Von Hexen, Familiendynastien und Päpsten
Die PuppenspielerMan schreibt das Jahr 1484. Richard Artzt ist gerade zwölf Jahre alt, als man ihn zwingt, dem Sterben seiner Mutter zuzusehen, die als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Der Waise wurde daraufhin ...
Man schreibt das Jahr 1484. Richard Artzt ist gerade zwölf Jahre alt, als man ihn zwingt, dem Sterben seiner Mutter zuzusehen, die als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Der Waise wurde daraufhin von seiner Tante Sybille, der Ehefrau von Jakob Fugger, aufgenommen und verbrachte seine restliche Kindheit in Augsburg. Die Handelsbeziehungen des Hauses Fugger reichten in die ganze Welt und durch geschickte Geldpolitik wurden sie sogar zur Hausbank des deutschen Kaisers Maximilian I. Jakob Fugger, dem man nachsagte Menschen zu manipulieren und dabei die Fäden in der Hand zu halten, erkannte sehr bald die Intelligenz des Knaben. Richard lernte Sprachen und Naturwissenschaften und wurde mit den Vorgängen des Handelsimperiums vertraut. Als 16Jährigen schickte ihn Fugger nach Italien, wo die Kunst zu Hause war, der Handel mit dem Orient seinen Ausgang nahm, aber auch die Kirche überall Einfluss hatte. In Florenz verkehrt er im Hause Medici, in Rom lernt er die Borgias kennen – und er verliebt sich in eine Zigeunerin, die von sich behauptet eine Hexe zu sein. Muss er das Schicksal seiner Mutter noch einmal erleben? …
Die deutsche Autorin Dr. Tanja Kinkel, geb. 1969 in Bamberg, studierte Germanistik, Theater- und Kommunikationswissenschaft. Sie erhielt diverse Literaturpreise, Stipendien in Rom, Los Angeles und an der Drehbuchwerkstatt in München und ist seit 2011 im PEN-Präsidium. Sie veröffentlichte bis 2020 zwanzig Romane, die in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt wurden und eine weltweite Gesamtauflage von über sieben Millionen Exemplaren erreichten. Im Jahr 2021 erhielt Tanja Kinkel den Bayerischen Verdienstorden und lebt heute in München.
Durch ausgezeichnete Recherchearbeit und mit sicherem Gespür für die Gegebenheiten gelingt es Tanja Kinkel, den Leser in die Zeit der Renaissance zu versetzen. Überzeugend eingebettet zwischen realen historischen Personen ist die Figur des Protagonisten Richard Artzt, einer Erfindung der Autorin, wie sie im Schlusswort bemerkt. Die Geschichte ist gut und flüssig geschrieben und liest sich, trotz einiger Längen und einer Fülle historischer Personen, sehr angenehm. Bereits der Anfang ist extrem spannend, man ist empört über die Willkür der Inquisition und die Grausamkeit der Hexenverbrennung, leidet mit dem jungen Richard und sinnt mit ihm nach Vergeltung und Rache. Dieser Umstand zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Geschehen. Doch nicht nur Hass und Intrige, auch Liebe und Freundschaft sind neben aufkommendem Handel und den Machenschaften der damaligen Familiendynastien und Päpsten die relevanten Themen dieses interessanten Buches.
Fazit: Ein unterhaltsamer und informativer Historienroman, den ich gerne weiter empfehle.