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Veröffentlicht am 11.06.2020

Eine Reise zu sich selbst …

Der Alchimist
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Nachdem er wiederholt den gleichen Traum hatte, bei den Pyramiden wäre ein Schatz für ihn vergraben, begibt sich der andalusische Schafhirte Santiago auf die gefährliche Reise ins ferne Ägypten. Es lauern ...

Nachdem er wiederholt den gleichen Traum hatte, bei den Pyramiden wäre ein Schatz für ihn vergraben, begibt sich der andalusische Schafhirte Santiago auf die gefährliche Reise ins ferne Ägypten. Es lauern mancherlei Gefahren auf ihn, doch in der Weite der Wüste findet er zu sich selbst. Er entdeckt die Liebe und gewinnt die Erkenntnis, dass es sich lohnt, seinen eigenen Lebensweg zu suchen, seinem Lebenstraum zu folgen und niemals aufzugeben.

Der brasilianische Schriftsteller Paulo Coelho wurde 1947 in Rio de Janeiro geboren. Er hatte ein bewegtes Leben, das sich selbst wie ein Roman liest. Als Jugendlicher wurde er von seinen Eltern dreimal in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, brach später sein Jura-Studium ab, um zwei Jahre lang Südamerika, Europa und Nordafrika zu bereisen. Wieder zurück in Brasilien schrieb er Theaterstücke und provokative Songtexte über die herrschende Militärdiktatur und landete dafür im Gefängnis. Nach seiner Entlassung 1980 studierte er fünf Jahre lang in einem alten spanischen Orden und pilgerte zu Fuß nach Santiago de Compostela. Diese Erfahrungen prägten alle seine Bücher.

Coelhos erster Roman „Der Alchimist“ (O Alquimista) erschien 1988, wurde in 60 Sprachen übersetzt und machte ihn gleich weltberühmt. Meiner Meinung nach ist dieses erste Buch auch gleichzeitig sein bestes. Die Geschichte ist reich an Metaphern und kann mit seiner bildhaften Sprache durchaus mit Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“ mithalten. Den Leser erwartet ein buntes orientalisches Märchen voller Lebensweisheit und tiefer Erkenntnis. Es stimmt nachdenklich, berührt die Seele und regt zu eigenen Gedanken an. Santiagos Reise wird für ihn eine Reise zu sich selbst – und auch für den Leser, wenn er sich denn darauf einlässt.

Fazit: Ein Buch wie ein Schatzkästchen, ein Juwel der Erzählkunst.

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Veröffentlicht am 09.06.2020

Das Leben ist endlich …

Kostbare Tage
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Seit Dad Lewis erfahren hat dass er nur noch kurze Zeit leben wird, heißt es für ihn Abschied zu nehmen. Abschied von Holt, der kleinen Stadt in Colorado, in der er sein ganzes Leben verbrachte, Abschied ...

Seit Dad Lewis erfahren hat dass er nur noch kurze Zeit leben wird, heißt es für ihn Abschied zu nehmen. Abschied von Holt, der kleinen Stadt in Colorado, in der er sein ganzes Leben verbrachte, Abschied von seinen Freunden und Nachbarn, Abschied von seiner geliebten Frau Mary und Abschied von Tochter Lorraine, die zur Unterstützung ins Elternhaus zurückgekommen ist. Zu Sohn Frank hat er jeglichen Kontakt verloren, seit dieser nach der Schule die Familie verlassen hat. Es ist heiß in diesem Sommer, und so sitzt Dad meist auf seiner Veranda, schaut still in den Garten und lässt sein Leben Revue passieren …

Der Roman „Kostbare Tage“ des US-Schriftstellers Kent Haruf (1943-2014) erschien erstmals 2013 unter dem Originaltitel „Benediction“ in New York und wurde nun, 2020, in deutscher Sprache vom Diogenes-Verlag herausgebracht. Der in Colorado beheimatete Lehrer schrieb insgesamt sechs Romane, die alle in der fiktiven Kleinstadt Holt spielen und für die er einige Preise und Auszeichnungen erhielt.

Wieder nimmt uns der Autor mit nach Hold, der verschlafenen Kleinstadt in der endlosen Weite Colorados. Wir sind zu Gast bei Dad Lewis und seiner Familie und lernen durch sie die Nachbarn, das Personal der Eisenwarenhandlung und den seltsamen neuen Reverend Lyle kennen. Neben den stillen Stunden beim sterbenden Dad erleben wir auch fröhliche Momente mit der kleinen Alice, die jetzt im Nachbarhaus bei ihrer Großmutter wohnt.

