Anatomie einer Ehe
Jahre späterApril ist jetzt 30 Jahre alt und angehende Schriftstellerin. Sie lebt immer noch in Berlin, ihr Sohn Julius ist bereits im Teenageralter. Bei einer Lesung lernt sie den charismatischen Chirurgen Ludwig ...
April ist jetzt 30 Jahre alt und angehende Schriftstellerin. Sie lebt immer noch in Berlin, ihr Sohn Julius ist bereits im Teenageralter. Bei einer Lesung lernt sie den charismatischen Chirurgen Ludwig kennen, dessen besitzergreifende Art ihr imponiert. Als er ihr einen Antrag macht, scheint für April ein normales bürgerliches Leben möglich. Sie zieht zu ihm nach Hamburg und heiratet ihn, obwohl sie ihn nicht liebt. Bald fühlt sie sich unglücklich, sieht ihre Träume entschwinden, daran ändert auch die Geburt des gemeinsamen Kindes Samuel nichts. Doch was will sie eigentlich, welche Träume hat sie? Es folgen Trennung, Rückkehr nach Berlin und ein erbitterter Scheidungskrieg – und April ist immer noch unglücklich …
Angelika Klüssendorf ist eine deutsche Schriftstellerin, die 1958 in Ahrensburg/Schleswig Holstein geboren wurde und in der DDR aufwuchs. 1985 übersiedelte sie nach Westdeutschland. Sie schrieb einige Erzählungen und Romane, darunter die Trilogie „Das Mädchen“, „April“ und „Jahre später“, die wegen ihrer außergewöhnlichen Sprache in Literaturkreisen große Beachtung fanden und für die sie zahlreiche Ehrungen und Preise erhielt. Die Autorin hat zwei Kinder und war mit dem Vater ihres Sohnes, dem Journalisten und FAZ-Mitherausgebers Frank Schirrmacher, verheiratet. Seit 2017 ist der Schriftsteller Torsten Schulz ihr zweiter Ehemann.
In „Jahre später“, dem dritten Band der stark autobiografischen Reihe, können wir das Leben der inzwischen erwachsenen April weiter verfolgen und sie in ihrer schwierigen Ehe begleiten. Noch immer ist sie einzelgängerisch, voller Extreme und häufig verzweifelt, aber dennoch voller Kraft und innerer Stärke. Als Ehefrau ist sie auf Dauer ihrem narzisstischen Mann, der sich oft nicht im Griff hat und sich in Lügen verstrickt, nicht gewachsen. Die Pressekritik erlaubte sich dabei, zwischen Aprils Ehemann, dem Chirurgen Ludwig, und Klüssendorfs erstem Ehemann Frank Schirrmacher Parallelen zu ziehen.
Es ist keine leichte Kost, die uns die Autorin hier serviert. Ihr Schreibstil ist präzise und unverblümt, dabei jedoch immer zurückhaltend, leise und diskret. In den kurzen Sätzen ohne schnörkelige Umschreibungen kommt die innere Zerrissenheit, in der sich April befindet, sprachlich gut zum Ausdruck. Die zwischenmenschlichen Beziehungen der Protagonisten sind manchmal sehr sensibel und gefühlvoll, dann aber wieder voll brutaler Gleichgültigkeit und zerstörerischem Misstrauen. Da Klüssendorf nicht verurteilend schreibt, bleibt dem Leser genügend Raum für eigene Gedanken.
Fazit: Gut gelungener, logischer und stimmiger Abschluss dieser lesenswerten Trilogie.