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Veröffentlicht am 13.07.2024

Wer schläft, sündigt nicht – oder doch?

Anna O.
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Als der Psychologe und Schlafforscher Dr. Benedict Prince an die Klinik The Abbey abberufen wird, schläft die 29jährige Schriftstellerin Anna Ogilvy bereits vier Jahre. Sie recherchierte damals zu einem ...

Als der Psychologe und Schlafforscher Dr. Benedict Prince an die Klinik The Abbey abberufen wird, schläft die 29jährige Schriftstellerin Anna Ogilvy bereits vier Jahre. Sie recherchierte damals zu einem zwanzig Jahre zurückliegendem Fall, in dem eine Frau namens Sally Turner ihre beiden Stiefsöhne ermordet haben soll. Das Ergebnis dieser Recherche sollte in der Zeitschrift Elementary, die sie zusammen mit ihren Freunden Indy und Doug gegründet hatte, veröffentlicht werden. Man fand Anna in einer Waldhütte im komaähnlichen Tiefschlaf neben den erstochenen Leichen dieser beiden Freunde, das blutverschmierte Messer hielt sie noch in der Hand. Ben soll Anna O. nun aufwecken, damit man ihr endlich den Prozess wegen Mordes machen kann …

Matthew Blake ist ein in London lebender Autor, der Anglistik an der Durham University und am Merton College in Oxford studiert hat. Er arbeitete als Drehbuchautor für die BBC und andere britische Medien und befasst sich mit Recherchen und als Redeschreiber für das britische Parlament. Er lebt in London.

Das Thema ist durchaus interessant und der Einstieg ganz gut gelungen. Man stellt sich sofort einige Fragen, die den Schlaf von Anna betreffen und überlegt was wohl mit ihr geschehen wird, wenn es Ben gelingt sie aufzuwecken. Auch dessen zwiespältige Gedanken und Gefühle kann man anfangs gut nachvollziehen. Einerseits ist er vom Ehrgeiz gepackt, das beinahe Unmögliche zu erreichen, andererseits hat er Bedenken, da er die junge Frau nach dem Aufwachen der Justiz übergeben müsste.

Leider geht es im weiteren Handlungsverlauf mehr und mehr um anderes, private Probleme und vom eigentlichen Plot abweichende Nebensächlichkeiten treten in den Vordergrund. Einige für die Handlung bedeutungslose Passagen laufen parallel und die Titelfigur tritt zeitweise ganz in den Hintergrund. Psychologische Probleme werden angerissen aber nicht weiter erörtert, ebenso die juristische Frage nach der Schuldfähigkeit bei einer Tat während des Schlafwandelns. Die Spannung verlor sich für mich zusehends, da die Geschichte immer verworrener wurde. Manches konnte ich nicht einordnen und über einigen Passagen schwebt noch immer ein großes Fragezeichen. Die kurzen ständig wechselnden Perspektiven im Geschehen und die unvermittelten Zeitsprünge zwischen Gegenwart und Vergangenheit trugen auch nicht zum besseren Verständnis bei. Der Schluss war zwar überraschend, damit hätte ich nicht gerechnet, aber dennoch empfand ich die Auflösung ziemlich konstruiert und zu der vorangegangenen Handlung und den Charakteren nicht unbedingt passend.

Fazit: Das Buch hat mich enttäuscht und ich möchte an dieser Stelle auch keine Leseempfehlung abgeben.

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Veröffentlicht am 07.07.2024

Es ist nie zu spät

Man sieht sich
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Friederika und Robert kennen sich seit 1988, seit er neu in die Schule gekommen ist. Sie verlieben sich sofort ineinander, aber keiner getraut sich es dem anderen einzugestehen. Nach dem Abitur trennen ...

Friederika und Robert kennen sich seit 1988, seit er neu in die Schule gekommen ist. Sie verlieben sich sofort ineinander, aber keiner getraut sich es dem anderen einzugestehen. Nach dem Abitur trennen sich zunächst ihre Wege, bis zu einer zufälligen Begegnung im Winter 2002. Frie ist inzwischen Mutter einer kleinen Tochter und Robert hat Karriere als Musiker gemacht. Die alten Gefühle sind sofort wieder da, aber nach einer kurzen Episode trennen sie sich abermals. Im Sommer 2022 ist Frie, sie ist nun bald fünfzig, auf dem Weg zum 30-jährigen Abi-Treffen. Ihre Gedanken schweifen zurück, erinnern sich an Robert, den sie seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen hat. Wird er auch da sein? Was wird passieren? Werden sie nun endlich zueinander finden?

Julia Karnick, geb. 1970 in Hamburg, ist eine freiberufliche Autorin. Nach dem Abitur absolvierte sie eine journalistische Ausbildung und ist seit Jahren für BRIGITTE und FÜR SIE als Kolumnistin tätig. 2022 schrieb sie ihren ersten Roman, der zum SPIEGEL-Bestseller wurde, ihr zweiter Roman „Man sieht sich“ ist seit dem 13.6.24 auf dem Markt. Die Autorin ist verheiratet, hat einen Sohn und eine Tochter, und lebt in Hamburg.