Kent Haruf versteht es großartig, Gefühle und Stimmungen auszudrücken und die Stärken und Schwächen der Menschen hervorzuheben. Die Geschichte strahlt eine tiefe Ruhe aus, ist stimmig und berührt auch ohne Sentimentalität, er fesselt den Leser mit sparsamen Worten. Sein Schreibstil ist ruhig und distanziert, nach kurzer Zeit hat man sich auch daran gewöhnt, dass die wörtlichen Reden nicht durch Satzzeichen hervorgehoben sind. Bemerkenswert ist der meist liebevolle und feinfühlige Umgang der Protagonisten untereinander, was das Geschehen sehr real und authentisch macht.

Fazit: Ein Buch, das trotz Sterbeszene zufrieden und glücklich macht – das ich sehr gerne gelesen habe und guten Gewissens weiter empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 08.06.2020

Rassismus: Warnung und Mahnung …

Nach der Flut das Feuer
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Heute aktueller denn je ist der Essay, den der US-amerikanische Schriftsteller James Baldwin (1924 – 1987) bereits 1962 unter dem Titel „The Fire Next Time“ veröffentlichte, und der 1964 unter dem deutschen ...

Heute aktueller denn je ist der Essay, den der US-amerikanische Schriftsteller James Baldwin (1924 – 1987) bereits 1962 unter dem Titel „The Fire Next Time“ veröffentlichte, und der 1964 unter dem deutschen Titel „Hundert Jahre Freiheit ohne Gleichberechtigung“ erschienen ist. In einer Neuübersetzung von Miriam Mandelkow mit einem Vorwort von Jana Pareigis ist das Werk jetzt wieder unter dem Titel „Nach der Flut das Feuer“, dtv München 2019, erhältlich und ist nun auch als eBook erschienen.

Das Buch beginnt mit einem 22 Seiten langen Vorwort, in dem Jana Pareigis über die Verhältnisse während ihres einjährigen Studiums in New York und über einige Episoden aus dem Leben des schwarzen Autors berichtet, der im Alter von zehn Jahren zum ersten Mal Opfer weißer Polizeigewalt wurde. Er beginnt sein Essay mit einem Brief an seinen Neffen, in dem er ihn mit seinem zukünftigen Leben als Schwarzer in einer weißen Gesellschaft vertraut macht. Er erinnert an die Zeit Mitte des 20. Jahrhunderts, die Zeit der Rassentrennung, als den Schwarzen vieles nicht erlaubt war, als Busse, Toiletten und selbst Lokale noch nach Rassen getrennt waren und Farbige oft nicht bedient wurden. Es war die Zeit des Malcolm X und des Martin Luther King, als die Bewegung der Black Muslims und der Black Panther entstand.

Wer begreifen will, welche Auswirkungen Rassismus hat, sollte dieses dünne Buch lesen. Der Schreibstil des Autors ist sehr wortgewaltig, er kann ausgefeilt formulieren, so dass es nicht immer einfach ist, das Gelesene sofort zu verstehen. Manchmal bietet es sich an, einen Satz ein zweites Mal zu lesen, um den Sinn besser zu erfassen – es lohnt sich. Obwohl der Text schon über fünfzig Jahre alt ist, ist er immer noch brandaktuell, wie die derzeitigen Demonstrationen „Black Lives Matter“ in den USA, bei uns und der übrigen Welt zeigen.

Fazit: Immer noch aktuelle Mahnung und Warnung – ein Buch, das jeder gelesen haben sollte.

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Veröffentlicht am 31.05.2020

Ein Navi spielt Schicksal

Beim nächsten Mann links abbiegen
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Dass uns das Navi dann und wann in die Irre führt, diese Erfahrung hat wohl jeder schon gemacht. Doch das alte gebrauchte Navi, das Lucie für 10 € auf dem Flohmarkt kauft, hat seine besonderen Macken. ...

Dass uns das Navi dann und wann in die Irre führt, diese Erfahrung hat wohl jeder schon gemacht. Doch das alte gebrauchte Navi, das Lucie für 10 € auf dem Flohmarkt kauft, hat seine besonderen Macken. Mit der Stimme von George Clooney schickt es Lucie an Orte, die sie nie erreichen wollte, die aber für ihre Zukunft von entscheidender Bedeutung sind. Kurzum, das Navi spielt Schicksal …

Wie im Internet nachzulesen ist, ist Caro Martini ein Pseudonym der deutschen Autorin Ulrike Rylance, die auch unter Ulrike Herwig bereits veröffentlicht hat. Sie studierte englische und deutsche Literatur in Leipzig und London. Wenn sie nicht gerade am Schreiben ist, kümmert sie sich um Mann und Kinder, sowie um ihre zahlreichen Haustiere.

