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Veröffentlicht am 06.04.2020

Wie eine Begegnung das Leben verändern kann

Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich Von einer Begegnung, die alles veränderte
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„Die Arbeit läuft dir nicht davon, während du deinen Kindern den Regenbogen zeigst, aber der Regenbogen wartet nicht, bis du mit der Arbeit fertig bist.“

Als ich das Büchlein „Der Wald, vier Fragen, das ...

„Die Arbeit läuft dir nicht davon, während du deinen Kindern den Regenbogen zeigst, aber der Regenbogen wartet nicht, bis du mit der Arbeit fertig bist.“

Als ich das Büchlein „Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich“ aus dem Umschlag herausnahm, hatte ich den Eindruck eine Broschüre zur Lebenshilfe in den Händen zu halten: Das Buch ist äußerst klein, dünn und kompakt; das Cover vermittelt Lebensfreude, Ausgeglichenheit und Ruhe. Es lädt dazu ein, es zu öffnen und in den Inhalt einzutauchen - dieser Einladung leistet man auch direkt Folge.

Für ein bis zwei Stündchen taucht man in das Leben der Ich-Erzälerin ein, die uns in schlichter, schnörkelloser Sprache von einer schicksalhaften Begegnung erzählt, die ihr Leben verändert. Die Ich-Erzählerin ist Ehefrau und Mutter zweier Kinder, sie ist erfolgreich in ihrem Beruf, hat ein großes Haus mit Garten und kann mehrmals im Jahr in den Urlaub fliegen. Eigentlich müsste sie glücklich sein, doch sie fühlt sich zunehmend ausgelaugt und gestresst. Kaum kommt sie von der Arbeit nach Hause zurück, wartet ein Berg an Haushaltsarbeit auf sie, der bewerkstelligt werden möchte. Die Ich-Erzählerin hat den Eindruck, dass ihr die Zeit, ihr Leben durch die Finger rinnt: Sie hat keine Zeit für ihre Kinder, ihren Mann, ihre Freunde, für sich selbst. Da begegnet sie im Wald an ihrem Lieblingsplatz einer älteren Frau, die sie etappenweise mit den vier Fragen des Lebens konfrontiert, die das Leben der jungen Frau verändern sollen.

Tessa Randau inspirierte ihre eigene Arbeit als selbstständige Stress- und Burnout-Beraterin zu ihrem Buch „Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich“, das halb Sachbuch, halb Fiktion ist. Sie wurde von dem Wunsch geleitet, möglichst vielen Menschen dabei zu helfen, einen erfüllenden Lebensweg zu finden. Mit einer alltagsnahen Geschichte, in der sich wohl jede Frau mehr oder weniger wiederfinden wird, führt sie uns vor Augen, wie wir unser Leben überdenken und umgestalten können, sodass wir zu einem erfüllten und glücklichen Dasein gelangen. Wir müssen nur vollkommen ehrlich gegenüber uns selbst die vier Fragen des Lebens beantworten.

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Veröffentlicht am 25.03.2020

Natur, Poesie und das Leben

Offene See
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„Möge das Heute für immer währen, Robert. Begreifst du, was wir hier machen? Wir untergraben just das, was die Menschheit zusammenhält. Wir werfen die Ketten ab. Ist das nicht genial?“

Während seiner ...

„Möge das Heute für immer währen, Robert. Begreifst du, was wir hier machen? Wir untergraben just das, was die Menschheit zusammenhält. Wir werfen die Ketten ab. Ist das nicht genial?“

Während seiner Wanderung durch England trifft der sechzehnjährige Robert auf Dulcie Piper, eine äußerst unkonventionelle ältere Dame. Aus ein paar Stunden werden Tage, aus Tagen werden Wochen. Robert bleibt den ganzen Sommer bei Dulcie. Während er das heruntergekommene ehemalige Cottage neben ihrem Haus wieder auf Vordermann bringt und abends im Meer schwimmt, kocht Dulcie für sie beide und eröffnet Robert, der aus einer einfachen Bergarbeiterfamilie aus dem Norden stammt, die Welt der Bücher und der Poesie, denn „ein gutes Gedicht bricht die Austernschale des Verstandes auf, um die Perle darin freizulegen. Es findet Wörter für Gefühle, deren Definitionen sich allen Versuchen des verbalen Ausdrucks entziehen.“

