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Veröffentlicht am 25.09.2019

Warum eine Prothese sinnvoller als eine Synthese sein kann

Nenne drei Streichinstrumente: Geige, Bratsche, Limoncello
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„Könnten wir nicht alle so schreiben, wie wir wollten? Mitnichten. Es würden so viele lustige Schülerantworten ihre Grundlage verlieren.“

„Nenne drei Streichinstrumente: Geige, Bratsche, Limoncello“ ist ...

„Könnten wir nicht alle so schreiben, wie wir wollten? Mitnichten. Es würden so viele lustige Schülerantworten ihre Grundlage verlieren.“

„Nenne drei Streichinstrumente: Geige, Bratsche, Limoncello“ ist bereits der dritte Band mit Anekdoten aus dem Lehrer-Schüler-Alltag. Hier sind die neuesten Stilblüten der Schüler, die besten Ausreden für‘s Zuspätkommen, Lehrergeständnisse sowie Berichte über skurrile Lehrer versammelt. Falls Ihre Schulzeit nun etwas länger zurückliegt, können Sie Ihr Wissen dank diesem Band wieder neu auffrischen (bist du dagegen noch Schüler, kannst du sicher umso herzhafter über die hier versammelten Geschichten lachen).

So erfahren wir, dass sich der Koalabär von den Blättern des Apokalypsusbaums ernährt – und haben es vermutlich somit diesem nützlichen lieben Tier zu verdanken, dass die Apokalypse noch nicht über uns hereingebrochen ist;) Wir werden darüber informiert, dass ein junges Mädchen, das zu lange ohne Licht und Luft lebt, zunächst die Bazillen kriegt und dann keinen Mann mehr. Dass die Pubertät eine schwierige Phase darstellt, in der die Haut mehr Teig produziert und Barthaare unter den Achseln wachsen. In Vergessenheit geratenes Wissen wird wieder aufgefrischt, sodass wir daran erinnert werden, dass das besitzanzeigende Fürwort „Prositutions-Pronomen“ genannt wird, dass Rom von Alfa und Romeo gegründet wurde und dass Mose auf dem Berg Senai die zehn Angebote von Gott erhielt. Aber dass Jahresringe durch die Wechseljahre entstehen, Kolumbus Kolumbien entdeckte und Vollmilch von Vollblütlern stammt, wussten Sie doch hoffentlich? Vielleicht wird Sie nach der Lektüre die Stadt Leipzig als Reiseziel viel weniger reizen, nachdem Sie erfahren haben, dass dort viele Komponisten gelebt und gewürgt haben, doch werden Sie nun ganz bestimmt nie mehr das Einfallsreichtum der Schüler in Zweifel ziehen.

These: Es gibt hier definitiv viel zu lachen. Antithese: Manchmal überkommt Sie auch ein eisiger Schauer angesichts der Ignoranz und Unwissenheit der Schülerschaft. Synthese – entschuldigen Sie vielmals, ich meinte natürlich Prothese: Das Buch unbedingt lesen!

„Sie haben geheiratet. Und wenn sie leben, dann sterben sie morgen.“

Veröffentlicht am 01.09.2019

250-seitiger innerer Monolog vom Feinsten

Mittwoch also
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Hedda, Journalistin in Oslo, ist 33 Jahre alt, als ihre ganze Welt plötzlich auf dem Kopf steht: Ihre Langzeitaffäre und heimliche große Liebe Lukas macht Schluss mit ihr und sie verliert zudem ihren Job. ...