Wer hat sich nicht schon gefragt was wohl wäre, wenn man sich früher einmal anders entschieden hätte oder wie es wäre, wenn man plötzlich seine Jugendliebe wieder treffen würde? Ein interessantes Thema, das die Autorin in diesem Roman großartig umgesetzt hat, realistisch und durchaus nachvollziehbar. Warum können zwei Menschen, die sich immer als beste Freunde bezeichnen, einfach nicht zueinander finden? Warum können sie über alles reden, nur nicht über ihre Liebe? Julia Karnick lässt uns teilhaben an der wunderbaren Freundschaft der beiden Protagonisten, mit all seinen Höhen und Tiefen. Wir lernen ihr Elternhaus kennen, begleiten sie vom Teenager bis ins reife Erwachsenenalter und hoffen immer, dass aus ihnen endlich ein Paar wird. Wann endlich werden sie die Hürden, die ihnen das Leben in den Weg stellt, überwinden können und sich zu ihrer Liebe bekennen?

Fazit: Ein unterhaltsamer Roman über verpasste Gelegenheiten und neue Chancen, den ich mit Vergnügen gelesen habe und gerne weiter empfehle!

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Veröffentlicht am 03.07.2024

Der magische Dachboden

Ehemänner
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Ziemlich betrunken kommt Lauren eines Nachts nach einem feucht-fröhlichen Abend mit Freundinnen nach Hause, als sie in ihrer Wohnung einen fremden Mann vorfindet der behauptet, ihr Ehemann zu sein. Sie ...

Ziemlich betrunken kommt Lauren eines Nachts nach einem feucht-fröhlichen Abend mit Freundinnen nach Hause, als sie in ihrer Wohnung einen fremden Mann vorfindet der behauptet, ihr Ehemann zu sein. Sie ist nicht verheiratet, das weiß sie gewiss, und einer ihrer Ex-Freunde ist es auch nicht, folglich muss sie wohl zu viel getrunken haben. Auch am nächsten Tag ist er noch da und Lauren findet sich allmählich mit dem Gedanken ab, dass sie verheiratet sein könnte. Doch als er auf dem Dachboden die flackernde Glühbirne auswechselt und dann ein anderer Ehemann die Leiter herunter kommt, zweifelt sie an ihrem Verstand. Was ist auf dem Dachboden los? Sie schickt ihn zum Nachsehen nochmals nach oben – und wieder kommt ein anderer runter. Ist der Dachboden verhext oder ist sie verrückt geworden?

Holly Gramazio ist gebürtig in Adelaide/Australien und lebt jetzt in London, wo sie als Game-Designerin arbeitet. Sie liebt Städtereisen und Videospiele, die die Menschen inspirieren und ihnen neue Perspektiven aufzeigen. „Ehemänner“ ist ihr erster Roman, der am 11.07.2024 in 14 Ländern erscheinen wird – die englische Fassung „The Husbands“ ist bereits seit dem 04.04.2024 erhältlich.

Die Geschichte ist eine originelle Satire auf die Bindungsängste und Beziehungsprobleme der jungen Generation, die sich anfangs auch ganz amüsant liest. Leider wird das Geschehen bald langweilig. Ein Ehemann geht, der nächste kommt. Lauren kann sich für keinen entscheiden, wird immer wählerischer, oberflächlicher und egoistischer. Mit jedem neuen Mann ändert sich ihre Wohnung, ihre Freunde jedoch bleiben die gleichen, sie merken von alledem nichts. Irgendwann, nach einigen Hundert Männern, wird es auch für Lauren zu anstrengend und in einer dramatischen Aktion setzt sie dem Dachboden samt der Suche nach potentiellen Ehemännern ein Ende.

Fazit: Wer gerne humorvolle Geschichten ohne viel Tiefgang liest, wird an diesem Roman seinen Spaß haben.

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Veröffentlicht am 26.06.2024

Klagelied einer verlorenen Liebe

Bleib
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Wie schon so oft wollten die Erzählerin S. und ihr Geliebter M. wieder ein romantisches Wochenende in einem abgelegenen Chalet am See in den Bergen verbringen. Doch diesmal sollte es anders kommen, M. ...

Wie schon so oft wollten die Erzählerin S. und ihr Geliebter M. wieder ein romantisches Wochenende in einem abgelegenen Chalet am See in den Bergen verbringen. Doch diesmal sollte es anders kommen, M. verstirbt völlig unerwartet und S. bleibt voller Verzweiflung mit ihrem Schmerz zurück. Nein, sie ist nicht bereit ihren Geliebten gehen zu lassen, solange sie ihn sieht ist er für sie noch da. Sie lebt mit ihm, redet mit ihm, schläft bei ihm und setzt seinen Leichnam nach einigen Tagen ins Auto, um mit ihm ein letztes Mal eine Fahrt an die Orte zu unternehmen, die sie beide so sehr geliebt hatten. Nebenbei schreibt sie Briefe, in denen sie über die große Liebe zwischen ihr und M. erzählt, an eine Person, von der sie hofft, dass sie ihren Schmerz verstehen kann – an M.s ahnungslose Ehefrau.

