Gedanken eines Chaoten
Kleine ProblemeSeinen Beruf hatte er vor langer Zeit schon aufgegeben, nennt sich jetzt Schriftsteller und möchte sein Lebenswerk schreiben, der neunundvierzigjährige Lars Cornelius Messerschmitt. Er hat viele Pläne ...
Seinen Beruf hatte er vor langer Zeit schon aufgegeben, nennt sich jetzt Schriftsteller und möchte sein Lebenswerk schreiben, der neunundvierzigjährige Lars Cornelius Messerschmitt. Er hat viele Pläne über die er ausgiebig nachdenkt, doch dabei ist es bisher immer geblieben. Sein Studium der Philosophie und Theaterwissenschaften brach er ab, arbeitete dann und wann beim Fernsehen und blieb dann, als die Kinder kamen, zu Hause, um sich dem Schreiben seines Lebenswerkes zu widmen. Seit einem halben Jahr ist er alleine, die Kinder sind bereits aus dem Haus und seine Lebensgefährtin Johanna hat sich eine Auszeit in Lissabon genommen. Heute, am 31. Dezember, wird sie zurück erwartet. Lars weiß, um sie nicht zu verlieren muss alles ordentlich sein, und hat deshalb eine ToDo-Liste erstellt, von der jedoch bis jetzt noch nichts abgearbeitet ist. Er gerät daher ordentlich in Stress als er sich dessen gewahr wird und versucht nun, in der kurzen noch verbleibenden Zeit alles zu erledigen. Die Wohnung ist vermüllt und verdreckt und sollte geputzt werden, ein Bett muss aufgebaut werden, die Steuererklärung ist noch nicht geschrieben und die Dachrinne noch nicht gereinigt – und zudem hat Johanna ihn am Telefon gebeten, einen Nudelsalat zuzubereiten. Doch Lars wäre kein Chaot, wenn das alles reibungslos klappen würde …
Nele Pollatschek, geb. 1988 in Berlin, ist eine deutsche Schriftstellerin, Publizistin und Journalistin. Sie studierte Englische Literatur und Philosophie in Heidelberg, Cambridge und Oxford, wo sie 2018 promovierte. Ihren ersten Roman veröffentlichte sie bereits 2016, ein Sachbuch folgte 2020, bevor der Verlag Kiepenheuer & Witsch 2023 „Kleine Probleme“ herausbrachte. Nele Pollatschek erhielt einige Förderpreise und 2022 den Deutschen Reporterpreis. Sie schreibt für die Süddeutsche Zeitung und lebt im Odenwald und in Oxford.
Sehr emotional, beinahe philosophisch, und mit einem guten Schuss Humor beschreibt die Autorin eine alltägliche Geschichte, die jeden von uns irgendwie betrifft. Wer hat nicht schon anstehende Arbeiten vor sich hergeschoben und gehofft, es würde sich alles alleine erledigen? Eine ToDo-Liste kann sehr hilfreich sein, wenn man sie auch abarbeitet. Unser Held ist ein Chaot und bringt nichts auf die Reihe, aber seine Gedanken über Putzen und Hausarbeit sind einfach großartig, seine Pläne als Schriftsteller und seine Angewohnheit alles auf später zu verschieben und erst mal eine Zigarette zu rauchen sind einfach brillant.
Der Schreibstil der Autorin ist der Hektik des Geschehens wunderbar angepasst. Man ist während des ganzen Romans nur bei Lars, hört ihm zu und folgt seinen Gedankengängen, wodurch man emotional tief mit ihm verbunden ist. Die anderen Figuren lernt man nicht persönlich, sondern nur durch Lars Erinnerungen und Erzählungen kennen. Man leidet mit ihm wenn er alles, aber auch alles versucht, die anstehenden Aufgaben noch rechtzeitig vor Mitternacht zu erledigen. Doch zuvor muss er natürlich noch Kräfte sammeln, sich ausruhen und noch eine Zigarette rauchen, obwohl er es sich doch abgewöhnen wollte. Ob er es schafft, alles auf seiner Liste abzuhaken? Bis dahin erleben wir einige aufregende, aber auch vergnügliche Lesestunden und sagen dann ganz entspannt: „Frohes Neues Jahr“.
Fazit: Ein Roman, der gut unterhält und uns ermahnt, anstehende Aufgaben jetzt zu erledigen und nicht auf später zu verschieben. Meine Leseempfehlung!