Hedda, Journalistin in Oslo, ist 33 Jahre alt, als ihre ganze Welt plötzlich auf dem Kopf steht: Ihre Langzeitaffäre und heimliche große Liebe Lukas macht Schluss mit ihr und sie verliert zudem ihren Job. Daraufhin bricht sie zu einer Irrfahrt quer durch Europa auf, die mit einem Beinah-Flugzeugabsturz über Sarajewo beginnt und mit einem One-Night-Stand mit dem Aussteiger Milo in Berlin endet. Zurück in Oslo stellt Hedda fest, dass sie ungewollt schwanger ist, woraufhin sie schnellstmöglich abtreiben möchte. Doch das norwegische Gesundheitssystem sieht eine mehrtägige Bedenkzeit vor. Doch Heddas Entschluss steht fest. Oder etwa nicht?

Von der ersten Seite an wird die Leserin in die Welt der Protagonistin hineingerissen. Zu identifizieren braucht sie sich nicht mit ihr. Große Literatur bedarf solcher ‚Tricks‘ nicht. Die Leserin soll nur in ihre Welt eintauchen und sich mit ihr auseinandersetzen. Es ist eine Welt, in die einzutauchen es sich lohnt. Man wird in Heddas Bewusstseinsstrom hineingezogen und kommt nicht eher los, bis man die letzte Seite gelesen und das Buch zugeklappt hat. Zynisch, ironisch, selbstkritisch, wortgewandt, feministisch, hinterfragend, bissig. Die eigenwillige und selbstbestimmte Hedda spiegelt die 80er-Jahre-Generation, die Xennials wider – eine Generation, die wie keine andere zwischen der alten und der neuen Welt steht und sich auf ganz individuelle Art orientieren muss. „Ich trage das Schicksal meiner Art in mir, einen Keim, einen absoluten Anfang, eine imaginäre Größe, ein Versprechen, ein Potenzial, eine Vorstellung, eine Zukunft.“

Nachdem uns mit Arthur Schnitzlers „Leutnant Gustl“ erstmals eine Erzählung durchgehend im inneren Monolog geschrieben vorlag und im 20. Jahrhundert nur noch durch James Joyce‘ Bewusstseinsstrom-Roman „Ulysses“ übertroffen werden konnte, haben wir hier mit „Mittwoch also“ nun ein ebenso geniales Werk dieses Genres vorliegen, das bedenkenlos in die Reihe der Bewusstseinsstrom-Romane eingegliedert werden kann. Du suchst nach origineller Gegenwartsliteratur, die viele Aussagen unterschiedlichster Natur in den Raum stellt und noch viel mehr Fragen aufwirft? „Mittwoch also“ ist der ideale Roman für dich!

Veröffentlicht am 28.08.2019

Alles, was ich schon immer über den Alltag eines Buchhändlers wissen wollte

Tagebuch eines Buchhändlers
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„Wenn ich ein Haus betrete, um dort Bücher zu sichten, empfinde ich eine Vorfreude wie bei nichts sonst. Es fühlt sich an, als würde ich ein Netz auswerfen und nie wissen, was sich darin verfangen hat, ...

„Wenn ich ein Haus betrete, um dort Bücher zu sichten, empfinde ich eine Vorfreude wie bei nichts sonst. Es fühlt sich an, als würde ich ein Netz auswerfen und nie wissen, was sich darin verfangen hat, wenn ich es wieder einziehe. […] Bei einer Verhandlung um den Preis einer Privatsammlung mit dem Verkäufer werden die Bücher, um die es geht, zu einer schillernden Beute. Ab dem Moment jedoch, in dem man sich auf einen Preis geeinigt hat, Hände geschüttelt wurden und der Scheck meine Hand verlässt, verwandeln sich die Bücher in eine schwere Last, die ich in Kisten packen, ins Auto einladen, zu Hause ausladen, später durchsehen, online auflisten, auspreisen und in die Regale räumen muss, ehe ich auch nur einen Penny meiner Investition wiedersehe.“

Shaun Bythell ist seit 2001 Besitzer einer Buchhandlung – dem bekannten „The Book Shop“ in Wigtown, Schottland. Am 5. Februar 2014 beginnt er mit seinen Aufzeichnungen zu dem „Tagebuch eines Buchhändlers“ und beendet es am 4. Februar 2015 – es umfasst somit genau ein Jahr seines Lebens. Jedem neuangefangenen Monat setzt er einen Auszug aus George Orwells „Erinnerungen an eine Buchhandlung“ voran und setzt sich mit diesem auseinander.