Sie wird zu seiner Lehrerin und Mentorin, die ihn darin ermutigt, aus vorgefertigten Lebensschemata auszubrechen (wenn er von seiner Wanderschaft zurückkehrt, soll er in die Fußstapfen seines Vaters treten und im Bergbau arbeiten) und das zu tun, wofür er wirklich brennt: „Jeder junge Mann, der sein Leben geplant hat, ist zu bemitleiden, da Pläne kaum Platz für Zufälle und unerwartete Entdeckungen lassen. Und überdies ist jeder Mensch an sich [...] eine sich ständig verändernde Entität, ebenso wie die Welt um ihn herum. Was für ein trostloses Leben führen doch diejenigen, die sich familiären Erwartungen oder Traditionen beugen. [...] Du musst dein Leben haargenau so leben, wie du willst, nicht für irgendjemand anderen.“

Doch Robert profitiert nicht nur von der Lebensweisheit und Güte der älteren Frau, die ihn ohne jegliche Vorbehalte bei sich aufnimmt, er bringt auch seinerseits Licht in das Leben Dulcies: Während seiner Renovierungsarbeiten stößt er auf eine Mappe mit Gedichten. Wie sich herausstellt, stammen sie von der deutschen Dichterin Romy, die mit Dulcie in enger Freundschaft verbunden war, sich aber vor sechs Jahren das Leben nahm. Dulcie hat nie die hinterlassenen Gedichte gelesen, unter Roberts Einfluss fühlt sie sich jedoch schließlich der Herausforderung gewachsen und öffnet sich gegenüber Romys Poesie. So widmen sie sich von nun an jeden Abend einem Gedicht, bis sich am Ende herausstellt, dass Romy einen persönlichen Abschiedsgruß an Dulcie versteckt hat. Auf diese Weise kann Dulcie mit der Tragödie Frieden schließen und bringt schließlich auch deren Gedichte heraus.

Was Robert über den Gedichtband schreibt, könnte man auf das Buch „Offene See“ selbst anwenden: „Ich hielt ein dünnes, kunstvoll gebundenes Buch mit geprägtem Einband in den Händen. [...] Es war traumhaft schön.“ Und das ist es wirklich: Ein Kleinod hält man mit dem Roman „Offene See“ in Händen - sowohl äußerlich als auch innerlich. Der Roman kommt leicht und leise daher. Man muss sein Herz und seinen Verstand öffnen, um all die zarten Klänge wahrzunehmen.

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Veröffentlicht am 11.12.2019

Weihnachten wie jedes Jahr?

Die Weihnachtsgeschwister
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Schneeflocken fallen sanft vom Himmel und das Zuhause der Eltern steht offen für die drei Geschwister Tamara, Ingmar und Elisabeth mitsamt ihren Familien. Es ist Weihnachten. „Das Fest der Liebe. Der familiären ...

Schneeflocken fallen sanft vom Himmel und das Zuhause der Eltern steht offen für die drei Geschwister Tamara, Ingmar und Elisabeth mitsamt ihren Familien. Es ist Weihnachten. „Das Fest der Liebe. Der familiären Zusammenkunft. Die Feier der fröhlichen Aufregung und Frohlockung, dass etwas Schönes, Goldenes bei jedem Einzelnen einziehen würde. Irgendeine lebensverändernde Offenbarung. Eben wie die Geburt des Jesuskindes, das der Welt Licht und Hoffnung gebracht hatte.“ Doch zwischen den Geschwistern bestehen Rivalitäten, unausgesprochene Wahrheiten und nicht bereinigte Missverständnisse. Zu einem friedlichen und besinnlichen Fest scheint es ein langer Weg zu sein. Doch die Eltern wissen einen Rat. Als die drei Geschwister nach einer Nacht im Hotel an Heiligabend wieder am Elternhaus zusammenkommen, stehen sie vor verschlossenen Türen. Was ist passiert, wo sind die Eltern? Um das Rätsel zu lösen, begeben sich Tamara, Elisabeth und Ingmar auf eine Spurensuche zurück in ihre glückliche Kindheit. Und finden eine magische Botschaft für ihre Zukunft.

