Gamer:innen und Kinder der 90er berührt.
Zevin zeichnet zwei spannende Charaktere, die die Meinungen der Leser:innen spalten. Man wird sich nicht wirklich einig, wer hauptsächlich für die Probleme zwischen den Beiden verantwortlich ist und am Ende ist es doch die fehlende Kommunikation. Und nicht nur die zwischenmenschlichen Interaktionen sind überzeugend geschildert, auch all die anderen Steine, die den Protagonist:innen in den Weg gelegt werden, wirken, als würde die Autorin aus ihrem eigenen Leben erzählen.
Am Ende bleibt ein Roman, der vielleicht nicht die spannendste oder überraschendste Handlung hat, dafür aber ganz nah ans Herz geht, eben weil sie wie aus dem Leben gegriffen wirkt und nicht nur um der Sensation willen übertreibt!

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