Der Autor, von seiner damaligen Teilzeitkraft Nicky als „großes, rothaariges Rätsel“ betitelt, erzählt uns in seinem Tagebuch von seinem Arbeitstag als Buchhändler, von seinen Freunden, Familienangehörigen, Bekannten und – last but not least – seinen Kunden. Er erzählt von den Herausforderungen seines Berufs, von ganz besonderen Funden, von Veranstaltungen, die Farbe in den Alltag bringen, aber auch von enttäuschenden und tristen Tagen. Als Experte in seinem Gebiet klärt Shaun Bythell uns über die Auswirkungen von Amazon und dem Internet im Allgemeinen auf physische Buchhandlungen wie seine auf. Auch von seinen Lektüren erzählt er uns, sodass man sich die ein oder andere Inspiration holen kann.

Mit herrlich britischem Humor kommentiert er seine Kunden, Mitarbeiter und sich selbst, ohne dabei ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Sehr selten passiert mir, dass ich beim Lesen eines Buches laut lachen muss – bei Bythells „Tagebuch eines Buchhändlers“ war das dauernd der Fall. Ich habe es wirklich sehr genossen und kann es jedem nur wärmstens ans Herz legen. Und die zweite Botschaft an euch, wie „The Indepentent“ bereits richtig bemerkt hat: Unterstützt euren Buchhändler vor Ort! Ich werde es ganz bestimmt tun. Was ich mir nun aber ganz besonders wünsche: Ich möchte sobald wie möglich nach Schottland reisen, um „The Book Shop“ einen Besuch abzustatten!

Veröffentlicht am 19.08.2019

Alles Wissenswerte über den Schlaf

Warum wir schlafen
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Ich weiß nicht, ob es Ihnen auch so geht, aber ich interessiere mich brennend für das Thema „Schlaf“ – was während dieses Vorgangs tatsächlich passiert und warum er so wichtig ist. Auf Albrecht Vorsters ...

Ich weiß nicht, ob es Ihnen auch so geht, aber ich interessiere mich brennend für das Thema „Schlaf“ – was während dieses Vorgangs tatsächlich passiert und warum er so wichtig ist. Auf Albrecht Vorsters Sachbuch „Warum wir schlafen“ habe ich mich somit direkt gestürzt und konnte es kaum aus der Hand legen. Ich kann mich nicht erinnern, jemals ein dermaßen interessantes, humorvolles und zugleich für den Laien leicht verständliches Buch zu einem wissenschaftlichen Thema gelesen zu haben.

Albrecht Vorster beschäftigt sich mit Meeresschnecken, anhand derer er den Schlaf erforscht. Warum gerade mit Schnecken mögen Sie sich fragen. Das liegt daran, dass Schnecken von allen Lebewesen die wenigsten Nervenzellen besitzen und deshalb leicht zu untersuchen sind. Im ersten Kapitel erfahren wir somit unter anderem wie der Autor mit Dunkelkammerbeleuchtung und Radio die Nacht mit den Schnecken durchmacht und welche Schlüsse er aus seinen Beobachtungen am darauffolgenden Tag in Bezug auf den Menschen zieht.

