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Veröffentlicht am 21.11.2024

Die Ferien des Commissaire Cluzet

Commissaire Cluzet und der Mann aus Stein
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Nach dem Tod seiner Frau verbringt der pensionierte Commissaire Cluzet aus Paris den Sommer in seinem Geburtsort Auciel Haute in der Normandie, wo er in dem kleinen Gartenhäuschen seiner Enkelin Nathalie ...

Nach dem Tod seiner Frau verbringt der pensionierte Commissaire Cluzet aus Paris den Sommer in seinem Geburtsort Auciel Haute in der Normandie, wo er in dem kleinen Gartenhäuschen seiner Enkelin Nathalie wohnen wird. Er freut sich auf eine gemütliche Zeit und auf seinen Freund Bruno, einem Schnapsbrenner, bei dem es den besten Calvados gibt. Doch kaum angekommen, ist es mit der Ruhe und Erholung auch schon vorbei. Seine Enkelin wurde Opfer eines Bankbetruges und der schuldige Bankier wird tot am Fuße des Burgturms aufgefunden, der am bevorstehenden Nationalfeiertag eingeweiht werden soll. Unfall, Selbstmord oder Mord? In Cluzet erwacht sein alter Polizei-Instinkt, als er von Sandrine, der Polizistin des Ortes, um Hilfe gebeten wird. Doch die Ermittlungen gestalten sich schwieriger als gedacht, denn wegen des bevorstehenden Festes darf kein Aufsehen erregt werden …

Alexandre Dupont ist das Pseudonym des 1969 im Saarland geborenen Joner Storesang, der seit 1999 als Drehbuchautor arbeitet und sich bereits als Krimiautor einen Namen gemacht hat. Er lebt als Grenzgänger in Saarbrücken und mit seiner Wahlfamilie in Köln.

„Commissaire Cluzet und der Mann aus Stein“ ist der Auftakt einer Serie um Urbain Cluzet, dem pensionierten Kriminalkommissar aus Paris. Der Krimi ist logisch aufgebaut, spannend geschrieben, gut zu lesen und nachvollziehbar. Die Beschreibung des Ortes und seiner Bewohner ist sehr anschaulich, so dass man sofort mitten im Geschehen ist. Die Charaktere sind authentisch, jeder hat seine eigene Identität und ist einzigartig in seinen Handlungen. Wechselnde Verdachtsmomente, interessante Wendungen und eine gut nachvollziehbare Lösung des Falles machen Spaß und lassen keine Langeweile aufkommen.

Fazit: Ein rundum gelungener Krimi! Man darf auf weitere Fälle Cluzets gespannt sein! Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 20.11.2024

Heimat ist da, wo man geliebt wird

Die Sehnsucht, die bleibt
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Wien, Anfang der 1950er Jahre. Die Spuren des Krieges sind noch nicht vorbei, noch immer hungern und frieren die Menschen und ganz besonders leiden die Kinder. Die zehnjährige Reni, die mit ihrer Familie ...

Wien, Anfang der 1950er Jahre. Die Spuren des Krieges sind noch nicht vorbei, noch immer hungern und frieren die Menschen und ganz besonders leiden die Kinder. Die zehnjährige Reni, die mit ihrer Familie in ärmlichen Verhältnissen lebt, hat Glück, dass sie in das Programm der Caritas aufgenommen wird, in dem unterernährte und schwache Kinder zur Erholung nach Portugal geschickt werden. Sie kommt nach Lissabon zu einer begüterten Familie mit einer gleichaltrigen Tochter, die sie wie ein eigenes Kind aufnehmen. Reni ist glücklich, endlich gibt es genug zu essen und sie wird geliebt. In Melissa, der Tochter ihrer Gastfamilie, findet sie eine gute Freundin. Am liebsten möchte sie nie mehr weg - doch dann verlangt ihre Mutter, dass sie nach Wien zurück kommt, um sie zu umsorgen und ihren Haushalt zu führen …

Kerstin Lange, geb. 1966 in Bergneustadt im Bergischen Land, ist eine deutsche Schriftstellerin, die vor dem Schreiben viele Jahre als Bilanzbuchhalterin gearbeitet hatte. Neben mehreren Krimis veröffentlichte sie zahlreiche Kurzgeschichten, für die sie mehrfach ausgezeichnet wurde. Nach „Eine leise Ahnung von Glück“ (02/2024) ist „Die Sehnsucht, die bleibt“ (12/2024) ihr zweiter Roman. Sie lebt mit Mann und Hund in Düsseldorf.

