Profilbild von HarleyQ

HarleyQ

Lesejury Profi
offline

HarleyQ ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit HarleyQ über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.09.2021

Zu wenig Handlung

Flucht nach Patagonien
0

Flucht nach Patagonien liest sich nicht wirklich wie ein Roman, sondern eher wie ein Geschichtsbuch. Durch das intensive Namedropping von Künstler:innen, Architekt:innen, Autor:innen und vielen mehr (wobei ...

Flucht nach Patagonien liest sich nicht wirklich wie ein Roman, sondern eher wie ein Geschichtsbuch. Durch das intensive Namedropping von Künstler:innen, Architekt:innen, Autor:innen und vielen mehr (wobei die Frauen doch in der Unterzahl erscheinen), rückt die Geschichte der Protagonist:innen schnell in den Hintergrund. Im Nachhinein bleibt nicht viel hängen, außer dass die Leser:innen jetzt wissen, welche Persönlichkeiten zur gleichen Zeit gelebt haben... Die Protagonist:innen scheinen sie ja alle gekannt zu haben und waren in allen Bereichen aktiv.
Der Schreibstil ist zwar angenehm und das Buch lässt sich so leicht lesen, jedoch werden die Leser:innen mit Namen bombardiert und nur meine Ausbildung in Kunstgeschichte (mit einem Schwerpunkt auf Innenraumgestaltung) konnte mir helfen, mich in diesem Gewirr von Persönlichkeiten zu orientieren. Wie ist es da erst für jemanden, der vielleicht all die Namen noch nie gehört hat?
Insgesamt ist der Roman angenehm zu lesen und bestimmt informativ, als Roman mit einer stringenten Handlung, die sich an einem handelnden Charakter orientiert. unpassend.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.09.2021

Berührende Familiengeschichte

Der Gesang der Berge
1

Der Gesang der Berge erzählt mit ganz viel Gefühl von einer sehr düsteren Zeit der vietnamesischen Geschichte.
Die Leser:innen verfolgen Guave und ihre Großmutter und deren Leben in Vietnam von den 1930er ...

Der Gesang der Berge erzählt mit ganz viel Gefühl von einer sehr düsteren Zeit der vietnamesischen Geschichte.
Die Leser:innen verfolgen Guave und ihre Großmutter und deren Leben in Vietnam von den 1930er Jahren bis heute - über das Ende des zweiten Weltkrieg, die Besatzung durch Frankreich, der Landreform und den Kommunismus bis zum "Vietnamkrieg", wie er heute bekannt ist. Dabei wirkt das Buch nicht belehrend, aber auch nicht überfordernd für Leser:innen, die vielleicht gar kein Vorwissen über die Geschichte Vietnams besitzen. Im Vordergrund steht noch immer die Familiengeschichte, die uns durch diese historischen Ereignisse führt und von der wir uns nicht losreißen können.
Guave und ihre Großmutter sind Protagonistinnen, die man einfach gern haben muss, denn sie sind menschlich. Sie haben ihre Schwächen und "bösen" Gedanken. Sie entscheiden sich nicht immer für das richtige, oder schaffen immer alles sofort. Wie im echten Leben, geht einmal etwas schief oder man hat Rachegedanken. Sie machen Fehler und bewegen sich teilweise in moralischen Grauzonen, aber das macht sie so nahbar und genau deshalb geht einem das Buch so sehr ans Herz.
Durch den leicht verständlichen und doch wunderschönen Schreibstil fliegen die über 400 Seiten trotz der schweren Thematik nur so dahin und am Ende möchte man mehr haben.
Eine weitere Stärke ist, dass in dem Roman die Namen tatsächlich auch mit den Sonderzeichen für die richtige vietnamesische Aussprache gekennzeichnet sind und auch die Städtenamen sind vietnamesisch gehalten und wurden nicht eingedeutscht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.09.2021

Leider im Ton vergriffen!

Barbara stirbt nicht
0

Der Titel macht aufmerksam, die Inhaltsangabe klingt sehr interessant und auch am Anfang scheint der Roman potenzial zu haben.
Der Stil ist zwar von Beginn an etwas flach, darüber kann man jedoch bei der ...