Wie nicht anders von Alexa Hennig von Lange zu erwarten war, legt sie uns mit ihrem Kurzroman „Die Weihnachtsgeschwister“ ein Stück großer Literatur vor, in dem nicht ein falsches oder überflüssiges Wort vorkommt. Sie lässt uns, wie wir es bereits aus „Kampfsterne“ kennen, hautnah und unkommentiert an der Innensicht ihrer Figuren teilhaben. Man muss sich nicht mit allen identifizieren. Warum auch? Distanzierung ist oftmals viel nützlicher für den Leser. So auch bei Tamara, die wohl nicht nur bei ihrer Familie leichtes Grauen erregt. Aber rührt ihr Verhalten nicht daher, dass sie sich missverstanden und ausgegrenzt fühlt? Auch Geschwisterliebe ist eine sehr komplexe Angelegenheit; kann aber auch so schön wie keine andere Liebe sein. Und genau das führt uns Alexa Hennig von Lange vor Augen. Mit der ihr eigenen Professionalität ohne Kitsch und Gefühlsduselei. „Und wenn sie es ab heute nicht schaffen würden, zusammenzuhalten, so, wie sie es früher als Kinder getan hatten, würde all das, was sie gemeinsam erlebt hatten […] zu einer immer stärker verblassenden Illusion werden und irgendwann würde es ihnen so vorkommen, als habe es all das nie gegeben.“ Mein einziger Kritikpunkt ist nur das doch recht abrupte Ende. Es hätte ruhig etwas mehr ausgebaut werden können. Doch auch dies wird wohl seine Richtigkeit haben. Es ist eben als Momentaufnahme gedacht. Am Ende steht einem Weihnachtsfest, wie es sich wohl jeder im Innersten wünscht, nichts mehr im Wege.

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Veröffentlicht am 25.10.2019

Ein literarisches Experiment

Drei
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Orna sucht ein wenig Trost, nachdem ihr Mann sie und ihren zehnjährigen Sohn verlassen hat, und meldet sich auf einer Online-Dating-Plattform an, auch wenn sich das Flirten mit anderen Männern noch sehr ...

Orna sucht ein wenig Trost, nachdem ihr Mann sie und ihren zehnjährigen Sohn verlassen hat, und meldet sich auf einer Online-Dating-Plattform an, auch wenn sich das Flirten mit anderen Männern noch sehr fremd anfühlt. Emilia ist fremd in Israel. Als der alte Mann, den sie pflegt, stirbt, muss die Lettin wieder ganz von vorn anfangen. Sie sucht nach einem Zuhause und nach einem Zeichen von Gott, dass sie auf dem richtigen Weg ist. Ella wiederum braucht dringend Pause von ihren drei kleinen Kindern. Ist sie auf der Suche nach einem Abenteuer?

Drei verschiedene Frauenschicksale. Mit einer Gemeinsamkeit: Sie alle finden denselben Mann.

Der Roman ist in drei Abschnitte geteilt, wobei jeder Abschnitt jeweils einer der drei oben kurz umrissenen Frauen gewidmet ist. Interessanterweise entscheidet sich der Autor dafür die Schicksale der beiden ersten Figuren anhand des personalen Erzählers zu schildern – die Funktion dieses Erzählers ist klar: das Geschehen wird ausschließlich aus der Perspektive der jeweiligen Person erzählt, der Leser weiß somit nur so viel wie die Figur selbst – im letzten Abschnitt wechselt sich der personale Erzähler jedoch mit dem auktorialen Erzähler ab. Dieser Erzähler ist allwissend, er kennt Orna und Emilia, die er im Text oftmals direkt anspricht. Er lädt den Leser ein, sich ihm anzuschließen und ab einem gewissen Zeitpunkt wird der Leser unweigerlich dieser Einladung nachgehen und sich zu dem auktorialen Erzähler gesellen.

Neben diesem formalen Experiment, zeichnet sich der Roman durch die vielen unerwarteten Wendungen und Entwicklungen aus, die in starkem Kontrast zu dem analytisch-bedächtigen Erzählstil stehen. Dror Mishani weiß mit Sprache umzugehen. Er führt den Leser gekonnt in eine illusionäre Sicherheit, aus der das jähe Herausreißen einen geradezu schockartigen Effekt hat.