Adeline Dieudonné, geb. 1982 in Brüssel, ist eine belgische Schriftstellerin, Filmproduzentin und Theaterschauspielerin. Sie lebt mit ihren beiden Töchtern in Brüssel.

Eine beklemmende Geschichte, die uns die Autorin hier präsentiert. Sie überlässt das Erzählen der Hauptfigur, deren Namen (S.) wir nur einmal als Signatur am Ende des letzten Briefes erfahren. Realistisch ist diese ungewöhnliche Handlung nicht, sondern erinnert eher an ein Schauermärchen oder einen wilden Traum. Spannung erhält das Geschehen weil man ahnt, dass es nicht gut ausgehen kann und man deshalb dem Ende bzw. einer Lösung entgegen fiebert. Außer der Protagonistin, in deren Gedanken und Gefühle man tief eintauchen kann, werden die anderen Charaktere nicht differenziert ausgeleuchtet.

S. blickt zurück auf vorangegangene Beziehungen, auf Männer die sie verletzten und missbrauchten, und auf ihre Liebe zu M., bei dem sie erstmals das Gefühl hatte, akzeptiert zu werden und selbstbestimmt leben zu dürfen. Dass sie dies alles, einschließlich intimster sexueller Handlungen mit M., an dessen ahnungslose Ehefrau schreibt ist nur so zu erklären, dass sie ihren großen Schmerz mit jemand teilen will, der ähnlich wie sie fühlen muss. Was die Betrogene dabei empfindet, bleibt leider außen vor.

Fazit: Es braucht starke Nerven und ein robustes Gemüt, um diese Geschichte zu verdauen, bei der die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen. Meine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 24.06.2024

Aufbruch in ein neues Leben

Die Zeit der Zikaden
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Nach sechsunddreißig Berufsjahren als Lehrerin ist Alex nun im verdienten Ruhestand. Mit ihren 63 Jahren fühlt sie sich noch nicht alt. Sie möchte sich nochmal verändern und hat sich deshalb ein fahrbares ...

Nach sechsunddreißig Berufsjahren als Lehrerin ist Alex nun im verdienten Ruhestand. Mit ihren 63 Jahren fühlt sie sich noch nicht alt. Sie möchte sich nochmal verändern und hat sich deshalb ein fahrbares Tinyhouse nach ihren Wünschen anfertigen lassen, in dem sie an einem schönen Ort sesshaft werde möchte. Auf der Hochzeit einer ehemaligen Schülerin lernt sie deren Schwiegervater Johann kennen. Auch er hat Pläne für die Zukunft, er braucht eine Auszeit von der Familie, um wieder malen zu können. Sein Bestattungsinstitut hat der 56Jährige bereits seinem Sohn übergeben. Er besitzt in Ligurien ein kleines Landhaus, das er von seinem Onkel Renat geerbt hat, in dem er einige Zeit verbringen möchte und bietet Alex an ihr Tinyhouse dort im Garten abzustellen, was sie sehr gerne annimmt. Bald streifen Johann und Alex gemeinsam durch die wunderschöne Landschaft, schließen Freundschaft mit den Einheimischen und lauschen abends dem Gesang der Zikaden. Beide fühlen ihre gegenseitige Zuneigung – und kommen sich langsam näher …

Der Autor Moritz Heger wurde 1971 in Stuttgart geboren, studierte Freie Kunst in Saarbrücken und anschließend in Mainz Germanistik, Evangelische Theologie, Pädagogik und Theaterwissenschaften und gewann bereits mehrere regionale Literaturpreise. Neben dem Schreiben arbeitet er als Gymnasiallehrer für Deutsch und Religion in Stuttgart. „Die Zeit der Zikaden“ ist sein dritter Roman.

Es geht in diesem Buch um die Möglichkeit, am Ende seines Berufslebens etwas Neues auszuprobieren und lang gehegte Träume zu verwirklichen. Alex und Johann, zwei ältere Menschen, versuchen, ihr Leben im Ruhestand neu zu gestalten und entdecken dabei Zuneigung und Liebe. Schreibstil und Satzbau dieses Romans sind sehr gewöhnungsbedürftig, da der Autor oft verschachtelte Sätze und neue Wortschöpfungen verwendet. Viele der ellenlangen Gedankengänge der beiden Protagonisten waren für mich weder philosophisch, noch poetisch oder tiefsinnig, sondern eher irritierend. Es werden zudem etliche Fremdwörter verwendet, die nicht in jedermanns Wortschatz vorhanden sein dürften. Während die Landschaftsbeschreibungen übertrieben ausführlich, ja beinahe schwülstig, sind, bleiben die Figuren recht blass und emotionslos. Das Ende ist überraschend kurz und die wichtigste Frage bleibt offen.

Fazit: Ein interessanter Plot, von dessen Umsetzung ich mir mehr versprochen hätte.

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