Anhand Titel und Cover erwartete ich hier eine besonders humorvolle Geschichte, geboten wurde mir eine durchaus geglückte Mischung zwischen Chick-Lit, Magie und leichter Unterhaltung. Der Schreibstil ist entsprechend schlicht gehalten, so dass man das Buch recht zügig durchlesen kann. Die Autorin lässt die Hauptperson Lucie ihre Geschichte selbst erzählen und so die Leserschaft am Auf und Ab ihrer Gefühle hautnah teilhaben. Die Idee mit dem Navi ist relativ neu und originell, was man von den Handlungen der Protagonistin nicht behaupten kann - ihre Reaktionen sind ziemlich berechenbar. Trotz gelegentlich witziger Wortwahl und mancher Situationskomik hat die Geschichte einige Längen und enthält ein paar klischeehafte Zufälle zu viel. Das Ende ist schön und stimmig, wenn auch lange schon vorhersehbar.

Fazit: Ein heiterer Roman ohne großen Anspruch, als Urlaubslektüre oder für ein entspanntes Wochenende bestens geeignet.

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Veröffentlicht am 28.05.2020

Zwei Frauen und ihre Träume

Der Sommer der Islandtöchter
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1978. Monika, die kurz vor ihrer Hochzeit mit ihrem Verlobten Peter steht, macht ein letztes Mal Familienurlaub mit ihren Eltern in Island, wo sie bei Freunden wohnen. Sie träumt von einer Zukunft als ...

1978. Monika, die kurz vor ihrer Hochzeit mit ihrem Verlobten Peter steht, macht ein letztes Mal Familienurlaub mit ihren Eltern in Island, wo sie bei Freunden wohnen. Sie träumt von einer Zukunft als Malerin und hofft auf ein Kunststudium, doch ihre Eltern verlangen, dass sie in das Familienunternehmen einsteigt. Dann lernt Monika Kristján kennen, ein Arbeiter in der Fischfabrik der Freunde, und verliebt sich Hals über Kopf in ihn. Er zeigt Verständnis für ihre Träume und Monika kann sich eine gemeinsame Zukunft vorstellen. Doch ihre Eltern sind dagegen und haben einen perfiden Plan …

2018, vierzig Jahre später. Hannah braucht eine Auszeit, ihre Ehe ist auf dem Nullpunkt und ihren Beruf als Geigerin kann sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. So mietet sie in Island ein Häuschen, um ein ruhiges Jahr mit ihrem kleinen Sohn Max dort zu verbringen und sich über ihre Zukunft klar zu werden. Kaum angekommen, entdeckt sie auf dem Dachboden eine alte Truhe, die mit Seevögeln bemalt ist, die in ihr eine vage Erinnerung wecken. Und mit der erhofften Ruhe ist es auch bald vorbei, als sie im Café ihrer Vermieterin Freyja zu arbeiten beginnt und dort den Maler Jón kennenlernt …

Die Autorin Karin Baldvinsson wurde 1979 in Erlenbach/Main geboren. Während ihrer mehrjährigen Tätigkeit für eine isländische Firma lernte sie ihren Ehemann, die Kultur und die Sprache Islands kennen. Unter ihren Namen Karin Lindberg und Karin Baldvinsson schrieb sie schon mehrere erfolgreiche Romane über die raue Insel im hohen Norden, die ihr zur zweiten Heimat geworden ist. Heute lebt sie mit ihrem Ehemann, zwei Kindern und einem Hund in der Lüneburger Heide.

Zwei Erzählstränge bilden die Grundlage des Romans „Der Sommer der Islandtöchter“, die zunächst scheinbar nichts miteinander zu tun haben. Kapitelweise abwechselnd erfahren wir über die Ereignisse im Leben der beiden Protagonistinnen, während ihres Aufenthaltes auf Island und zuvor in ihrer Heimat. Bald wird klar, dass die beiden Frauen irgendetwas verbinden muss – wodurch sich auch die Spannung ungemein steigert. Mit viel Einfühlungsvermögen und sehr unterhaltsam lässt uns die Autorin am Leben auf Island teilhaben, vermittelt uns die besonderen Eigenheiten der Bewohner und macht uns mit den Kapriolen des Wetters vertraut. Der Schreibstil ist dabei schön komponiert und angenehm flüssig zu lesen. Die Charaktere und ihre zwischenmenschlichen Beziehungen wirken authentisch und lebensecht – die Geschichte könnte wohl jederzeit so oder so ähnlich passiert sein.

Fazit: Ein angenehmer Frauen- und Familienroman (eine Seltenheit in diesem Genre), der mich vollkommen überzeugt hat und den ich daher gerne weiter empfehle.

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