Mit einem feinen Gespür für das Dezente zeichnet er in seinem Roman psychologisch stimmige Porträts dreier verschiedener Frauen. Wie der Autor es selbst in Worte fasst, „schreibe [er] aus der Sicht von Frauen, weil [s]eine Figuren in der Lage sein müssen, die ganze Bandbreite an Gefühlen zu empfinden und auszudrücken, die [er] ihnen mitgeben will.“ Dies gelingt dem Autor einwandfrei. Sowohl die Gedankengänge und Gefühle der Figuren als auch ihre Handlungen sind aus Leserperspektive vollkommen nachvollziehbar. Leider trifft dies jedoch an vielen Stellen für den Mann, der eine Rolle in den Schicksalen dieser drei Frauen spielt, nicht zu. Um die Geschichte nicht zu spoilern, möchte ich nicht näher auf diese Textstellen eingehen. Oder allgemeiner gesagt, es ist die große Frage nach dem „Weshalb?“. Dies kann man als Schwachstelle des Romans sehen, muss aber nicht. Für eine vollkommene literarische Überzeugung hat es bei mir persönlich aber daher nicht gereicht, weshalb ich statt der fünf nur vier Sterne für den Roman vergebe.

„‚Drei‘ handelt […] von unserer Pflicht, die Menschen um uns herum und ihre Leben zu sehen, wahrzunehmen. Es ist vor allem ein Roman über unsere Verantwortung gegenüber den Lebenden und gegenüber den Toten, die immer noch bei uns, »im Leben« sind.“

Veröffentlicht am 25.09.2019

Warum eine Prothese sinnvoller als eine Synthese sein kann

Nenne drei Streichinstrumente: Geige, Bratsche, Limoncello
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„Könnten wir nicht alle so schreiben, wie wir wollten? Mitnichten. Es würden so viele lustige Schülerantworten ihre Grundlage verlieren.“

„Nenne drei Streichinstrumente: Geige, Bratsche, Limoncello“ ist ...

„Könnten wir nicht alle so schreiben, wie wir wollten? Mitnichten. Es würden so viele lustige Schülerantworten ihre Grundlage verlieren.“

„Nenne drei Streichinstrumente: Geige, Bratsche, Limoncello“ ist bereits der dritte Band mit Anekdoten aus dem Lehrer-Schüler-Alltag. Hier sind die neuesten Stilblüten der Schüler, die besten Ausreden für‘s Zuspätkommen, Lehrergeständnisse sowie Berichte über skurrile Lehrer versammelt. Falls Ihre Schulzeit nun etwas länger zurückliegt, können Sie Ihr Wissen dank diesem Band wieder neu auffrischen (bist du dagegen noch Schüler, kannst du sicher umso herzhafter über die hier versammelten Geschichten lachen).

So erfahren wir, dass sich der Koalabär von den Blättern des Apokalypsusbaums ernährt – und haben es vermutlich somit diesem nützlichen lieben Tier zu verdanken, dass die Apokalypse noch nicht über uns hereingebrochen ist;) Wir werden darüber informiert, dass ein junges Mädchen, das zu lange ohne Licht und Luft lebt, zunächst die Bazillen kriegt und dann keinen Mann mehr. Dass die Pubertät eine schwierige Phase darstellt, in der die Haut mehr Teig produziert und Barthaare unter den Achseln wachsen. In Vergessenheit geratenes Wissen wird wieder aufgefrischt, sodass wir daran erinnert werden, dass das besitzanzeigende Fürwort „Prositutions-Pronomen“ genannt wird, dass Rom von Alfa und Romeo gegründet wurde und dass Mose auf dem Berg Senai die zehn Angebote von Gott erhielt. Aber dass Jahresringe durch die Wechseljahre entstehen, Kolumbus Kolumbien entdeckte und Vollmilch von Vollblütlern stammt, wussten Sie doch hoffentlich? Vielleicht wird Sie nach der Lektüre die Stadt Leipzig als Reiseziel viel weniger reizen, nachdem Sie erfahren haben, dass dort viele Komponisten gelebt und gewürgt haben, doch werden Sie nun ganz bestimmt nie mehr das Einfallsreichtum der Schüler in Zweifel ziehen.

These: Es gibt hier definitiv viel zu lachen. Antithese: Manchmal überkommt Sie auch ein eisiger Schauer angesichts der Ignoranz und Unwissenheit der Schülerschaft. Synthese – entschuldigen Sie vielmals, ich meinte natürlich Prothese: Das Buch unbedingt lesen!

„Sie haben geheiratet. Und wenn sie leben, dann sterben sie morgen.“