Der Autorin ist es gelungen einen Roman zu schreiben, der beim Lesenden die verschiedensten Emotionen weckt. Ihr gefühlvoller Schreibstil bringt uns die Personen der Geschichte, besonders natürlich Reni, sehr nahe. Wir begleiten sie von der Kindheit bis etwa als 40-jährige Frau und dürfen uns mit ihr freuen und mit ihr leiden. Erwähnenswert ist auch, dass die Zeit des Salazar-Regimes in Portugal gut recherchiert und elegant mit dem Geschehen verquickt wurde. Im Epilog des Buches erfahren wir, dass Reni, nach all dem Leid das sie erfahren musste, vertrauensvoll in eine glückliche Zukunft blicken kann.

Fazit: Ein historisch korrekt recherchierter Roman, der durch seine bildhafte Erzählweise besticht und den ich gerne weiter empfehle!

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Veröffentlicht am 11.11.2024

Wenn ein Staat über die Gesundheit seiner Bürger bestimmt

Corpus Delicti
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Wir befinden uns in der Zukunft im Staat METHODE, dessen Regierung diktatorisch die Gesundheit seiner Bürger überwacht. Schlaf- und Ernährungsgewohnheiten jedes Einzelnen werden überprüft und ein Sportpensum ...

Wir befinden uns in der Zukunft im Staat METHODE, dessen Regierung diktatorisch die Gesundheit seiner Bürger überwacht. Schlaf- und Ernährungsgewohnheiten jedes Einzelnen werden überprüft und ein Sportpensum verordnet. Die persönliche Freiheit ist eingeschränkt, Fehlverhalten und ungesunde Lebensweise werden empfindlich bestraft. Seit ihr Bruder wegen angeblicher Vergewaltigung unschuldig verurteilt wurde und im Gefängnis Selbstmord beging, ist auch Mia Holl eine Gegnerin des Systems, das ihre individuelle Freiheit einengt. Sie hat sich in ihre Wohnung zurückgezogen und vernachlässigt die obligatorischen Berichte über Schlaf und Ernährung sowie das tägliche Sportprogramm, das ihr vorgeschrieben wurde. Zunächst wird sie verwarnt, nach weiteren Verfehlungen dann unter dem Vorwand als ‚Anführerin einer terroristischen Vereinigung‘ verhaftet. Es kommt zum Prozess …

Juli Zeh (Julia Barbara Finck, geb. Zeh), geb. 1974 in Bonn, ist eine deutsche Schriftstellerin, Juristin und ehrenamtliche Richterin am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg. Nach Abitur in Bonn, Studium der Rechtswissenschaften in Passau, Krakau, New York und Leipzig folgten Praktikum bei der UNO in New York und danach Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig, das sie im Jahr 2000 mit Diplom abschloss. Die Autorin ist mit dem Schriftsteller David Finck verheiratet, Mutter zweier Kinder und lebt in einem Dorf im Havelland in Brandenburg.

Dem Roman „Corpus Delicti: ein Prozess“, der 2009 erschien, liegt das gleichnamige Theaterstück, das bereits 2007 uraufgeführt wurde, zugrunde. Die Autorin versucht darin, auf Entwicklungen und Missstände in heutiger Zeit aufmerksam zu machen und überträgt diese auf einen fingierten Staat namens METHODE. Sie kritisiert dabei die zunehmende Tendenz, alles zu regulieren und zu kontrollieren und der Gesundheit den höchsten Stellenwert einzuräumen. In Andeutungen kommt auch zum Ausdruck, dass die Sorge um die Volksgesundheit evtl. vorgeschoben sein könnte, um Einschränkungen und Kontrollen der persönlichen Freiheit der Bürger zu rechtfertigen. Dies alles erinnert sehr an die Gesetze zum Datenschutz und regt dazu an, über die Zukunft unserer Gesellschaft nachzudenken.

Fazit: Keine leichte Literatur, aber absolut lesens- und nachdenkenswert!

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Veröffentlicht am 08.11.2024

Ein Dorf, eine Pastorin und ein Mädchen im Koma

Vielleicht hat das Leben Besseres vor
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Während die Menschen im Dorf mit den Vorbereitungen zum alljährlichen Spargelfest beschäftigt sind, liegt das seit einem Unfall als Baby geistig behinderte Mädchen Raffaela im nahen Krankenhaus im Koma. ...

Während die Menschen im Dorf mit den Vorbereitungen zum alljährlichen Spargelfest beschäftigt sind, liegt das seit einem Unfall als Baby geistig behinderte Mädchen Raffaela im nahen Krankenhaus im Koma. Sie wurde bewusstlos in einem Graben liegend aufgefunden. Die Polizei hat sich eingeschaltet und Volker Janssen vom LKA führt die Befragungen durch. Die Gerüchteküche brodelt, doch keiner weiß wirklich, was vorgefallen ist. Wurde das Mädchen Opfer einer brutalen Gewalttat? Auch Anna von Betteray, die geschiedene Pastorin des Ortes, wird von Sorgen geplagt. Ihre Schwester Maria kämpft schon seit längerer Zeit vergeblich mit ihrer Alkoholsucht, ihr 14Jähriger Neffe Sascha vermisst seine Mutter und sucht bei Anna nach Halt, und Annas Mutter versucht bei jeder Gelegenheit, sie mit einem Adligen zu verkuppeln …

Anne Gesthuysen, geb. 1969 in Geldern, ist eine deutsche Schriftstellerin, Journalistin und Fernsehmoderatorin. Von 2002 bis 2014 moderierte sie das ARD-Morgenmagazin, danach widmete sie sich ganz der Schriftstellerei. Bereits 2012 veröffentlichte sie ihren ersten Roman, bis heute folgten vier weitere. Die Autorin ist mit Frank Plasberg verheiratet und Mutter eines Sohnes.

„Vielleicht hat das Leben Besseres vor“, das am 7.11.2024 bei Kiepenheuer & Witsch erschienene neueste Buch von Anne Gesthuysen, gehört zu den schwächsten, die ich bisher von ihr gelesen habe. Schon zu Beginn wird man mit einer Fülle von Personen und Namen überhäuft, was den Einstieg in das Geschehen sehr erschwert. Die meisten der zahlreichen Nebenfiguren sind zwar recht originell, bleiben aber blass und oberflächlich – humorvolle Szenen sind selten. Es werden im „Dorfklatsch“ sehr viele mehr oder weniger aktuelle Themen behandelt, so dass das Drama um Raffaela, um die es laut Buchbeschreibung ja hauptsächlich gehen sollte, tatsächlich in den Hintergrund tritt.

Wirkliche Gefühle erfährt man in einer Rückblende, in der Erinnerungen von Raffaelas Mutter lebendig werden. Seit ihr Baby damals verunglückte, durch den Sturz eine Hirnblutung erlitt und seitdem geistig stark eingeschränkt ist, kämpft sie unentwegt mit ihren Schuldgefühlen. Dieser Teil der Geschichte berührt besonders, da man im Nachwort erfährt, dass die Autorin ein ähnliches Erlebnis hatte, das glücklicherweise ohne Folgen geblieben ist.

Fazit: Ein Buch, das an die vorangegangenen der Autorin nicht heranreicht und das ich deshalb nur bedingt empfehlen kann!

