Ein bewegender, fesselnder Roman
Kleine Monster „Wir drei sind eins. Drei Schwestern. Eine glückliche Familie. Bis wir es nicht mehr sind.“
Pia und Jacob sitzen im Schulzimmer ihres siebenjährigen Sohnes Luca, denn es hat „einen Vorfall gegeben“. ...
„Wir drei sind eins. Drei Schwestern. Eine glückliche Familie. Bis wir es nicht mehr sind.“
Pia und Jacob sitzen im Schulzimmer ihres siebenjährigen Sohnes Luca, denn es hat „einen Vorfall gegeben“. Sie versuchen mit Luca zu sprechen und herauszufinden, was passiert ist. Doch während Jacob sehr locker mit dem Geschehenen umgeht, versucht Pia geradezu obzessiv herauszufinden, was tatsächlich vorgefallen ist und verstrickt sich dabei immer mehr in ihre eigene Vergangenheit, die sie nie ganz aufgearbeitet hat. Denn als sie ein Kind war, ertrank ihre jüngere Schwester Linda in einem See und die mittlere adoptierte Schwester Romi war dabei. Und wie der Geschehensablauf damals genau gewesen war, hat Pia auch nie erfahren – weder von ihrer Schwester Romi, noch von den Eltern. Nur dass sich alles für die Vier für immer geändert hat – das haben beide Schwestern schmerzhaft erleben müssen.
Während Luca Pia seit seiner Geburt an Linda erinnert – „Als mir das winzige Neugeborene auf die Brust gelegt wurde, da dachte ich: Linda.“ – , glaubt Pia seit dem Ereignis in der Schule immer mehr Eigenschaften von Romi in ihm wiederzuerkennen. „Unsere Gesichter sind sich ganz nah. Und da ist wieder dieser Blick, der mich aussperrt. Und mir fällt ein, woher ich ihn kenne. […] Es ist Romis Blick. Ein Blick ohne Ausdruck. […] Ein Blick, als wäre sie über allem erhaben.“ Momentaufnahmen aus der Gegenwart und der Vergangenheit lösen sich ab, bis es gegen Ende des Romans zu einer Eskalation kommt, in der Pia ihrem eigenen blanken Ich begegnet und in einer Katharsis ihr Inneres reinigt. „Wir drei sind eins. Jakob, Luca und ich, wir sitzen vor dem Schrank am Boden und halten uns aneinander fest.“
Jessica Lind hat ein wunderbares, weises Buch über Schmerz, Verlust, Trauer und Selbstbegegnung geschrieben. Nicht ein überflüssiges Wort findet sich in diesem psychologischen Roman über die Macht des Schweigens und die Heilung durch das ausgesprochene Wort. Es ist ein Buch, das ich nicht mehr aus den Händen legen konnte, ein Buch, das nach beendeter Lektüre noch lange nachgehallt hat.