Der Titel macht aufmerksam, die Inhaltsangabe klingt sehr interessant und auch am Anfang scheint der Roman potenzial zu haben.
Der Stil ist zwar von Beginn an etwas flach, darüber kann man jedoch bei der geringen Seitenanzahl gut darüber hinwegsehen. Anfangs sorgt die Unwissenheit und Hilflosigkeit von Herrn Schmidt auch noch für lustige Spitzen in der Handlung, auch wenn es etwas entfremdet, dass jeder Charakter mit Vornamen angesprochen wird, nur eben unser Protagonist Herr Schmidt nicht. Dadurch fällt es den Leser:innen schon mal schwerer, sich im emotional zu nähern - später ist man froh darüber, wenn man mehr über seine Einstellung zum Leben, zu Frauen, zu Erziehung und was noch nicht alles erfährt. Spätestens bei dem Satz: "Sie lachte, und er erinnerte sich daran, wie es war eine Frau schlagen zu wollen.", habe ich mich gefragt, wieso ich dieses Buch überhaupt noch lese - aber da waren es nur noch rund fünfzig Seiten, die leider auch nicht besser wurden.
Am Ende verließ mich die Konzentration und die Nebenhandlung, die auf den letzten Seiten noch eingeflochten wurde, schien nicht ganz schlüssig und noch dazu gezwungen, um einfach noch ein paar Seiten mehr zu füllen.
Leider hat das Buch sehr enttäuscht - es hatte das Potenzial, zu einem angenehmen, aber zum nachdenken anregenden Buch für zwischendurch zu werden, wurde aber zu einem Albtraum, für den ich mich selber hasste, dass ich es noch weiter lese.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.08.2021

Was muss dieser Junge ertragen?

Shuggie Bain
0

Douglas Stuart erzählt in seinem Roman Shuggie Bain hochemotional vom Leben zwischen Arbeitslosigkeit, Alkoholismus und dem Anderssein und trifft dabei jeden Nerv.
Shuggie Bain ist ein kleiner Junge, der ...

Douglas Stuart erzählt in seinem Roman Shuggie Bain hochemotional vom Leben zwischen Arbeitslosigkeit, Alkoholismus und dem Anderssein und trifft dabei jeden Nerv.
Shuggie Bain ist ein kleiner Junge, der ohne Vater, bei seiner alkoholsüchtigen Mutter aufwächst und einfach nur glücklich sein möchte und dafür würde er alles tun.
Die Leser:innen sympathisieren sofort mit Shuggie und obwohl sie genau wissen, wie es enden wird (da das erste Kapitel schon die Gegenwart von Shuggie präsentiert), wünschen sie sich für ihn nur das beste, denn irgendwann hat es auch dieser Junge verdient glücklich zu sein. Was Shuggie alles durchmachen muss, bricht einem das Herz und rührt nicht nur einmal zu Tränen. Seine Reaktion auf all dies und sein Durchhaltevermögen, machen ihn zu einem ganz besonderen, literarischen Charakter, in dem vermutlich viel zu viel tatsächliche Lebenserfahrung des Autors steckt. Auch für Agnes können die Leser:innen Sympathien aufbringen, obwohl man sich hier nie sicher ist, wie man über sie denken soll.
Der Ton, den Stuart anschlägt, ist gehoben, jedoch nicht anstrengend. Er hebt sich zwar von dem Slang ab, der von den meisten Charakteren gesprochen wird (außer Agnes und ihrer Kinder), ist aber immer noch umgänglich, sodass es nicht fremd und distanziert wirkt.
Insgesamt ist das Buch ein gelungenes Fenster in eine Zeit und ein Leben, die nicht allzulang her sind, wie es sie vermutlich heute noch gibt und bei dem man am Ende froh ist, dass man dieses wieder schließen kann und es nicht am eigenen Leib erfahren musste.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.08.2021

Eindrucksvolles Debut

Junge mit schwarzem Hahn
0

Junge mit schwarzen Hahn wirkt anfangs wie eine surreale Dorfgeschichte, mit überzeichneten ländlichen Stereotypen, die den merkwürdigen Jungen und seinen schwarzen Hahn fürchten und in ihm den Teufel ...

Junge mit schwarzen Hahn wirkt anfangs wie eine surreale Dorfgeschichte, mit überzeichneten ländlichen Stereotypen, die den merkwürdigen Jungen und seinen schwarzen Hahn fürchten und in ihm den Teufel sehen.
Doch der Maler, der der dörflichen Kirche ein Altarbild malen soll, erkennt jedoch was wahrlich in Martin steckt, der von der Dorfgemeinschaft gemieden wird. Martin zieht mit dem Maler durchs Land und wird Retter und Schutzengel derer, die es am dringendsten benötigen.
Martin ist die Person, die keine Fehler hat, trotz seiner dunklen Vergangenheit und der Missachtung, mit der er im Dorf gestraft wurde, wurde er zu einem herzensguten Jungen, der jede kleinste Ungerechtigkeit erkennt und sich entschieden gegen diese zur Wehr setzt. Er ist ein fast magischer Charakter, den sich die Leser:innen als Vorbild nehmen sollten, denn keine Vergangenheit entschuldigt es, ein schlechter Mensch zu sein.
Stefanie vor Schulte präsentiert ein atemberaubendes Debüt, das ans Herz geht und einem aufzeigt, dass man immer die Wahl hat sich für oder gegen das Böse zu entscheiden. Die Autorin trifft genau den richtigen Ton für die Zeit und das mystische und dunkle Setting des Romans, sodass es einem auch nach dem Ende des Buches nicht sofort loslässt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere