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Veröffentlicht am 10.04.2025

Vetternwirtschaft - oder eine Hand wäscht die andere!

Freunderlwirtschaft
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Alma Oberkofler, Hauptkommissarin, wird von Linz nach Wien versetzt, um dort die Abteilung „Leib und Leben“ zu leiten. Kaum angekommen, wird sie schon mit einem toten Politiker konfrontiert. Max Langwieser, ...

Alma Oberkofler, Hauptkommissarin, wird von Linz nach Wien versetzt, um dort die Abteilung „Leib und Leben“ zu leiten. Kaum angekommen, wird sie schon mit einem toten Politiker konfrontiert. Max Langwieser, Minister für Tourismus und Landwirtschaft und bester Freund des Kanzlers, wird tot in seiner Wohnung aufgefunden. Er hat sich offenbar beim Sturz gegen seinen Designer-Glastisch den Schädel eingeschlagen. Unfall oder Mord? Ein erster Verdacht gilt seiner Verlobten, Jessica Pollauer, denn von ihr fehlt jede Spur. Sie ist in ihrem roten MINI auf der Flucht. Instinktiv weiß sie, dass sie weg muss, weit weg, dass sie untertauchen muss, wenn sie überleben will. Warum sie in Ihrer Panik Max‘ Laptop mitgenommen hat, weiß sie jedoch nicht. Hauptkommissarin Alma Oberkofler und ihre Kollegen versuchen derweil, bei den Politikerfreunden des Toten Licht ins Dunkel zu bekommen, doch diese verhalten sich äußerst verschlossen. Unerwartete Hilfe bekommt Alma von Werner Althuber vom Verfassungsschutz und von einer Buchhändlerin, die entscheidende Tipps geben kann. Dabei stoßen sie auf einen Umweltskandal …

Petra Hartlieb, geb. 1967 in München, ist eine deutsch-österreichische Autorin, die in Oberösterreich aufgewachsen ist. Nach ihrem Studium der Psychologie und Geschichte arbeitete sie als Pressereferentin und Literaturkritikerin in Wien und Hamburg. 2004 übernahm sie in Wien eine Buchhandlung, von der auch zwei ihrer zahlreichen Romane handeln.

Der Krimi „Freunderlwirtschaft“ ist der neue Roman der Autorin aus dem Jahre 2024. Es ist ein äußerst amüsanter und nicht weniger spannender Abstecher in die Gefilde der (österreichischen) Politik, bei der Übereinstimmungen mit lebenden oder toten Personen nicht rein zufällig sind. Gekonnt setzt sie mehrere Perspektiven gleichzeitig ein, sodass der Leser immer etwas mehr weiß als die Polizei. Wir sind mit Jessica auf ihrer abenteuerlichen Flucht, ermitteln mit Alma und ihrem Team im Zentrum der politischen Macht und erfahren ganz nebenbei auch interessante und aufschlussreiche Aspekte aus der Vergangenheit der beiden Damen. Exakt recherchierte Ermittlungsarbeit und großartige Landschaftsbeschreibungen runden das gute Gesamtbild dieses unterhaltsamen Krimis ab.

Fazit: Ein guter, solider Krimi bei dem es Spaß macht, mehr über Filz und Klüngel in den Machtzentren zu erfahren.

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Veröffentlicht am 04.04.2025

Wenn die Erinnerung plötzlich zurückkehrt …

Neujahr
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Henning, Mitte 30, macht mit seiner Familie über Weihnachten bis ins Neue Jahr 14 Tage Urlaub auf Lanzarote. Durch seinen Beruf als Lektor eines Verlages ist er sehr gestresst und leidet deshalb an häufigen ...

Henning, Mitte 30, macht mit seiner Familie über Weihnachten bis ins Neue Jahr 14 Tage Urlaub auf Lanzarote. Durch seinen Beruf als Lektor eines Verlages ist er sehr gestresst und leidet deshalb an häufigen Panikattacken, die er „Es“ nennt und die ihn in ständige Angst versetzen. Um den quälenden Gedanken zu entkommen, fährt Henning am Neujahrsmorgen mit dem Fahrrad von seinem Feriendomizil Femés ins nahe Gebirge, wo er sich die steile Passstraße hinauf quält. Oben angekommen bricht er vor Erschöpfung zusammen und bekommt Hilfe von Lisa, die dort eine Kunstgallery betreibt. Er sieht sich um und blitzartig überfällt ihn die Erinnerung, dass er als Kind schon einmal hier war. Plötzlich ist er wieder vier Jahre alt und mit seiner kleinen Schwester Luna alleine im Ferienhaus. Wo sind die Eltern? Ein schrecklicher Alptraum nimmt seinen Lauf …

Juli Zeh (Julia Barbara Finck, geb. Zeh), geb. 1974 in Bonn, ist eine deutsche Schriftstellerin, Juristin und ehrenamtliche Richterin am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg. Sie lebte viele Jahre in Leipzig, bevor sie 2007 in das Dorf Barnewitz im Havelland in Brandenburg zog. Sie ist mit dem Schriftsteller David Finck verheiratet und Mutter zweier Kinder. Für ihre Romane, Kurzgeschichten, Essays, Theaterstücke, Sachbücher und Kinderbücher erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen und Preise. Der Roman „Neujahr“ erschien 2018 im Luchterhand-Verlag, im selben Jahr erhielt Juli Zeh auch das Bundesverdienstkreuz.

„Neujahr“ ist nicht ihr bestes, aber trotzdem, wie die Autorin sich selbst in einem Interview äußerte, eines ihrer wichtigsten Bücher. Der Roman wirkt auf mich, als hätte sie zwei Geschichten mit derselben Hauptperson zu einer verschmolzen. In ihrer gewohnt klaren und schnörkellosen Sprache konstruiert sie klug die Gegenwart (Jahreswechsel 2017/18) mit Hennings Trauma aus seiner Kindheit (vor 30 Jahren), das noch heute in Panikattacken nachwirkt. Es geht hauptsächlich um die Rolle des Mannes in der Familie, der vieles anders und besser machen will als seine Eltern, sich dabei aber überfordert fühlt und Angst hat zu scheitern. Wut treibt Henning die Bergstraße hinauf, Wut auf „ES“, seine Panikanfälle, auf seinen Job und auf seine Frau, die seine Schwächen erkennt und ihn ständig kritisiert. Dann befinden wir uns plötzlich in seiner Vergangenheit, in seiner Kindheit, und entschlüsseln allmählich das dunkle Geheimnis, das ihn an seine Schwester Luna bindet. Ob es ihm wohl gelingt, durch das Erinnern sein Trauma aus der Welt zu schaffen? Das muss jeder Leser selbst herausfinden!

Fazit: Wie schon erwähnt nicht das beste Buch der Autorin, dennoch ein großartiger Roman, den ich guten Gewissens weiter empfehlen kann!

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Veröffentlicht am 02.04.2025

Mutter und Tochter

Halbinsel
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Annett, Ende Vierzig, Bibliothekarin, wohnt alleine in ihrem kleinen Haus am Wattenmeer nahe Husum. Sie ist stolz auf ihre inzwischen 25jährige Tochter Linn, die sie nach dem frühen Tod ihres Mannes alleine ...

Annett, Ende Vierzig, Bibliothekarin, wohnt alleine in ihrem kleinen Haus am Wattenmeer nahe Husum. Sie ist stolz auf ihre inzwischen 25jährige Tochter Linn, die sie nach dem frühen Tod ihres Mannes alleine großzog. Linn hat Umweltmanagement studiert, beschäftigt sich mit der Klimakatastrophe, engagiert sich für Umweltprojekte und ist auf der ganzen Welt unterwegs. Als sie während eines Vortrags plötzlich zusammenbricht, holt Annett sie für ein paar Tage zur Erholung zu sich. So zieht Linn wieder in ihrem Kinderzimmer ein – und aus den Tagen werden Wochen, dann Monate. Annett versteht ihre Tochter nicht mehr, die plötzlich ohne Antrieb und ohne Perspektive für die Zukunft zu sein scheint …

Kristine Bilkau, geb. 1974 in Hamburg, ist eine der bekanntesten deutschen Journalistinnen und Autorinnen der Gegenwartsliteratur, die bereits zahlreiche Preise und Ehrungen erhielt. Der Roman „Halbinsel“ wurde 2025 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik ausgezeichnet. Kristine Bilkau lebt mit ihrer Familie in Hamburg.

Sehr feinfühlig und mit viel Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen erzählt die Autorin von einer Mutter, die ihre Tochter neu kennen lernen und verstehen muss. Die Beziehung der beiden Frauen ist sehr zerbrechlich, Spannungen und Missverständnisse bleiben da nicht aus. Wir sind dabei, wie beide allmählich aufeinander zugehen und versuchen, die Lebensweise der anderen zu verstehen und zu akzeptieren. Der Schreibstil ist dabei bedächtig, aber mit viel Einfühlungsvermögen. Weitere wichtige Themen des Romans sind die Klimakrise, Umweltschutz und der Generationenkonflikt, Einsamkeit im Alter, Verantwortung für unsere Erde und die Zuversicht der jüngeren Generation.

Fazit: Ein wunderbares Buch, das ich gerne weiter empfehle!

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Veröffentlicht am 20.03.2025

Maia entdeckt die Welt

Die Welt vor den Fenstern
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Gemeinsam mit Mutter, Großmutter, Onkel Nao, Tante Wega und Cousine Alrischa lebt die 12jährige Maia in einem alten Haus mitten im Wald, abgesondert von jeglicher Zivilisation. Es bedeutet für die Familie ...

Gemeinsam mit Mutter, Großmutter, Onkel Nao, Tante Wega und Cousine Alrischa lebt die 12jährige Maia in einem alten Haus mitten im Wald, abgesondert von jeglicher Zivilisation. Es bedeutet für die Familie die ganze Welt, man kann es nicht verlassen, es gibt keinen Ausgang. Ihr Leben richtet sich nach den Sternen und folgt strengen Regeln. Jedes Familienmitglied hat seine Aufgaben, Verstöße werden hart bestraft. Die Welt kennt Maia nur durch die Geschichten über ihre Vorfahren, die Großmutter abends erzählt. Doch Maia ist neugierig und klug, sie merkt, dass hier etwas nicht stimmen kann. Wo kommt das Essen her, das plötzlich da ist, und was geschieht draußen vor den Fenstern? Sie will die Wahrheit wissen und beginnt nachzuforschen …

Tatjana von der Beek, geb, 1993 in Düsseldorf, studierte Literarisches Schreiben und Kulturwissenschaften in Hildesheim, war Mitherausgeberin der BELLA triste, Organisatorin der künstlerischen Leitung des Literaturfestivals POSANOVA 2017 und Finalistin des 23. Open Mike. Die Autorin lebt und Arbeitet in Leipzig, „Die Welt vor den Fenstern“ (2022) ist ihr Debütroman.

Der Autorin ist es gelungen einen Roman zu schreiben, wie ich ihn inhaltlich bisher noch nie gelesen hatte. Ihr Schreibstil ist erstaunlich gut und flüssig. Geschickt und mit viel Fantasie berichtet sie über eine geheimnisvolle Welt voller Aberglauben und Sektentum, oder wie man es sonst nennen will. Ihre Figuren wirken sehr real in einer durchweg mystischen und bedrückenden Atmosphäre.

Von Anfang an hat mich die Geschichte gepackt da ich das Geheimnis ergründen wollte, warum und wie lange die Familie bereits so lebt – leider erfuhr ich es nicht. Im Vordergrund steht das Zusammenleben der drei Generationen, während alles andere mehr oder weniger im Unklaren bleibt. Man erlebt das Geschehen aus der Perspektive von Maia und erfährt somit nur so viel, wie sie auch selbst weiß. Auch das Ende bleibt offen und lässt viel Raum für eigene Gedanken und Vermutungen.

Fazit: Eine ungewöhnliche Geschichte, die viel der eigenen Fantasie überlässt!

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Veröffentlicht am 16.03.2025

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Das Vermächtnis der Apfelblüte
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Völlig abgehetzt und gestresst von ihrem Beruf steht die in London lebende Historikerin Eliza kurz vor einem Zusammenbruch. Deshalb zögert sie auch nicht lange, als ihre Großtante Mildred sie bittet für ...

Völlig abgehetzt und gestresst von ihrem Beruf steht die in London lebende Historikerin Eliza kurz vor einem Zusammenbruch. Deshalb zögert sie auch nicht lange, als ihre Großtante Mildred sie bittet für einige Zeit in ihre Heimat Appleton Valley in Virginia zurück zu kommen, um das Leben ihrer Urgroßmutter Josephine zu rekonstruieren. Keine leichte Aufgabe, denn sie soll alle verloren gegangenen Anhänger ihres Bettelarmbandes wieder auffinden. Unerwartete Hilfe bekommt sie dabei von Harrold, ihrem Jugendfreund, der auf Bitten seiner Großmutter Agatha ebenfalls in die Heimat zurück gekommen ist. Gemeinsam versuchen sie das Rätsel zu lösen, das ihre beiden Familien miteinander verbindet …

Livia Rose ist das Pseudonym eines Autorenduos. Die beiden ‚schreibverrückten‘ Damen wohnen mit ihren Familien in Wien/Österreich und sind seit etwa zwanzig Jahren eng befreundet. Sie arbeiten gemeinsam an ihren Geschichten, um diese in Buchform zu bringen.

Aufgrund der Buchbeschreibung erwartete ich eine abenteuerliche Geschichte um ein altes Familiengeheimnis. Leider war das nicht der Fall, sondern es erwarteten mich zwei mehr oder weniger banale Liebesgeschichten, die zudem noch sehr klischeebehaftet waren. Das Geschehen spielt sich auf zwei Zeitebenen ab, Josephine und Nathaniel leben in den 1920er Jahren, Eliza und Harrold in der Gegenwart. Die Protagonisten kommen kapitelweise zu Wort, wobei der Name der handelnden Person jeweils in der Überschrift zu finden ist. Da sich beide Geschichten sehr ähneln ist der Strang in der Vergangenheit noch zusätzlich mit der Jahreszahl überschrieben.

So weit so gut! Doch leider sind die Figuren ziemlich blass mit wenig Ausstrahlung und ihre Handlungsweise mutet manchmal sehr seltsam an. Besonders enttäuschend war für mich der doch teilweise sehr schwülstige Schreibstil, der mich stark an die Groschenromane erinnerte, die ich als Teenager massenhaft verschlungen hatte. Einige Beispiele: Nathaniels wilder Blick bohrte sich in ihren Geist … / Die Reste von Blau, Rosa und Orange verzierten das Firmament, als hätte jemand einen Pinsel eingetaucht und sanfte Wellen darüber gemalt / Ein Lächeln zupfte an seinen Lippen … / Ihr langer Zopf baumelte wie ein goldenes Seil über ihrem Hintern … / Der Drang, in ihre goldenen Locken zu fassen und sie auf seinen Schoß zu ziehen, ließ sich nur mit größtem Kraftaufwand unterdrücken … / Agathas übertriebenes Wimperngeklimper jagte ihm einen Schauer über den Rücken, obwohl er es nicht einmal sah. Er verdrehte die Augen … / usw. usw.

Fazit: Manche mögen sicherlich diese Art von Lektüre, mein Geschmack war es leider nicht.

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