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Veröffentlicht am 29.10.2024

Lärm im Kopf und quälende Gedanken

Wilderer
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Seit er den Hof übernommen hat kämpft der junge Bauer Jakob um dessen Überleben. Es geht ihm nicht aus dem Kopf, dass sein Vater einen großen Teil des Landbesitzes vergeudet hat und er jetzt ums Überleben ...

Seit er den Hof übernommen hat kämpft der junge Bauer Jakob um dessen Überleben. Es geht ihm nicht aus dem Kopf, dass sein Vater einen großen Teil des Landbesitzes vergeudet hat und er jetzt ums Überleben des Hofes kämpfen muss. Eigentlich ist er verbittert über alles, besonders über seine Geschwister Alexander und Luisa, sind schon lange weg sind und jetzt in der Stadt leben. Er ist geblieben, musste bleiben, und arbeitet nun schweigend und übellaunig vor sich hin. Seine Wünsche und geheimen Sehsüchte hat er bereits als Zwanzigjähriger aufgegeben. Überhaupt bringt ihn vieles aus der Fassung, sein Jähzorn nimmt besonders überhand, wenn der Hund wildern geht. Doch dann, ganz unverhofft, kommt das Glück auch zu ihm. Katja, eine junge Künstlerin, möchte für ein paar Wochen auf dem Hof als Praktikantin arbeiten. Sie erweist sich als unerwartet geschickt und hat Spaß an der Arbeit. Es wird mehr daraus, eine Beziehung entsteht. Dann stirbt Jakobs Großmutter, und plötzlich ist Geld vorhanden. Mit Katjas tatkräftiger Hilfe bringen sie den Hof bald wieder zur alten Größe. Sie heiraten und werden Eltern eines Sohnes. Doch in Jakob gärt immer noch sein unstetes Wesen. Sein Hass auf seine Schwester, sein gelegentlicher, nur schwer zu kontrollierender, Jähzorn und sein Misstrauen gegenüber Katja sind die schleichenden Anzeichen einer bevorstehenden Tragödie …

Reinhard Kaiser-Mühlecker, geb. 1982 in Kirchdorf a. d. Krems, ist ein österreichischer Schriftsteller. Er wuchs auf einem Bauernhof in Oberösterreich auf. Von 2003 bis 2007 studierte er Landwirtschaft, Geschichte und Internationale Entwicklung in Wien. Es folgten längere Auslandsaufenthalte in Argentinien, Bolivien, Deutschland und Schweden. Bisher schrieb er einige Romane, für die er mehrere Auszeichnungen erhielt. Für seinen 2022 erschienenen Roman „Wilderer“ wurde ihm im selben Jahr der Bayerische Buchpreis verliehen. Er führt heute noch die Landwirtschaft seinen Vorfahren.

Dass der Autor sich in der bäuerlichen Welt gut auskennt merkt man, wenn man seine Bücher liest. „Wilderer“, der vorliegende Roman, hebt sich dabei wohltuend vom Klischee üblicher Heimat- und Bauernromane ab. Realistische Schilderung der täglichen Arbeit in einem landwirtschaftlichen Betrieb, die anschauliche Darstellung der Personen und die nüchterne Beschreibung von Jakobs Psyche, sein unstetes Wesen, sein Jähzorn und seine Neigung zur Gewalt, machen diesen Roman so besonders. Es geschieht nicht sehr viel, das Geschehen plätschert eher so vor sich hin, doch das unterschwellige Gefühl einer Bedrohung, eines aufkommenden Unheils, das während des Lesens die ganze Zeit über zu spüren ist, zeugt vom Können des Autors. Das Beklemmende ohne es wirklich zu beschreiben fühlbar zu machen, das ist große Literatur.

Fazit: Die Geschichte eines jungen Bauern, der durch den der Druck der Verhältnisse und seiner angeborenen unruhigen Natur seinem Glück selbst im Wege steht. Sehr lesenswert!

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