Der Autor erklärt äußerst anschaulich, was während des Schlafes alles passiert. Wie und wo die Wahrnehmungen des Tages während der Nacht verarbeitet werden und wie Gelerntes während des Schlafzustandes verarbeitet wird. Er erklärt die wesentlichen Unterschiede der Arbeit des Immunsystems während des Tages und der Nacht. Und weshalb es in diesem Zusammenhang ratsam ist, während einer Krankheit oder nach einer Impfung unbedingt viel zu schlafen. Vorster stellt uns vor Augen, welche Auswirkungen künstliches Licht auf die Schlafqualität haben und warum Schichtarbeit auf Dauer krank macht. Warum die alljährliche Zeitumstellung in Sommer- und Winterzeit eine Schnapsidee ist und weshalb eine Festsetzung auf die Winterzeit die bessere Wahl gegenüber ständiger Sommerzeit wäre. Dass es sich bei Träumen nicht um abstrakte Gedanken, sondern um „echte“ Wahrnehmungen in einer imaginären Traumwelt handelt. Welche Rolle der Schlaf in einer Beziehung spielt. Was es mit dem Symptom „Restless legs“ auf sich hat und was bei einem Jetleg wirklich hilft.

Dies sind nur einige der Themen, die Albrecht Vorster in seinem Sachbuch zum Thema Schlaf behandelt. In verschiedener Gewichtung sind alle Informationen, die der Autor uns liefert, für jeden relevant, in machen Fällen können sie geradezu lebensverändernd sein. Albrecht Vorster versteht es den Leser für das Thema Schlaf zu begeistern. Wer vielleicht früher der Ansicht war, Schlaf wäre nur Zeitverschwendung, der wird nach der Lektüre von „Warum wir schlafen“ diametral entgegengesetzter Meinung sein. Ich kann nur eins sagen: Unbedingt lesen!

Veröffentlicht am 19.08.2019

Inspirierend

Leben wird aus Mut gemacht
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Anika Landsteiner ist Journalistin. Bekanntheit erlangte sie durch ihren literarischen Reiseblog "anidenkt" sowie die Moderation des Podcasts "ÜberFrauen". Auch ihre bisher erschienenen Bücher "Gehen, ...

Anika Landsteiner ist Journalistin. Bekanntheit erlangte sie durch ihren literarischen Reiseblog "anidenkt" sowie die Moderation des Podcasts "ÜberFrauen". Auch ihre bisher erschienenen Bücher "Gehen, um zu bleiben" sowie "Mein italienischer Vater" erfreuen sich großer Beliebtheit. Nun ist ein drittes Buch aus ihrer Feder hinzugekommen: "Leben wird aus Mut gemacht". Darin erzählt sie von sieben Herausforderungen, die sie in Angriff genommen und gemeistert hat - inspiriert wurde sie dabei von der 84-jährigen Emma, die Anika etappenweise ihre ungewöhnliche Lebensgeschichte erzählt - und genauso gibt die Autorin diese auch an den Leser weiter.

Während man einige von Anikas persönlichen Herausforderungen mit Interesse und Anerkennung verfolgt, wie ihr Eintauchen in die Genealogie, den gelungenen Versuch eine Zeitlang fernab von Social Media zu leben, ihre Auseinandersetzung mit dem eigenen 18-jährigen Ich sowie ihre Reise mit dem emotional entfernt geglaubten Vater, lösen andere wahre Bewunderung aus: Eine Woche lang lernt Anika in einem indischen Ashram zu schweigen, setzt sich profund mit dem Thema Tod sowie der eigenen Angst um den Verlust geliebter Menschen auseinander und führt - was mich persönlich am meisten beeindruckt hat - eine Brieffreundschaft mit einem zum Tode verurteilten Häftling in Texas.

Was Emma bei Anika bewirkt hat, das gibt Anika an den Leser weiter - nämlich ganz viel Inspiration, Mut und Weisheit. In ihrer sehr authentischen, ehrlichen und tiefgründigen Art zeigt sie uns, wie wichtig es ist, sich seinen Ängsten zu stellen, im Hier und Jetzt zu leben sowie sich anderen gegenüber zu öffnen. "Leben wird aus Mut gemacht" ist ein äußerst inspirierendes Buch, das von Leben und Mut erzählt - und zwar auf eine sehr inspirierende Art und Weise. Eine klare Leseempfehlung!